Test: Hektor (Action-Adventure)

von Michael Krosta



Hektor: Gefangen im Irrgarten der Psyche
Irrgarten der Psyche
Entwickler:
Publisher: Meridian4
Release:
13.03.2015
13.03.2015
Erhältlich: Digital (Steam)
Spielinfo Bilder Videos
Hektor ist ein weiterer Vertreter der Kombination aus Indie-Studio und Horroransatz: Entwickler Rubycone will einen Psycho-Trip realisieren, bei dem sich nicht nur der Geisteszustand der Hauptfigur, sondern auch die komplette Umgebung ständig verändert. Weht hier endlich wieder ein Hauch von Eternal Darkness durch die dunklen Gänge?

Ständig in Bewegung

Prodezural generierte Schauplätze – das kennen wir mittlerweile nicht nur aus zahlreichen Geschicklichkeitsspielen. Auch im Horror-Titel Daylight, der übrigens viele Parallelen zu Hektor aufweist, wurde versucht, mit Hilfe des Zufallsgenerators den Wiederspielwert zu erhöhen und immer wieder für Überraschungen zu sorgen. Da man für ein solches System aber oft grafische Abstriche in Kauf nehmen muss, entschieden sich die Macher von Hektor für eine andere Methode: Ihre JIGSAW getaufte Technologie ermöglicht es, zuvor gestaltete Räume und Abschnitte nahtlos ineinander übergehen zu lassen sowie auszutauschen. Als Folge dessen wird die Umgebung zwar nicht zufällig generiert, befindet sich aber ständig in Bewegung, etwa vergleichbar mit dem Kinofilm Cube. Und so kann es passieren, dass das Zimmer, durch das man gerade erst gegangen ist, an der nächsten Ecke schon wieder wartet oder beim Gang zurück bereits durch einen engen Flur oder andere Passagen des Bausteinsystems ersetzt wurde. Orientierung braucht man hier nicht zu suchen, denn man wird sie nicht finden – aber das ist eben ein Teil des Spielerlebnisses, mit dem man sich von anderen Mitbewerbern durchaus absetzen kann. Allerdings hat man sich an
In Notizen erfährt man Hintergründe zur leicht verwirrenden Geschichte.
In Notizen erfährt man Hintergründe zur leicht verwirrenden Geschichte.
der übersichtlichen Auswahl der vorgefertigten Assets zum einen schnell satt gesehen und zum anderen erweist sich das Zufallsprinzip in den seltenen Fluchtsequenzen als hinderlich, da man schnell in einer Sackgasse oder vor verschlossenen Türen landet, wo es kein Entkommen mehr vor dem Verfolger gibt.

Horror? Spannung? Fehlanzeige!

Aber in solche Situationen kommt man ohnehin erst gegen Ende des mit etwa zwei Stunden sehr kurzen Horrortrips. Oder sollte ich vielleicht eher Möchtegern-Horrortrip schreiben? Denn Hektor krankt an ähnlichen Problemen wie Daylight oder Pineview Drive: Horror und Terror können sich nur selten entfalten und es mangelt sowohl an einer beklemmenden Atmosphäre als auch Angstschweiß und Panikattacken. Seine besten Momente hat die Erkundung der unterirdischen Anlage mit ihren schummrigen Gängen, den flackernden Lichtern und verwüsteten Räumen noch beim Einstieg, denn hier sorgt die  JIGSAW-Technologie zusammen mit den verteilten Notizen und der mysteriösen Situation noch für Spannung, die vor allem von dem starken Orchester-Soundtrack mit seinen dunklen Streichern sowie gelungenen Effekten getragen wird.

Die Psycho-Effekte sind schnell einfach nur nervig. Zum Glück lässt sich die Intensität mittlerweile in den Optionen reduzieren.
Die Psycho-Effekte sind schnell nervig. Zum Glück lässt sich die Intensität mittlerweile in den Optionen reduzieren.
Doch zu schnell schaut man hinter den Vorhang des vermeintlichen Horror-Theaters: Die Schreie, das Knarzen, Pochern sowie andere klangliche „Schocker“ oder Frauenstimmen werden bald als zufällig eingestreute Samples entlarvt, die sich ständig wiederholen. Noch enttäuschender sind die kaum vorhandenen Gegner. Und trifft man doch mal eines dieser meist spirituellen Wesen, wird man schnell feststellen, dass keine wirkliche Gefahr von ihnen ausgeht. Nähert man sich ihnen, schreien sie und lösen sich anschließend in Luft auf – wow. Immerhin beeinflussen solche Begegnungen den Geisteszustand der Hauptfigur, die sich zunehmend mit Psycho-Problemen herumschlagen muss, welche mit einer verschwommenen Darstellung sowie diversen Farbfiltern visualisiert werden. Und verdammt: Bei diesem abgedrehten Farbspiel in Kombination mit der ständigen Bewegung im Bild hat man irgendwann tatsächlich das Gefühl, völlig gaga im Kopf zu werden. Zum Glück haben die Entwickler in einem Update mittlerweile die Option eingebaut, diese übertriebenen und für den Spielverlauf kontraproduktiven Grafikeffekte zu reduzieren. Das geht selbstverständlich auch spielerisch, indem man Pillen einwirft. Diese muss man aber erst einmal finden, während ihre Wirkung sowie Anwendung nirgends erklärt wird. Tatsächlich muss man oft gleich mehrere Tabletten hintereinander einwerfen, um wieder einen klaren Verstand zu bekommen.

Kommentare

Jazzdude schrieb am
Mich nicht.
Ich bin bei Indiehorrorspielen oder Spielen, die "den Geist des Protagonisten" nachempfinden wollen vorsichtig geworden. Das meiste ist prozentualgenerierter und / oder uninspirierter Schrott.
Das hier erinnert mich an dieses andere "Horror"spiel (dieses Showcase für UE4).
Was ich aber eigentlich los werden wollte: Preispolitik.
Etwas, dass im Indiemarkt einfach nicht funktioniert! Wie kann es sein, dass Topgames mit großem Wiederspiel Wert, Gameplay Story etc. für 7 oder 13 ? verschleudert werden und andere verhökern ihren Schmarn mit 2 Stunden Spielzeit für 20 ? oder 30 ?. Klar im Endeffekt natürlich auch Schuld des Verbrauchers, wenn man sich vorher nicht über Umfang etc. informiert, aber diese willkürlich wählbaren Preise sind mir ein ziemlicher Dorn im Auge.
(Zugegeben, Umfang etc. kann man auch auf AAA anwenden, aber da sprechen wir von anderen Produktionsbudgets).
Auf mich wirkt diese Flut von Indie "Horror" und "Mindfuck" Games so, als wöllten möglichst viele noch schnell auf der Markiplier und co. Welle mit schwimmen. Dafür sind diese Spiele nämlich perfekt geeignet. Viel zum rumbrüllen, wenig Herausforderung und noch weniger Inhalt.
The_Outlaw hat geschrieben:Allein die Tatsache, aus der mentalen Anfälligkeit nicht mehr gemacht zu haben als das schwummrige Bild... eigentlich unfassbar, dass sich da generell seit Eternal Darkness gefühlt NICHTS getan hat in dem Genre.
Ah, der Sanitymeter! Wie ist das eigentlich, der steht ja immer noch unter Copyright bei Nintendo, heißt das, dass man die Effekte nicht nachmachen, oder dass man das einfach nicht so nennen darf?
The_Outlaw schrieb am
Hmm, bei mir hat das Spiel einen besseren Eindruck hinterlassen als zB Daylight. Es hat definitiv seine Macken*, aber die Hintergrundgeschichte fand ich durchaus interessant und dafür, dass es auf diese Zufallskomponente und sich verändernde Level setzt, war ich überrascht, wie schnell man doch immer irgendwann da landet, wo man hin soll oder wo es wenigstens neue Hinweise zur Geschichte gibt. Eine, so habe ich es jedenfalls erlebt, gute Mischung aus dem Gefühl der Orientierungslosigkeit, während man dennoch irgendwie vorwärts kommt.
Und, Hand auf's Herz: Wäre es so gewesen, dass der Tod dazu führt, dass man einen Abschnitt komplett von vorne anfangen muss, wäre das Spiel doch wegen des Frust-Faktors, der dann ohne Frage gegeben gewesen wäre, noch weiter abgewertet worden. Hätte ich jedenfalls so gemacht. ^^
Aber ja, gibt auf jeden Fall bessere Horrorspiele, keine Frage.
*Allein die Tatsache, aus der mentalen Anfälligkeit nicht mehr gemacht zu haben als das schwummrige Bild... eigentlich unfassbar, dass sich da generell seit Eternal Darkness gefühlt NICHTS getan hat in dem Genre.
schrieb am