Kleine Makel, großer Spaßverlust?
So sehr ich die Auswirkungen dieser neuen Mechanik sowie die daraus entstehenden taktischen Möglichkeiten gutheiße und so positiv sie sich auf das angenehm „heimische“ Schlachtgefühl auswirken, hätte ich mir in diesem Bereich dennoch mehr gewünscht. Mehr Mut zum Risiko, mehr Modernisierung. Angesichts der Fortschritte, die Rundentaktik nicht nur am PC mit Titeln wie z.B.
The Banner Saga, sondern auch auf Konsolen mit Spielen wie
Fire Emblem oder Nippon Ichis famoser
Disgaea-Serie machte, hält Limbic etwas zu sehr an der konservativen Mechanik fest. So gibt es keine Höhenunterschiede, die bei den Angriffen (oder der Verteidigung) eine Rolle spielen. Hindernisse auf den Schlachtfeldern wirken sich natürlich auf die Fortbewegung aus, spielen aber für die Sichtlinie der Bogen- oder Armbrust-Schützen bzw. Messerwerfern keine Rolle. Bei den möglichen magischen Angriffen kann ich diese Aufhebung nachvollziehen - bei den „konservativen“ Schützen nicht wirklich. Schade ist auch, dass man sich nicht "positionieren" kann. Hat man eine Figur gezogen oder einen Angriff durchgeführt, bleibt sie so stehen, wie sie ist - egal ob, die Flanke oder der Rücken offen ist oder nicht. Gerade im Zusammenspiel mit den Hindernissen hätte man hier eine zusätzliche taktische Komponente gehabt, um die spannenden Materialschlachten mit weiterer Tiefe auszustatten. Auch im direkt angeschlossenen Feld positionierte Kameraden haben keinerlei Auswirkungen.
Die Schlachtfelder bieten konventionelle Auseinandersetzungen ohne Sichtlinien, Höhenunterschiede, Fallen etc.
Gleichsam muss man auch auf Effektivitäts-Belohnungen verzichten, wenn man z.B. ohne Einheitenverluste oder mit einer Minimalzahl an Zügen sein Ziel erreicht, die beide ein probates Mittel wären, um die Spieler zu einem „idealen“ Gefecht zu zwingen und ggf. einen neuen Versuch zu starten. Doch auch ohne die Sahne auf der Kirsche und dem Tüpfelchen auf dem i machen die Auseinandersetzungen Spaß. Man versucht, seine Planung an die Fähigkeiten sowie Reichweiten der Gegner anzupassen, hofft auf das nötige und manchmal erzwungene Quentchen Glück, das zu kritischem Schaden oder einem zweiten Angriff führt. Und man hofft, dass der Gegner vom Pech verfolgt wird oder zumindest nicht auf der Glücksseite des Lebens steht – vor allem, wenn man unterstützt von Kriegsmaschinerie eine Belagerung einer feindlichen Stadt unternimmt. Und übersteigen die eigenen Verluste deutlich die eigene Erwartung, kann man nach Kampfende das Gefecht neu starten. Das gilt übrigens auch, wenn die meist gut arbeitende automatische Berechnung des Kampfausgangs nicht den eigenen Wünschen entspricht.
Im Gleichgewicht
Die Helden verfügen über ein breites Spektrum an Aufwertungs-Optionen - das kann später unübersichtlich werden.
Dass die Auseinandersetzungen nur selten frustrierend werden, ist vor allem dem sorgsamen Missionsdesign sowie der Ausgewogenheit der zur Verfügung stehenden Einheiten zu verdanken. Das ist insofern bemerkenswert, da sich je nach Fraktion zwischen zwölf und neunzehn in zehn unterschiedlichen Bereichen aufrüstbare Helden sowie jeweils gut 20 Einheitentypen (wenngleich mitunter als Elite-Einheiten) finden lassen. Doch in den zahlreichen Kämpfen, die ich bislang bestritten habe, hatte ich nie das Gefühl, das ich hoffnungslos unterlegen war – wohlgemerkt unter der Voraussetzung, dass ich maximal eine gelb gekennzeichnete Armee angegriffen habe. Was die einen Einheiten durch Masse wettmachen, kompensieren andere (teure) Truppentypen durch Klasse oder Helden mit ihren Zauberfähigkeiten. Und damit sind wir eigentlich schon bei der dritten Säule der Heroes-Formel: dem Stadtausbau. Im Vorgänger das große Manko, hat Limbic hier einen positiven Schritt zurückgemacht. Man hat wieder einen übersichtlichen Stadtbildschirm, in dem neu errichtete Gebäude sofort angezeigt werden.