Im Test: Auf den Spuren von Silent Hill
Psychotischer Horrortrip
Es ist verdammt dunkel in diesem verlassenen Krankenhaus. Nur der schwache Schein meines Feuerzeuges lässt mich einen kleinen Ausschnitt der Umgebung wahrnehmen, der Rest verschwindet im Schatten. Wo sind Patienten und Ärzte? Gerade war ich noch im Zimmer meiner schwer kranken Mutter. Überall sind Türen verbarrikadiert und Räume verwüstet. Was sind das für Geräusche? Hat sich dieser Schatten nicht gerade bewegt? Das kann doch alles nur ein Albtraum sein – ein Albtraum ohne Erwachen.
Ich bin gefangen in Claires Psyche. Jeder Schritt zieht mich tiefer in den Albtraum. Wie in Silent Hill 2 streifen Monster
Einsame Überlebende?
Claire orientiert sich stark an Titeln wie Lone Survivor oder The Cat Lady. Ich streife wie in Jasper Byrns Meisterwerk durch zweidimensionale Gänge, öffne Türen und löse ab und zu ein Schalter- oder Logikrätsel. Dabei erinnert alles zudem ziemlich stark an Silent Hill: die Übersichtkarte, das Inventar, ja sogar die atmosphärische Hintergrundmusik wirken so vertraut, dass ich mich gar nicht groß wundern würde, wenn hinter der nächsten Tür Pyramidhead lauerte.
Und dann ist da noch Claires Geisteszustand, der bei langen Aufenthalten in der Dunkelheit und zwischen den
So erkundet man den Horror ihres Unterbewusstseins und versucht herauszufinden, was eigentlich passiert ist. Warum ist sie hier? Was hat ihre Familie mit all dem zu tun? Auf der Reise durch die Finsternis trifft man zudem immer wieder auf verlorene Seelen, die durch Erfüllung ihrer Wünsche scheinbar aus der Gefangenschaft aus dieser Zwischenhölle erlöst werden können. Mir begegnen auch immer wieder Erinnerungen aus Claires Kindheit, die meist mit Zeitsprüngen einhergehen. Mal ist sie ein Teenager, mal ein Kind, mal eine junge Erwachsene. Was hat das alles zu bedeuten? Die spannende Erzählung bleibt zwar immer linear, die weitläufigen und verwinkelten Level zwingen aber zum Erkunden.
„Wo bin ich? Ah ja.“
Leider schaden die Spielmechanik und das repetitive Leveldesign der anfangs unheimlich bedrückenden Atmosphäre. So verirre ich mich aufgrund der zweidimensionalen Darstellung ständig in den dreidimensional gestalteten Levels – Türen führen nämlich nicht nur nach links und rechts, sondern auch nach „vorne“ und „hinten“. Dabei verliere ich dank wechselnder Perspektiven schnell die Übersicht und muss ständig die Karte zu Rate ziehen, was aus der einsamen Dunkelheit schnell eine Abfolge aus Kartencheck, Raumwechsel und einem erneuten Kartencheck nach macht. Das
Auch die oft sehr ähnlich gestalteten Umgebungen (dunkles Krankenhaus, dunkle Schule etc.) tragen viel zum Gewöhnungseffekt bei. Spätestens nach der Hälfte der Handlung hatte ich mich an die Art des Levelaufbaus und Zusammentreffen mit den Schattenwesen gewöhnt. Ja: Es gibt ein paar Überraschungen, auf diese treffe ich aber zu selten – genau wie auf die eingestreuten Rätsel, von denen gerne mehr den Weg in Claires Unterbewusstsein hätten finden können. Von der Vielfalt eines Psycho-Adventures wie The Cat Lady ist man hier weit entfernt.
Anspruchsvoller Überlebenskampf
Dabei ist der Schwierigkeitsgrad alles andere als langweilig. Schon auf der mittleren der drei Stufen verfällt Claires Geisteszustand rapide, sie verträgt nur drei Hiebe der schwächsten Schattenviecher und die gesammelten Getränke
Bedauerlich ist zudem, dass auf eine Sprachausgabe verzichtet wurde. Während die gesprochenen Dialoge bei The Cat Lady stark zur beklemmenden Atmosphäre beitragen, muss man hier mit schnöden Texteinblendungen leben. Zwar sind die seltenen Dialoge trotz der wenigen Antwortoptionen gut geschrieben, die Inszenierung der Gespräche ist aber oft ziemlich trocken. Besser sind gelungen sind die oft mit Zeitsprüngen einhergehenden, surrealen Zwischenszenen, die Claires Vergangenheit und ihre Familiengeschichte beleuchten
Fazit
Claire ist ein verstörender Horrortrip in die Untiefen einer von Verlust und Depression gezeichneten jungen Frau. Zwar ist die Handlung gegen Ende etwas vorhersehbar, wird in Gesprächen, surrealen Zwischenszenen und wirr anmutenden Zeitsprüngen aber ansprechend inszeniert und fesselt bis zum Schluss. Allerdings kann die stark an Lone Survivor und Silent Hill angelehnte Spielmechanik oft nicht mit der Geschichte mithalten, auch wenn die ständige Bedrohung durch Wahnsinn und Monstrositäten ganz ordentlich funktioniert. Zu unübersichtlich ist die Mischung aus 2D-Ansicht und dreidimensionalem Leveldesign, zu sehr nutzen sich das Vortasten durch die Dunkelheit und die Begegnungen mit den Schattenwesen ab. Außerdem wird der Spielablauf während des rund fünfstündigen Abenteuers zu selten durch Rätsel oder Gespräche aufgebrochen. So bleibt am Ende nur ein befriedigender Eindruck von der Reise in Claires Psyche.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Ambitionierter 2D-Horrortrip mit starken Silent-Hill-Anleihen, dessen spannender Erzählung ein mäßiges Leveldesign und repetitive Spielmechaniken gegenüberstehen.
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