Crazy Machines 318.11.2016, Jan Wöbbeking

Im Test: Kettenreaktion Marke Eigenbau

Nicht nur Ritter Sport ist sich der Anziehungskraft von Einhörnern bewusst: Auch FAKT Software und Daedalic bugsieren ein rosafarbenes Fabelwesen durch allerlei alberne Maschinenpuzzles. Im Test überprüfen wir, ob das klassische Prinzip von Crazy Machines 3 (ab 0,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) auch in Zeitalter von VR-Highlights wie Fantastic Contraption noch faszinieren kann.

Flipperbahnen, Laser und Einhörner

Für den dritten Teil von Crazy Machines hat sich FAKT Software mit einem kleinen Team bei Daedalic zusammengetan, um die mechanischen Experimente in einer frischen 3D-Engine zum Leben zu erwecken. Trotzdem spielen sich die Konstruktionen weiterhin in einer flachen Ebene ab, in der sich Details per Zoom näher unter die Lupe nehmen lassen. Die Präsentation wurde leider vernachlässigt: In einem nüchtern gehaltenen Menü klickt man sich mit der Maus durch die 80 Rätsel der Kampagne, die lediglich hier und da von selbstironisch formulierten Aufgabenstellungen aufgelockert werden. Als Pinball-Fan haben mir die Puzzles am besten gefallen, bei denen man Kugeln mit Bahnen umleitet, damit sie durch rotierende Reihen aus Flipperhebeln und wackelnden Klingen kullern, um schließlich auf Umwegen ins Ziel zu purzeln. Auch mechanische Tricks werden schön eingebunden - vor allem, wenn automatische Boxhandschuhe die Kettenreaktion in Gang bringen oder Kistenstapel kollabieren.

Tilt!
Klar, Sachen zum Einsturz zu bringen macht natürlich grundsätzlich mehr Spaß als sie mühsam aufzubauen. Das gilt besonders für die nervigen Zahnrad-Puzzles, die sich nur sehr mühsam und fummelig zusammenstecken lassen. Unterhaltsamer ist es, Laserstrahlen mit verschiedenen Bauteilen umzuleiten - allerdings bei weitem nicht so faszinierend wie im VR-Spiel Carpe Lucem, wo man die Spiegel per Roomscale mit den eigenen Händen im geräumigen Zimmer platziert. Auch Tumble VR oder die VR-Bastelstunde Fantastic Contraption wirken um einiges spannender: Bei Letzterer muss man zwar mit viel weniger Teilen Vorlieb nehmen, im Gegenzug sind die darauf zugeschnittenen Puzzles aber besser ausbalanciert.

Es mangelt an Hinweisen

In Crazy Machines 3 schwankt das Spielgefühl auch bei den übrigen Aufgaben zwischen Motivation und Frust: Kurze Stromkabel müssen mit Steckerleisten die passenden Küchengeräte versorgen, anderswo lässt man Objekte mit Hilfe von Seilen oder Schwerkraftumkehrern durch die Luft schweben. Schade, dass ausgerechnet in einem Spiel des routinierten Adventure-Entwicklers Daedalic keinerlei Hinweis-Funktionen eingebaut wurden. In den oft sehr kniffligen Puzzles stand ich nicht selten auf dem Schlauch. Zum Glück werden früh genug viele alternative Kapitel und Levels freigeschaltet, auf die man ausweichen kann. Oder man lädt sich ein paar der gelungenen Nutzerlevels aus dem Steam-Workshop herunter. Die meisten davon richten sich allerdings ebenfalls an Profis und liefern gleich rund ein Dutzend benutzbare Bauteile und Gerätschaften mit. Ähnlich wie in der Kampagne lassen sich manche Puzzles dank physikalischer Tricks sogar auf mehrere Arten lösen. Querdenken wird also durchaus belohnt: Warum soll ich die komplette Maschinerie am rechten Bildrand in Gang setzen, wen ich eine Ball mit einem geschicktem Einsatz des Boxhandschuhs auch so auf die andere Seite bekomme?

Einhörner beim Laserdance...
Auch größere, von Spielern konstruierte Bauteile finden sich in Steams Tauschbörse. Der Level-Editor bietet eine große Auswahl an Objekten und Werkzeugen und lässt sich intuitiv bedienen. Auch dort wird man allerdings nicht an die Hand genommen wie z.B. in den Tutorials von LittleBigPlanet 3. Stattdessen muss man sich durch die umfassende Steam-Dokumentation blättern. Ähnlich wie in Media Molecules Hüpf-Baukasten darf man aber auch hier alle möglichen Objekte auf Knopfdruck umfärben oder in andere Materialien verwandeln. Ein Klick auf den Basketball und schon wird er zu einer Metallkugel. Dank der 3D-Engine mit ihrer ansehnlichen Beleuchtung lassen sich relativ schnell hübsche Puzzles und bizarre Rube-Goldberg-Maschinen basteln, während im Hintergrund der beruhigende Easy-Listening-Soundtrack die Nerven berieselt. Als Kulissen stehen ein paar Hintergrundthemen wie saftig grüne Bergwiesen oder futuristisch blinkende Leiterbahnen zur Verfügung. Das Feintuning selbstgebastelter Puzzles benötigt allerdings deutlich mehr Zeit und Fingerspitzengefühl als in einsteigerfreundlichen Titeln wie Rabbids Go Home (DS). Ein gewisses Maß an Geduld ist also Grundvoraussetzung. Wer es noch kniffliger mag, kann sich ähnlich wie bei Sackboy sogar an verhältnismäßig komplexen Chips mit Logik-Schaltungen versuchen.

Fazit

Im Zeitalter von Roomscale-Basteleien wie Fantastic Contraption wirken die klassischen Experimente von Crazy Machines 3 ein wenig angestaubt. Auch beim Drumherum präsentiert sich der Rätsel-Baukasten ziemlich altbacken und rudimentär: Es gibt keinerlei Einbettung in eine Rahmenhandlung und das Fehlen von Hinweisen sorgt bei den teils richtig kniffligen Maschinen immer wieder für Frust. Wenn man sich auf die komplexen Basteleien einlässt, entfalten die verzweigten Konstrukte aber trotzdem eine gewisse Motivation. Am meisten Spaß macht es, mit Lasern, Motoren und einstürzenden Kettenreaktionen zu experimentieren oder in den Editor-Kreationen der Community zu stöbern. Weniger gelungen wirken die nervig fummeligen Zahnradrätsel. Wer Lust auf komplexe Experimente hat, wird solide unterhalten.

Pro

knifflige Physik-Puzzles mit teils mehreren Lösungswegen
mächtiger Editor für Leveltausch per Steam-Workshop
zahlreiche Bauteile, programmierbare Schalter und plastische Materialien

Kontra

fehlende Hinweise oder Hilfesysteme sorgen immer wieder für Frust
widerspenstige Zahnräder lassen sich nur sehr fummelig zusammensetzen
schlichte Präsentation ohne verrückten Professor oder Einbettung in eine Geschichte

Wertung

PC

Knifflige Physikpuzzles mit verrückten Mechaniken wecken den Spieltrieb, fehlende Hinweise und eine altbackene Präsentation bremsen aber die Freude an den Experimenten.

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