Titanfall 228.10.2016, Michael Krosta

Im Test: Ein unschlagbares Team?

Respawn Entertainment sorgte 2014 für frische und akrobatische Impulse im Shooter-Genre: In Titanfall lieferten sich nicht nur agile Jetpack-Piloten, sondern auch schwer bewaffnete Kampfroboter actionreiche Gefechte auf Mehrspieler-Schlachtfeldern. Im Nachfolger will man auf dem starken Fundament aufbauen und gleichzeitig Solisten nach der Enttäuschung des ersten Teils eine richtige Kampagne bieten. Und genau um die soll es im ersten Teil unseres Tests gehen…

Früher war nicht alles besser

Es fällt schwer, eine recht lieblose Aneinanderreihung von Missionen überhaupt als Kampagne zu bezeichnen oder sie als solche wahrzunehmen. Doch genau so war es bei Titanfall: Die Abschnitte erinnerten an Mehrspieler-Partien mit Bots, die durch lose Story-Fetzen irgendwie zusammengehalten werden sollten und sich um den Konflikt zwischen dem Industrie-Konglomerat IMC und der M-COR-Miliz drehten. Während die "Interstellar Manufacturing Corporation" rücksichtslos die Kolonien ausbeutet, haben es sich die Kämpfer der unterdrückten Rebellen-Miliz zur Aufgabe gemacht, die Grenzwelten vor den Angriffen der IMC zu schützen.

Cooper und BT-7274 bilden ein schlagkräftiges Duo.
Während man im Vorgänger die Pseudo-Kampagne auf beiden Seiten durchspielen konnte, erlebt man die Geschichte hier ausschließlich aus den Augen des Widerständlers Cooper, der eigentlich nur ein einfacher Schütze innerhalb der Rebellen-Truppe ist, aber dennoch vom hoch dekorierten Captain Lastimosa gefördert wird. Durch unglückliche Umstände erhält Cooper bereits kurz nach dem Tutorial die Chance, als Interims-Pilot einzuspringen und sich gemeinsam mit dem Titanen BT-7274 auf eine Mission zu begeben, die über das Schicksal der Miliz und den Ausgang des Krieges entscheiden könnte.

Eine gelungene Mischung

Dabei wird schnell klar, dass sich die Enttäuschung des Vorgängers hinsichtlich Inhalten für Solisten nicht wiederholt: Zwar kommen Story, Figuren und Hintergründe des Konflikts immer noch etwas zu kurz, aber das Team liefert dennoch eine vollwertige und maßgeschneiderte Kampagne ab! Und die ist gar nicht mal übel, denn in den neun umfangreichen Missionen werden die Kernelemente der Spielmechanik sinnvoll miteinander verknüpft. Da wäre zum einen die Akrobatik, wenn man mit stilvollen Wandläufen tiefe Abgründe überbrückt oder sich mit dem Jetpack via Doppelsprung in ungeahnte Höhen katapultiert. Etwas anspruchsvoller wird es aber erst gegen Ende oder wenn man alle versteckten Helme einsacken möchte. Wie so oft hält sich der Sinn hinter diesem Sammelkram auch hier in Grenzen und wirkt überflüssig, weil die Funde weder interessante Informationen beinhalten noch irgendetwas freischalten.

Vor allem in Außenarealen sorgt die Technik der modifizierten Source-Engine für grafische Höhepunkte.
Neben diesen kleinen Plattform- und Geschicklichkeitseinlagen steht aber der Shooter im Mittelpunkt, wenn man es mit den IMC-Soldaten, Droiden, Drohnen oder der aggressiven Fauna das Planeten aufnimmt. Dazu steht dem Piloten ein breites Arsenal an futuristischen Waffen zur Verfügung, das von einfachen Pistolen und Sturmgewehren bis hin zu Pumpguns und Scharfschützengewehren sowie schweren Kalibern wie Granatwerfern reicht. Diverse Wurfgeschosse wie Splitter-Granaten oder Feuersterne runden das ansprechende Sortiment ab, auch wenn etwas ausgefallenere Designs oder alternative Feuermodi wünschenswert gewesen wären. Immerhin darf man sich kurzzeitig tarnen und sich so aus dem Sichtfeld der Gegner schleichen oder sie mit einem Angriff überraschen. Später erhält man ein weiteres Hightech-Gerät, über das ich an dieser Stelle aber nicht viel verraten möchte, um die Überraschung nicht zu verderben. Fest steht nur, dass dieses Gadget den Spielverlauf bereichert und für zusätzliche Abwechslung sorgt.

Die volle Titanen-Power

Selbstverständlich ist BT nicht nur ein reiner Mitläufer, der sich automatisch verteidigt. Man darf auch selbst ins Cockpit klettern und die Kontrolle über den sympathischen Koloss und dessen Waffensysteme übernehmen. Darunter befinden sich u.a. schwere Geschütze, zielsuchende Raketen, Flammenwerfer oder sogar gewaltige Mech-Katana für den Nahkampf und zum Blocken. Nicht zu vergessen die Schutzschilde, mit dem man die abgefangenen Projektile postwendend an den Gegner zurückschleudern oder schmelzen kann. Darüber hinaus warten diverse Spezial-Attacken wie ein Laser-Zielsystem, eine Feuerschneise der Verwüstung oder eine wuchtige Spreng-Attacke, wobei sich die Fähigkeiten nach jeder Verwendung regenerieren müssen. Bis zu acht Loadouts lassen sich im Laufe der Kampagne verwenden, sofern man sie alle findet und einsammelt. Sie geben gleichzeitig einen Vorgeschmack auf die verschiedenen Klassen, die in den Mehrspielermodi warten. Während man sich dort auf ein Modell festlegt, darf man in der Kampagne jederzeit zwischen den Loadouts wechseln, die

Keine Ahnung, wo es weitergehen soll? Geister liefern optional Hilfe.
Bewaffnung und Fähigkeiten der einzelnen Zusammenstellungen allerdings nicht nach Belieben zu einem individuellen Setup kombinieren.     

Ansprechende Schauplätze und starke Technik

An Abwechslung herrscht kein Mangel, denn die Kampagne erstreckt sich über interessante Schauplätze und liefert dabei eine angenehme Balance zwischen Piloten- und Titanen-Action sowie Geschicklichkeitspassagen. Dabei zeigt die modifizierte Source Engine vor allem in Außenarealen, was in ihr steckt: Titanfall 2 (ab 5,15€ bei kaufen) zählt zu den grafisch beeindruckendsten Titeln, welche auf der Technologie aus dem Hause Valve basieren. Hinzu kommt eine starke Performance, denn neben den Mehrspieler-Gefechten läuft die Action auch in der Kampagne mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde über die Mattscheibe, wovon auch die reaktionsfreudige und präzise Steuerung profitiert.

Die brachialen Schlachten zwischen den Titanen zählen zu den Highlights - auch weil man mit unterschiedlichen Modellen konfrontiert wird.
Bereits der Dschungel im Anfangsgebiet sieht mit seinen dichten Wäldern und idyllischen Wasserfällen klasse aus. Schade nur, dass sich die Flora nicht bewegt und die Kulisse trotz der ansprechenden Architektur dadurch oft etwas leblos wirkt. Dafür wird man mit schicken Licht- und Partikeleffekten entschädigt, sei es durch feinen Nebel, Rauchschwaden oder spektakuläre Explosionen. Der Monotonie der Innenareale wirkt man mitunter durch ein außergewöhnliches Design entgegen: In einer Fabrik wird man z.B. nicht nur Zeuge, wie Gebäude für ein Testgelände zusammengebaut werden, sondern muss sich in diesem Geflecht aus Förderbändern und Kränen auch mit ungewohnten Perspektiven und Laufwegen auseinandersetzen. Stellenweise wird die Umgebung auch für kleine Rätseleinlagen genutzt, doch geht das Niveau nie über den simplen Einsatz eines Elektro-Tools für die Aktivierung von Schaltern oder das Bedienen eines Krans für eine Neupositionierung von „Laufwänden“ hinaus.   

Dummes Kanonenfutter

Hinsichtlich der KI spürt man die DNA von Call of Duty mehr als deutlich, soll heißen: Die Widersacher agieren nicht unbedingt clever, sondern präsentieren sich meist als aufopferungsvolles Kanonenfutter. Hinzu kommt, dass einem ein automatisches Zielsystem unter die Arme greift, das bei den höheren der vier Schwierigkeitsgrade zwar weniger ausgeprägt ist, sich aber nirgends vollständig deaktivieren lässt. Gefährlich wird es auf höheren Stufen nur deshalb, weil gegnerische Treffer mehr Wirkung zeigen und nicht, weil Feinde intelligenter vorgehen. Etwas anspruchsvoller verlaufen die Begegnungen mit anderen Titanen: Vor allem, wenn man mit mehreren dieser Kolosse gleichzeitig konfrontiert wird, kann es schon mal brenzlig werden. Gleichzeitig markiert dieser „Kampf der Titanen“ immer wieder Höhepunkte innerhalb der Kampagne, denn man spürt im Cockpit regelrecht die beeindruckende Power dieser Kampfmaschine, die dank ihrer Jetdüsen sogar über eine überraschende Agilität für Ausweichmanöver verfügt. Die ohnehin imposante Soundkulisse dreht in diesen Momenten ebenfalls richtig auf: Es rappelt und scheppert aus allen Kanälen, während der Subwoofer die Bude zum Beben bringt. Das Klang-Niveau eines Battlefield 1 wird zwar nicht erreicht, aber an einer 5.1-Anlage hinterlässt auch Titanfall 2 hinsichtlich der wuchtigen Akustik einen großartigen Eindruck.  

Öde „Bosskämpfe“

Nein, sonderlich clever agiert die KI nicht...
Das kann man von den Bosskämpfen nicht gerade behaupten – sofern man sie überhaupt so bezeichnen will. Das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen erfordern viele der Begegnungen keine besonderen Taktiken, da die Boss-Titanen weder über ersichtliche Schwachstellen noch einzustudierende Muster verfügen. Einfach draufhalten ist daher meist die einfachste und beste Lösung. Stehen die Spezial-Attacken bereits aufgeladen zur Verfügung, werden die meisten Bosskämpfe zumindest auf der normalen Stufe zu einem sehr kurzen Intermezzo, die sich kaum von den Auseinandersetzungen mit Standard-Titanen unterscheiden. Das dürfte auch der Grund sein, warum man den Bossen Unterstützung zur Seite stellt, um den Anspruch in diesen Kämpfen zumindest etwas zu erhöhen. Erst die beiden letzten der insgesamt fünf Endgegner erfordern einen etwas höheren Aufwand, doch dank herumliegender Batterien lässt sich die Lebensleiste des Titanen-Kumpels schnell wieder auffüllen, während sich die Schilde in Deckung automatisch regenerieren.

Mit einem gut getimten Wandlauf kommt man trotz elektrisch gelandener Säulen sicher zum anderen Ende des Korridors.
Zum anderen haben die Entwickler es versäumt, den Bossgegnern eine interessante Persönlichkeit zu verpassen. Sie melden sich zwar im Vorfeld manchmal per Funk und werden in langweiligen Standbildchen in die Bildschirmanzeigen eingebettet, aber man erfährt kaum etwas über die Figuren im Cockpit, ihre Hintergründe oder die Motivation, auf Seiten der IMC in die Schlacht zu ziehen. Selbst der Kommandant der feindlichen Streitkräfte bleibt erstaunlich blass und spielt innerhalb der Geschichte kaum eine Rolle. Stattdessen rückt Respawn das Verhältnis zwischen Cooper und BT in den Vordergrund, das sich durch ein Mini-Dialogsystem von der anfänglichen Zweckgemeinschaft zu einer Freundschaft weiterentwickeln soll. Das gelingt nur bedingt, da man über den Protagonisten ebenfalls nur sehr wenig erfährt und die Entscheidungen bei Antworten die Beziehung zwischen Pilot und Titan nicht beeinflussen. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen – auch was den Humor bei der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine angeht... Persönlich bin ich zudem mit der deutschen Stimme von BT nicht richtig warm geworden, obwohl sämtliche Rollen mit professionellen Sprechern besetzt wurden.

Fantastische Mehrspieler-Action

Die überraschend kurzweilige Kampagne ist die eine Sache, doch wie der Vorgänger glänzt Titanfall 2 in erster Linie auf den Online-Schlachtfeldern, wo vor allem in den klassischen Kern-Modi Materialschlacht (Team Deathmatch), Capture the Flag und Verstärkter Hardpoint die gelungene Mischung aus flotter Piloten-Akrobatik und gewaltiger Mech-Action nichts von ihrer Faszination verloren hat. Im Gegenteil: Durch den neuen Greifhaken, mit dem man sich an Titanen und Wände heranziehen oder sogar an ihnen kleben kann, wird die Mobilität der Piloten genauso erhöht wie durch das neue Rutschen aus dem Lauf heraus. Es erfordert zwar etwas Übung, aber hat man sich an die neuen Mechaniken gewöhnt, möchte man den noch besseren Flow nicht mehr missen.

Allerdings befindet sich der Greifhaken nicht immer am Mann, sondern ist nur Bestandteil einer Auswahl an Spezialfähigkeiten, zu der auch eine kurzzeitige Tarnung, ein Impuls für das Aufspüren von Gegnern im Umfeld oder ein Partikelschild zählen. Genau wie bei den Waffen hat man auch hier die Qual der Wahl, welche individuellen Zusammenstellungen man bei der Ausrüstung bevorzugt. Es stehen zehn Speicherplätze für Loadouts bereit, denen man sogar eigene Namen geben darf – praktisch, denn so schaltet man nicht nur schnell zwischen den Ausstattungen für Piloten um, sondern wird gleichzeitig zu Variationen und Experimenten ermutigt. Das ist auch bitter nötig, wenn man das komplette Sortiment an Waffenkomponenten freischalten will, denn jede einzelne Wumme kommt mit einem eigenen Stufenanstieg daher. So erhält man erst nach und nach weitere Visiertypen oder Extras wie größere

Selten, aber immer wieder schön, wenn man einen Gegner per Nahkampf-Angriff von hinten ausschalten kann.
Magazine, flotteres Nachladen oder schnelleren Waffenwechsel. Darüber hinaus sind zwei Plätze für besondere Fähigkeiten reserviert: Hier hat man z.B. die Auswahl zwischen einer schnelleren Gesundheitsregeneration, einer Teleportation in den Titanen oder einem Kill-Bericht, der getötete Gegner auf der Mini-Karte markiert.

Feste Klassen statt freie Auswahl

Bei den Titanen wird man hinsichtlich der individuellen Ausstattung stärker eingeschränkt – auch im Vergleich zum Vorgänger. Konnte man die Mechs dort noch relativ frei ausrüsten, ist man jetzt an sechs Modelle bzw. Klassen mit vorgefertigten Waffensystemen und Fähigkeiten gebunden. Ion nutzt z.B. ein Splittergewehr als Standardwaffe, setzt zur Offensive einen Laserstrahl ein und greift bei defensiven Maßnahmen auf den Vortex-Schild zurück, mit dem man Geschosse zuerst abfängt und danach wieder zum Gegner zurückschleudert. Zusätzlich steht als Utility eine Stolperfalle zur Verfügung, während das Kernsystem mit einem Spezialangriff die Laser zu einem verheerenden Strahl bündelt. Ganz anders das Modell Tone, das mit einer klassischen Geschützkanone, Zielsuchraketen und einer Partikelmauer ausgestattet ist. Die Ronin-Klasse wiederum setzt primär auf Nahkampfangriffe mit Breitschwert und ist äußerst agil. Zwar würde man oft gerne die jeweiligen Fähigkeiten zu einem individuellen „Über-Titan“ kombinieren, aber die neue Einteilung in festgelegte Mech-Varianten geht schon in Ordnung.

Der Greifhaken ist eine tolle Bereicherung und fördert die hohe Mobilität noch weiter. Oder eignet sich zum Einhaken während Wandläufen.
Zumal man trotz der Einschränkungen noch leichte Anpassungen vornehmen kann: Im Titan-Kit hat man etwa die Wahl zwischen Extras wie dem Stealth- oder Nuklear-Ausstieg, einem Turbotriebwerk für einen zusätzlichen Jetschub oder einer weiteren Elektrorauch-Gegenmaßnahme. Im Titanfall-Kit dagegen stehen zwei Abwurf-Varianten zur Verfügung. Soll der Titan bei seiner Landung von einem Kuppelschild geschützt werden? Oder entscheidet man sich für den wesentlich schnelleren Warp-Fall, der den Titan allerdings ungeschützt aufs Schlachtfeld holt? Sowohl Titan- als auch das Titanfall-Kit sind hinsichtlich der Auswahl in allen Klassen identisch. Darüber hinaus besitzt jedes Modell noch ein weiteres Kit mit vier individuellen Fähigkeiten. Feuer-Titan Scorch kann z.B. seinen Hitzeschild aufwerten, während der Railgun-Mech Northstar sich mit ausgestatteten Viper-Triebwerken schneller bewegen oder die Reichweite seiner Cluster-Raketen erhöhen kann. Energiezellen sind für den Zustand bzw. die Lebensleiste der Titanen verantwortlich. Sie lassen sich entweder aus Wracks zerstörter Mechs oder in der Umgebung bergen, um die gut gepanzerten Begleiter wieder aufzupeppen. Alternativ darf man die Batterien auch an Teammitglieder übergeben oder selbst die großzügigen Geschenke in Empfang nehmen. Zwar wird diese Möglichkeit derzeit nur spärlich genutzt, trotzdem wird der Teamgedanke dadurch gefördert.

Vorzeitige Freischaltungen – ohne Mikrotransaktionen

Nicht nur die Waffen, sondern auch die Titanen steigen bei häufiger Verwendung in Stufen auf, die das Spezial-Equipment nach und nach freischalten. Alternativ darf man mit einer Ingame-Währung diverse Ausrüstungs-Gegenstände oder Waffen vorzeitig freischalten, wobei man angesichts der hohen Preise viel grinden muss. Die gigantische Auswahl an Lackierungen für Waffen und Mechs muss man sich allerdings genauso verdienen wie Modifikationen, Rufzeichen-Banner, Profil-Plaketten sowie sekundäre Slots für weitere Fähigkeiten. Das wirkt bis hierhin alles sehr fair und es ist gut, dass man Mikrotransaktionen als alternativer Zahlungsmethode zumindest bisher eine Abfuhr erteilt und sogar geplante DLC-Erweiterungen kostenlos anbieten will.

Bye, bye Burncards, hallo Boosts

Etwas kritischer sieht die Sache bei der Auswahl an Boosts aus, welche die Burncards des ersten Teils ersetzen und die Balance mit Fähigkeiten wie verstärkten Waffen, spinnenartigen Spreng-Drohnen, starken Abwehrgeschützen und Smart-Pistol-Einsatz empfindlich beeinflussen können. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht noch zu früh, um abschätzen zu können, wie groß die Auswirkungen der Boosts für die Partie sind. Aber diese Fähigkeiten, zu denen auch ein Karten-Hack zur Enthüllung gegnerischer Positionen oder ein verstärkter Partikelschild für Piloten zählt,

Wie sehr die Boosts Einfluss auf den Sieg haben, wird erst die Zeit zeigen.
wirken schon sehr mächtig. Auf normalem Weg muss man auch lange spielen, um die entsprechende Stufe für den Zugriff auf die Boosts zu erreichen. Doch ausgerechnet hier bietet man alternativ vorzeitige Freischaltungen an, die preislich zudem relativ niedrig angesetzt sind. Sind für alternative Hinrichtungen bei Nahkampfangriffen von hinten 300 Punkte der Ingame-Währung fällig, schaltet man einzelne Boosts bereits für 125 Punkte frei, während man weitere Primär-Waffen für 100 Punkte erhält. Hier lässt die Relation manchmal etwas zu wünschen übrig. Und auch wenn man diese Boosts erst nach bestimmten Leistungen auf den Schlachtfeldern aktivieren darf, wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, die vorzeitige Freischaltung zu unterbinden. Aber wie gesagt: Erst die Zeit wird zeigen, wie sehr sie die Balance beeinträchtigen und wie häufig sie eingesetzt werden.

David gegen Goliath

Yeah! Der eigene Titan ist gelandet!
Schön dagegen, dass weiterhin ein ordentliches Gleichgewicht zwischen den Fähigkeiten der Piloten und Titanen herrscht. Zwar verfügen die Mechs über eine stärkere Bewaffnung und können die Infanterie sogar schon kinderleicht durch einfaches Überrennen zerquetschen, doch hat man als Pilot mehr als genug Optionen, den gefühlt übermächtigen Gegnern selbstbewusst entgegenzutreten. Vor allem das so genannte Rodeo hat es wieder in sich, wenn man den Titanen auf ihren blechernen Schädel hüpft, ihnen bei der ersten Attacke die Batterie heraus reißt und beim zweiten Angriff noch eine Granate hinterher schickt. Das ist zwar aufgrund möglicher Gegenmaßnahmen immer mit einem gewissen Risiko verbunden, aber es macht einfach höllisch Spaß, auf den feindlichen Titanen zu „reiten“ oder verbündete Kampfroboter mit den zuvor gestohlenen Batterien zu versorgen. Hinzu kommen die Taktikfähigkeiten der Piloten, die ebenfalls zu einem recht ausgeglichenen Kräfteverhältnis betragen. Wer z.B. die aktive Tarnung nutzt, ist für die Spieler im Cockpit nahezu unsichtbar. Spätere Extras erlauben sogar Rodeo-Attacken, ohne Aufmerksamkeit zu erregen bzw. Warnmeldungen im Cockpit auszulösen. Ganz zu schweigen davon, dass Piloten dank Jetpack sowie Akrobatik wesentlich agiler sind und auch schnell Schutz in Gebäuden suchen können, denn eine zerstörbare Umgebung im Stil von Battlefield 1 wird hier nicht geboten. Aber es würde sich wahrscheinlich zu stark auf die Balance auswirken, wenn die Titanen alles in Schutt und Asche legen könnten.    

Ab zur Bank

Abseits der üblichen Modi hat man sich mit der Kopfgeldjagd auch etwas Neues einfallen lassen: Hier wird man für jeden Kill – auch gegen die KI - mit Geld belohnt, das man anschließend an der Bank auf das Team-Konto einzahlen muss, denn das gesammelte Guthaben entscheidet hier über Sieg oder Niederlage. Allerdings haben die Bank-Depots nur für einen begrenzten Zeitpunkt geöffnet und bieten sich gleichzeitig dafür an, den gegnerischen Sparern aufzulauern, um ihnen ihr Guthaben doch noch abzuluchsen. Ja, die Kopfgeldjagd stellt eine nette Ergänzung dar, mehr aber auch nicht. Am besten funktioniert Titanfall immer noch im klassischen Team Deathmatch oder dem Modus „Verstärkter Hardpoint“. Das Grundprinzip entspricht dabei der Eroberung aus Battlefield, doch kann man hier die drei Punkte zusätzlich noch verstärken, indem man länger die Stellung hält. Dadurch gestalten sich die Partien noch dynamischer und die Stellungen werden mitunter noch intensiver umkämpft. Wie in allen Team-Modi steht am Ende des Matches der Epilog auf dem Programm, in dem sich die Überlebenden des Verlierer-Teams noch bis zu einem Rettungsschiff durchschlagen und Boni mitnehmen können, während die Sieger alles daran setzen, genau das zu verhindern. Es mag nur eine Kleinigkeit sein, aber die Idee hinter dem Prolog ist immer noch genial und verhilft den Gefechten am Ende nochmal einen dramatischen, letzten Höhepunkt. Denn selbst wenn man sicher an Bord ist, kann es immer noch passieren, dass das Schiff durch kollektiven Beschuss zerstört wird.

Puh, Glück gehabt: Sitzt man nach dem Epilog im Landungsschiff und ist im sicheren Orbit, kann man endlich durchatmen und nach der Niederlage aufgrund der erfolgreichen Evakuierung doch noch einen kleinen Sieg verbuchen.
Die Titanen-Kämpfe stehen bei Last Titan Standing im Mittelpunkt, auch wenn man nach der Zerstörung seines Mechs noch als Pilot eingreifen darf. Respawns sind allerdings erst nach Abschluss einer Runde möglich. Wer mit den Kolossen nicht viel anfangen kann, wird im Modus Piloten vs. Piloten glücklich, in denen die Mechs keinen Zutritt haben und lediglich die Fähigkeiten der Infanterie gefragt sind. Sucht man die Abwechslung, ist Varianz die richtige Wahl, denn hier werden die Spielmodi mit variierender Teilnehmerzahl durchrotiert. Während in den meisten die Teamgröße zwischen fünf und sechs Spielern schwankt, darf man Hardpoint und Gefecht bei der 8-vs-8-Varianz alternativ mit insgesamt 16 Spielern in Angriff nehmen. Das Gegenteil ist beim Kolosseum der Fall: Hier treten sich lediglich zwei Piloten zum Duell in einem Käfig entgegen. Dabei gibt es keine Wiederbelebungen und es ist eine Teilnahmegebühr von zehn Punkten fällig.

Großartige Performance, ausbaufähiges Matchmaking

Das Matchmaking scheint aktuell noch an Schwächen zu leiden: Hin und wieder wirken die zusammengestellten Partien nicht sonderlich ausgeglichen und freie Plätze werden zu selten umgehend aufgefüllt. Das führt dann dazu, dass man stellenweise als Trio hilflos dem gegnerischen Sechser-Team ausgeliefert ist. Bei weniger populären Modi wie Last Titan Standing oder Piloten vs- Piloten kommt eine Vermittlung außerdem erst nach langer Wartezeit zustande – wenn überhaupt. Immerhin gibt es auch die Möglichkeit, ein privates Spiel aufzusetzen, in das man Freunde oder seine Networks einladen kann. Was sind Networks? Im Grunde genommen handelt es sich dabei um

Keine Lags, keine Verbindungsabbrüche: Die Online-Matches laufen durchweg sauber.
soziale Gemeinschaften wie Clans oder Gilden, denen man beitreten oder die man auch selbst gründen kann. Kleiner Haken an privaten Sessions: Fortschritte für Stufenaufstiege werden in diesen Partien nicht erfasst. Schade in diesem Zusammenhang, dass alternativ keine LAN-Unterstützung gewährt wird.

Allerdings gibt es an der Online-Performance nichts zu meckern: Hat man sich in der manuellen Auswahl für das nächstgelegene Datenzentrum entschieden, warten dank geringem Ping erfreulich flüssige Scharmützel auf den neun weitläufigen und gut durchdachten Karten. Sie bieten nicht nur genügend Platz für den „Kampf der Titanen“, sondern fördern mit vielen Wänden die akrobatischen Einlagen, bieten verwinkelte Innenräume in mehrstöckigen Gebäuden und berücksichtigen mit Dächern sowie Türmen auch die vertikale Komponente, die vor allem für Scharfschützen attraktiv ist. Zwar wirken manche der Karten austauschbar und es mangelt mitunter an Alleinstellungsmerkmalen, aber der Shooter-Spaß, die Dynamik und der großartige Flow können sich in allen Schauplätzen entfalten. Dabei kam es in den zahlreichen Partien kein einziges Mal zu störenden Lags oder nervigen Verbindungsabbrüchen – Daumen hoch für die Belastbarkeit der Server und den ausgezeichneten Netzcode!

Fazit

Nach der lieblosen Pseudo-Kampagne des Vorgängers fällt es Respawn Entertainment sehr leicht, sich in dieser Hinsicht zu steigern: Die ehemaligen Call-of-Duty-Macher liefern in Titanfall 2 eine angenehme Mischung aus Piloten- und Titanen-Action sowie akrobatischen Geschicklichkeitseinlagen ab. Der gelungene Flow, der die Mehrspielergefechte auszeichnet und dank der reaktionsfreudigen Steuerung zustande kommt, wird damit hervorragend auf das Solo-Erlebnis übertragen, auch wenn die Story etwas zu kurz kommt, Charaktere blass bleiben und sich die KI-Gegner meist als dämliches Kanonenfutter präsentieren. Selbst die enttäuschenden Bosskämpfe erfordern nur selten ein taktisches Vorgehen. Als Ausgleich überzeugt die Kampagne neben dem exzellenten Spielgefühl mit kleinen Überraschungen, einer druckvollen Soundabmischung und abwechslungsreichen Schauplätzen, die grafisch vor allem in den schicken Außenarealen auftrumpfen. Auch wenn hinsichtlich Inszenierung und Story sicher noch Luft nach oben bleibt: Die Kampagne hat meine niedrigen Erwartungen übertroffen und mich über den Zeitraum von etwa sechs bis acht Stunden überraschend gut unterhalten. So richtig dreht Titanfall 2 aber erst im Mehrspielermodus auf und begeistert erneut mit dem starken Fundament des Vorgängers, wobei der ohnehin schon exzellente Spielfluss durch willkommene Ergänzungen wie Greifhaken und Rutsch-Mechanik sogar noch weiter aufgewertet wird. Die Einschränkungen bei der Titanen-Ausrüstung dürften zwar nicht jedem schmecken, doch die festgelegten Klassen fördern die Variation und lassen sich mit den Fähigkeiten von Kits immerhin noch mit einer individuellen Note versehen. Mit Unmengen an Freischaltungen und dem Aufleveln einzelner Waffen ist außerdem für Langzeitmotivation gesorgt, die dank der ansprechenden Auswahl an Spielmodi und der ausgezeichneten Online-Performance ohnehin nicht so schnell verloren gehen dürfte. Nur hinter den starken Boost-Fähigkeiten steht noch ein großes Fragezeichen: Bringen sie die Balance auf lange Sicht vielleicht etwas zu sehr ins Wanken? Zumal auch das Matchmaking nicht immer dafür sorgen kann, dass die Partien ausgeglichen sind oder schnell zustande kommen. Trotzdem ist Titanfall 2 vor allem hinsichtlich der flotten Mehrspieler-Action ein hervorragender Shooter, der sich hinter starker Konkurrenz wie Battlefield 1 oder Call of Duty nicht verstecken muss, sondern sich immer noch mit einer angenehmen Frische und fantastischen Steuerung von vielen anderen Online-Ballereien abhebt.

Pro

abwechslungsreiche Kampagne mit Überraschungen
tolles Spielgefühl mit flotter und präziser Steuerung
gelungene Mischung aus Akrobatik, Action und Erkundung
mitunter sehr schicke Kulisse (vor allem in Außenarealen)
z.T. sehr coole Schauplätze
flüssige Darstellung mit 60 Bildern pro Sekunde
umfangreiches Waffenarsenal für Pilot und Titan
nettes Dialogsystem
druckvolle Soundabmischung
überwiegend gute Sprecher
packende, dynamische und extrem spaßige Online-Gefechte
Greifhaken und Rutschen sind willkommene Ergänzungen für die Spielmechanik
gute Auswahl an kompetitiven Modi
dramatischer Epilog am Ende von Online-Partien
ausgezeichnete Verbindungsqualität
weitläufige, gut strukturierte Karten
zahlreiche Belohnungen und Upgrades für Piloten, Waffen und Titanen
Ingame-Währung, keine Mikrotransaktionen
soziale Komponente mit eigenen Netzwerken
zukünftige DLC-Erweiterungen kostenlos

Kontra

KI nicht sonderlich clever
Zielhilfe lässt sich nicht deaktivieren
Story und Figuren kommen etwas zu kurz
Bosskämpfe erfordern nur selten taktisches Vorgehen
überflüssige Sammelobjekte
ausbaufähiges Matchmaking
Boosts und Upgrades können Balance beeinträchtigen
Besonderheiten bei Karten halten sich in Grenzen

Wertung

PlayStation4

Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.

XboxOne

Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.

PC

Titanfall 2 rockt vor allem im Mehrspielermodus mit seiner tollen Mischung aus intensiver Action, cooler Akrobatik und dynamischen Gefechten, hat mit einer kurzweiligen Kampagne aber auch endlich mehr für Solisten zu bieten.

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Kommentare

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sourcOr

Aber irgendwie war dann doch bereits in dem Abschnitt wo man vom Titan getrennt agiert die Luft raus, da das Spiel eben die selben 0815 Mechaniken herunter betet wie jeder andere Shooter auch, inklusive der üblich dummen K.I.
Also das Parkour is schon ein Alleinstellungsmerkmal. KI war bedeutungslos imo. Ich weiß jetzt aber auch net genau, welchen Abschnitt du meinst, das am Anfang?

Fand das Spiel echt extrem abwechslungsreich. In jedem Level haben sie versucht, irgendein Gimmick zu integrieren. Da das Spiel so kurz is, geht das auch durchaus auf und wird nicht alt.

Für mich ist das Spiel der Überraschungshit des Jahres (mit ein paar Jahren Verzögerung :mrgreen: )

vor 3 Jahren