White Noise Online18.07.2014, Benjamin Schmädig

Im Test: Horror mal vier

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... vielleicht hier: Was kommt dabei raus, wenn man in Slender nicht alleine nach acht Papierschnipseln suchen würde, sondern zu viert nach acht Kassetten? Vier Leute, die sich gegenseitig den Weg leuchten, in ständiger Erwartung einer gefährlichen Fratze. "Klingt super!", dachten wir, haben uns für einen Test im Quartett auf den Weg gemacht – und uns unheimlich gelangweilt.

Slender Online

Das Aufregendste ist die Entstehungsgeschichte des Independenttitels, der unter dem Namen „White Noise“ als Pendant zu Slender für Xbox 360 entwickelt wurde. Kann man machen, auch Konsoleros wollen sich fürchten. Anschließend wurde der Solohorror zum Onlinespiel, bevor er schließlich auf Steam veröffentlicht wurde. Inzwischen findet man nur noch schwer eine öffentliche Partie. Zum Glück!

Monster ohne Biss

White Noise Online macht fast alles falsch: Die kantige Umgebung wirkt so starr, als wäre sie vor 15 Jahren entstanden. Die Grundrisse vieler Innenräume bestehen aus rechtwinkligen Gängen, die aus wenigen Bausteinen zusammengesetzt wurden; hier verläuft man sich nicht im Sinne eines zehnagelrollenden "Oh mein Gott,

Auf dem Papier sollte der an Slender angelehnte Horror zum Fürchten gut sein.

wo bin ich hier nur hin geraten?!", sondern eines "Joa, sah da hinten, vorne links und drüben rechts schon genau so aus – fetzt". Spiele müssen keine technologischen Wunderwerke sein. Wenn jedoch eine einfallsreiche kreative Gestaltung fehlt...

Einen grafischen Trick hätten die Entwickler zudem verwenden müssen: Da die ständige Dunkelheit durch Taschenlampen erhellt wird, sollten die Glühbirnen der Mitspieler Lichtquellen sein. Dann hätten uns unerwartete Schatten vielleicht überrascht. Auf diese Art Horror hatte ich mich jedenfalls gefreut – und natürlich taucht das einzige Monster auch ohne verwirrende Lichtkegel oft dann auf, wenn man es nicht erwartetet – nur läuft man dann eben in eine andere Richtung weiter. Oder wartet, bis es wieder verschwindet. Oder bohrt sich ein Loch ins Knie und gießt Milch hinein. Auf jeden Fall latscht man aber unbeeindruckt weiter.

Der Weg ans Licht

Wir haben es irgendwann mit "Wir sollten uns aufteilen, LOL" versucht, um den matten Horror wenigstens angemessen zu persiflieren. Alleine gruselt's sich ja immer noch am schönsten. Aber denkste!

Tatsächlich kann sich die Angst dank technischer und spielerische Schwächen kaum entfalten.

Zum einen gibt es keine spielerischen Anreize das Team aufzuteilen – immerhin fürchten sich kleinere Gruppen eher als eine große. Zum anderen darf man zwar zu zweit herumlaufen. Wer sich allerdings ganz alleine von mindestens einem Partner entfernt, der stirbt. Einfach so. Wegen... Entfernung.

Zu allem Überfluss hat er oder sie dann doppelt verloren: Als Geist hirscht man nämlich durch dieselben, noch immer etwas nebligen, im Wesentlichen aber hell ausgeleuchtete Areale. Packend! Zumal man seinen ehemaligen Kumpels nicht mal zeigen könnte, wo der furchteinflößende Hammer hängt. Nein, man bleibt ein gewöhnlicher Mitspieler, der sich vor nichts mehr fürchten muss. Gruselig!

Fazit

Würde sich doch ein dreiköpfiger Affe im Spiel verstecken! Dann hätte ich einem Kollegen wenigstens zurufen können: "Hinter dir!"... Doch White Noise Online versenkt jeden Spaß und jede Spannung völlig humorlos. Das lauffaule Monster lässt keine Spannung aufkommen, die drögen Kulissen wurden aus weniger Bausteinen zusammengesetzt als ein Level des ersten Doom und das Erforschen der eintönigen Schauplätze zieht sich schlimmer als Kaugummi. Man darf sich ja nicht einmal von der Gruppe trennen, um im Alleingang wenigstens die Idee einer Gänsehaut zu finden. Unterhaltsam ist hier nur das Zeitraffer der gelaufenen Wege nach Spielende. Schade um die gute Idee!

Pro

gut: die Idee an sich
Charaktere mit verschiedenen Fähigkeiten...
witziges Aufzeigen aller Laufwege nach Spielende

Kontra

Loslösen von Gruppe wird mit Tod bestraft
...  die sich allerdings kaum auswirken
Taschenlampen der Mitspieler sind keine Lichtquellen
nach Tod langweiliges Herumlaufen als Geist
ein einziges langsames Monster
langweilige Schauplätze mit vielen rechtwinkligen Gängen
schnelles Verlaufen dank vieler sich wiederholender Elemente
schwache Geschichte ohne echtes Ende
kein Solospiel möglich

Wertung

PC

Das gemeinsame Erleben des an Slender angelehnten Horrors versackt unter technischen und spielerischen Schwächen.

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