Test: Tyranny (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Release:
10.11.2016
Erhältlich: Digital (Steam, GOG)
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ab 7,50€

ab 49,95€
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Bau dir einen Zauber

Findet man so genannte Sigils, darf man unabhängig von den freigeschalteten Talenten eigene Zauber aus drei Teilen bauen: Man wählt einen Kern wie z.B. Heilung, Blitz oder Frost, danach die Distanz von nah bis weit sowie die Intensität oder andere Verbindungen. Klingt interessant, macht zunächst auch Spaß, aber bietet mir auf lange Sicht zu wenig Möglichkeiten, was Konter oder Schutzmagie betrifft. Da war für einen arkanen Baukasten mehr drin!

ewded
Die Gefährtenkombos befördern zwei Helden schonmal in die Luft...
Tyranny wirkt auch nicht klar genug in seinem Spieldesign, denn der ganze Unterbau an typischen Rollenspielelementen wie Inventar und Gegenstände, Kauf und Ausrüstung, Schleichen und Fallen, wirkt stellenweise überflüssig. Oder anders: Warum soll sich der Gesandte des Tyrannen mit diesem schnöden Kram der Sammelei oder Erkundung beschäftigen, den man von gemeinen Helden kennt, die erst langsam in der Hierarchrie sowie Macht aufsteigen und sich über ein Langschwert+1 oder Umsatz beim Händler freuen dürfen?

Einige kleine Aktionen im Gelände erinnern in der Abfrage von Fähigkeiten auch an Pillars of Eternity: Wer irgendwo hinauf zu einem Schatz klettern will, muss z.B. eine Athletik von 35 vorweisen. Obwohl das lobenswert ist, wirken
Das Gelände kann man nur sehr selten taktisch nutzen; auch die Wegfindung zickt.
Das Gelände kann man nur sehr selten taktisch nutzen; auch die Wegfindung zickt.
viele dieser Situationen eher wie Altlasten, denn dieses Spiel bietet deutlich weniger Erkundungsreize als das klassische Fantasy-Abenteuer, zumal nicht eine weitläufige Welt mit Dungeons und Orten, sondern die Politik sowie die Fraktionskonflikte im Vordergrund stehen. Vielleicht wäre Mut zur Lücke hier besser gewesen.

Fallen, Diebstahl & Co

Wenn man in den Schleichmodus wechselt, kann man zwar Fallen finden und entschärfen oder auch lila gefärbte Truhen bzw. Schätze entdecken. Aber das subtile Vorgehen wirkt alles andere als durchdacht und macht kaum Laune. Man kann auch ohne Tarnung in jedem Raum alles mitgehen lassen und selbst bei den mächtigen Archonten klaut man ohne Reaktion oder gar Konsequenzen. Was soll das? Außerdem vermisst man mehr interessante Geheimnisse wie verborgene Räume oder Wege - weder im Gelände noch in den Räumen gibt es viel zu entdecken. Wer
Zwar gibt es Fallen und kleine Geheimnisse, aber echtes Dungeongefühl will in den kleinen Arealen nicht aufkommen.
Zwar gibt es Fallen und kleine Geheimnisse, aber echtes Dungeongefühl will in den kleinen Arealen nicht aufkommen.
klassisches Labyrinth-Gefühl mit spannenden Erkundundungsphasen sucht, wird in den kleinen Arealen nicht auf seine Kosten kommen.

Die vorbildliche Verzahnung von Text und Keywords hatte ich erwähnt. Ganz so lobenswert ist die etwas verschachtelte Benutzeroberfläche auf den ersten Blick nicht, zumal es kleine Hindernisse beim Waffenvergleich gibt: Anstatt automatisch sofort dieselbe Gattung auszuwählen, muss man manchmal manuell die Slots wechseln, wenn man nicht Schwert mit Stab vergleichen will. Man häuft zudem viel Überflüssiges an und muss etwas zu lange mit Schnellzugriff, Sonderzaubern & Co hantieren, bevor es im Kampf flutscht. Erst wenn man das System verinnerlicht hat, weiß man auch die vielen Sortier- und Belegungsfunktionen zu schätzen.
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Kommentare

oppenheimer schrieb am
Kajetan hat geschrieben: ?16.11.2016 17:13Das ist das Faszinierende an Tyranny. Nicht das platte, dumme Gut/Böse-Schema anderer Spiele, wo Moral nichts weiter ein Zeiger auf einer Skala ist. Sondern die Ambivalenz von Gut/Böse aufzeigen. Aufzeigen, dass böse Taten manchmal auch Gutes hervorbringen können und der Weg zur Hölle stets mit den besten Absichten gepflastert ist.
DAS wird Tyranny später groß machen. Endlich ein RPG, das sich aus dem primitiven Kindergarten-Schema von Gut und Böse lösen kann und Dir als Spieler die Komplexität der Wirklichkeit begreiflich machen kann, wo es eben KEINE einfachen Antworten gibt. NATÜRLICH ist es sinnvoll nicht die ganze Zeit als mordende Killermaschine durch die Gegend zu laufen, aber manchmal könnte es vielleicht sinnvoll sein Menschen zu ihrem Glück zu zwingen.
Sorry, dass ich mich auf diesen uralten Beitrag berufe, aber du triffst es einfach auf den Punkt.
Ich hole Tyranny gerade nach und finde es zutiefst bedauerlich, dass es vergleichsweise untergegangen ist.
Normalerweise spiele ich in solchen Titeln eher den 0815 chaotisch guten Dude von nebenan, aber hier setze ich Kyros' gottverdammtes Gesetz durch, teilweise sogar mit völliger Überzeugung und maximaler Inbrunst, denn irgendjemand muss diese starrsinnigen, von vermeintlicher Ehre besessenen Stufenbewohner ja vor der endgültigen Auslöschung bewahren.
Dass ich, um den Krieg zügig zu beenden, dabei mit noch starrsinnigeren, recht faschistoiden Fanatikern paktiere (und mir insgeheim die Option offen halte, dieses Bündnis bei Bedarf zu brechen), ist nur Mittel zum größeren Zweck.
Grandios! Mehr davon!
Da sind mir die recht lahmen Kämpfe und die Loot-Langeweile auch relativ wumpe. Man stelle sich nur vor, mehr Budget würde in Entscheidungsfreiheit bei Dialogen und daraus resultierende Konsequenzen gepumpt anstatt in raytracing und ähnlichen Klimbim...
Herrbst schrieb am
Ich habe Tyranny durchgespielt und fand die Geschichte meisterhaft. Tatsächlich ist es meiner Meinung nach gar nicht möglich, eine so fesselnde Geschichte zu erzählen, wenn ausufernde Nebenquests oder endloses Schlachtgetümmel den Faden ständig wieder abreißen lassen. Wo vielleicht noch etwas mehr gegangen wäre, sind die Zwiegespräche der Party. So etwas wie: "Nicht so laut Du wandelndes Belagerungsgerät. Es besteht überhaupt kein Grund sich übereilt in den Kampf zu stürzen." Lyra zu Barik. Davon hätte ruhig mehr kommen können, Mit anderen Worten, ich hätte gern noch mehr Text gehabt. Gerade weil Obsidian diesen Punkt bei NWN2 zum Beispiel sehr gut hinbekommen hat. (Dafür war der Plot dort nur gut verpackter Standard).
Die Kämpfe waren tatsächlich weniger spannend und immer etwas hölzern. Am Anfang sind es immer 4 Gegner, später 5 und noch später auch mal 6. Schöner wäre es gewesen wenn mal richtig viele (aber dafür schwächere Gegner aufgetaucht wären) oder anderweitig mehr Abwechslung geherrscht hätte. Z.B. durch die Einbeziehung von Sichtlinien. Lediglich die Geister haben eine kurze Veränderung der Angriffstaktik erfordert. Im allgemeinen kommt man sonst mit ein und der selben Taktik durch. Ich habe bei Halbzeit auf schwer umgestellt, das hat auch keine wirkliche Herausforderung gebracht. Naja, spannende Kämpfe und spannende Story in einem Spiel sind vielleicht zu viel erwartet.
Nach dieser Erfahrung und dem vollständigen Lesen dieses Threads werde ich mir wohl planescape torment bei gog kaufen müssen,
Isegrim74 schrieb am
Skippofiler22 hat geschrieben:Also ich habe nichts dagegen, Text in einem Computerspiel zu lesen. Denn da kann man was über die Hintergrundgeschichte was lernen, was ein Spiel umso interessanter macht.
Stimme ich zu 100% zu! Diese Art Rollenspiel ist eben, als würde man ein richtig gutes Buch lesen! Wie schon Torment ist auch Tyranny obendrein sehr gut geschrieben. Ich bin in der Story nun weiter und werde nicht enttäuscht. Wie gehabt, war auch Torment mit Unmengen an Text versehen. Sollte sich das im zweiten Teil ändern, dank der Spieler, die nicht auf Textlastigkeit stehen, dann wird das für mich eine Enttäuschung. Will mich nicht von Kampf zu Kampf hangeln. Ich würde auch gern Konflikte diplomatisch lösen. Und das ging in Torment und funktioniert auch in Tyranny - und als Bonus gab es immer besonders gut Erfahrung! :-D
durruti schrieb am
_Semper_ hat geschrieben:
durruti hat geschrieben:Allerdings habe ich auch das Kampfsystem von Tyranny und PoE nicht mit dem von BG2 oder anderen IE-Spielen verglichen. Keine Ahnung wieso das immer wieder erwähnt wird. Betrachte meine Kritik doch einfach mal isoliert, dann gehe ich auch gerne auf Gegenargumente ein.
doch, genau das hast du getan:
durruti hat geschrieben:Also gerade für mich als oldschool-rpg und BG2 Fan sind PoE und Tyranny Entäuschungen. Und die Kampfmechanik hat bis auf RtwP nichts mit BG2 zu tun. Diese ist hier Lichjahre schlechter.
du vergleichst direkt beide systeme miteinander und kommst zu dem schluss, dass bg2 um lichtjahre besser wäre. ich habe dir diverse punkte genannt, die genau das widerlegen. die implementierung von adnd 2.0 und inbesondere die ki in bg2 leidet unter vergleichbaren schwächen, macht sogar einiges noch viel schlimmer.
Punkt für dich :)
Ist halt komisch, mit vielem was du schreibst über IE hast du vollkommen recht, trotzdem machen die Kämpfe mehr Spass. Hast sogar vergessen, dass man sich als Magier unverwundbar machen konnte wenn ich mich recht erinnere (in BG2 ohne mods). Super toll war die IE wirklich nicht. Wünsche mir immer noch ein Spiel wie PoE oder Tyranny mit den Kampfmechaniken von PoEE.
listrahtes hat geschrieben:
Kann ich nur dringend empfehlen White March nachzuholen! Mir ging es bei PoE wie dir und Tyranny habe ich aus besagten Gründen erst gar nicht mehr gekauft (mit der Engine kein neues RPG mehr von Obsidian) aber WM war ein extraklasse Addon das noch das Maximum herausgeholt hat und zu interessieren weiß. Storypacing, Textmasse genau richtig und Aspekte wie auflevelbare Waffen herausragend umgesetzt mit eigenen movesets.
Danke, ich werde dann White March definitiv mal versuchen.
_Semper_ schrieb am
durruti hat geschrieben:Allerdings habe ich auch das Kampfsystem von Tyranny und PoE nicht mit dem von BG2 oder anderen IE-Spielen verglichen. Keine Ahnung wieso das immer wieder erwähnt wird. Betrachte meine Kritik doch einfach mal isoliert, dann gehe ich auch gerne auf Gegenargumente ein.
doch, genau das hast du getan:
durruti hat geschrieben:Also gerade für mich als oldschool-rpg und BG2 Fan sind PoE und Tyranny Entäuschungen. Und die Kampfmechanik hat bis auf RtwP nichts mit BG2 zu tun. Diese ist hier Lichjahre schlechter.
du vergleichst direkt beide systeme miteinander und kommst zu dem schluss, dass bg2 um lichtjahre besser wäre. ich habe dir diverse punkte genannt, die genau das widerlegen. die implementierung von adnd 2.0 und inbesondere die ki in bg2 leidet unter vergleichbaren schwächen, macht sogar einiges noch viel schlimmer.
schrieb am

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