Light31.07.2014, Jan Wöbbeking

Im Test: Schleichen Light?

Entwickler Just a Pixel versucht sich an einer spielbaren Kurzgeschichte: Wie in William Gibsons Cyberpunk-Klassiker Johnny Mnemonic muss der Protagonist das Geheimnis hinter seinem brisanten Gehirnimplantat lüften. Ähnlich wie im Buch ist auch das Schleich-Abenteuer eher kurzlebig. Lohnt sich die minimalistische Hetzjagd?

Brisante Fracht im Schädel

Das Design orientiert sich am Indie-Titel Monaco. Im Gegensatz zur hektischen Diebstahl-Action wirken die aus der Draufsicht betrachteten Laborkomplexe aber noch deutlich minimalistischer und kühler. Dem Titel entsprechend schimmern die Wände, Schreibtische und Wachen in gedeckten Farben. Im Gegensatz zum kooperativen Monaco ist der Protagonist hier alleine unterwegs und schleicht zumindest im unentdeckten Status ruhiger durch die Gänge. Die ruhige Cyberpunk-Atmosphäre wird passend von behäbigen, geheimnisvoll gefilterten Synthesizer-Melodien unterstrichen.

Zunächst leidet Max Schultz noch unter Gedächtnisverlust, doch bereits in den ersten Levels kommt er zumindest teilweise hinter das Geheimnis seines Gehirnimplantats. Das technische Gadget im Kopf kann offenbar nicht nur für ihn zum Verhängnis werden. Also beginnt er, in der streng bewachten Versuchseinrichtung nach Antworten zu suchen. Sonderlich originell wirkt die Geschichte natürlich nicht, als Cyberpunk-Fan hat sie mich aber trotzdem neugierig gemacht. Schade, dass die Entwickler die Erzählung durch das übertrieben minimale Design ausbremsen. Sämtliche Figuren werden lediglich durch farbige Quadrate visualisiert, was es mir sehr schwer machte, die in Textfenstern präsentierten Story-Schnipsel mit dem Spielablauf zu verbinden. Auch die schlichte KI sorgt nicht gerade dafür, dass die bunten Punkte in der Fantasie zu Menschen werden: Wachen grasen stumpf ihre Standard-Wege ab, harmlose Statisten lassen sich durch Räume schieben oder verkeilen sich auch mal vor einer Tür zu einem weiß leuchtenden Knäuel.

Nicht besonders glaubwürdig

Eine von hinten gemeuchelte Wache lässt sich im Schrank verstecken, nachdem man ihre Uniform stibitzt hat.
Noch schwächer präsentiert sich der einfach gestrickte Spielablauf. Als Gelegenheits-Schleicher kommt es mir natürlich entgegen, dass der Schwierigkeitsgrad eher niedrig angesetzt ist – doch gestaltet sich die Infiltration zu simpel. Meist kann ich den Sichtkegel der Wachen ohne große Mühe umgehen. Darüber hinaus gibt es wenig zu tun: Mit einem Klick auf den Bildschirmrand spähe ich in die entsprechend Richtung, hacke per Knopfdruck Terminals, deaktiviere Überwachungskameras und knacke Schlösser, was lediglich zwei Sekunden in Anspruch nimmt. Lande ich im Sichtkegel einer Wache, werde ich eine Sekunde später von einer Ladung Schrot hingerafft – es sei denn, ich fliehe rechtzeitig und verstecke mich hinter der nächsten Tür. Dort kann ich ihm einfach auflauern und per Druck auf die Leertaste von hinten meucheln – leidlich spannend!

Mal muss ich brisante Beweise sammeln, später platziere ich sie auf Schreibtischen von Journalisten oder stelle einen Informanten zur Rede. In der Praxis sieht das alles gleich aus: Ich schleiche von einem schlicht designten Punkt zum anderen und drücke ab und zu ein Knöpfchen. Im Katz-und-Maus-Spiel der späteren Levels kommt immerhin etwas Nervenkitzel auf: Manche Aufträge habe ich erst nach ein paar Anläufen gemeistert - nachdem ich die Positionen einiger Terminals und Wachen ausgekundschaftet hatte. Ähnlich wie in einem abstrakten Puzzlespiel war es mitunter durchaus unterhaltsam, sich mit dem passenden Timing in der richtigen Reihenfolge durchzumogeln.

Quadrate gegen Quadrate

Alarm!
Cleveres Vorgehen wird belohnt: Für eine schnelle Abschlusszeit, unentdecktes Schleichen oder gewaltloses Vorgehen gibt es in der Endabrechnung Bonuspunkte. Das Töten von Wachen wird trotzdem viel zu schwach bestraft. Wenn ich es geschickt angehe und nicht zu lange trödle, kann ich sämtliche Gegner im Vorbeigehen meucheln und trotzdem problemlos den Ausgang erreichen. Zwei Minuten nach einem Alarm stürmen zwar neue, schnellere Widersacher das Areal, doch auch sie werden nicht zu einer unbesiegbaren Übermacht.

Fazit

Was für ein passender Name: Light ist tatsächlich „Schleich-Action light“ – und zwar in jeglicher Hinsicht. Fast jeder Aspekt des Cyberpunk-Abenteuers wirkt reichlich mager, z.B. das minimalistische Design, die schlichte Gegner-KI, der geringe Umfang oder die in Textfenstern erzählte Handlung. Das größte Manko ist natürlich der simpel gestrickte Spielablauf, welcher sich auf einfaches Schleichen und Hacken auf Knopfdruck beschränkt. All das hat es mir auch schwer gemacht, gedanklich eine glaubwürdige Verbindung zur Geschichte herzustellen. Als abstraktes Puzzlespiel funktioniert Light trotzdem: Das Auskundschaften von Terminals, Türen, Kameras und Laufwegen der Wachen besitzt zumindest kurzfristig einen gewissen Unterhaltungswert. Schleich-Veteranen werden sich allerdings chronisch unterfordert fühlen.

Pro

kurzfristig unterhaltsames Schleichen für Einsteiger
geheimnisvoller Electro-Soundtrack
unentdecktes, gewaltloses Vorgehen wird belohnt...

Kontra

kaum Abwechslung
sehr kurz
...Morde werden zu schwach sanktioniert
unglaubwürdige KI
übertrieben minimalistische Präsentation
schwache Verbindung zwischen Spielablauf und Cyberpunk-Geschichte

Wertung

PC

Nomen est omen: Das schlicht designte Schleich-Abenteuer Light bietet auch spielerisch kaum Anspruch oder Abwechslung.

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