Im Test: Micro Machines trifft Mario Kart
Gemetzel in Vehikeln
Die Bilder von Obliteracers erinnern auf Anhieb an Mario Kart, doch das Explosions-Chaos auf dem Bildschirm hat nur noch sehr bedingt etwas mit klassischen Rennen zu tun. Stattdessen erinnert der Ablauf eher an ein Kampfspiel: Ähnlich wie im Oldie Micro Machines düsen alle Spieler in einem dicht gedrängten Pulk über die Strecke, der stets im gleichen Bildausschnitt aus der Vogelperspektive eingefangen wird. Driftet das Feld auseinander, zoomt die dynamische Kamera etwas heraus; fällt man zu weit zurück, verschwindet man allerdings aus dem Bild und verliert eines der kurzen Gefechte. Oder aber man hält sich gar nicht erst lange damit auf, seine Gegner abzuhängen, sondern jagt sie kurzerhand in die Luft und streicht einen Punkt für den Kill ein. Die auf der Strecke verteilten Symbole bietet eine überschaubare Auswahl an Waffen, die prima ins Spiel passen und herrlich gemeine Manöver ermöglichen. Eine elektrische Ladung oder eine kleine Schockwelle schleudern nahe Kontrahenten aus der Bahn, die idealerweise wie Spielzeug-Autos über die Streckenbegrenzung purzeln – sehr befriedigend! Für ein wohliges (bzw. nerviges) Kribbeln sorgen auch das Maschinengewehr, kleine Raketen oder vor Schikanen platzierte Minen und Öllachen.
Idyllischer Todeskampf
Auch das Streckenlayout passt prima: Die 13 Kurse sind breit genug für verbissene Keilereien, bieten aber trotzdem idyllisch gestaltete Landmarken wie Lichterketten-Lagunen, Wasserfälle oder markante Felsen und Holzbrücken. Auch in der Wüste, auf einem stürmischen Flugzeugträger und einer rutschigen Eispiste kommt Dynamik und Schadenfreude auf. Immer wieder lasse ich mich strategisch hinter die schwer bewaffnete Meute zurückfallen, schubse einen Gegner mit einem Kamikaze-Manöver von der Klippe und setze schließlich zu einem gewagten Drift-Manöver an, das mir einen kleinen Nitro-Schub verpasst, so dass das überrumpelte Feld komplett hinter dem unteren Bildrand verschwindet. Sieg auf ganzer Linie! Zur Krönung schicke ich noch eine alberne Mecker-Geste meines putzig animierten Robo-Sergeants hinterher. Schade, dass sich die Figuren so stark ähneln. Es stehen zwar zahlreiche Charakteren zur Wahl, im Grunde handelt es sich dabei aber nur um leicht veränderte Varianten von Ei, Roboter, Pinguin und einer Art Ameisenbär. Gegen den Charme von Mario, Sonic und anderen Genregrößen kann man so natürlich nicht anstinken. Auch das Fahrverhalten unterscheidet sich hier nur marginal.
Gekonnt kombiniert
Dank alberner Extra-Optionen mangelt es also nicht an turbulenten Momenten - doch am besten gefällt mir, wie gut schon die Standard-Mechaniken aufeinander abgestimmt sind. Wer waghalsig driftet, kann Gegner zwar abhängen, aber auch leichter von der Strecke geschleudert werden. Der Einsatz des Schildes schmeißt im Gegenzug die aktuelle Waffe weg. Oder man verwandelt ein Extra kurzerhand in Lebensenergie, wenn das qualmende Vehikel bereits aus dem letzten Loch pfeift. Je nach Modus versuchen die Rennfahrer entweder zu überleben, Kills zu landen oder etwa das Rudel möglichst lange anzuführen. Im Netz warten in der Regel nur eine Hand voll Server, trotzdem fand ich meist genügend Widersacher für lustige Runden, die sich sehr frei konfigurieren lassen: Von privaten Matches mit eingeladenen Steam-Freunden bis hin zu großen Runden mit Fremden ist vieles möglich. Schön auch, dass man (falls gewünscht) jederzeit ein- und aussteigen darf. Von den Einstellungsmöglichkeiten abgesehen wirken die Internet-Rennen aber minimalistisch: Es gibt lediglich weltweite Bestenlisten, aber keine freischaltbaren Tuning-Teile oder andere spielmechanische Belohnungen, die auf lange Sicht für Zusatzmotivation sorgen könnten.
Alleine nur bedingt spannend
Auch der Einzelspieler-Modus hat den Namen „Karriere“ nicht wirklich verdient, denn man klappert lediglich wie in alten Zeiten eine Serie von Rennen ab. Keine Zeichentrick-Sequenzen, keine Übungen, nur eine schlichte Liste von Veranstaltungen. Die ständigen Regel-Änderungen und Mutatoren bringen aber immerhin deutlich mehr Abwechslung ins Spiel als im altbacken konzipierten Einzelspieler-Part von Mario Kart 8. Mal muss ich ohne Waffen meine Drift-Fähigkeiten unter Beweis stellen, später drehen die Entwickler den Spieß um und verwandeln das Rennen mit einem Überfluss von Pick-Ups in ein Chaos aus Explosionen. Danach starte ich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen nur eine Rivalen. In den ersten Stunden lang hat mich dieser wilde Mix durchaus motiviert. Er kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Spielprinzip im Alleingang gegen Bots auf Dauer ermüdet. Immer wieder habe ich mir gewünscht, zur Abwechslung mal einfach nur wie in Mario Kart über die Strecken zu düsen, ohne mich ständig durch den eng gedrängten Pulk zu rempeln.
Fazit
Als Partyspiel ist Obliteracers ein Volltreffer: Wer sich gerne mit Freunden vor dem gleichen Schirm fetzt, findet mit dem Kampf-Racer eine schöne Alternative zu Bomberman, Sports Friends & Co. Die fiesen kleinen Waffen und Gadgets eignen sich prima dazu, seine Freunde zur Weißglut zu treiben oder auch online für Unfrieden zu sorgen. Ein Rempler hier, eine Rakete dort, und zu guter Letzt schubst man den vertrauten Feind elegant mit einer Schockwelle über die Klippe. Auch online sorgen die toll aufeinander abgestimmten Gadgets für spannende Matches, die zudem zugänglich und einsteigerfreundlich gehalten wurden. Auf Wunsch kann man einfach in laufende Runden platzen, Offline-Freunde mit einsteigen lassen, lustige Mutatoren hinzuschalten oder sogar Handies und Notebooks zum Controller umfunktionieren – und das mit bis zu 16 Spielern! Sicher, in solchen Massenrennen kann es passieren, dass die Übersicht verloren geht oder ein technischer Fehler dazwischen funkt. Außerdem haben die Entwickler beim Drumherum gespart: Online gibt es weder ein Tuning für das gleichförmige Handling noch andere motivierende Fortschritte. Auch die einfach gestrickte Karriere motiviert nur ein paar Stündchen. Für die Party und lustige Online-Schlachten ist Obliteracers aber wie gemacht!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Kleiner, aber sehr spaßiger Fun-Racer für bis zu 16 Spieler.
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