TIS-10014.08.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Zeitreise für Programmierer

Minimalismus im Extrem: Auf einer schwarz/weißen Oberfläche erlebt man kein Abenteuer, löst keine Rätsel. Man programmiert die Lösung komplexer Aufgaben. Statt einer Erfolgsmeldung folgt eine Statistik über den Rechenaufwand des fertig geschriebenen Programms. TIS-100 fordert die grauen Zellen. TIS-100 ist Arbeit. Wo steckt da der Spaß?

#IGNORE MANUAL

Man muss nicht Assembler "sprechen", um den TIS-100 zu verstehen, das Tessellated Intelligence System. Man muss allerdings bereit sein, die frei erfundene Maschinensprache des fiktiven Computers zu lernen. Eine Einweisung gibt es nicht, nur eine 14-seitige PDF-Datei, das Handbuch des Rechners aus den 80er Jahren. Am besten legt man die Seiten frisch getackert neben die Tastatur.

Auf der Anleitung klebt nicht nur ein Zettel – eine Nachricht über Onkel Randys plötzliches Verschwinden und die Frage, was es mit dem TIS-100 auf seinem Schreibtisch auf sich hatte –, sie erklärt auch die wichtigsten Befehle der Programmiersprache. Die Anweisungen schreiben Zahlenwerte in den Speicher, addieren Variablen, verschieben sie von einem Knoten in den nächsten.

Bis zu 15 Befehle können in einem solchen Knoten ausgeführt werden und durch die richtigen Befehlsketten müssen Ausgangswerte so manipuliert und bewegt werden, dass die ausgeschriebenen Ergebnisse vorgegebene Zielknoten erreichen. Dann öffnen sich neue Herausforderungen sowie Notizen mit Hinweisen auf die Geschichte um Onkel Randy.

Aus wenigen Befehlen können komplexe Programme entstehen.

MOV 84 DOWN

Programmierer haben beim Lösen dieser Aufgaben alle Freiheiten. Im einfachsten Fall – oder weil ihnen keine bessere Lösung einfällt – könnten sie einen Wert durch ein Labyrinth an Knoten schieben, bis er den Output erreicht. Eleganter ist natürlich das Verschieben ohne Umwege.

Aber welche Befehlskette errechnet innerhalb eines Knotens das geforderte Ergebnis, so dass der Weg über einen zweiten nicht notwendig ist? Eine Statistik vergleicht die Effizienz des Programms mit denen anderer Spieler; es zählt die Anzahl der benötigten Programmschritte, Knoten und Befehle. Echte Cracks beißen sich daran die Zähne aus. Sie optimieren noch, während andere ihre unhandliche Lösung längst abgehackt haben.

Und wenn sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Kollegen cleveres Low-Level-Programming entlocken wollen, dann schreiben sie gar eigene Herausforderungen: Editoren ermöglichen das Erstellen eigener Programme und Aufgaben.

HCF

Fazit

TIS-100 ist trocken. Staubtrocken. Es ist das, was für manche Menschen harte Arbeit ist. Und es macht einen Heidenspaß! Wer sich nur annähernd für Programmierung interessiert, beherrscht im Handumdrehen den Maschinencode, knobelt an kniffligen Aufgaben und optimiert bald stundenlang seine Programme. Wer die vorherigen Spiele desselben Entwicklers kennt, spürt allerdings Ermüdungserscheinungen, weil das Konzept des Werteverschiebens nach SpaceChem und Infinifactory einfallslos wirkt. Gerade im Bereich der Programmierung hätte eine abwechslungsreiche Aufgabenstellung gut getan, während die Anzahl der Befehle größer sein könnte. Auch dank des zweckmäßigen Minimalismus' sowie des Verzichts auf eine spielerische Einführung zugunsten eines gedruckten Handbuchs ist TIS-100 unter dem Strich aber eine ebenso stilvolle wie fesselnde Simulation!

Pro

zahlreiche anspruchsvolle Herausforderungen
komplette Freiheit beim Lösen der Aufgaben
konsequente Darstellung einer textbasierten Benutzeroberfläche
Vergleich der Effizienz mit anderen Programmen
Erstellen eigener Aufgaben

Kontra

Wiederholung des SpaceChem
und Infinifactory-Konzepts
überschaubare Anzahl an Befehlen
Geschichte wird einfach freigeschaltet anstatt z.B. durch Programmierung zugänglich

Wertung

PC

Stilvolle Simulation eines alten Computers und Freiheit beim Lösen echter Programmieraufgaben.

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