DarkMaus05.02.2016, Jörg Luibl
DarkMaus

Im Test: Kleine Maus, großes Abenteuer

Ihr habt eine Vorliebe für düstere Abenteuer mit taktischem Klingentanz? Ihr wartet gespannt auf Dark Souls 3? Ihr mögt Fantasy mit Nagetieren à la David Petersen? Dann könnte DarkMaus einen Abstecher wert sein. Das kleine Abenteuer von Daniel Wright ist für knapp zehn Euro auf Steam erschienen und verströmt nicht nur vom Namen her Soulsflair. Ob das nach ein paar Hieben verfliegt? Mehr dazu im Test.

Dark Souls in der Draufsicht

Was ist da los im Lande Hazath? Hat ein Fluch alle Tiere so aggressiv gemacht und diese Monster hervorgebracht? Wenn der einsame Mauswanderer etwas herausfinden will, muss er nicht viel diskutieren, sondern vor allem eines: tapfer kämpfen. Und sich dabei am besten nicht in der düsteren Welt verirren. An einem Strand beginnt seine Reise noch mit beschaulicher Brandung, aber schon nach wenigen Schritten kann sie vorbei sein. Denn in den Sümpfen, Schluchten und Wäldern lauern schattenhafte Kreaturen, fiese Spinnen, wildgewordene Vögel und noch wesentlich Schlimmeres.

Das Abenteuer des Mäusekriegers beginnt einsam an einem Strand. Seit dem 6. März 2014 hat Daniel Wright alleine daran entwickelt.
Ähnlich wie in Dark Souls muss man in den Gefechten auf seine Ausdauer sowie gut getimte Paraden achten. Zwar sieht das zu Beginn recht simpel aus und man agiert aus der oftmals für Arcade-Action genutzten Draufsicht. Doch das Kampfsystem ähnelt dem großen Vorbild so sehr, dass man sich schon nach wenigen Minuten wie in einem Top-Down-Souls fühlt, weil man die Gegend ähnlich vorsichtig erkundet, sich genauo bei vorgehaltenem Schild zurückzieht und vor Feinden diesen Respekt entwickelt, der zum taktischen Abtasten statt wildem Rumgefuchtel führt. Es ist einfach verblüffend, wie gut Daniel Wright als Ein-Mann-Entwickler diese Art der situativen Spannung repliziert. Das war auch sein erklärtes Designziel: "After Dark Souls, nothing out there was satisfying to me so I had to make my own."

Hiebe, Stiche, Projektile und Konter

Am Lagerfeuer kann man nicht nur à la Dark Souls rasten und aufrüsten, man kann auch Feinde gezielt hinein locken.
Die Grundlage dafür ist, dass sich die Hieb- und Stichwaffen klar unterscheiden. Je nachdem ob man mit dem Krummschwert, Großschwert oder Speer agiert, ob man leichte oder schwere Attacken einleitet, ergeben sich jeweils andere Manöver, Schwungverzögerungen, Schildnutzungen sowie natürlich unterschiedliche Treffer. Hier kann man Gegner in Überzahl zwar nicht im Komboflow weghacken, aber wer nach der leichten direkt eine schwere Attacke inszeniert, kann mit dem Rundumschlag auch mehrereFeinde treffen.

Es macht Spaß mit den Klingen zu experimentieren und das richtige Timing zwischen Defensive und Offensive zu finden. Schon kleine Fehler können fatale Folgen haben, denn wer zu ungestüm vorwärts prescht, öffnet seine Deckung, zumal gegnerische Blocks die eigene Ausdauer stärker dezimieren. Hinzu kommt sinnvoller Komfort wie die optionale automatische Gegnerfixierung. Die Steuerung flutscht aber deutlich intuitiver mit dem vom Entwickler empfohlenen und sofort erkannten Xbox-360-Gamepad als mit Maus und Tastatur. Letzteres kann ich nicht empfehlen, zumal man mit zwei Analogsticks wesentlich besser Lauf- und Blickrichtung parallel meistert.

Zwar ist man zu Beginn bis auf einen

Nach jedem Aufstieg darf man einen Charakterwert oder Waffentalent erhöhen. Hinzu kommen freischaltbare Spezialmanöver.
kleinen Schild ungerüstet, aber man findet bald auch Lederrüstungen & Co, die übrigens ebenfalls unterschiedlich auf Hiebe, Stiche und Projektile reagieren. Wirkt sich die Traglast aus? Ja, sie senkt im schlimmsten Fall die Statistiken und verlangsamt. Für so ein kleines Spiel agieren auch die Feinde überraschend dynamisch: Sie nutzen Blocks, versuchen zu umzingeln und zeigen sogar Angst vor dem Feuer, so dass sie sich in einem Halbkreis zurückziehen. Andere, wie etwa Spinnen, kann man auch gezielt hinein locken, so dass sie Schaden nehmen. Manchmal bleiben sie allerdings auch irgendwo hängen, so dass man diese Fehler ausnutzen kann. Aber darüber ist man recht froh, wenn man mal wieder von einem Spinnen-Schwarm gefressen wurde.

Charakterentwicklung am Lagerfeuer

Aber so ein kleines Abenteuer hat doch keine Charakterentwicklung? Doch, hat es. Und jede Steigerung wirkt sich aus. Nach einem Aufstieg kann man am Lagerfeuer nicht nur fünf Werte von Gesundheit bis Geschicklichkeit sowie sechs Waffentalente vom Kurzschwert bis zum Bogen aufwerten, sondern auch zehn spezielle Kampfmanöver aktivieren - teilweise in zwei Stufen. Darunter sehr effiziente Rundumschläge, Schildstöße, die den Feind betäuben, aber auch das Reflektieren von Pfeilen oder den aus der Soulsreihe so beliebten Konter, wenn man kurz vor dem gegnerischen Treffer blockt.

Man kann seine Maus entwickeln und ausrüsten: Diverse Hieb- und Stichwaffen, Schilde, Rüstungen sowie Heilmittel und Feuermagie stehen zur Auswahl.
Die Lagerfeuer erinnern nicht nur an das große Vorbild von From Software, sie wurden als Spielelement nahezu identisch übertragen: Zwar kann man sich hier ausruhen, heilen, speichern und über sein gesammeltes "Marrow" die Fähigkeiten der Maus entwickeln, aber dann werden auch alle Feinde in der Umgebung wieder erweckt. Und natürlich muss man seine Seelen aka Marrow möglichst am Todesort wieder einsammeln, um sie nicht komplett zu verlieren.

Schattenkrieger & Nichtspielercharaktere

Ab und zu begegnet man Nichtspielercharakteren wie Mäuselady Anna, die man zu ihrem Dorf begleiten soll.
Aber David Wright hat auch kreative Zusätze in petto: die Schattenmaus. Sobald man stirbt, zieht ein flackerndes Abbild der Maus vom Lagerfeuer aus los, geht die Todesroute quasi nochmal entlang und kämpft gegen die dort wiederbelebten Feinde. Der Schatten hat eine eigene Lebenspunkteleiste und kann sterben, aber bis dahin hilft er enorm. Hinzu kommen Nichtspielercharaktere, die einen kurzfristig begleiten: Recht früh trifft man auf Mäuselady Anna, die um Hilfe fragt. Willigt man ein, begleitet man sie zu ihrem Dorf, während sie in Gefechten mit ihrem Bogen automatisch hilft und Kommentare abgibt.

Zwar gibt es nur eine rudimentäre

Enge Passagen können Fluch oder Segen sein. Habt ihr einen Speer mit Schild? Dann wäre es dort sicherer...
Erzählung und keine tiefergehenden Rollenspielelemente etwa über komplexere Dialoge oder verschachtelte Quests, aber über diese kleinen Aufgaben und Begegnungen entsteht genug Abenteuerflair. Dazu trägt auch bei, dass man die Karte gerne Stück für Stück erkundet, während das Licht der eigenen Fackel immer nur einen kleinen Bereich ausleuchtet. So läuft man aufmerksam auch die Ränder ab, weil es einige Geheimwege mit tollen Belohnungen gibt. Das zurückhaltende düstere Artdesign kann zwar keine opulente Pracht entfalten und es gibt nur wenige Animationen, aber der Stil wirkt auch mit seinen kleinen Gesten überaus stimmungsvoll, weil man auch liebevolle Kleinigkeiten entdecken kann: Es ist z.B. putzig, wenn sich die Maus nach einer Aufwertung stolz auf die Brust trommelt; es ist schön, dass man eigene und fremde Fußspuren erkennt. Die Fantasywelt erinnert mit ihren tierischen Helden ein wenig an die Comics MouseGuard von David Petersen. Falls ihr märchenhafte Abenteuer dieser Art mögt und neben dem Kampf auch eine epische Story sucht, kann ich euch das Tabletop-Rollenspiel Maus und Mystik nur wärmstens empfehlen.

Ach so: Falls ihr das Abenteuer gemeistert habt, wartet noch NewGame+ auf euch. Bis auf die Schlüssel behaltet ihr alles vom Level bis zu den Waffen, die Feinde sind allerdings stärker und es kommen u.a. neue Flüche, Waffen & Co hinzu.

Fazit

"After Dark Souls, nothing out there was satisfying to me so I had to make my own." An diesem Anspruch kann man gnadenlos scheitern. Aber ich ziehe meinen Hut vor Daniel Wright! Für seine Interpretation der Soulsreihe muss ich ihm einfach applaudieren. Ja, es hakt mal hier und da, die Story kann nur leicht umrahmen, die Lagerfeuermechanik wurde nahezu kopiert, Kulisse und Musik sind schlicht: Doch das Kampfsystem ähnelt dem großen Vorbild so sehr, dass man sich schon nach wenigen Minuten wie in einem Dark Souls fühlt, weil man die Gegend ähnlich vorsichtig erkundet, sich genauo bei vorgehaltenem Schild zurückzieht und vor Feinden diesen Respekt entwickelt, der zum taktischen Abtasten statt wildem Rumgefuchtel führt. Hier hat ein Mann aus seiner Leidenschaft ein Abenteuer erschaffen, das nicht nur die wesentlichen Spannungsmomente des großen Vorbildes aufgreift, sondern auch kreativ als Top-Down-Abenteuer in tierischer Fantasywelt interpretiert. DarkMaus ist eine stimmungsvolle Hommage und nicht nur aufgrund des kleinen Preises eine tolle Alternative, um die Wartezeit auf Dark Souls 3 zu überbrücken.

Pro

wunderbare Hommage an Dark Souls
coole Idee mit dem Schattenkrieger nach einem Tod
gediegenes Artdesign, Fantasywelt mit Tieren
anspruchsvolle Gefechte, relevante Physik
gute KI-Reaktionen, Angst vor Feuer etc.
angenehm reaktives Kampfsystem, NSC kämpfen mit
Charakterentwicklung & Aufrüstungen
diverse Hieb- & Stichwaffen, Projektile sowie Magie
Spielwelt mit Abkürzungen und Geheimnissen
NewGame freischaltbar

Kontra

nur rudimentäre Story
ab und zu Ruckler; relativ hohe Anforderungen
Lagerfeuermechanik der Soulsreihe 1:1 kopiert
kleinere Bugs und KI-Exploits möglich
nur mit Xbox-Gamepad optimal spielbar
spartanische Musikuntermalung

Wertung

PC

Gratulation an Daniel Wright: DarkMaus ist eine stimmungsvolle Hommage an die Soulsreihe - Hut ab vor der Leistung eines Entwicklers!

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