Bravada05.09.2014, Eike Cramer
Bravada

Im Test: Ein Zwerg auf Bartsuche

Das Taktik-Rollenspiel Bravada ist das Debüt des russischen Entwicklers Interbellum. Kann die rundenbasierte Reise mit der Zwergenbande im Test überzeugen?

Zwerg auf Bartsuche

Ein junger, bartloser Zwerg ist auf der Suche nach dichter Gesichtbehaarung. Um das Wachstum anzuregen braucht er eine rote Blume, die aber immer wieder in die falschen Hände gerät. Grund genug um sich durch Unmengen von Hühnern, Schildkröten und dümmlichen Orks zu kloppen. Die skurrile Geschichte wird durch bescheuerte Zwischensequenzen erzählt und nimmt viele Fantasy-Klischees auf die Schippe. Spätestens wenn man einen mit einer Smiley-Maske und Gatling ausgestatteten Helden ins Gefecht führt dürfte klar sein, dass sich Bravada nicht ernst nimmt.

Die Geschichte wird in albernen Zwischensequenzen erzählt.
Dabei schlummert im Kern des Klamauks ein Taktik-Rollenspiel: Mit einer nach und nach wachsenden Gruppe aus Zwergen zieht man rundenbasiert über das an den Seiten eng begrenzte Schlachtfeld, plättet Monster, steigt im Level auf und rüstet den Helden aus. Der Clou: Jeder Bewegungsbefehl bewegt den ganzen Zwergenhaufen, der nicht tiefer als vier Reihen („Ist das eine Supermarktschlange, oder eine Kampfformation?“) sein darf. Es gilt also eine Formation zu finden, bei der Nah- und Fernkämpfer optimal positioniert und die Flanken geschützt sind. Dazu kommen Heiler und schildgenerierende Alchemisten, die die eigenen Truppen automatisch unterstützen.

Simpel und repetitiv

Die Spielmechanik ist einfach, funktioniert aber ordentlich: Mit der Tastatur kann die Zwergenbande über das Schlachtfeld navigiert werden, während man mit der Maus Ziele priorisieret oder Gegenstände benutzt. Später wird noch ein Taktik-Modus freigeschaltet, der es pro Zug erlaubt, jedem Zwerg einen eigenen Bewegungsbefehl zu erteilen – sehr praktisch für das Zusammenhalten der

Die Kulisse ist veraltet. Aus der Unity-Engine kann man deutlich mehr herausholen.
Formation, wenn man um Hindernisse manövrieren muss.

Neben den üblichen Tränken und Fallen gibt es die Möglichkeit mit einer Sanduhr die letzte Runde erneut durchzuführen - etwa wenn der Held ins Gras gebissen oder man einen wichtigen Zwerg verloren hat. Geht mal ein Mitstreiter flöten, kann man sich mit einem Ankh einen neuen Bartträger aus einem anderen Gruppenmitglied klonen, sodass die Gruppe auch nach Verlusten immer eine ähnliche Größe hat.

Das Problem dieser einfachen Spielmechanik ist, dass man recht schnell alles gesehen hat: Obwohl die Zwerge in 50 Stufen aufsteigen können und es viele Berufe (z.B. Holzfäller, Krieger, Schütze oder Heiler) gibt, in denen die man alle fünf Level eine neue Verzweigung wählen kann, laufen die Kämpfe oft sehr gleichförmig ab. Meist attackiert man den Gegner frontal und sieht dann dem Kampf zu.

Langatmige Level, gute Bosskämpfe

Die enge Levelarchitektur, bei der man nur geradeaus laufen kann, ermüdet zudem ziemlich schnell. Zwar gibt es fünf Welten, in denen man mal vor Feuer fliehen oder der Brandung ausweichen muss, am grundlegenden Spielablauf ändert das aber nur wenig. Zudem dauern die einzelnen Abschnitte, wie z.B. die Flucht vor dem Feuer, einfach zu

Die Welten sind abwechslungsreich, ziehen sich aber wie Kaugummi.
lange und nutzen sich schnell ab.

Das ist ärgerlich, denn nach jeder Welt gibt es einen spannenden Bosskampf, z.B. gegen einen verfressenen Ork-König oder einen Baumhirten, der meist nur mit einer durchdachten Taktik und einem  Kniff absolviert werden kann. So muss man sich die Umgebung zu Nutze machen (z.B. verlassene Mörser nutzen), seine Zwerge geschickt positionieren oder gesammelte Gegenstände einsetzen. Die Kämpfe sind hart und fordernd – schon der zweite Endgegner erfordert viel Ausdauer.

Mäßige Kulisse, abgenutzter Humor.

Das knuffige Artdesign mit herrlich albernen Gegnern ist durchaus gelungen – die Kulisse insgesamt macht aber eher den Eindruck einer Handy-Umsetzung. Kantige Charaktermodelle, kaum Animationen, statische Kämpfe und simple Oberflächen

Hier muss der hohen Brandung ausgewichen werden, die die Gruppe auseinanderreißen kann.
wirken veraltet. Warum hat man nicht wenigsten Schlag-Animationen eingefügt? Auch die Heil- oder Zauber-Effekte sind einfach nicht zeitgemäß.

Auch die anfangs unterhaltsamen Sprüche der Feinde und die albernen Unterhaltungen zwischen dem Helden und Figuren, die er am Wegesrand trifft, nutzen sich immer mehr ab. Viele der oberflächlichen Kalauer wiederholen sich - und während man das erste Mal noch grinsen muss, wenn sich ein Wildschwein darüber beschwert, dass der Spieler cheatet, nervt es spätestens beim zehnten Mal.

Fazit

Der Ansatz von Bravada ist symphatisch und witzig. Aber die Rundentaktik verliert sich in zu langatmigen Welten und gleichförmigen Kämpfen. Abseits der Levelaufstiege und zahlreichen Berufe der Kämpfer gibt es viel zu wenig Abwechslung.  Zudem ist die Kulisse veraltet und der Humor nutzt sich in den knapp fünf Spielstunden schnell ab. Auch die guten Bosskämpfe und mitunter ordentlich entworfenen Ereignisse  können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man Bravada vielleicht lieber auf dem Tablet hätte veröffentlichen sollen – auf dem PC reicht es nur für ein paar befriedigende Gefechte zwischendurch.

Pro

skurille Geschichte
ordentliche Spielmechanik
charmanter Humor ...
gute Bosskämpfe

Kontra

langatmige Level
veraltete Kulisse
... der sich aber schnell abnutzt
simple Gefechte
wenig Freiraum

Wertung

PC

Bravada inszeniert im Kern solide, aber deutlich zu repetitive Rundentaktik mit kurzgewachsenen Bartträgern.

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