Im Test: Rollenspiel-Ikonen als Lachnummer
Notorischer Pechvogel
Nachdem die Suche nach einem legendären Artefakt nicht so verlief wie geplant, hängt Arkanologe und notorischer Fettnäpfchentreter Argus Windell seinen Job an den Nagel und schlägt sich fortan als windiger Trankbrauer durchs Leben. Doch auch dieser Lebensabschnitt findet aufgrund folgenschwerer Fehlmedikationen bald ein jähes Ende.
Trotz aller Dramatik bleibt dabei kaum ein Auge trocken, denn Argus hat nicht nur eine bewegte Vergangenheit, sondern zieht Pech und Ärger geradezu magisch an. Zudem bringt ihn sein angeborener Sarkasmus, für den es im Charaktermenü sogar einen eigenen Wert gibt, immer wieder in brenzlige Situationen, die meist in Tumult und Chaos enden.
Parodistischer Rundumschlag
Neben einer kräftigen Portion Selbstironie wird auch vor bekannten Gesichtern und Klischees aus Spiel und Film nicht Halt gemacht. So werden Final-Fantasy-Ikonen wie Cloud, Tidus oder Aerith immer wieder als psychotische Aushilfsabenteurer Claude, Titus und Iris vorgeführt. Zudem gibt es Gastauftritte von Hexer Geralt von Riva und Piratenkönig Monkey D. Ruffy im örtlichen Thermalbad,
Man kann aber auch einfach nur zuhören, wie ein geflohener König über den Verfall von Rollenspielwerten philosophiert, ein Topfhändler über krankhafte Sammel- und Zerstörungszwänge eines bekannten Zipfelmützenträgers lamentiert oder ein Amok laufender Golem Binsenweisheiten rezitiert. Die an sich ordentliche, teils sogar mit Dialektfärbungen aufwartende deutsche Übersetzung scheint man aber leider nur einer hastigen Korrekturlesung unterzogen worden zu sein. So trüben nicht nur immer wieder mitten im Satz endende und nicht fortgesetzte Textfenster, sondern auch zahlreiche Grammatik- und Rechtschreibfehler den Spaß am Lesen der süffisanten Dialoge. Sprachausgabe gibt es abseits weniger englischer Kampfkommentare leider keine. Auch sonst wirkt die Inszenierung eher zweckmäßig, die zugrundeliegende Technik holprig.
Brüchiges Fundament
Vor allem auf der begehbaren und von sichtbaren Gegnern bevölkerten Weltkarte ruckelt und ploppt es teils ungemein, auch wenn man hier im Gegensatz zum restlichen Spiel wenigstens die Kameraperspektive beeinflussen kann. Animationen und Effekte wirken teils fast schon stümperhaft, KI und Kollisionsabfrage zumindest fragwürdig. Hinzu kommt, dass man selbst beim Lesen von Schildern, Untersuchen von Umgebungsobjekten oder Plündern der teils viel zu schnell wieder verschwindenden Leichen angegriffen wird, ohne sich wehren zu können.
Die in klassischer Action-Rollenspiel-Manier ausgefochtenen Kämpfe lassen sich sowohl mit Maus und Tastatur als auch Game-Pad bestreiten, wobei Letzteres aufgrund der in beiden Fällen direkten Charaktersteuerung selbst von den Entwicklern empfohlen wird. Man kann im Nahkampf zwischen Schwert-, Hammer- und Faustattacken sowie jeweils einem ziel- und flächengerichteten Zauber wählen. Sowohl magie- als auch waffenbasierte Angriffe fußen dabei auf den drei Elementen Feuer, Wasser und Erde, gegenüber denen sowohl Gegner als auch man selbst mit Fertigkeiten und Ausrüstung beeinflussbare Affinitäten sowie Resistenzen besitzt.
Einfach gestrickt
Der Schwierigkeitsgrad ist eher moderat. Nur wenn man seine Ausrüstung vernachlässigt oder Orte aufsucht, die eigentlich erst für später gedacht sind, kann's schon mal etwas haarig werden. Eine Flucht ist aber fast immer und überall möglich, ein Sichern des Spielstands hingegen nur an klassischen Speicherkristallen. Im Todesfall kommen aber auch diverse Rücksetzpunkte zum Einsatz.
Auch der Spielverlauf ist abgesehen von wenigen möglichen Ausreißern und Nebenbeschäftigungen wie dem Zerstören von Portalen oder Aufspüren der legendären DragonBalls, die hier natürlich würfelförmig sind, sehr linear, der Spielumfang mit zirka zehn bis 15 Stunden überschaubar. Auch einen in diesem Genre meist gern gesehenen Koop-Modus gibt es, obwohl man immer wieder mit wenig brauchbaren KI-Partnern unterwegs ist, leider nicht. Dafür wissen die wenigen, aber abwechslungsreichen Rätsel, die taktisch angehauchten Bosskämpfe sowie viele kleine Details und unerwartete Überraschungen zu gefallen. Auch der Soundtrack präsentiert sich von ruhigen Klavierpassagen über beschwingte Folklore- und Orchesterklänge bis hin zu treibender Heavy-Metal-Mucke ungemein stimmungsvoll und abwechslungsreich.
Fazit
Als vollwertiges Action-Rollenspiel in Diablo-Manier ist Zenith leider nur Durchschnitt: Die technische Umsetzung ist holprig, der Spielkomfort mäßig, die Charakterentwicklung vergleichsweise simpel, der Umfang überschaubar. Nicht einmal eine Koop-Funktion ist mit an Bord - und das, obwohl man häufig zu zweit unterwegs ist und die KI-Partner kaum eine Hilfe sind. Dass ich trotzdem gut unterhalten wurde, liegt vor allem an den skurrilen Situationen, amüsanten Dialogen und albernen Parodien, die die spanischen Entwickler hier ähnlich wie in The Bard's Tale von 2005 immer wieder auftischen. Schade nur, dass es der deutschen Lokalisierung hier und da an Sorgfalt mangelt. Aber allein die als Running-Gag servierte Final-Fantasy-Stümpertruppe um Claude, Titus & Co gleicht das wieder aus. Auch der vielseitige Soundtrack weiß zu gefallen - ebenso wie die vielen unerwarteten Überraschungen, charmanten Details, gelungenen Rätsel- und Slapstick-Einlagen sowie taktisch angehauchten Bosskämpfe. Keine Offenbarung, aber ein solides Fantasy-Abenteuer mit vielen Gelegenheiten zum Schmunzeln.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Kurzweiliges Action-Rollenspiel mit amüsanten Dialogen, Situationen und Seitenhieben.
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