Der Kopfgeldjäger z.B. ist ein typischer Fernkämpfer, der mit Schusswaffen und Elementargeschossen versucht, seine Gegner auf Distanz zu halten, so dass sie das Zeitliche segnen, bevor sie ihm zu nahe kommen können. Zusätzlich kann er die Zeit anhalten, um z.B. seinen gezielten Schuss anzubringen, der nicht nur verheerenden Schaden anrichtet, sondern auch eine erhöhte kritische Trefferchance bietet. Diesen Schuss kann man zwar jederzeit versuchen, doch da die Aufladezeit dafür recht hoch ist, muss man ihn überlegt einsetzen. Ebenfalls die Gegner auf Distanz halten sollte der Elementalist: Wenn seine mächtigen Feuer- oder Eis-Zauber ins Nichts verpuffen, hat er eine geringere Überlebenschance als eine sommerliche Schneeflocke - Katarina ist für ihn als Kampfpartner wichtiger als bei den anderen Klassen.
Nahkampf, Schatten, Pet-Wahnsinn
Der Protektor, der gewisse Ähnlichkeiten zu Space Marines nicht von der Hand weisen kann, ist hinsichtlich Handhabung der klassischste aller Charaktere: Ein Nahkämpfer wie er im Buche steht. Schnörkellos und mächtig austeilend, macht er Spaß, bietet aber keine Überraschungen. Der Phlogistonier kann als Nahkämpfer zwar weniger einstecken, macht dies aber durch einen Schutzschild wett, der ganz oder teilweise den Schaden auffängt, bevor er sich negativ auf die Lebenspunkte auswirkt. Zusätzlich kann man mit ihm ähnlich wie beim Arkanmechaniker des Vorgängers das Schlachtfeld mit unterschiedlichen Minentypen bestücken, die mit den Gegnern kurzen Prozess machen. Im weitesten Sinne ebenfalls Nahkämpfer ist der Umbralist: Mit zwei Klingen ausgestattet, sucht er allerdings eher den Hinterhalt. Schafft er es, sich unentdeckt dem Feind zu nähern, kann man von einem massiven Schadensbonus profitieren. Zusätzlich kann er durch Angriffe Schattenmarkierungen an den Gegnern anbringen, die beim Auslösen von Sonderaktionen ebenfalls den Schaden erhöhen. Der Konstrukteur hingegen ist das Van-Helsingsche Interpretation einer "Pet"-Klasse. Er wird nicht nur von Katarina, sondern einer mehrere Meter durchmessenden Plattform begleitet, die allerlei Angriffs-Unterstützung ausspuckt, während einer mit einem potenten Strahlengewehr die Feinde beharkt. Jede der Klassen spielt sich angenehm anders und dürfte für jeden das Passende bieten.
Die Fähigkeiten-Bäume werden übersichtlich präsentiert.
Mit Ausnahme des Kopfgeldjägers haben die neuen Helden zwar nicht mehr viel mit dem Fedora tragenden Protagonisten des ersten Teils zu tun, doch für den Spaß und die Motivation ist der eingeschlagene Weg der Vielfalt hilfreich. Die Fähigkeitenbäume bieten zusätzliche Möglichkeiten, die Figuren an die eigene Spielweise anzupassen. Da entsprechende Aufwertungspunkte knapp sind, muss man ein wenig überlegen, ob man jetzt in die jeweils neun zur Verfügung stehenden Aktiv- oder Passiv-Fähigkeiten investiert oder die Punkte in die acht möglichen Auras oder deren Aufrüstungen steckt, wobei jedoch maximal drei Auras aktiv sein können. Vielleicht möchte man aber auch in die drei manuell aktivierbaren Fähigkeiten-Buffs investieren? Oder in die vier jeweils andere Bereiche der jeweiligen Hauptfähigkeit modifizierende Meisterung, die in jeweils drei Stufen zur Verfügung steht? Man hat zahlreiche Optionen, die dank der verbesserten Darstellung der Bäume sehr übersichtlich präsentiert werden. Und wenn man feststellt, dass man sich falsch entschieden hat, kann man im geheimen Unterschlupf Van Helsings gegen einen geringen Obolus die Punkte neu verteilen. Wie gehabt, dient die Höhle nicht nur als Reisezentrum, von wo aus man zu allen entdeckten Portalen reisen kann. Sie ist auch Standort für Händler, Werkstätten oder Startpunkt für die wieder integrierten beliebten Tower-Defense-Abschnitte, die allerdings nach wie vor erzählerisch nicht optimal eingebunden sind. Auch die Chimäre aus Teil 2 ist wieder mit von der Partie und kann auf Missionen geschickt werden, von denen sie je nach gewähltem Zielort fette (und vor allem rare) Beute mit nach Hause bringt.
Ordentlicher Kompromiss
Dabei kann man sich nicht über die abgeworfene Beute beklagen. In genau der richtigen Menge ausgeschüttet, findet sich zudem nur wenig "Schrott" darunter. Man muss auch Katarina nicht alle Nase lang zum Verkaufen wegschicken. Allerdings
Spielt man mit Pad, werden Menüs und Bildschirmanzeigen vorbildlich angepasst.
ist das Wegwerf-Verhalten der Bosse uneinheitlich. Während der eine stattliche Ausrüstung liegen lässt, bleibt beim nächsten nur Gold übrig. Nicht, dass ich die bare Münze nicht gerne aufnehmen würde - Wiederbelebungen sind kostspielig. Doch wenn ich einen ausdauernden Kampf hinter mich bringe, möchte ich auch mit entsprechenden Federn schmücken, sprich: Ich möchte mit der dort errungenen Ausrüstung angeben, die selbstverständlich auch an der Figur angezeigt wird. Dass es im Lager eine Truhe zum Austausch von Gegenständen zwischen allen erstellten Figuren gibt, ist sinnvoller Standard. Noch sinnvoller (und auch evtl. ein größerer Anreiz andere Klassen auszuprobieren) wäre es, wenn man auch Beute finden würde, die man nicht selbst nutzen kann? Doch egal mit welcher Klasse ich spiele, egal wie fortgeschritten ich in der linearen Story bin, finde ich nur Zeug für die aktuelle Figur.
Dass Neocore bereits an den Konsolen-Umsetzungen der Trilogie arbeitet, wird auch in Van Helsing 3 deutlich: Schließt man einen Controller an, kann man das Abenteuer komplett per Pad spielen, wobei die Fähigkeiten intelligent auf die zur Verfügung stehenden Knöpfe gelegt werden. Und nicht nur das: Gleichzeitig werden auch sämtliche Menüs auf "Konsolen"- bzw. TV-Betrieb umgestellt, so dass sie sich entsprechend komfortabel mit Gamepad navigieren lassen. Und ich muss zugeben, dass ich nach einer kleinen Gewöhnungsphase nicht mehr zur klassischen Maus-/Tastatur-Variante zurückgekehrt bin. Ob die Controller-Einbindung einer der Punkte ist, der man sich bei Neocore im Hinblick auf die ersten beiden Teile annehmen möchte, ist noch unklar, würde aber angesichts der Konsolenveröffentlichung Sinn ergeben. In jedem Fall wird man sich laut Steam-Mitteilung in absehbarer Zeit nochmals mit den Teilen 1 und 2 beschäftigen und diese basierend auf Feedback der letzten Monate aufwerten - ein löblicher Service, den man nicht häufig bekommt und der hier nicht von einem großen Publisher, sondern einem unabhängigen Studio angeboten wird.