Blood Alloy: Reborn23.03.2016, Michael Krosta

Im Test: Spaßfreie Highscore-Jagd

Ein bisschen Metroid, ein bisschen Vanquish und eine kleine Portion Turrican: Auf den ersten Blick wirkt Blood Alloy: Reborn wie ein Traum für alle Oldschool-Zocker, die sich schon am Amiga, Mega Drive oder dem SNES in Arcade-Ballereien ausgetobt haben. Doch der Eindruck täuscht, denn der Retro-Ausflug entpuppt sich schnell als Alptraum, aus dem man wieder entkommen möchte.

Gute Idee...

Eigentlich bringt das Spiel von Suppressive Fire Games ein paar gute Argumente für spaßige Action mit: Die Mischung aus Fern- und Nahkämpfen in Kombination mit rasanten Akrobatik-Einlagen à la Vanquish wirkt angenehm frisch. So rutscht man stylisch über den Boden oder sogar an Decken und Wänden entlang, ballert Gegner mit einer Laser-Waffe (inkl. aufladbaren Energiestößen) über den Haufen oder greift zum Hightech-Schwert, dessen Einsatz zwar eine automatisch regenerierende Energie verbraucht, aber in manchen Situationen äußerst praktisch ist. Ein Punkte-Multiplikator lässt mich gar nicht erst an eine Feuerpause denken und belohnt mich sogar mit Extra-Energie, wenn ich das Maximum erreiche und daraufhin ein markiertes Ziel erledige. Zudem weckt nicht nur die Pixel-Optik mit dem Helden im blechernen Kampfanzug und den mechanischen Widersachern Erinnerungen an die gute alte Zeit mit Turrican & Co. Auch der hervorragende Synthie-Soundtrack, der nach und nach mit weiteren Stücken ergänzt wird, tanzt mit seinen Elektro- und Chipklängen auf der gleichen Welle, die schon damals am Amiga oder dem Super Nintendo meine Gehörgänge erfreut hat.       

...aber schlechte Umsetzung

Lädt man den Schuss auf, erwischt man mit dem mächtigen Laserstrahl gleich mehrere Gegner.

Doch schon das schwache Tutorial liefert abgesehen von mitunter schlechten Erklärungen die ersten Hinweise darauf, dass es an der Umsetzung der viel versprechenden Ideen und Präsentation hapern könnte. Zum einen fällt es schwer, in einen richtigen Flow aus Akrobatik und Ballerei zu kommen, weil die Kamera das Geschehen nur suboptimal einfängt und oft zu langsam schwenkt oder zoomt. Als Folge dessen schießt man oft ins Leere oder wird von Gegnern überrascht. Zum anderen ist die Zweistick-Mechanik mit dem dauerhaft eingeblendeten Zielkreuz bei Schüssen im Wechsel mit der Nahkampf-Mechanik und einem dritten Angriffstyp beim Sliden etwas zu viel des Guten. Ärgerlich zudem, dass bei Berührungen und Treffern die Lebensleiste zwar abnimmt, es aber darüber hinaus kein visuelles oder klangliches Feedback gibt, an dem man sich in dem mitunter hektischen Trubel orientieren könnte. Nur kurz vor dem Ableben deutet ein dumpfer Audio-Filter an, dass sich die Lebensenergie bedrohlich dem Ende zuneigt.    

Gefangen im Grind-Zwang  

Die Attacken erfolgen von allen Seiten.

Angesichts der zunehmenden Maschinen-Gegner, die sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus allen Richtungen attackieren, hält man den Kampf gegen diese Übermacht unter Umständen nicht lange durch. Weckten erste Videos noch den Eindruck, hier könnte es sich um eine Art Turrican auf Speed halten, wird schnell eines Besseren belehrt: Bei den Levels handelt es sich lediglich um relativ kleine Arenen, in denen man so lange wie möglich ums Überleben kämpfen muss. Je länger man durchhält, desto höher fällt am Ende die Punktzahl für die Bestenliste aus. Stellt sich die Frage, warum man überhaupt auf die Punktejagd gehen sollte, wenn es weder Online-Vergleiche noch lokale Duelle gibt, in denen sich Spieler mit ihren Namen oder Kürzeln irgendwo eintragen könnten. So besteht das Ziel lediglich darin, seine eigenen Bestleistungen zu toppen – und die Motivation hält sich entsprechend in Grenzen.

Leider fängt die Kamera das hektische Geschehen oft nicht optimal ein.

Das gilt auch für das Freischalten weiterer Level, die erst dann zur Verfügung stehen, wenn man einen bestimmten Rang erreicht hat. Und dafür muss man schon die erste Stufe mehrmals spielen. Immer und immer wieder. Bis zum Erbrechen – und glaubt mir, ich war nach dem 15. oder 20. Mal echt kurz davor! Zwar wird versucht, den Spieler zumindest mit kleinen Ausrüstungs-Upgrades wie einer alternativen Wumme, zielsuchenden Raketen oder einem Energieschild bei Laune zu halten, aber angesichts der langweilig designten und immer gleichen Gegnertypen wurde aus dem erhofften Baller-Kampf schnell ein nerviger Grind-Krampf – gähn! Und wozu das alles? Damit ich mich nicht länger auf der Baustelle des ersten Levels, sondern dem neuen Dschungel-Setting mit den gleichen Gegnern rumschlagen muss. Danach folgt nach einer mindestens ebenso langen Grind-Wartezeit bereits der dritte und damit tatsächlich schon letzte Level. Immerhin kann man sich dafür aber innerhalb der beiden freigeschalteten Schauplätze in der Rangliste nach oben arbeiten. Am insgesamt viel zu mageren Umfang, der verbesserungswürdigen Kamera und fehlenden Bestenlisten ändert das aber auch nichts mehr. Die fragwürdige bzw. fehlerhafte Verteilung von Bonuspunkten ist da kaum noch der Rede wert, wenn ich am Ende z.B. ständig dafür ausgezeichnet werde, zwei Minuten am Stück nicht angegriffen zu haben, obwohl ich im Dauerfeuer pausenlos alles weggebrutzelt habe, was mir vor die Kanone lief.

Fazit

Manchmal ist es vielleicht ein Zeichen, wenn eine Kickstarter-Kampagne nicht von Erfolg gekrönt ist. Doch im Fall von Blood Alloy: Reborn entschlossen sich die Entwickler von Suppressive Fire Games trotzdem dazu, ihr Projekt mit anderen Mitteln zu realisieren. Schaut man sich das enttäuschende Ergebnis an, muss man ein großes „LEIDER“ hinzufügen: Trotz einer viel versprechenden Mechanik und einem großartigen Synthie-Soundtrack geht das Konzept der stylischen Retro-Action aufgrund der suboptimalen Kamera, des redundanten Gegnerdesigns und des zähen Grind-Zwangs in diesem Fall völlig in die Hose. Schaut man dann noch auf den geradezu lächerlichen Umfang mit seinen drei Levels und die quasi überflüssige Bestenliste, wird endgültig klar, dass diese dröge Highscore-Jagd im Pixel-Gewand niemand braucht. 

Pro

hohe Agilität
theoretisch reizvolle Kampfmechanik
Upgrade-System
cooler Synthie-Soundtrack

Kontra

zäher Grind-Zwang zum Freischalten von Levels
suboptimale Kamera
insgesamt nur drei Level mit relativ kleinen Arealen
verbesserungswürdiges Tutorial
redundantes Gegnerdesign
merkwürdige (falsche) Bonuspunkte
nur lokale Bestenliste
null Hintergrundgeschichte

Wertung

PC

Blood Alloy: Reborn klingt zwar super, ist aber leider nur eine dröge Highscore-Jagd im Pixel-Gewand, die niemand braucht.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.