Zenzizenzic24.07.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Das neue Geometry Wars?

"Für mich ist Koorevaars erstes Spiel endlich der legitime Nachfolger zu Geometry Wars!" Das hatte ich geschrieben, nachdem mich eine frühe Version schon während der Kickstarter-Kampagne begeistert hatte. Knifflig ist das jetzt – ist seitdem doch tatsächlich ein neues Geometry Wars erschienen, das die Messlatte für Arcade-Shooter ein ganzes Stück nach oben gelegt hat. Wie sieht es jetzt aus: Kann das fertige Zenzizenzic mit dem großen Namen mithalten?

Die Quadratur des Quadrats

Einfache Formen, meist Rechtecke bestimmen das Bild. Daher der Name: Zenzizenzic ist eine alte Bezeichnung für die achte Potenz, also das Quadrat eines Quadrats einer Zahl. Würde es nur dabei bleiben! Aber der Niederländer Ruud Koorevaar jagt mir von der ersten Sekunde an Dutzende Vierecke auf den Hals. Erst sind es harmlose Gegner, bald deren unzerstörbare Geschosse. Und bevor ich's mich versehe, fliege ich Schlangenlinien durch einen Teppich aus Projektilen aller Richtungen. Entweder das oder mein eigenes Quadrat zerspringt in tausend Stücke – einmal, zweimal, dann dreimal und schon heißt es "Game Over".

Zenzizenzic ist ein klassischer Zwei-Stick-Shooter: Der linke Stick bewegt den Flieger, der rechte gibt die Schussrichtung vor. Wahlweise funktioniert das auch mit Maus und Tastatur, für mein Empfinden aber weniger eingängig als mit Gamepad. Und auf höheren Schwierigkeitsgraden sowie im Kampf gegen mächtige Bosse benötigt man jeden Millimeter Genauigkeit!

Zenzizenzic vereint Elemente des Zwei-Stick-Shooters mit klassicher Action, darunter vor allem Bullet-Hell-Spiele. Die Gegner im Bild sind Teil einer vergleichsweise harmlosen Formation.

Knapp und unbarmherzig

Wer die knackige Herausforderung nicht mag, wer nicht wieder und wieder dasselbe spielen will, um seinen Highscore zu perfektionieren, für den ist dieses Spiel nicht gemacht. Das liegt nicht nur an den gerade mal fünf Abschnitten – ein Umfangmonster ist Zenzizenzic nicht. Es erinnert auch an Klassiker aus den Spielhallen, welche ebenfalls nur wenige Abschnitte lang waren, die zu meistern allerdings ein Husarenritt war. R-Type kommt mir in den Sinn.

Motivierend ist Zenzizenzic dennoch länger, als es "fünf" vermuten lässt! Immerhin schaltet man mit erspielten Punkten Levels und Spezialwaffen frei; zwei davon rüstet man vor jedem Startschuss aus. Weitere Spielvarianten muss man sich ebenfalls erarbeiten. In diesen trainiert man Bosskämpfe sowie Bonuslevels und fliegt durch sämtliche Abschnitte an einem Stück. Man darf außerdem mit einem Kumpel vor dem gleichen Bildschirm zocken.

Das Devil May Cry der Zwei-Stick-Shooter

Spezialwaffen und verschiedene Geschwindigkeiten: Damit sind die Schultertasten komplett belegt. Zwei machen das Schiff schneller oder langsamer, um Gefahren aus dem Weg zu flitzen oder im engen Kugellabyrinth präzise Eingaben vorzunehmen. Die zwei übrigen aktivieren je eine Extrawaffe. Das sind zielsuchende Raketen, schwarze Löcher oder mein Favorit: das starke Verlangsamen der Zeit, während ich mein Schiff an einen sicheren Ort teleportiere.

Die richtige Kombination ist der Schlüssel zum Erfolg und das gilt für das gesamte Spiel. Denn im Gegensatz zu Geometry Wars ist es mit geschickten Fingern, auswendig lernen und blitzschnellen Reaktionen nicht getan. Stattdessen beeinflusst die Geschwindigkeit des Schiffs auch Größe und Geschwindigkeit der Projektile. Wer das Feuer ein paar Sekunden lang einstellt (was in Anbetracht des Gegnersturms kein Leichtes ist), sammelt zudem Punkte aus weit entfernten Trümmern auf. Die geben wiederum Energie für den Einsatz der Spezialwaffen.

Den Schild kann man zudem wie eine Granate explodieren lassen und was richtig weh tut – nicht den Gegnern, sondern ungeübten Spielern: Für satte 500.000 hart erkämpfte Punkte kauft man jederzeit ein Extraleben. Ich finde es bemerkenswert, dass Koorevaar gleich in seinem ersten Spiel ein so sicheres Händchen für sinnvoll ineinander gesteckte Bausteine beweist! Für mich ist Zenzizenzic das Devil May Cry der Arena-Kämpfer: Oberflächlich funktioniert die Action wie ein gewöhnlicher Reaktionstest. Wer diesen Test jedoch so gut beherrschen will, dass er in Onlineranglisten an der Spitze mitmischt, der muss ein ausgeklügeltes System unterschiedlicher Mechanismen aus dem Effeff beherrschen.

Boss oder Einkauf?

Es gibt durchaus Schattenseiten – die fehlende Übersicht im Wirrwarr allzu ähnlicher Gegner und Geschosse etwa oder die fehlende Abwechslung im Macro-Modus. Dabei bringt gerade Letzterer Farbe in das mit seinen

Die kleine Ecke eines Bosses im Macro-Modus zeigt sich oben im Bild. Die Gegner erstrecken sich teilweise über mehrere Bildschirme.
fünf Levels sehr überschaubare Spiel. Immerhin wird in Macro eine frei erkundbare Umgebung vom Zufall erstellt, während zahlreiche Werte des Schiffs in vielen Schritten verbessert werden können. Dazu gehören Geschwindigkeit, Waffenstärken, Energieverbrauch der Spezialsysteme und mehr. Als Währung dienen auch hier Abschüsse.

Während die alternative Spielweise ebenfalls selbst gestandene Piloten schon auf dem ersten der drei Schwierigkeitsgrade fordert, ist sie visuell allerdings nicht reizvoll. Ich empfinde die schwarzen Mauern vor bunten Hintergründen als ermüdend. Es wirkt zudem seltsam, dass man selbst mitten im Bosskampf im Shop einkaufen kann – als würden zwei Spiele gleichzeitig laufen. Warum das Einkaufen nicht komplett untersagen, so lange das Duell mit einem mehrere Bildschirme füllenden Riesengegner läuft? Apropos: Manche dieser Zweikämpfe dauern unsäglich lange, wenn die Waffen gerade nicht bei voller Stärke sind und partout keine entsprechenden Extras auftauchen. Ein wenig mehr Feinarbeit hätte Macro durchaus gut getan.

Fazit

Es liegt nicht nur an dem unterhaltsamen, grafisch und spielerisch aber unausgewogenen Macro-Modus, dass Zenzizenzic nicht ganz die Klasse eines Geometry Wars 3 erreicht. Denn wo Umfang und Abwechslung bei dem einen phänomenal sind, ist Zenzizenzic eben nur fünf Levels groß. Fünf Levels, in denen dafür die Hölle los ist! Alle paar Sekunden entsteht eine neue Situation, harte Bosskämpfe fordern selbst Experten und in einfallsreichen Bonuslevels warten zusätzliche Punkte. Während man das kleine Schiff mit viel Gefühl durch ein haarsträubendes Wirrwarr an Gegnern und Geschossen zwängt, nutzt man frei wählbare Spezialfähigkeiten, legt im richtigen Augenblick eine Feuerpause ein oder sprengt in höchster Not den schützenden Schild. Zenzizenzic mag Ruud Koorevaars erstes Spiel sein – es ist auch eins der besten seiner Klasse!

Pro

schnelle, knallharte Arcade-Action
einfallsreiche Gegner, harte Bosskämpfe
zahlreiche clever ineinander greifende taktische Optionen
knifflige Bonuslevels
motivierendes Freischalten von Levels und Waffen
wahlweise kooperatives Spiel für zwei
stilvoller Minimalismus, treibender Soundtrack
separates Trainieren von Bonuslevels und Bosskämpfen
Macro-Modus in von Zufall erstellter Welt mit zahlreichen Upgrades und riesigen Bossgegnern
drei Schwierigkeitsgrade in allen Spielvarianten

Kontra

Einsammeln von Energie nur während Feuerpause
verschiedene Fluggeschwindigkeiten, die auch Geschosse beeinflussen
individuelles Ausrüsten von zwei Spezialwaffen
Schild kann offensiv eingesetzt werden
fies und praktisch: zusätzliches Leben für gesammelte Punkte kaufen

Wertung

PC

Ruud Koorevaar inszeniert mit seinem ersten Spiel knallharte Action in einem clever durchdachten Shooter.

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