BlackSoul: Extended Edition13.03.2014, Michael Krosta

Im Test: Survival-Horror zum Weglaufen

Was war das damals aufregend, das mysteriöse Herrenhaus in Resident Evil zu erkunden: Schlurfende Zombies und andere Kreaturen ließen den Puls in die Höhe schnellen, während kleine Rätseleinlagen die grauen Zellen anregten und schon allein die Musik zusammen mit dramatischen Kamera-Einstellungen für Gänsehaut sorgte. Mit BlackSoul will das Team von XeniosVision den Geist des frühen Survival-Horrors wiederbeleben.

Déjà-vu in der Dunkelheit

Eine Infektion, die Tote wieder zum Leben erweckt? Check. Ein altes Haus mit anliegendem Friedhof, weit abseits der Zivilisation? Check. Ein Geschwister-Paar, das der Sache auf den Grund gehen will? Doppelcheck. Ja, BlackSoul könnte bei diesen Voraussetzungen genauso gut Resident Evil heißen. Allerdings gehen hier nicht Claire und Chris Redfield, sondern die Reporterin Ava und ihr Bruder Sean auf die Zombiejagd, wobei die Handlung in den Siebzigern angesiedelt ist.

Hinsichtlich der Mechanik orientiert man sich ebenfalls klar an Capcoms Klassiker und Konamis Silent Hill und mischt Elemente beider Serien zusammen: Während man die Steuerung zusammen mit dem Inventar fast 1:1 aus dem ersten Resident Evil übernommen hat, erinnert die Kamera mit ihren dynamischen Fahrten eher an den Ausflug in die neblige Geisterstadt oder Code Veronica. Alternativ nutzt man eine feste Schulteransicht, die mehr den letzten Teilen der Resi-Reihe entspricht.

Viel gewollt, wenig gekonnt

Die Kameraführung ist oft...besonders. Besonders mies.
Allerdings gibt es trotz der vielen auffälligen Parallelen einen gigantischen Unterschied zu Capcoms Klassiker: Während Resident Evil selbst heute noch diese beklemmende Atmosphäre verströmen und packenden Survival-Horror inszenieren kann, schockt BlackSoul leider an den falschen Stellen. Schon die Steuerung mit Maus und Tastatur ist ein Graus und es fällt schwer, die amateurhaft animierten Protagonisten halbwegs passabel durch die tristen und leblosen Kulissen zu dirigieren, die nicht nur hinsichtlich der grafischen Qualität, sondern auch des Artdesigns locker von Resident Evil: Code Veronica aus dem Jahr 2000 in den Schatten gestellt werden. Klar, die Steuerung war auch in den alten Resi-Teilen nicht das Gelbe vom Ei, doch mit einem Controller nach einer Eingewöhnungszeit zumindest halbwegs erträglich. Hier wird die sinnvolle Alternative zur Maus-Tastatur-Kombo aber gar nicht erst angeboten – schon das ungenaue Zielen mit Waffen wie Brechstangen oder Pistolen ist ein Krampf, vom Rest der Aktionen ganz zu schweigen.  

Die katastrophale, „pseudo-cinematische“ Kameraführung mit ihren wirren Fahrten und mitunter furchtbarer Positionierung ist das nächste Debakel und unterstreicht den stümperhaften Charakter, der sich wie ein roter Faden durch diese Indie-Produktion zieht. Die alternative Schulterperspektive sorgt zwar für eine bessere Übersicht, spielt sich in Kombination mit der miesen Steuerung aber auch nicht viel komfortabler.   

Jäger und Sammler?

Ein hässlicheres Inventar habe ich selten gesehen.
Das Inventar ist an Oberflächlichkeit ebenfalls kaum zu unterbieten: Zwar werden Gegenstände wie Erste-Hilfe-Kästen, Waffen und andere Objekte mit kleinen Bildern angezeigt, doch sind Kombinationen oder Interaktionen wie das Untersuchen von Gegenständen nicht möglich. Daneben befindet sich eine starre Gesundheits-Anzeige im EGK-Stil, bei der man sich ebenfalls offensichtlich von Resident Evil hat beeinflussen lassen. Bizarr: Ava hat zwar schon am Anfang ihre Taschen voller Munition und findet in den vielen Ecken, Schubladen und Kisten massig neue Patronen, doch die erste Pistole habe ich erst nach über einer Stunde Horror-Frust gefunden, zu dem auch das grausige Rätseldesign seinen Teil beiträgt. Zwar finden sich oft Lösungshinweise in Form von Dokumenten in unmittelbarer Nähe, doch kommt man trotzdem nicht um dämliches Ausprobieren herum – auch deshalb, weil man entweder durch die „Tipps“  - sei es gewollt oder ungewollt - auf eine falsche Fährte gelockt wird oder sie falsch interpretiert.

Eine Frage der Auflösung

Das Planetenrätsel ist nur in der richtigen Auflösung machbar - oder auf Knopfdruck.
Schon die erste größere Aufgabe ist ein Schuss in den Ofen: Hier gilt es, die Planeten unseres Sonnensystems an einem Modell richtig anzuordnen, um ein Versteck zu öffnen. Was habe ich mir hier trotz des Hinweis-Zettels die Zähne ausgebissen – nur um irgendwann festzustellen, dass ich es unter den gegebenen Voraussetzungen gar nicht lösen könnte. Warum nicht? Weil es mir meine gewählte Auflösung nicht erlaubte, bestimmte Planeten des Modells zu verschieben, weil sie nicht nicht mehr im Bildausschnitt abgebildet wurden! Das passiert übrigens schon in den Optionen. Warum bietet man überhaupt solche Auflösungen an, wenn man nicht in der Lage ist, die Kulissen des Spiels entsprechend anzupassen? Immerhin haben die Entwickler reagiert und haben die Option eingebaut, dieses Rätsel automatisch lösen zu lassen, aber das kann es ja auch nicht sein... Daneben warten auch typische Aufgaben wie „Finde Schlüssel X für Schloss X“ oder das Untersuchen der Umgebung. Schön ist, dass nicht wie bei modernen Spielen alles glitzert und blinkt, so dass man schon selbst die Augen offen halten muss. Unschön dagegen, dass man am Anfang unter Umständen schon mit ersten Gegnern konfrontiert werden kann, obwohl man mangels Waffe noch gar keine Möglichkeit hat, sich zur Wehr zu setzen.

Bitte warten

Sogar noch besser als die unendlich vielen Ladebildschirme: Mit dem Game Over kommt die Erlösung!
Mit der S2-Engine hat sich XeniosVision keinen Gefallen getan, denn abgesehen von den grafischen Schwächen hat die Technik ein weiteres großes Manko: die Ladezeiten. Die Areale sind nur sehr klein und es kommt zu häufigen Unterbrechung, weil fast jeder Raum einzeln geladen werden muss. Ja, auch bei Resident Evil gab es häufige Pausen – wer erinnert sich nicht mehr an die Tür-Animation? Aber Letztere konnten immerhin noch ein wenig zur Spannung beitragen – jedenfalls deutlich mehr als der lahme BlackSoul-Schriftzug, der einem hier gefühlt alle zehn Sekunden um die Ohren geschlagen wird. Selbst das Sound-Design erweist sich als Atmosphäre-Killer, wenn ständig die gleichen billigen 08/15-Samples bei Schritten oder dem Stöhnen der Zombies abgespielt werden. Selbst die Musik schafft es trotz guter Ansätze nicht, eine beklemmende Stimmung zu erzeugen. Heftiges Tearing, das oft wie ein permanenter Störstreifen einer VHS-Kassette wirkt, rundet zusammen mit der fehlerhafter Kollisionsabfrage den Technik-Schock ab.

Das Speichersystem ist ebenfalls ein schlechter Witz: Zwar muss man wie in den alten Zeiten ausschließlich manuell den Spielstand sichern und sich umständlich durch die Menüs klicken – aber nur unter der Voraussetzung, dass man vorher nicht gebissen und damit infiziert wurde. Ein Heilpaket alleine reicht nicht aus, um die Verletzung zu kurieren. Zusätzlich muss auch noch eines der rar gesäten Gegenmittel geschluckt werden, denn Speichern ist hier nur in einem gesunden Zustand erlaubt. Was für ein Unsinn! Dann doch lieber Schreibmaschinen und Farbbänder, wenn man schon in die Oldschool-Richtung gehen und auf automatische Speicherpunkte verzichten will...

Fazit

Kaum zu glauben, aber wahr: Gegen ein Machwerk wie BlackSoul wird selbst Resident Evil 6 zu einem  Hochgenuss – und das sage ich als jemand, der schon bei Capcoms letztem Serien-Ausflug aufgrund der billig inszenierten Action mit Brechreiz zu kämpfen hatte. Auf dem Papier wirkt das Spiel von Indie-Entwickler XeniosVision wie die von vielen Fans so vermisste und erhoffte Rückkehr zum klassischen Survival-Horror. Doch in der Praxis wird jeder Ansatz von Atmosphäre durch die amateurhafte Inszenierung, die grausige Steuerung und die ständigen Ladeunterbrechungen schon im Keim erstickt. Nein, da bleibe ich lieber bei Outlast und Slender oder krame wieder das erste Resident Evil aus dem Schrank hervor und genieße echten Oldschool-Horror, anstatt weiter meine Zeit mit diesem billigen Abklatsch zu verschwenden.   

Pro

schöne Erinnerungen an Resident Evil werden wach...

Kontra

furchtbare Kameraführung
null Atmosphäre
nervige Rätsel
schreckliche Steuerung
keine Gamepad-Unterstützung
mieses Sound-Design
ständige Ladeunterbrechungen
lahme bzw. kaum vorhandene Story
veraltete Grafik & leblose Kulisse
fieses Tearing
schwache Animationen
dröges und ungenaues Kampfsystem
dämliches Speichersystem
oberflächliches Inventar

Wertung

PC

Der Horror entfaltet sich hier nur hinsichtlich der grausigen Inszenierung, der schrecklichen Steuerung und einer fürchterlichen Technik.

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