Im Test: Der Weg ist das Ziel
Wut statt Wissen
Ich habe selten einen so unbarmherzigen, so frustrierenden Einstieg erlebt: RymdResa ermuntert nicht auf sanfte Art, die Galaxie in Ruhe zu erkunden. Es zerstört das Raumschiff einfach – einmal, zweimal, dreimal, vier zerstörte Gamepads, fünf Wutausbrüche lang. Mal fliegt die Blechkapsel in einen Asteroiden, mal wird sie bei der Landung auf einem Asteroiden zerstört, mal hat sie keinen Treibstoff mehr. Und jedes Mal beginnt das Spiel von vorn, denn genau wie in FTL oder Don't Starve ist der Tod endgültig.
Der Weg ist das Ziel
Tatsächlich ist der Einstieg kein guter, weil er die Botschaft von Vendela Carlberg Larsson und Kim Gunnarsson nicht klar genug vermittelt: "Flieg langsam!" Sie hätten es mehrmals ausdrücklich genau so formulieren sollen, vielleicht in einem Tutorial vormachen, anstatt etliche Kollisionen mit Asteroiden oder eine falsche Entscheidung gleich mit dem Tod zu bestrafen. In anderen Spielen fliegt man doch auch mit Leichtigkeit durch Hindernisse hindurch, indem man mit
Dabei ist man genau deshalb unterwegs: um für dieMenschheit eine neue Erde zu finden. Als einzelner Pilot ist man jahrelang im Tiefschlaf unterwegs, folgt einer vagen Spur entfernter Signale, die angeblich zu einer Terra Nova führen. Alle zwei Jahre ergänzt ein Eintrag das Logbuch um eine Frage, ein Gedicht oder eine Erkenntnis über das Leben oder die Liebe, gesprochen von einer Stimme wie die einer Spracherkennung. Die Texte wirken seltsam distanziert, philosophisch und von einer verklärten Romantik des kalten Weltalls getragen.
Und so langsam versteht man dann, dass die neue Heimat nur ein Vorwand ist. Ein Vorwand, um die langen Augenblicke der Reise zu genießen, das Alleinsein bei Tempo 140 statt 300. Die eigene Suche nach Sinn, Romantik oder Poesie wird wichtiger als das unaufhörliche Synapsenfutter anderer Videospiele. RymdResa will kein Lehrspiel sein! Es probiert sich nur in Ruhe und Gelassenheit. Und nachdem ich diese Gelassenheit entdeckt hatte, habe ich sie sehr genossen.
Gleiches Ziel, neue Reise
Die Suche nach einem bewohnbaren Planeten erledigt sich ja trotzdem nicht von selbst. Ich muss Ressourcen finden, die meinem Schiff als Treibstoff dienen. Dass eben diese Ressourcen auch ein Maß seiner „Lebenspunkte“ sind, forciert auf clevere Weise das vorsichtige und umsichtige Fliegen: Jeder Zusammenprall und jeder Schub kosten wertvolle Energie. Lasse ich das Schiff einfach treiben, komme ich also viel weiter. Über die Maximalgeschwindigkeit hinaus kann ich es ohnehin nicht beschleunigen.
Ich finde allerdings Module, die es schneller machen, die die Wahrscheinlichkeit des Findens weiterer Gegenstände erhöhen oder den Zuwachs meiner Erfahrungspunkte beschleunigen – mit Letzteren steigere ich ähnliche Grundwerte meines Alter Egos. Ich betreibe Forschung, mit deren Ergebnissen ich weniger Treibstoff verbrauche oder den
Haushalten im All
Und mit jedem Neustart übernehme ich diese Module und Grundwerte in ein neues Spiel – wirklich von vorn fange ich also nie an. Ich sollte mir nur gut überlegen, wie viel ich in den Kauf eines neuen Schiffs investiere, denn dafür bezahle ich mit einer Währung, die ich durch das Erforschen von Planeten oder einsam im All treibenden Wracks erhalte. Diesen Kreislauf muss ich im Auge behalten, denn nur in einem größeren Schiff kann ich riskieren, dass die missglückte Landung auf einem Planeten mehr Treibstoff kostet, als das kostenlose kleine Einsteigerschiff überhaupt an Bord hat. Auf ein solches Schiff sollte ich also besonders gut aufpassen.
Eine ganz andere Währung benötige ich für den Aufbau der einmal entdeckten Terra Nova. Habe ich den neuen Planeten nämlich gefunden, beginne ich nach dem Tod oder einer Spielunterbrechung nicht mit der Suche danach, sondern bereits im Orbit der neuen Heimat. Deren Aufbau benötigt Materialien und um die zu finden, treibt es mich noch tiefer ins schier grenzenlose All. Je weiter die Entwicklung des Planeten voranschreitet, desto mehr profitiere ich
Der müde Klick
Das Beschaffen der Materialien kostet Zeit, sehr viel Zeit. Es ist spielerisch interessant, auch weil man das eigene Raumschiff zu diesem Zeitpunkt mit vielen Modulen individuell ausrüsten kann. RymdResa ermüdet aber schnell. Es liegt an dem profanen Herumfliegen und teils automatischen, teils per Knopfdruck ausgelösten Aufsammeln von Treibstoff oder Gegenständen: Die verrichtete Arbeit an der Maus, der Tastatur oder einem Controller ist viel zu profan, als dass RymdResa als Spiel fesseln würde.
Vor allem aber bietet das Abenteuer zu wenige Erkundungsreize: Fast alles, was man früh schon zu Gesicht bekommt, fliegt dutzendfach in diesem Weltall umher. Und so stilvoll das gestaltet wurde, so schnell nutzen sich die Bilder ab. Auf Dauer sind sie uninteressant. So sehr ich das ruhige Dasein eine Zeitlang genossen habe, so wenig hat es mich auf lange Sicht in seinen Bann gezogen.
Fazit
Wer keine Ruhe mitbringt, sollte nicht einen Gedanken an RymdResa verschwenden! Anstatt Weltraumreisende spielerisch zu fordern, inszeniert das schwedische Spiel die Poesie des scheinbar leeren Augenblicks. In den von einer leblosen Computerstimme vorgetragenen Notizen, der sanften Musik sowie dem gemächlichen Umherfliegen liegt eine romantische Metapher über die Suche nach Sinn und Ursprung. Die spielerische Leere aber – mehr als die immer gleichen Klicks über den immer gleichen Objekten führt man kaum aus – erschwert den Zugang zu den sinnreichen Überlegungen. So motivierend es ist, verschiedene Schiffe unterschiedlich auszurüsten, Fähigkeiten zu entwickeln und eine neue Erde aufzubauen, so müßig ist der Weg dorthin. Schön, dass der Weg das Ziel sein kann! Er hätte spielerisch oder erzählerisch allerdings interessant sein müssen.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Stimmungsvolles Entdecken eines unendlichen Alls - das weder spielerisch noch erzählerisch zum Erforschen einlädt.
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