Morbide Faszination
...das klingt nach diesen kritischen ersten Absätzen vielleicht komisch (und es kommen noch mehr), aber die grundsätzliche Idee trifft meinen Nerv. Diese Mischung aus Echtzeiterkundung auf einer Weltkarte mit Rundentaktik im Gelände ist mir sowohl hinsichtlich des Szenarios als auch des Kampfprinzips überaus sympathisch.
Und das, obwohl das Rumpfdesign der Charaktere auf den ersten Blick sehr befremdlich wirkt. Weder Helden noch Feinde haben hier Beine und aufgrund des Fehlens von animierten Schlägen oder Bewegungen sieht Battle Brothers aus wie eine statische Schachpartie in veralteter Browsergames-Kulisse. Aber auf den zweiten Blick kann auch das Artdesign einen stimmungsvollen mittelalterlichen Charme versprühen. Und innerhalb der ikonografischen Darstellung der Rumpfhelden erkennt man immerhin jede Menge Details von der Bewaffnung über die Ausrüstung bis hin zu immer stärkeren Wunden; im Kampf können Helme, Kettenhemden & Co dann sichtbar verloren werden. Es gibt zudem einige ansehnliche Zeichnungen, die Portraits zeigen markante Typen und die getarnten Goblinjäger muss man einfach mögen. Das ist kein bunter Plastik-Kitsch mit strahlenden Rittern, sondern angenehm gediegene Low-Fantasy in dezenten Farben.
Rundentaktik mit Anspruch
Auf der zufallsgenerierten Weltkarte reist die Söldnertruppe von Ort zu Ort.
Außerdem trägt jeder Schlagabtausch zur morbiden Söldner-Atmosphäre bei, denn es gibt authentische Verletzungen vom Schädelbruch bis hin zu Blutungen und Frakturen. Und damit kommen wir zum Kern der Faszination: der rundenbasierte Kampf. Battle Brothers lässt mich über den Einsatz von Aktionspunkten nicht nur einfache Bewegungen und Schläge einleiten, sondern bietet mir eine Vielzahl an defensiven sowie offensiven Manövern in angenehm vielfältigem Gelände. Zwar kann ich keine Trefferzonen wie etwa Kopf oder Fuß direkt anvisieren, aber ich habe zig Möglichkeiten der Haltung und Vorbereitung im Kampf.
Je nach Bewaffnung sowie erlernten Fähigkeiten kann ich z.B. Speer- und Schildwälle errichten, die mit jedem zusätzlichen Kämpfer weiter an Effizienz gewinnen. Schön ist auch, dass eher aggressive Monster in diese Fallen laufen und dass die menschliche Feind-KI einen sichtbaren Speerwald umgeht – sehr aufmerksam! Je nach Waffe lassen sich andere proaktive Stellungen beziehen, wie z.B. auch die Parade mit dem Schwert, so dass man das direkte Vorfeld absichern kann.
Überhaupt lohnt es sich mit Dolchen, Äxten, Speeren & Co zu experimentieren, denn sie alle bieten spezielle Manöver vom Stich in die Lücke einer Rüstung über das Zertrümmern von Schilden bis hin zum Wurfnetz, das den Feind blockiert. Hinzu kommen die nützlichen Mistgabeln oder Piken, die über zwei Felder reichen, so dass man eine gestaffelte Formation über zwei, drei Reihen einnehmen kann, in der möglichst jeder in seinem Zug angreifen kann.