Into the Stars10.03.2016, Mathias Oertel
Into the Stars

Im Test: Überlebenskampf im All

Es geht ums Überleben. 10000 Menschen sind auf der letzten Arche unterwegs durchs All. Auf der Suche nach einer neuen Heimat. Gejagt von den außerirdischen Skorn. Als Kapitän des Raumschiffs gibt es nur ein Ziel: Den Planeten Titus Nova, der am Ende von 90 langen Sektoren liegt. Ob Into The Stars (ab 3,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) eine Faszination entfachen kann, die der Weltraum-Odyssey FTL entspricht, klären wir im Test.

Entscheidungen auf Leben und Tod

Into The Stars, das Erstlingswerk von Fugitive Games, das wie so viele andere frische Entwicklungsstudios im Indie-Bereich aus Ex-AAA-Entwicklern (u.a. Mitarbeit an Battlefield, Medal of Honor oder Lost Planet) entsteht, stellt einen von Anfang an vor Entscheidungen. Denn bevor man sich auf die Odyssee quer durch 90 von Geheimnissen, Gefahren und Außerirdischen durchtränkten Sektoren eines ansprechend gestalteten Weltalls machen kann, muss man sich seine Crew zusammenstellen und sein Schiff hinsichtlich der Ausstattung konfigurieren, wenn man sich nicht auf eine von drei Vorgaben (Ausgewogen, kampffokussiert oder Langstrecke) verlassen möchte. Sechs Mitglieder darf man mit auf die Reise nehmen, um die letzten 10000 Menschen der alten Erde zu ihrer neuen Heimat Titus Nova zu bringen. Und jeder hat unterschiedliche Werte in sechs Bereichen wie z.B. Pilot, Mediziner, Kommandeur etc, die im Laufe der Reise auf unterschiedliche Wege gesteigert werden können.

Das All von Into the Stars ist sehenswert und muss sich nicht hinter Elite verstecken.
Da man auf dem Trip immer wieder mit zufälligen Ereignissen sowie Shuttle-Landungen auf Planeten konfrontiert wird, die unterschiedliche Fähigkeiten fordern, sollte man darauf achten, ein Team zusammenzustellen, das alle Eventualitäten abdeckt. Wenn alle Stricke reißen, können ebenfalls per Zufall auftauchende Ausbildungsoptionen sowie Verbesserungen der Fähigkeiten durch Benutzung aushelfen, damit die Mannschaft für alles gewappnet ist. Aber letztlich liegt die Entscheidung beim Spieler, der im Zentrum der Brücke über wenige Tasten alle wesentlichen Menü-Bildschirme aufrufen kann. Wer macht was? Wie begegnet man Nahrungsmittelknappheit? Wen schickt man, um Revolten niederzuschlagen oder sich um organisiertes Verbrechen zu kümmern?  Nimmt man angesichts von zufälligen Notfällen wie Bränden kleine Kollateralschäden innerhalb der zu transportierenden Bevölkerung in Kauf und schickt ein Crew-Mitglied, das nicht so erfahren ist? Und wie haushaltet man mit den stets knappen Rohstoffen, damit sowohl Nahrungs- als auch Sauerstoffgeneratoren nicht ihren Dienst aufgeben, man aber dennoch auch die Haupttriebwerke oder sonstige Ressourcen verschlingende Maschinen bedienen kann, während man andere Module aufwertet?

Lahme Präsentation

Die restliche Präsentation ist dagegen staubtrocken und erinnert mit statischen Bildschirmen an alte Browserspiele.
Man wird als Captain immer wieder vor neue, mitunter spannende Herausforderungen gestellt, die auch das Leben der Crew-Mitglieder kosten können. Denn während man sich mit sehr spröde präsentiertem Mikromangement herumschlägt, sind die Skorn ständig hinter einem her und möchten die Arche neben den anderen zwölf gescheiterten Bevölkerungs-Frachtern auf dem Weltraum-Schrottplatz deponieren. Also muss man versuchen, einen möglichst konfrontationsfreien Kurs zu finden, der einen zusätzlich an Planeten vorbei führt, die reich an Rohstoffen sind oder auf denen man dank einer Forschungsexpedition zusätzliche Verbesserungen für sein Schiff wie Treibstoff sparende Elemente findet. Rohstoffe kann man übrigens auf zwei Methoden abbauen: Man kann entweder eine Sonde schicken, die mit nur spärlichen, aber sicher abgebauten Ressourcen zurückkehrt. Oder aber man schickt eine Crew – was letztlich in einem simplen Minispiel gipfelt, bei dem man einen Bohrkopf steuert und möglichst viele Materialien abgrast, bevor man durch Hindernisse zerstört wird oder der Treibstoff zur Neige geht.

Trotz interessanter Ansätze lässt Into The Stars vor allem bei der Präsentation unnötig viel liegen. Mitunter wirkt es wie ein altmodisches Browserspiel, so lange man aus dem Kommandosessel heraus zwischen den wenigen meist statischen Bildschirmen herumspringt. Angesichts dieses spartanischen Prinzips wiegt es umso schwerer, dass nicht alle Bildschirme ins Deutsche übersetzt und einige Bildschirmanzeigen nicht korrekt formatiert wurden, so dass Sätze abgeschnitten werden oder sich mit anderen Anzeigen überlagern. Eine Option, innerhalb von Steam oder innerhalb des Spieles die Sprache umzustellen, gibt es derzeit leider nicht. Auch die nur spärlich animierten Auseinandersetzungen mit den Aliens könnten dramatischer präsentiert werden.

Immerhin bieten die Kämpfe eine ausgeprägte taktische Komponente. Sowohl die Waffen- als auch die Verteidigungssysteme können auf drei Frequenzen (hier durch Farben symbolisiert) eingestellt werden. Zusammen mit gutem Timing für die richtige Aktivierung des Schutzschildes muss man tunlichst darauf achten, die richtige Frequenz für

Bei den Auseinandersetzungen kommt es zu einem spannenden "Farbenschach"...
die Abwehr eingeschaltet zu haben, falls man sich nicht auf das Ausweichmanöver verlassen möchte. Und natürlich ist der Gegner, bei dem man auch einzelne Systeme (Waffen, Schilde usw.) ins Visier nehmen darf, ebenfalls mit Frequenzschilden ausgerüstet, die man überlisten muss. Vor allem, wenn man gegen kleine Grüppchen antreten muss, werden die über Schalter geführten Auseinandersetzungen zu einem spannenden Farbenschach.

Kleine Probleme, große Anspannung

Leider gibt es ab und an störende Bugs: Bildschirme, aus denen man nicht mehr zurückkommt, machen einen Spielneustart nötig. Und Planeten, die laut Karte da sein sollten, die aber trotz einer eingehenden Sicht-Prüfung in alle Richtungen nicht angezeigt werden und die man daher auch nicht ansteuern kann, stellen sich spätestens dann als Problem heraus, wenn man dort Station machen wollte, um dringend benötigte Rohstoffe zu sammeln. Das ist sehr ärgerlich. Denn trotz der trockenen Präsentation kann Into The Stars mit seiner Überlebensmission für Spannung und Unterhaltung sorgen, wenn alle Mechanismen ineinandergreifen. Die Skorn halten einen dauernd auf Trab, die zufälligen Ereignisse sorgen dafür, dass man sich nicht auf die faule Haut legen darf. Und der ständig nötige Rohstoffnachschub fordert zusätzlich. Zum Glück kann man außerhalb von Gefechten in einer Pause schalten, um sich in aller Ruhe mit den jeweils anstehenden Problemen beschäftigen und sie priorisieren zu können.

Das Bohren nach Rohstoffen wird in einem kleinen Minispiel inszeniert.
Allerdings gibt es auch immer wieder Momente, in denen die Bevölkerung dahingerafft wird oder es zu Übergriffen kommt, die sich nicht erschließen. Zwar kann man meist gegenwirken, indem man im oberflächlichen Siedlungsausbau neue Gebäude aufzieht, doch es bleibt dennoch ein Fragezeichen zurück, wieso es jetzt z.B. zu einer Revolte kam. Dass Fugitive Game auch Kulisse „kann“, merkt man, wenn man nicht die Menübildschirme betrachtet, sondern aus der Kommandobrücke oder aus der externen Ansicht den Blick über das All schweifen lässt, das man durchquert und das von der Unreal Engine 4 farbenfroh und ansehnlich gezeichnet wird. Kolorierte Nebel, intakte oder zerborstene Planeten unterschiedlicher Beschaffung, das Gefühl von Weite und Unendlichkeit: In diesen Momenten muss sich Into The Stars nicht vor Weltraum-Action wie Elite Dangerous verstecken.

Fazit

In der Theorie (und wenn es mal problemlos läuft) ist Into The Stars ein unterhaltsamer Überlebenskampf im All. Zwar ist die Benutzerführung sehr spröde, doch das kann das Gefühl nicht komplett aushebeln, sich tatsächlich wie ein Captain auf einem riesigen Raumschiff auf einer Odyssee durchs All zu fühlen. Verheerender sind die Abstürze oder die mitunter uneinheitlich übersetzten deutschen Texte, die zudem immer wieder schrecklich umbrechen oder manche Bildschirmanzeigen überlagern, während man nicht ohne Weiteres auf Englisch umstellen darf. Hier muss Fugitive Games deutlich nacharbeiten. Doch wenn alle Schrauben ineinandergreifen, kommt es zu spannenden Entscheidungen, bei der man häufig den Atem der einen verfolgenden Außerirdischen im Nacken spürt, während man versucht, einem Planeten wichtige Ressourcen zu entziehen. Atmosphärisch bietet Into The Stars ein bisschen Wall-E, ein bisschen Mad Max Fury Road und viel FTL, wobei der taktische Kampf gegen einen übermächtigen Gegner eine untergeordnete Rolle spielt. Zu schade, dass man technisch nicht uneingeschränkt sauber gearbeitet hat. 

Pro

spannende Entscheidungen
ständige Rohstoffknappheit und Außerirdische halten einen auf Trab
ansehnliches All
jederzeit pausierbar
gute deutsche Sprachausgabe
taktisch ausgeprägte Kämpfe

Kontra

spartanische Menüpräsentation
Bugs, die in seltenen Fällen kritisch sein können
manche Zusammenhänge nicht erschließbar
Sprache lässt sich nicht im Spiel umstellen
Deutsche Texte häufig schlecht formatiert und Anzeigen überdeckend

Wertung

PC

Konzeptionell interessante und in Teilen immer wieder spannende Überlebens-Odyssee durchs All. Die schwache Präsentation sowie Bugs ziehen einen immer wieder aus der Spielwelt heraus.

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