Im Test: Ein philosophischer Spaziergang
Malerischer Surrealismus
Ist das alles nur ein Traum? Erkundet man eine postapokalyptische Welt? Eine alternative Realität? Oder betritt man gar eine Wahnvorstellung? Diese Fragen stellen sich, wenn man als Namenloser in Egosicht die unwirklichen Schauplätze erkundet. Über elf Kapitel geht man ihnen im wahrsten Sinne des Wortes nach, während man beim langsamen Spazieren durch die labyrinthischen Gänge oder idyllischen Anlagen auf wundersame bis verstörende Zeichen, Zettel, Szenen und Namen trifft.
Philosophische Fragen, kryptische Antworten
Das Wesen klinkt sich immer wieder als Erzähler ein. Während ich ahnungslos durch Keller und Anlagen irre, redet er an bestimmten Stellen über Gott und die
Es geht also einzig und allein um das Begreifen und Verstehen Und dazu gehen die Stimme und die Kulisse als Elemente des Storytellings eine Symbiose ein, indem sie parallel erzählen. Während man zuhört erkennt man beim Spazieren, wie die Kulisse mit ihren Symbolen und Stimmungen mitplaudert – man sieht Waffen oder Blut, einen Toten oder Statuen, ein Schloss oder einen Strand.
Kein klassisches Spielerlebnis
Die Idee ist theoretisch gut, aber praktisch werde ich viel zu selten von der dieser doppelten Erzählführung so gepackt,
Spielerische Elemente gibt es nicht, also weder Rätsel noch Akrobatik oder Kampf. Zwar kann man theoretisch auch springen, zoomen und Dinge benutzen. Aber das wird nur sehr rudimentär eingesetzt: Entweder um sich in Abgründe zu stürzen, damit es endlich weiter geht, oder tatsächlich mal eine der grün leuchtenden Kisten zu öffnen - darin finden sich dann Solomons Notizen. Und die sind ein überflüssiger Fremdkörper.
Gerade dieses einzige interaktive Element zwingt nämlich erneut in die Passivität, indem man seitenlange Lektüre vorgesetzt bekommt. So kann man sich zwar noch tiefer in die Gedankenwelt hineinlesen, aber so verliert mich die Spielwelt auch noch mehr als Teilhaber. Zumal dieser einzige Sammelaspekt eine unnötige dritte Erzählebene neben der Kulisse und der Stimme aufbaut. Die gesellschaftlichen Konturen einer utopischen Zukunft, in der Theisten, Agnostiker und Atheisten eine Rolle spielen, hätte ich auch so deuten können. Auch die Minotauren werden ohne den wirklich überflüssigen Lesewust verständlich. So sind zwar all die Zeichen von Augen und Labyrinthen sowie die Überbleibsel von Krieg und Tod irgendwann komplett deutbar, aber nach zwei Stunden fühle ich mich sehr ernüchtert. Dieses Storytelling hatte gute Ansätze, mich auch emotional in die Spielwelt zu ziehen, aber ich bleibe ein überinformierter Zuschauer, der durch einen surrealen Park spaziert. Schade, da war so viel mehr drin.
Fazit
Wenn man The Old City als philosophischen Spaziergang betrachtet, dann weckt dieser durchaus Interesse, weil es um existenzielle Fragen vom Glauben bis zur Gewalt, von der Erlösung bis hin zur Selbstzerstörung sowie eine utopische Gesellschaft geht. Und dafür gehen die Stimme und die Kulisse als Elemente des Storytellings eine Symbiose ein, indem sie parallel erzählen. Theoretisch eine gute Idee, aber in der Praxis sehr ermüdend. Dear Esther wirkte auf mich so magisch wie eine Kurzgeschichte von Ray Bradbury. The Old City wirkt dagegen so verkopft wie ein Hörspiel, das von Peter Sloterdijk in einem Anflug surrealer Umnachtung eingesprochen wurde. Ich weiß zu schnell, dass es hier nur um irgendein Begreifen gehen soll, zumal man den einzigen interaktiven Aspekt dafür einsetzt, mit seitenlanger Lektüre eine überflüssige dritte Erzählebene aufzubauen. So bleibe ich bei der Erkundung der teils surrealen Schauplätze an der Oberfläche, denn es entsteht beim ewigen Monologisieren kaum eine emotionale Anbindung. Es ist schade, dass man nicht tiefer in die weltanschaulichen und religiösen Betrachtungen hineingezogen wird, indem man auch mal selbst aktiv mitdenken oder mitentscheiden darf. Oder indem man die Kulisse und Effekte (!) markanter einsetzt. So irrt man passiv umher, stürzt sich in Abgründe und lauscht einer Stimme, bis es langweilig wird. Am Ende fühlt man sich wie nach einem verkopften Hörspiel. Selbst wenn mich dieses Storytelling nach knapp zwei Stunden ernüchtert hat: Es ist wichtig, dass weiter mit dem Medium experimentiert wird.
Pro
Kontra
Wertung
PC
The Old City ist so verkopft wie ein Hörspiel, das von Peter Sloterdijk in einem Anflug surrealer Umnachtung eingesprochen wurde. Man spaziert bei ständigen Monologen an der philosophischen Oberfläche.
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