Fussball Manager 200429.11.2003, Mathias Oertel
Fussball Manager 2004

Im Test:

Die Bundesliga-Saison läuft auf Hochtouren und ist dieses Jahr wie selten zuvor von Überraschungen gekennzeichnet. Und nicht selten werden die Fans denken: "Das kann ich doch besser!" Jetzt habt ihr mit dem Fussball Manager 2004 (ab 33,32€ bei kaufen) die Gelegenheit. Mit zahlreichen neuen Features, wesentlich aufgeräumter und offiziellen Lizenzen soll die Sport-Wirtschaft-Simulation der Konkurrenz zeigen, wer der Meister ist. Ob es gelungen ist, könnt ihr im Test erfahren.

Moderne Tabellenkalkulation?

Das Phänomen Fußball-Manager-Spiele lässt sich schwer erklären. Denn obwohl ich mich selber zu einem erklärten Anhänger dieses Genre zähle, kann ich ab und an nicht umhin, Kollegen zuzustimmen, die meinen, dass die Verschiebereien von Spielern in der Aufstellung, die umfangreichen Statistiken und vieles mehr irgendwie den Eindruck von grafisch enorm aufgepeppten Excel-Arbeitsmappen erweckt.

Wo liegt die Faszination? Vermutlich größtenteils in der Möglichkeit, die Geschicke seines Lieblingsvereins endlich einmal selber lenken und den Hitzfelds, Magaths und Toppmöllers dieser Welt zeigen zu können, wie es richtig gemacht wird.

Und der Fussball Manager 2004 tut alles ihm in der Macht stehende, um euch nicht zu enttäuschen.

Aufgeräumt und stark erweitert

Nachdem man sich zu Beginn für einen der typischen Spielmodi (fester Verein, echte Karriere mit Vereinsausfall bzw. zufälligen Angeboten) und die üblichen Daten eingegeben hat, fällt schon die erste Änderung zur letztjährigen Version auf: die Menüs.

Wohin ins Trainingslager? Nicht nur Europa steht zur Verfügung.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man die Menüleiste umständlich aufklappen musste, um sich dann durch die Spalten zu wühlen, um dahin zu kommen, wo man hin will. Stattdessen findet man sich umgehend in einem übersichtlichen Menü wieder, in dem man mit minimalem Klickaufwand schnell alles erledigen kann.Auch an die Fans klassischer Büro-Darstellung wurde gedacht – ohne dabei die Übersicht außer Acht zu lassen.

Und schon nach wenigen Spieltagen wird klar, dass trotz zahlreicher Ähnlichkeiten an der spielerischen Oberfläche enorm viele Detailverbesserungen und Spielerweiterungen integriert wurden.

Das Büro gibts auch noch - leichte Navigation inklusive.

Neuer Tiefgang – alte Klasse

So habt ihr jetzt z.B. die Möglichkeit, euch auch als Nationaltrainer zu versuchen und Tante Käthe nachzueifern – natürlich nur, wenn ihr im Verein bewiesen habt, dass ihr es drauf habt, eine Mannschaft zu führen.

Und das ist bereist fordernd genug: Die Mannschaftsaufstellung will wohl überlegt sein, verschiedene Mannschaftsteile durch einen gezielten Griff auf dem Transfermarkt verstärkt und das Training auf die Erfordernisse der Mannschaft abgestimmt werden.

Und wie man es von der Serie mittlerweile gewöhnt ist: alles geht äußerst komfortabel von der Hand.

Doch dies sind Punkte, die man eigentlich auch in jedem vergleichbaren Produkt finden kann. Was macht den Unterschied aus? Die Lizenzen beispielsweise, die euch mit allen original Namen, Vereinen und (fast) allen Wappen aus aller Herren Länder versorgen und das Spiel zu einem Who´s Who des Fußball-Geschäfts machen. Ihr wollt Ronaldo in eurem Team und habt das nötige Kleingeld? Dann nichts wie zugreifen!

 

Nimmt man sich die Zeit, sich alle zur Verfügung stehenden Menüpunkte einmal genauer anzuschauen und auf Funktionalität zu überprüfen, stellt man fest, dass es fast nichts gibt, auf das man keinen Einfluss nehmen kann. Die Vorgaben für die neuen Jugendteams gehören genauso dazu wie die Aufstellung einer Reservemannschaft, Verhandlungen um Spielerprämien, Aufstellung eines kurz- oder langfristigen Trainingsplanes, Verhandlungen mit Sponsoren, Marketing, Spielergespräche, Ausbau des Vereinsgeländes und und und.

Assistenten gesucht

Irgendjemand überfordert? Überhaupt kein Problem! Ihr könnt jederzeit bestimmte Einflussmöglichkeiten zu- oder abschalten bzw. durch Assistenten erledigen lassen und euch so um das Wesentliche kümmern. Keine Lust auf Finanzkram? Dann lasst einfach einen Assi die Ablösesummen festlegen. Keinen Bock auf Training? Der Co-Trainer regelts schon. Aufstellung ist euch egal? Auch hier naht Abhilfe.

Das geht sogar so weit, dass ihr eigentlich gar nichts mehr machen müsst – auch wenn das am eigentlichen Spielziel etwas vorbei geht.

Die Trophäenhalle: ein weiteres kleines Detail, das für Stimmung sorgt.

Wer sich aber mit Leib und Seele dem Geschick seines Vereins verschreiben will, kann auch alles selber in die Hand nehmen und sich z.B. nahezu stundenlang mit einem ausgefeilten Trainingsplan befassen und so die Mannschaft optimal einstellen.

Hilfe bei der Vorbereitung auf den nächsten Gegner und ganz einfach nur ein immenser Informationspool sind die umfangreichen Statistiken, die manchmal fast schon zu weit reichen.__NEWCOL__ Spieler des Jahres, Fünfjahreswertungen, Übersichten über die Erfolge bestimmter Mannschaften, ja selbst Mannschaftsfotos werden über Jahre hinweg gesammelt und können begutachtet werden.

Deutlich erkennbare Spieler: da steigt die Motivation.

Und so klein das Detail "Mannschaftsfoto" auch sein mag, sorgt es für immens viel Atmosphäre und zeigt, dass es den Entwicklern durchaus ernst war, die Referenz abzuliefern.

Transfers werden umgehend ins Foto eingebaut und bei den hochklassigen Mannschaften ist es kein Problem, Spieler wie Jan Koller, Michael Ballack, Oliver Neuville oder Sergej Barbarez einwandfrei zu identifizieren – einfach nur klasse!

Ab auf den Platz

Doch irgendwann kommt der Moment, an dem man genug taktiert und getüftelt hat. Zeit für die Mannschaft, sich auf dem Platz zu beweisen. Wahlweise stehen drei Möglichkeiten der Matchdarstellung zur Verfügung. Die simple Anzeige des Endergebnisses eignet sich besonders für Schnellspieler, die während des Spiels keinen Einfluss ausüben möchten.

Für Fans, die samstäglich den Live-Ticker auf z.B. Sport 1 verfolgen, dürfte der Textmodus die ideale Lösung sein: Spannend erzählt, wenngleich momentan noch von zahlreichen Text-Wiederholungen geplagt, fiebert man in jeder Minute mit und hat in diesem Modus zudem noch die meisten Möglichkeiten, einzugreifen und sich parallel über die Stände in den anderen Stadien zu informieren.

Für die Sportschau-Fraktion schließlich gibt es die 3D-Darstellung mit Kommentaren, die sich dieses Jahr rühmen darf, auf die aktuelle FIFA-Engine zugreifen zu können. Mit dem Ergebnis, dass der FM 2004 in diesem Bereich natürlich klar vor der Konkurrenz liegt. Die Eingriffsmöglichkeiten gestalten sich hier zwar etwas spartanischer, sind aber immer noch ausreichend.

Den Kicker gibt´s auch immer noch, ist allerdings mittlerweile in die Jahre gekommen.

Da jeder Modus auf etwas andere Berechnungsmethoden zurückgreift, lässt es sich aber nicht vermeiden, dass die Ergebnisse jedes Modus im gleichen Spiel äußerst unterschiedlich ausfallen können (die Zufallsereignisse der Spiele mal außer Acht gelassen).

Doch egal, für welche Option man sich entscheidet: der Spielspaß stellt sich umgehend ein und eh man sich versieht, zieht eine Stunde nach der anderen ins Land und man kommt bei grottenschlechten Spielen des eigenen Teams fast nicht umhin, den Monitor anzubrüllen, um dem Nervenzusammenbruch zu entgehen.

Football Fusion

Wer während des Spiels nicht nur unbeteiligt an der Seitenlinie stehen möchte, hat mit dem Football Fusion-Feature die Möglichkeit, das jeweilige Spiel unter Zuhilfenahme von FIFA 2004 selber in die Hand zu nehmen.

Die Hardcore-Manager-Fans werden angesichts dieser Möglichkeit vermutlich kopfschüttelnd ablehnen. Gelegenheitsspieler und Neueinsteiger im Genre hingegen freuen sich über eine weitere Möglichkeit, die Spieldauer des FM 2004 zu verlängern.__NEWCOL__In der Gesamtwertung für den Fussball-Manager fließt das Feature aber nur als kleiner Bonus-Faktor ein. Denn auch ohne FIFA 2004-Einbindung überzeugt der FM dieses Jahres als durchdachtes Produkt mit immens viel Tiefgang und einer Langzeitmotivation, die kaum zu beschreiben ist.

Editor-Wahn

Wer blitzschnell auf aktuelle Änderungen in der Fußball-Szene eingehen und unter Umständen die Mannschaftskader schnell auf den neuesten Stand bringen möchte, findet in dem mitgelieferten Editor genau das richtige und komfortabel zu bedienende Tool.

Als Bonus kann man die im Editor erstellten Mannschaften über Football Fusion auch in FIFA 2004 importieren.

Doch hier fängt der Editor-Wahnsinn erst an. Denn habt ihr erst einmal genügend Geld zusammen, kommt der Moment, an dem man sein eigenes Traumstadion bauen möchte.

Dank der zahlreichen Bau-Elemente und Optionen, die ihr hier findet, könnt ihr ein Stadion aus dem Boden stampfen, das selbst das Bernabeo-Stadion in Madrid oder das Dortmunder Westfalenstadion wie ein Kindergarten-Bolzplatz aussehen lässt.

Auch das Stadion-Umfeld ist komplett 3D.

Sitzreihen lassen sich genauso spielend einfach einfärben wie neue Zuschauerblöcke aufziehen oder ein neues Dach einbauen.

Dies kann sogar so weit führen, dass man sich urplötzlich dabei ertappt, diverse Stunden mit der Stadionplanung verbracht zu haben, anstatt sich um seine Mannschaft zu kümmern.

Ein dickes Ding!

Auch wenn Reiner Calmund auf dem Cover etwas grimmig guckt: Der FM 2004 schafft es, auf breiter Linie zu begeistern und in vielen Bereichen neue Standards zu setzen. Die Detailänderungen und Erweiterungen zum Vorgänger sind umfangreicher als man es in einem Test umschreiben kann, ohne Romanlänge zu erreichen, und machen das Spiel zusammen mit der aufpolierten Benutzerführung zu einem Pflichtkauf für Fans.

Hier helfen nur noch Zurufe von der Seitenlinie - wenn sie nicht auf taube Ohren fallen.

Trotzdem gibt es einige Punkte, die etwas sauer aufstoßen. Es gibt z.B. immer noch keine Möglichkeit, Mehrspieler-Duelle per LAN auszutragen – nur der seit C64-Zeiten bekannte Hotseat lädt zum Spiel Mann gegen Mann (gegen Mann gegen Mann) ein.

Auch die Kicker-Zeitung hat ihren Dienst mittlerweile zur Genüge getan und sollte für die nächste Ausgabe in die wohlverdiente Rente geschickt werden. Man muss allerdings zur Verteidigung sagen, dass die Fußball-Postille auch deaktiviert werden kann.

Und die schon angesprochenen Wiederholungen im Text-Modus sowie minimale logische Unstimmigkeiten werden sicherlich wie letztes Jahr durch zusätzliche Downloads behoben.

Vielleicht baut man bei dieser Gelegenheit auch noch die Möglichkeit ein, vor dem Spiel eine Mannschaftsansprache zu halten, um den Spielern weise Worte mit auf den Weg zu geben. Denn nur die Halbzeitpredigt ist auf Dauer etwas unzureichend.

Der einzige Punkt, in dem der ärgste Konkurrent Anstoss 4 Ed. 03/04 definitiv vor EAs Vorzeige-Manager liegt, ist der Humor.

Nur selten beginnt man während des Spieles zu schmunzeln. Stattdessen ist meistens "Ernst der Lage" angesagt.__NEWCOL__Das wiederum liegt an der immensen Lizenzflut und der Verwendung echter Namen. Man möchte einfach von vornherein vermeiden, dass sich irgendein Spieler durch irgendwelche komödiantischen Einlagen auf den Schlips getreten fühlt und womöglich eine Klage anstrengt.

Doch auch ohne viel Humor gilt: Der Fussball Manager 2004 ist spielerisch das Maß aller Dinge.

Gehobene Technik

Für ein Genre, das generell nicht mit überragender Technik von sich reden macht, nimmt der FM 2004 ebenfalls eine Ausnahmestellung ein. Angefangen von den übersichtlichen Menüs, denen man selbst ein eigenes Farbschema geben kann bis hin zur exzellenten 3D-Darstellung der Matches ist das Spiel ein optischer Genuss. Zwar haben viele Spieler in den unteren Ligen die gleichen Gesichtstexturen, doch in den oberen Klassen gibt es klar zu identifizierende Stars.

Dank aktueller FIFA-Engine der grafisch eindrucksvollste Manager.

Akustisch kann man ebenfalls nur von einer gelungenen Leistung sprechen: Die Kommentare während der Matches nutzen sich zwar über einen längeren Zeitraum hinweg ab, sind aber dennoch insgesamt gut und eine schöne Atmosphäre-Unterstützung.

Während des Textmodus wird das Geschehen durch adäquate Geräusche und eine imposante Fan-Kulisse untermalt (insofern sich genügend Fans im Stadion befinden), so dass auch hier die Stimmung voll rüberkommt.

Die musikalische Untermalung hingegen geht einem spätestens in der dritten Saison auf den Keks, kann jedoch durch eine eigene Musikauswahl ersetzt werden, so dass ihr immer genau das hören könnt, was ihr wollt.

Fazit

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der FM 2004 gar nicht so sehr von seinem bereits sehr guten Vorgänger. Doch bereits nach kurzem Spiel bemerkt man neben den aufgeräumten und übersichtlichen Menüs zahlreiche kleinere und größere Detail-Änderungen, die das Spiel zu einem Leckerbissen für Manager-Fans machen: Jugendmannschaften, Nationaltrainer, Mannschaftsfotos, nochmals erweiterte Statistiken usw. lassen einen spätestens nach der ersten Saison ins Schwärmen geraten. Und der pompöse Stadioneditor alleine dürfte die Hardcore-Gemeinde wochenlang beschäftigen, bis sie zum einen das nötige Kleingeld für ihr Traumstadion gespart und zum anderen aus den scheinbar unendlichen Möglichkeiten eine Arena gebastelt haben, neben der das Westfalenstadion wie ein Armenhaus aussieht. Spielerisch mit für das Genre enorm viel Tiefgang ausgestattet, kommen aber sowohl Einsteiger als auch Power-Manager dank der zuschaltbaren Automatisierungen schnell auf den Geschmack. Kleinere Schönheitsfehler wie z.B. Wiederholungen im Textmodus und die mittlerweile in die Jahre gekommene Kicker-Berichterstattung werden durch die offiziellen Lizenzen zahlreicher Ligen mehr als wett gemacht. Das Football Fusion-Feature ist ebenfalls eine nette Ergänzung, fließt aber nur unerheblich in die Wertung ein, da jeder selber entscheiden muss, ob er mit FIFA 2004 die Spiele seiner Mannschaft selber begleitet. Für Fussball-Begeisterte, die gerne mal selber das Zepter in die Hand nehmen, gibt es dieses Jahr kein besseres Spiel.

Pro

übersichtliche Benutzerführung
opulenter Stadioneditor
umfangreicher Spieler- und Liga-Editor
Football Fusion
Statistiken bis zum Abwinken
spannender Textmodus
FIFA 2004-Engine bei 3D-Match-Darstellung
Jugendteams
Nationaltrainer-Karriere möglich
umfangreiches Trainingssystem
logische Spielzusammenhänge
Aufgaben individudell zu- und abschaltbar
individuelles Training
offizielle Lizenzen von 45 Ligen
zahlreiche Detailverbesserungen

Kontra

viele Wiederholungen im Textmodus
Multiplayer nur per Hotseat
Humor à la Anstoss 3 weitestgehend Fehlanzeige
Kicker-Zeitung mittlerweile alter Tobak
Statistiken etwas unübersichtlich
keine Ansprachen vor oder nach den Spielen

Wertung

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