Im Test: Blut, Schweiß und Tränen
Emotionale Belastung
Sieht man Michonne, wie sie sich mit ihrem scharfen Schwert brutal durch die Zombie-Horden metzelt oder sich selbst mit Schlägen und Tritten effektiv zur Wehr setzt, bekommt man schnell den Eindruck, dass diese toughe Lady so schnell nichts aus der Fassung bringen kann. Doch der Eindruck täuscht: Schon im ungewöhnlichen Psycho-Einstieg macht Telltale deutlich, dass diese feminine Kampfmaschine vor allem von traumatischen Erlebnissen angetrieben wird. Michonne kämpft nicht nur gegen die Scharen von Untoten, sondern vor allem gegen ihre eigenen Dämonen, die sie verfolgen und sie vor allem psychisch an ihre Belastungsgrenze drängen.
Das bekannte Muster
Bei der Spielmechanik bleibt sich Telltale treu und liefert erneut eine Aneinanderreihung von Reaktionstests in Kombination mit den üblichen Dialogoptionen und eingeschränkten Interaktionen mit der Umgebung in kleinen Arealen. Der Rätselanteil ist ebenfalls wieder sehr niedrig bzw. gar nicht erst vorhanden. Wie ich bereits angedeutet habe, hätte ich auf die eine oder andere Schwert-Metzelei verzichten können, weil sie zu dicht aufeinander folgen. Aber in den Momenten dazwischen unterhält das Überleben in der Zombie-Apokalypse auf einem gewohnt guten Niveau mit angenehmen Gesprächen und stimmungsvollen Momenten. Besonders ein Verhör dürfte im Gedächtnis haften bleiben, auch wenn Telltale ausgerechnet in dieser Situation als Skript-Betrüger entlarvt wird. Spätestens beim zweiten Durchspielen muss man feststellen, dass die gewählten Antworten nicht die Situation beeinflussen, sondern die Situation künstlich so gestaltet wird, um die Dramaturgie zu erhöhen. Diese Masche verfehlt zwar nicht ihren Zweck, aber trotzdem kam ich mir bei meinem zweiten Besuch auf dem „heißen Stuhl“ ein wenig veräppelt vor.
Fazit
Mir gefällt The Walking Dead: Michonne als Ableger der großen Reihe bisher ganz gut. Schon in der TV-Serie mag ich die Katana-Lady als Figur und Telltale versteht es gut, mir hier interessante Einblicke in ihre Psyche und Motive zu gewähren. Darüber hinaus gibt es wieder einige gelungene Spannungsmomente und Handlungsbögen, weshalb ich mich jetzt schon darauf freue zu sehen, wie es im nächsten Monat in der zweiten von insgesamt drei Episoden weitergeht. Dabei würde ich mir allerdings weniger Metzelsequenzen wünschen, die mir im Rahmen der ersten Episode schon zu inflationär eingestreut wurden. Weniger ist manchmal mehr. Das Gegenteil ist hinsichtlich der Spielzeit der Fall: Gut 100 Minuten erscheinen mir schon arg kurz und gerade als die Handlung zum ersten Mal so richtig Fahrt aufnahm, flimmerte schon der Abspann über den Bildschirm.
Einschätzung: gut
[Ab diesem Jahr werden wir bei Episoden-Spielen für die ersten Teile im Test zunächst nur Schulnoten vergeben; erst mit dem finalen Teil und Test werden wir auch eine abschließende Prozentwertung für die komplette Reihe vergeben. Anm.d.Red.]
Pro
Kontra
Wertung
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