Gangland05.06.2004, Marcel Kleffmann
Gangland

Im Test:

Schwarze Mäntel, dicke Waffen und blitzblanke Sonnenbrillen – na, woran erinnert euch das? Doch nicht etwa an Matrix, oder? Falls doch: knapp daneben! Denn diesmal ist die gute alte Mafia gemeint. In Gangland (ab 2,83€ bei kaufen) dürft ihr nämlich selbst Pate spielen und finstere Geschäfte in einer ganzen Stadt durchziehen.

Räche die Familie, Mario!

*Rauchige Stimme an* Als Kind, in Palermo, war das Leben noch schön. Die Familie und die Brüder Romano, Angelo, Sonny, Chico und Mario waren unzertrennlich. Doch im Laufe des Erwachsenwerdens geschehen oft seltsame Dinge, denn Chico Mangano wurde eines Tages tot auf dem Bürgersteig aufgefunden. Niedergestreckt von seinen eigenen drei Brüdern Romano, Angelo und Sonny. Sofort wurde eine Fahndung ausgegeben, aber keine Spur der Verräter. *Sonnenbrille absetz*

Der Pate Vincenzo erteilt die ersten Aufträge.
Erst zwei Jahre später erhielt Großvater Mangano einen Anruf aus Paradise City in Amerika - sein ältester Sohn Vincenzo hat die drei mörderischen Brüder gesehen. Nun liegt es am jüngsten Bruder Mario, die Verräter zu finden und den Mord zu rächen. Also macht Mario sich auf nach Paradise City, um unter der Fuchtel von Vincenzo zu lernen, wie sich ein Mafiosi verhält und wie man Bleischuhe für böse Menschen gießt... *Rauchige Stimme aus*

Grundkurs: Mafia

Soviel erstmal zur Rahmengeschichte von Gangland, die ihr eigentlich gleich wieder vergessen könnt, denn in der ersten Zeit dürft ihr als Lakai für den Paten Vincenzo arbeiten. Dieser erteilt euch nämlich fleißig Mini-Jobs im typischen Mafia-Stil. Für die beim Paten abgeholten Missionen bekommt ihr Ausrüstung, Leute oder Geld gestellt und lauft dann schnurstracks zum Ziel. Postwendend geht es zurück zum Boss, der euch schließlich entlohnt.  __NEWCOL__

Manchmal müsst ihr rivalisierende Gangs aufmischen, eine Kneipe annektieren, Leute bestechen, Prostituierte zur "Arbeit" schicken oder eine Schnapsbrennerei übernehmen - halt die Tätigkeiten, die ein angehender Mafiosi beherrschen muss. Nach Abschluss eines solchen Auftrages dürft ihr übrigens abspeichern – ein freies Speichersystem ist nicht vorhanden.

Erst die Action,…

Kommen wir zunächst zu den ersten Missionen, die hauptsächlich auf Action ausgelegt sind und mit leichten Strategie-Elementen und Rollenspiel-Einlagen verfeinert wurden. So steuert ihr euren Cosa Nostra-Mob in bester RTS-Manier in Iso-Perspektive durch die Stadt. Dennoch gestalten sich die Schusswechsel wenig fordernd, da euer virtueller Mafiosi nach einem simplen Klick auf die Feinde automatisch losballert. Damit in den Gefechten mehr Spannung aufkommt, müsst ihr manuell nachladen, Heilpäckchen einschmeißen oder in die Knie gehen, um genauer zielen zu können. Für über den Haufen geballerte Feinde und sonstige gelöste Missionen bekommt ihr Erfahrungspunkte spendiert, die in Fähigkeiten investiert werden.

Eine der ersten Missionen führt euch in dieses Waffengeschäft zur Annektierung.
Mehr Würze kommt ins Spiel, wenn ihr weitere Schergen mit in das Gefecht bringt, die ihr sogar selbst mit entsprechenden Waffen ausrüsten könnt. Im Waffenarsenal liegen übrigens sowohl klassische als auch moderne Wummen herum, und die Schießprügel gefallener Gegner könnt ihr ebenfalls mopsen.   

Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Drive-by-Shooting-Einlagen: In typischer GTA-Manier klettern die Mafia-Leute in ein Auto, brettern los und ballern aus den Fenstern heraus auf die unliebsamen Widersacher. Aber die viel zu engen Straßen in Verbindung mit der hakeligen Wagen-Steuerung führen schnell zum vorzeitigen Ableben.

…, dann die Geschäfte

Habt ihr schließlich in der fünften Mission ein eigenes Safehouse ergaunert, könnt ihr eure eigene Familie gründen. Jetzt seid ihr der Pate und sucht euch eine passende Frau, die mit genügend Geschenken vor den Traualtar gezerrt wird. Aber erst nach der kirchlichen Hochzeit könnt ihr bis zu drei Mini-Mafiosi in die Welt setzen. Eure Schützlinge wachsen schnell heran und können ab einem bestimmten Alter gewisse Aufgaben für euch übernehmen. So bringt ein Anwalt permanent mehr Geld in Kassen, während ein skrupelloser Killer mit zwei Waffen gleichzeitig angreifen kann. Aus Mädchen werden effektive Verführungskünstler.

Nur Mario kann Dynamit einsetzen und zwar äußerst effektiv.
Die sich über 26 Missionen erstreckende Story müsst nicht zwingend hintereinander durchspielen, sondern könnt zwischendurch immer eine Pause einlegen, die Stadt auf eigene Faust erkunden und eure Gangster-Freiheiten genießen. Erschreckend ist dabei, dass die spielerischen Freiheiten bereits nach kurzer Zeit erschöpft sind, da es viel zu wenige Handlungsmöglichkeiten gibt. Zu schnell ist alles gesehen und ausprobiert: Langweile macht sich breit. Auch die strenge Linearität der Story wird im weiteren Verlauf negativ spürbar.

__NEWCOL__

Lebendige Spielwelt

Paradise City ist eine fiktive Stadtmischung aus dem Chicago der 20er Jahre sowie der modernen Welt und überall ist etwas los. Nicht nur, dass über 800 NPCs durch die Stadt bevölkern, einen Großteil der "Einwohner" könnt ihr direkt ansprechen und bekommt manchmal kleine Missionen aufgebrummt, die ihr annehmen oder ablehnen könnt. Wird euch schließlich der ganze Mafia-Trubel zu viel, könnt ihr KI-gesteuerte Schlägertrupps losschicken, die sich der Aufgabe annehmen.

In Paradise City ist viel los!
Sollte euch schließlich der Singleplayer-Modus nicht mehr bei der Stange halten, dürft ihr in den Multiplayer-Modus flüchten. Via LAN oder Internet könnt ihr euch im Deathmatch-Modus mit bis zu acht Spielern gegenseitig beharken oder im Conquest-Modus quasi den Singleplayer-Part mit menschlichen Konkurrenten spielen - was teilweise zu explosiven Shoot-Outs und Gangster-Jagden führen kann.

Grafik & Sound

Optisch macht Gangland einen guten Eindruck. Die Umgebung ist komplett in 3D gestaltet und wartet mit sehenswerten Details sowie einem fließenden Tag-/Nacht-Wechsel auf. An anderen Ecken hingegen herrschen nur fade Grautöne, ohne "lebendigen" Kleinkram - als Endschädigung lässt sich jedoch die 3D-Kamera einfach justieren. Auf der Sound-Seite überzeugt Gangland kaum, da die Effekte spärlich eingesetzt werden, es selten Umgebungsgeräusche gibt und die Musik bestenfalls unauffällig ist. Die gute deutsche Sprachausgabe beschränkt sich auf wenige Sprachfetzen. Ganze Texte werdet ihr nie auf Deutsch hören, nur kurze Begrüßungen.

Fazit

Gangland wirkt zunächst wie ein cleverer Genre-Mix aus Mafia-Action, Echtzeit-Strategie und Wirtschaftssimulation: Dem Spieler wird eine gewisse Komplexität vorgaukelt, die eigentlich gar nicht enthalten ist. Scheinbar könnt ihr Geschäfte führen, Missionen lösen, der Story folgen, heiraten und eine Familie gründen - aber all das läuft streng linear ab und nach wenigen Stunden stellt sich Langeweile ein. Einen eigenen Weg durch die Geschichte könnt ihr nicht wählen, denn alles ist vorgegeben, so dass der Wiederspielfaktor gleich Null tendiert. Hinzu kommt, dass die Gefechte viel zu simpel sind: Ihr klickt einmal auf den Gegner und das war`s! Jeglicher taktischer Anspruch fehlt, eine passende Strategie ist nur selten nötig. Außerdem ist es absolut nervig, dass nur nach Missionen gespeichert werden kann, denn so ist eine halbstündige Familienplanung schnell im Eimer, sobald ein Feuergefecht schief geht. Gangland könnte für actionhungrige Hobby-Paten vielleicht einen Blick wert sein, aber es bleibt auf Dauer weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Pro

cooles Szenario
nette Atmosphäre
Mischung aus Action und WiSim
Unmengen an Missionen
Action steht im Vordergrund
Geschäfts- und Lebensteil sorgen für Abwechslung
rasante Verfolgungsjagden
belebte Stadt
gute Stimmen
netter Multiplayer-Modus

Kontra

Geschichte spielt zu Beginn kaum eine Rolle
fast interaktivloses Kampfsystem
trotz Gameplay-Freiheiten ist schnell alles gesehen
Story ist streng linear
wenig Auftragsvielfalt, führt zu Langeweile
schwache Steuerung in den Verfolgungsjagden
kein freies Speichersystem
unauffällige Sound-Kulisse
viel zu wenig Sprachausgabe

Wertung

PC

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