Rebel Galaxy17.11.2015, Mathias Oertel
Rebel Galaxy

Im Test: Zwischen Elite und Black Flag

Weltraum-Opern sind wieder auf dem Vormarsch. Elite: Dangerous zieht in seinen Bann, Star Citizen wirft große Schatten voraus. Doch auch im Kleinen kann das Weltall faszinieren, wie Void Expanse oder Drox Operative beweisen. Und irgendwo dazwischen möchte sich Rebel Galaxy einordnen. Ob das Vorhaben gelingt, klären wir im Test.

Detektivarbeit im All

Was ist bloß mit der Tante des Protagonisten passiert? Die einzige Spur ist das Raumschiff, das sie ihm übereignet hat  - und ein kryptischer Hinweis. An der ersten Raumstation, an der man dockt, gibt es ein paar neue Informationen. Allerdings nur im Gegenzug für einen Gefallen. Dann geht es zur nächsten Station, man lernt neue Informanten kennen, erledigt Gefallen usw. So dringt man nach und nach immer weiter in Rebel Galaxy vor. Man bewegt sich frei durch den ersten von vierzehn zufällig generierten Quadranten, dann durch den zweiten, schließlich durch alle anderen und besucht die zahlreichen Raumstationen. Dort kann man nicht nur sein Schiff aufrüsten und mit neuem Rumpf, Schilden und vor allem stärkerer Bewaffnung versehen. Hier findet man auch Terminals, um Handel zu treiben oder Aufträge anzunehmen - beides natürlich mit dem erklärten Ziel, so viele Credits wie möglich zu scheffeln, damit man diese in bessere Ausrüstung investieren kann.

Auch wenn die Gegner in verschiedenen Höhenstufen fliegen, wird nur auf einer planen 2D-Ebene gekämpft.
Klingt ein wenig nach Elite: Dangerous? Stimmt! Aber die Ähnlichkeiten bleiben beim genauen Hinsehen oberflächlich. Um genau zu sein, beschränken sie sich auf ein Schiff, mit dem man die Galaxie durchquert und eine gewisse Freiheit bei der Herangehensweise. So kann man als Kopfgeldjäger seine Credits verdienen, aber auch als Pirat versuchen, die Convoys abzufangen und ihre Ladung für sich zu vereinnahmen. Ganz gewiefte Piloten werden den versteckten Lagerraum installieren und dort hohen Gewinn versprechende illegale Schmuggelware deponieren. Natürlich kann man sich auch als Händler betätigen, Mineralien und Wertstoffe aus Meteoriten abbauen oder eigene Handelsrouten zwischen den Stationen mit ihren weitgehend realistischen wirkenden Angebot-/Nachfrage-Preisstrukturen aufbauen. Oder aber man kümmert sich vorrangig um die zahlreichen Nebenmissionen, die man an den Raumstationen abgreifen kann. Das geht so weit, dass man die eigentliche Hauptaufgabe beinahe aus den Augen verliert. Unter anderem auch, weil sie zwar mit gut animierten Gesprächssequenzen verbunden wird, in denen man rudimentäre Entscheidungen mit nur wenig Auswirkungen treffen kann, sie aber inhaltlich schwach inszeniert wird.

Größer, schneller, weiter

Auch Abes Bruder hat sich in Rebel Galaxy verirrt...
Noch mehr aber, weil man sehr schnell in einen fiesen Motivationsstrudel gerissen wird, der sich um das eigene Schiff dreht. Mit den ersten mehr oder weniger leicht verdienten Credits kauft man bessere Waffen, einen verstärkten Rumpf, Schilde oder sonstige Verbesserungen. Das führt dann dazu, dass man schwerere Aufträge annehmen kann, die wiederum mehr Credits einbringen, die man dann abermals in optimierte Ausrüstung investiert. Ein vermaledeiter Kreislauf, der auch dadurch begünstigt wird, dass die Missionen bei effektiver Nutzung des simpel, aber eindrucksvoll inszenierten Hyperdrive nur zwischen zehn und fünfzehn Minuten in Anspruch nehmen. Nicht zu vergessen die Option, sich auch mit komplett neuen Pötten auszustatten, die natürlich wieder andere Bewaffnung, Verteidigungs- und Hilfssysteme an Bord nehmen können. Diese einfache Motivationsschleife hätte nur noch getoppt werden können, wenn die erledigten Schiffe nicht nur hin und wieder Rohstoffe oder Waren zurückließen, die man verkaufen kann, sondern auch noch Schiffsteile als Beute übereignen würden. Mit ähnlichen Mitteln haben bereits Void Expanse sowie Drox Operative für Motivation gesorgt.

Im Unterschied zu diesen beiden Vertretern der Weltraumoper findet das Kampfgeschehen aber nicht aus einer isometrischen Perspektive oder Draufsicht statt. In Rebel Galaxy ist man mittendrin – womit wieder der Schulterschluss zu Elite hergestellt wird. Es gibt jedoch einen massiven Unterschied: Hier gibt es keine vertikale Verschiebung. Zwar wird das Geschehen in 3D dargestellt. Reise und Kampf finden jedoch nur auf einer planen Ebene statt, es gibt keinerlei Möglichkeiten, gegnerischen Geschossen nach oben oder unten auszuweichen. Was auf den ersten Blick als Manko erscheint, wird hier aber alsbald mit dem Fokus auf klassische Breitseitengefechte à la Pirates zu einem motivieren Vorteil umgewandelt, bei dem mehr Taktik gefragt ist als man anfangs glauben möchte. Denn man ist nicht nur wie in Assassin’s Creed 4: Black Flag damit beschäftigt, sein Schiff bestmöglich zu positionieren, um die Breitseite so effektiv wie möglich gen Feinde zu senden. Man kann bei Bedarf auch auf die Geschütztürme umschalten und diese steuern. Allerdings kann man für jeden einzelnen Turm auch festlegen, welche Ziele automatisch gewählt werden, so dass man sich auf Ausweichmanöver, die gezielten Angriffe und ggf. Verteidigungsaktionen wie Raketenabwehr etc. konzentrieren kann.

Gewusst wie

Die Hauptmotivation wird aus den stark inszenierten Gefechten und dem Streben nach immer besserer Bewaffnung aufgebaut.
Da man sehr häufig einer numerischen Übermacht gegenüber steht, muss man zudem darauf achten, wen man sich als Hauptziel sucht, um nicht doch nach einem harten Kampf das Nachsehen zu haben. Denn die KI agiert mitunter sehr erbarmungslos, tritt aber auch die Flucht an, wenn sie das Gefühl hat, ins Hintertreffen zu geraten. Im Gegenzug kann man natürlich auch versuchen, mit kluger Nutzung des Schub-Boosts die Feinde hinter sich zu lassen, bevor man in einem Feuerball aufgeht und dann der letzte Spielstand (sprich: das letzte Abdockmanöver an einer Raumstation) als Wiedereinstieg gewählt wird. Und man kann sogar versuchen, in bestimmten Momenten mit den Feinden zu sprechen, um sie z.B. durch Übereignung der Ladung davon zu überzeugen, einen ziehen zu lassen. Sehr schade ist allerdings, dass die Standardmissionen, die man bei den Terminals abgreift, nur eine Hand voll Variationen beinhalten. Mehr Abwechslung hätte hier Wunder gewirkt. Auch mittelfristige Änderungen in der zu Spielbeginn zufällig generierten Galaxie wären wünschenswert gewesen. Zwar kann man seinen Status bei den zahlreichen Fraktionen nachhaltig beeinflussen. Doch das führt letztlich nur dazu, dass man irgendwann neue Schiffe freischaltet, die es z.B. nur bei der Händlergilde gibt.

Es gibt ein rudimentäres Wirtschaftssystem, so dass man sich auch als Händler betätigen kann.
Dass die Reduktion auf Kampf, kleine Missionen und Erforschung vor dem Hintergrund der ständigen Schiffsaufwertung so gut funktioniert, ist auch der ansehnlichen Kulisse zuzuschreiben, die sich nicht nur auf die sehr stimmungs- sowie fantasievoll designten Raumschiffe konzentiert. Asteroidenfelder, Planeten (ggf. mit ihren Trabanten), Sicherheitsflotten, die sich mit Piraten auch ohne Zutun des Spielers bekriegen: Der Weltraum der Rebel Galaxy ist alles andere als leer. Wabernde Nebel, elektrische Felder, die die Instrumente durcheinanderbringen – es gibt eine erstaunliche Vielfalt. Musikalisch kann man dies leider nicht sagen. Zwar passt der Southern Rock unglaublich gut zu diesem actionreichen Roadmovie im All, doch es gibt viel zu wenige Tracks. Allerdings kann man auch eigene Musiken einsetzen. Oder diesen Teil der Akustik ausschalten und sich auf Laser- und Projektilfeuer, Explosionen und das herrliche Wubbern des Antriebs festlegen. Ebenfalls gelungen, aber mit seinen deutlichen Anleihen bei Star Trek und vor allem Star Wars wenig überraschend, ist das audiovisuelle Design der Dialogpartner – wobei diese angesichts der schwachen Story ohnehin nur eine kleine Rolle spielen.

Fazit

Rebel Galaxy ist ein süffiger Action-Cocktail, dessen Zutaten Assassin's Creed 4: Black Flag, Void Expanse sowie Drox Operative gut vermischt und mit einem gewaltigen Schuss Elite: Dangerous angereichert wurden. Ein großes All lädt zum Erforschen ein, es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie man sich seinen Lebensunterhalt bzw. das nötige Kleingeld für neue Pötte und immer stärkere Bewaffnung verdienen kann. Und nebenbei muss man ja auch noch das Geheimnis um die verschwundene Tante lösen, was allerdings angesichts der insgesamt schwachen Story und der explosiv inszenierten Action zur Nebensache verkommt. Zwar muss man sich erst einmal daran gewöhnen, dass man nur auf einer Ebene unterwegs ist und mit seinem Raumschiff nicht nach oben oder unten navigieren kann. Doch letztlich werden dadurch sowohl Intensität als auch die leichten taktischen Optionen der Gefechte stärker in den Fokus gerückt. Schade ist aber, dass es hinsichtlich des Missionsdesigns nur wenig Abwechslung gibt, da man sich so bereits mittelfristig einiger Reize beraubt. Doch getragen von der Weltraum-Action und der ständigen Suche nach besseren Waffen vergeht die Zeit trotz aller Schwächen schneller, als man sich eingestehen möchte.

Pro

cooler, gut passender Southern-Rock-Soundtrack...
eigene Musiken verwendbar
abwechslungsreich designtes All...
spannende "Breitseiten"-Kämpfe mit taktischen Variationen
umfangreiche Schiffsaufrüstung
gute Steuerung (Pad wird empfohlen)
ansehnliche Kulisse
sehr schickes Schiffsdesign
stimmiges Sounddesign

Kontra

... der mit wenig Umfang bald auf die Nerven geht
schwache Story
... das sich innerhalb der Sektoren jedoch nur wenig unterscheidet
kaum Abwechslung bei den Standardmissionen
Maus-/Tastatursteuerung etwas unhandlich

Wertung

PC

Eine schicke Kulisse, viel Action und das Bestreben nach immer besserer Ausrüstung stehen in dieser Weltraum-Oper einer schwachen Story und eintönigen Missionen gegenüber.

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