Cities XXL12.02.2015, Mathias Oertel
Cities XXL

Im Test: Update-Patch zum Vollpreis

Der klassische Städtebau dümpelt vor sich hin. SimCity konnte nach Hinzufügen des Offline-Modus zwar wieder Boden gutmachen, doch die kleinen Karten sind und bleiben ein Stein des Anstoßes. Vielleicht kann Cities XXL (ab 1,90€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) von Focus Interactive die Lücke schließen? Der Test gibt die Antwort.

Déjà-vu

Moment mal. Das kenn ich doch. Mit der gleichen Begrüßung, den gleichen Tutorial-Aufgaben und sogar dem identischen Layout der Übungs-Karten wurde ich doch schon in Cities XL begrüßt. Und auch das allgegenwärtige Tearing ist mir aus den Vorgängern wohlbekannt. Natürlich hätte sich Skepsis bei mir regen müssen, dass zwischen der ersten Ankündigung im November letzten Jahres und der finalen Veröffentlichung nur etwa drei Monate vergangen sind. Doch zum einen bin ich immer noch naiv genug, an das Gute im Entwickler zu glauben. Zum anderen hätte ich mir nicht träumen lassen, dass Focus sich traut, ein Spiel mit derart wenig Neuerungen im Vergleich zum Vorgänger zum Vollpreis anzubieten.

Eigentlich wäre Cities XXL ein spielenswerter Städtebau mit großen Karten- wenn die nahezu identischen Vorgänger nicht wären.
Natürlich kann man argumentieren, dass man allen Besitzern irgendeiner der Vorversionen einen immerhin 50-prozentigen Rabatt auf Steam gewährt, so dass man im Endeffekt nur knapp 20 Euro zahlen muss. Doch wenn man bedenkt, dass die im Einzelhandel erhältlichen Box-Versionen diesen Bonus nicht bieten, ist das Vorgehen von Focus dreist. Denn im Wesentlichen bekommt man hier einen Update-Patch, den Cities-XL-Spieler eigentlich kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen sollten.

Verbesserte Stagnation

Ja: Mit Unterstützung von Multicore-Prozessoren werden viele der Performance-Probleme behoben, die die Vorgänger plagten. Allerdings nicht alle – auch wenn es deutlich länger dauert, bis die Städte auf großen Karten Einbrüche in der Bildrate verzeichnen. Doch das hätte innerhalb der alten XL-Engine wohl auch per Patch hinzugefügt werden können. Gleiches gilt für die paar neuen Karten, auf denen man sich austoben kann - die Anzahl an zur Verfügung stehenden Gebieten war nie das Problem der Cities-Serie. Die kleinen Verbesserungen innerhalb der Baumenü-Benutzerführung nehme ich ebenfalls gerne an. Dass man jetzt die zur Verfügung stehenden Baustile auch z.B. nach geografischem Ursprung sortieren und sich seine Wohn-, Industrie-, Büro- oder Geschäftsviertel individuell zusammenstellen kann, wertet den virtuellen Städtebau klar auf. Ebenso die neuen nachhaltigen Umweltschutz-Bemühungen. Allerdings bleibe ich dabei: Das hätte alles auch per Patch geliefert werden können.

XL oder XXL? Die Unterschiede sind sehr gering...
Denn der bewährte Aufbaukern mit seinem intuitiven Straßenbau, der einfachen Zonenzuweisung sowie den oberflächlichen, wenngleich gut funktionierenden Nahverkehrssystemen, ist identisch zu den Vorgängern. Es gibt mehrere Gesellschaftsschichten von ungelernten Arbeitern bis hin zur Elite, die man bei Laune halten muss. Das Verhältnis der unterschiedlichen Areale (Industrie, Wohnen, Kommerz, Entspannung) muss im Auge behalten werden. Die Stadt muss mit allen möglichen Sicherheitsmechanismen wie gesundheitlicher Grundversorgung, Polizei oder Feuerwehr ausgestattet werden. Sie soll möglichst wachsen und gedeihen. Und natürlich muss sie sich auch finanziell tragen können. Damit ist man auch langfristig beschäftigt und wird gut unterhalten - zumal man mit bestimmten Meilensteinen immer neue Elemente freischaltet, um seine Metropole zu hegen, zu pflegen und zu entwickeln. Doch das war auch bei den Vorgängern der Fall. Und mit denen teilt man dementsprechend nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Elemente.

Fortschrittliche Städtebau-Zukunft?

Dazu gehören z.B. die spröden Overlay-Bildschirme, die Informationen über Zufriedenheit, Status der Grundversorgung, Verkehrslage, Umweltverschmutzung usw. aufklären sollen. Zwar sind die im Hintergrund laufenden Zusammenhänge, wieso jetzt z.B. die Mittelschicht unter steigender Arbeitslosigkeit usw. zu leiden hat, meist logisch nachvollziehbar. Doch bis man die entsprechenden Analyse-Bildschirme gefunden hat und schließlich auch noch die richtigen Rückschlüsse zieht, ist man von der Benutzeroberfläche genervt. Hier lässt man eine der zahlreichen Chancen ungenutzt, dem Spieler mehr Komfort anzubieten.  Auch der Handel mit benachbarten Städten, die natürlich eine breite Spezialisierung erlauben bzw. der allgegenwärtigen Omnicorp ist nach wie vor nicht immer intuitiv.

Die Kulisse ist ansehnlich, aber zeigt immer noch die Probleme der XL-Versionen.
Und dann bleibt noch die technische Umsetzung, die ebenfalls noch Luft nach oben hat. Wieso man immer noch keine Option zur vertikalen Synchronisation eingebaut hat. Man kann zahlreiche Detailstufen festlegen oder Anti-Aliasing einstellen, das störende Tearing kann man aber nicht entfernen. Dabei wirkt Cities XXL nicht mal wie ein Schnellschuss. Sondern nur wie ein überlegter Versuch, mit minimalem Aufwand ein maximales Ergebnis zu erzielen - in diesem Fall leider zu Lasten des Spielers. Denn eigentlich hätte der Titel alle Chancen gehabt, an EAs letztem Sim City vorbeizuziehen. Doch jetzt ruhen die Hoffnungen auf Cities: Skyline von Paradox.

Fazit

Eigentlich testen wir keine Patch-Versionen. Und unter dem Strich ist dieser Städtebau nicht mehr als eine auf den neuesten Stand gebrachte Vorgängerversion. Ja: Es gibt in der Benutzerführung einige Optimierungen. Ebenso im Bereich der Performance, wobei man bei großen Städten immer noch Einbrüche in der Bildrate feststellen muss. Und man kann sich auf ein paar mehr Karten austoben. Doch abseits des XXL-Logos, über das man das Hauptmenü erreicht, fällt es mir schwer herauszufinden, ob ich mich jetzt im letzten Cities XL oder der aktuellen XXL-Version tummle. Angefangen vom identischen Tutorial bis hin zu den nach wie vor spröden Statistik-Overlays gleichen die Städte 2015 ihren Kollegen aus den Jahren zuvor – inklusive des Tearings sowie der nervtötenden Musik. Angesichts dieser Patchversion-zum-Vollpreis-Politik (wobei Besitzer irgendeiner der Vorversionen immerhin einen Add-On-Preis bekommen) könnte man die zweifellos vorhandenen Vorzüge dieses virtuellen Städtebaus schnell vergessen. Denn logische Zusammenhänge, einfach zuzuweisende Bauzonen, motivierende Freischaltungen oder ein ordentliches Nahverkehrssystem  gehören seit jeher zum guten Ton der Cities-XL-Reihe. Das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass Focus hier Recycling im großen Stil betreibt, der selbst EAs Legacy-Versionen der FIFA-Serie wie Hochglanz-Vollversionen aussehen lässt.

(Anm. d. Red.: Die Boxversion kommt am 13.2. in den Handel)

Pro

logische Zusammenhänge
dank Multikern-Unterstützung verbesserte Performance...
große Karten
unterstützt Steam Workshop
übersichtliche Baumenüs
motivierender Städtebau
Freischaltungen bei Meilensteinen als Motivationsfaktor

Kontra

nur ein Update-Patch zum Vollpreis
... bei großen Städten immer noch Bildraten-Einbrüche
nervendes Musikgedudel
unübersichtliche Analyse-Tools

Wertung

PC

Eigentlich ein richtig guter Städtebau ist Cities in seiner XXL-Variante kaum mehr als ein Patch-Update der Vorgänger-Versionen.

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