Mittelerde: Schatten des Krieges10.10.2017, Mathias Oertel
Mittelerde: Schatten des Krieges

Im Test: Der Feind in der eigenen Festung

Vor etwa drei Jahren hat Monolith (F.E.A.R., Shogo) mit Mittelerde: Mordors Schatten einen unterhaltsamen sowie erzählerisch einzigartigen Abstecher in die Welt von Gandalf, Frodo und Sauron abgeliefert. Mit dem so genannten „Nemesis“-System als Grundlage wurden spannende sowie für jeden Spieler unterschiedliche Konflikte und Situationen inszeniert. Mit der Fortsetzung möchte man in jeder Hinsicht eine Schippe drauflegen. Doch die Diskussion um die spielerischen Inhalte wird durch die um Mikrotransaktionen getrübt, auf die wir natürlich auch im Test eingehen.

Mein Nemesis macht mich fertig

Vielleicht hätte ich beim Start doch nicht "Nemesis", den höchsten der drei angebotenen Schwierigkeitsgrade, wählen sollen. Doch zum einen habe ich noch den Vorgänger in Erinnerung, der nach dem Erwerb bestimmter Fähigkeiten zu leicht wurde. Und zum anderen sagt mir Mittelerde: Schatten des Krieges (ab 9,99€ bei kaufen) bei der Auswahl, das erst unter "Nemesis" sämtliche Auswirkungen des gleichnamigen Systems zu spüren sind. Und genau darum geht es mir ja in erster Linie. Wenn ich allerdings geahnt hätte, dass die Gegnermassen jetzt deutlich radikaler nach dem Leben des Rangers Talion trachten und die Erweiterungen des Nemesis-Systems derart starke Folgen nach sich ziehen, hätte ich mich vermutlich anders entschieden. Sicher: Theoretisch hätte ich jederzeit im Optionsmenü umschalten können. Doch Spielerstolz ist schon eine vermaledeite Motivation, für die ich auch die einen oder andere halbe Stunde mit Grind auf mich nehme, um einen Level aufsteigen oder bessere Ausrüstung einheimsen zu können.

Schatten des Krieges baut in vielerlei Hinsicht (v. a. beim Nemesis-System) auf dem guten Vorgänger auf, bietet bei allen Verbesserungen aber auch noch Bereiche, in denen man stillsteht - wie z.B. das KI-Verhalten.

Wer bei "Nemesis"-System verständnislos mit dem Kopf schüttelt und nur Bahnhof versteht: Mit diesem System werden die Gegner und vor allem die Offiziere der aus Trollen sowie Uruks bestehenden Armeen per Zufall zusammengesetzt. Sie werden mit Stärken und Schwächen versehen, mit Wünschen und Bedürfnissen ausgestattet, untereinander mit Sym- oder Antipathien versehen und dann in der Welt auf den Spieler sowie sich selbst losgelassen. Das Ergebnis war im Vorgänger ein interessanter Einblick in die Gesellschaft der Orks in Mittelerde sowie gleichzeitig eine spannende Herausforderung, da man nie sicher sein konnte, welche Intrigen im Hintergrund ablaufen und sich natürlich im unpassendsten Moment zeigen. Die von Orks dominierte Welt Mordors wirkte authentisch und weitgehend lebendig – was allerdings auch nicht helfen konnte, eine gewisse Redundanz zu verhindern, die sich ab der Spielmitte bemerkbar machte. Die zeigt sich hier nicht mehr so stark, obwohl man sich inhaltlich gar nicht so viel weiter entwickelt hat. Doch eins nach dem anderen.

Ringschmied in Not

Die neuen Festungseroberungen bzw. -Verteidigungen sind interessant, werden aber im letzten der vier Akte überstrapaziert.

Denn vor allem erzählerisch hat Schatten des Krieges zugelegt. Mitunter verlaufen einige Fäden zwar im von dunklem Orkblut getränkten Sand, während das Hauptthema direkter bzw. stringenter inszeniert sein könnte. Doch die verschiedenen Aspekte der Geschichte werden ordentlich unter einen Hut gebracht. Auf der einen Seite haben wir den Versuch Celebrimbors, Sauron mit einem neuen „einen Ring“ ein Schnippchen zu schlagen, was Saurons ehemalige Vertraute Kankra (die auch in einer menschlichen Form auftauchenden Spinnenmutter) auf den Plan ruft, die den Ring erst für sich beansprucht (im Gegenzug tötet sie Celebrimbor nicht), dann aber schließlich doch ihr Schicksal und das Mittelerdes in die Hände des ungleichen Duos legt. Direkt damit verbunden ist der Angriff des Hexenkönigs auf die Festung von Minas Ithil, um an das so genannte Palantir zu gelangen, ein Artefakt, dem auch Talion und Celebrimbor hinterher jagen. Dementsprechend wird man immer wieder Missionen erleben, die mit dem Hexenkönig und den Nazguls zu tun haben und bei denen man von Eltariel (der Klinge Galadriels, einer Assassinin) unterstützt wird. Zusätzlich ist man damit beschäftigt, dem Naturgeist Carnan zu helfen und kämpft hier u.a. in mehreren Etappen gegen einen ausgewachsenen Balrog. Man kann Artefakte finden, über die man mehr über die Geschichte der vier bzw. fünf umfangreichen Gebiete erfährt, in denen man sich herumtreibt. Es gibt elfische Schriftzeichen, die man entdecken kann und von denen man jeweils sechs benötigt, um eine geheime Tür zu öffnen, hinter der sich besondere Ausrüstung verbirgt. Man kann Ereignisse aus Celebrimbors Vergangenheit nachspielen, die einen mit den wesentlichen Mechaniken oder Spezialfähigkeiten fordern und einen mit Mirian (der Währung im Spiel), Edelsteinen oder Fähigkeitenpunkten belohnen.

Und das sind nur die wesentlichen Elemente, die allesamt ordentlich, mitunter sogar sehr gut in die Hauptgeschichte bzw. das Nemesis-System eingebunden sind, bei dem es nach wie vor darum geht, sich die Feinde untertan und gefügig zu machen, um seine Armee gegen Sauron aufzubauen. Es gilt auch weiterhin, dass man wie im Vorgänger über Sondermissionen helfen kann, die Ork-Gesellschaft zu seinen Gunsten zu beeinflussen und so z.B. Widersacher aus dem Weg zu räumen, während die „eigenen“ Hauptmänner in eine neue Stufe aufsteigen. Mit den neuen Parametern, über die sich sowohl die Gegner bzw. Alliierten als auch die Missionen definieren, ist man auch mittel- und langfristig nicht vor Überraschungen gefeit. Es kann passieren, dass man auf Schleichmission ist und kurz vor seinem Ziel von einem Gegner überrascht wird, den man vielleicht noch nicht einmal im Armee-Bildschirm entdeckt hat. Blutsbrüder von Orks, die man vor zig Stunden getötet hat, machen ihre Aufwartung, Verbündete wenden sich mitunter inmitten einer Mission gegen einen. Und natürlich sorgt der Erzfeind ausgerechnet im unpassendsten Moment dafür, dass der Stress in den einfach zu bedienenden und sich nach wie vor an der Dynamik von Rocksteadys Batman-Spielen orientierenden Kämpfen zusammen mit dem Frust- und Adrenalinspiegel ansteigt. Denn wie im Vorgänger kann es zu verhängnisvollen Kreisläufen kommen – vor allem auf dem Nemesis-Schwierigkeitsgrad. Der Ork oder Troll, der einen getötet hat, steigt nicht nur im Level auf. Denn für kurze Zeit bekommt man für eine Rache besondere Ausrüstung oder kann die Waffe, die der Fiesling als Zeichen einer Schmähung zerbrochen hat, wieder zusammen schmieden. Agiert man jetzt erneut (und im schlimmsten Fall häufiger) unvorsichtig oder überhastet, hat man einen Erzfeind, der einige Stufen über der von Talion steht. Das macht einen Erfolg zwar nicht unmöglich, aber verdammt schwierig.

Mordors Schatten 2.0

Zur ordentlichen Auswahl an Nebenaufgaben gehört auch das Finden sowie Lösen von Puzzles der Spinnenhexe Kankra.

Viele der Mechaniken, die einem mit Talion bzw. Celebrimbor zur Verfügung stehen, kennt man aus dem Vorgänger. Allerdings wurden sie hier in vielerlei Hinsicht ausgebaut. So kann man z.B. nicht nur Caragore oder Graugs als Reittiere übernehmen oder sie später an seine Seite beschwören, um sie im Kampf einzusetzen. Man kann sogar auf einem kleinen Drachen Platz nehmen, die fünf Gebiete Gondors aus der Luft erkunden und die Feinde mit Feuerbällen unter Beschuss nehmen. Bei den Erkundungen in der Vertikalen bzw. bei der Akrobatik hat man ebenfalls zugelegt. Per Knopfdruck bekommt Talion extra Schwung und rast geradezu Gebäude oder Felswände hinauf. Beim Überbücken von Abgründen kommt der Extrasprung gelegen, den man mit einem späteren Upgrade sogar in eine Art Zeitlupe versetzen kann, während man die unter einem postierten Feinde mit dem Bogen unter Beschuss nimmt. Bei Schleichkills, Finishern oder schnellen Ork-Übernahmen im Kampf kann man jetzt imposante Ketten starten, um die Gegner schnell und effektiv zu dezimieren. Mit Verfeinerungen von Distanzangriffen,  kleinen Tweaks bei den Optionen, die Feinde durch Einsatz von Explosionen, Gift usw. im Vorfeld zu schwächen und einem optimierten, wenngleich immer noch sehr oberflächlichen Schleichsystem hat man einige Möglichkeiten zur Verfügung, um der orkischen Bedrohung Herr zu werden. Allerdings wird man auch von der KI beim Schleichen nicht gefordert. Man kann es wie im Vorgänger auch ohne die Tötungskombo schaffen, die gelegentlich wie an einer Schnur hintereinander laufenden Feinde einen nach dem anderen auszuschalten, ohne dass ein Kollege aufmerksam wird.

Bei Entdeckung und im Kampf jedoch wird man von den zahlreichen Feinden (natürlich in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad) massiv gefordert. Wer hier nicht geschickt mit Ausweichrollen, Kontern sowie seinen Spezialfähigkeiten arbeitet, wird sich eher früher als später zu Orkfutter, während der Feind, der einen getötet hat, sich über seinen Aufstieg in der Hierarchie freuen kann. Apropos Spezialfähigkeiten: Diese wurden nicht  nur neu sortiert und überarbeitet, sondern zeigen sich in den verschiedenen Bereichen sehr flexibel. Denn jede der über 30 Aktionen hat zwei oder drei Spezialisierungen, die man beinahe jederzeit austauschen kann. Man weiß, dass der Hauptmann, den man jagt, anfällig gegen Gift ist? Dann kann man seine Optionen darauf ausrichten. Und selbstverständlich kann man auch über seine Ausrüstung versuchen, die Waagschale im Kampfgeschehen zu seinen Gunsten ausschlagen zu lassen. Hier geht man übrigens auch einen anderen Weg als der Vorgänger, bei dem man Runen in seine Waffen einsetzen konnte, um sich Vorteile zu verschaffen. Hier gibt es jetzt sechs Kategorien, für die man Gegenstände in Seltenheitsstufen von gewöhnlich bis legendär (auch als Sets mit zusätzlichen Eigenschaften) als Belohnung für erledigte Hauptmänner bekommen kann. Häufig kann man die Beute auch noch in einer oder mehreren Stufen aufrüsten und damit verbessern, indem man bestimmte Aufgaben wie eine bestimmte Anzahl an Stealth-Tötungen etc. erledigt.

Verwerflicher Ruf des Goldes?

Stein des Anstoßes: Auf dem Marktplatz kann man nicht nur gegen Spielgeld (Mirian), sondern auch für den Einsatz von in Gold umgewandeltes Echtgeld Ausrüstung und Orks in Beutekisten erstehen - eine klare Schwächung der Immersion und Grundlage für viele Diskussionen.

Alternativ kann man sich allerdings auch Beutekisten auf dem Marktplatz kaufen – entweder in der Spielwährung Mirian als auch gegen Gold, das im Spiel selten ausgeschüttet wird und hauptsächlich in den jeweiligen Stores gegen Echtgeld erworben werden kann. Während ich gegen das Kaufen von Ausrüstung gegen Spielwährung nicht viel einwenden kann, ist der Echtgeld-Einsatz bei einem Vollpreis-Spiel, das in erster Linie auf eine Einzelspieler-Erfahrung setzt, grenzwertig. Zwar wirkt es sich nur geringfügig auf die Balance usw. aus, da man im Normalfall Gegenstände  aus den Stufenregionen Talions bekommt, doch da es nicht bei dem Kauf von Ausrüstung bleibt, wird Schatten des Krieges momentan nicht wegen seiner inhaltlichen Stärken und Schwächen, sondern vor allem wegen der Mikrotransaktionen diskutiert. Denn auch Orks und temporäre Mulitplikatoren für z.B. Erfahrungspunkte lassen sich über Beutekisten erreichen. Auch hier gilt: Sie liegen in etwa auf dem derzeitigen Stufenwert von Talion, doch gerade im Endgame, den so genannten Schattenkriegen, werden sie zunehmend wichtiger.  Dass der Eindruck entsteht, die Entwickler hätten an dieser Stelle, nachdem die eigentliche Geschichte mit dem dritten Akt zu einem dramatischen und schlüssigen Ende geführt wurde, die Gelegenheit ausgenutzt und an der Balance geschraubt, die Richtung Grind geht, ist nachvollziehbar. Je nach der Stufe, die Talion am Ende von Akt 3 hat, sprich: Je nachdem, wie intensiv man sich um Nebenmissionen etc. gekümmert hat, scheint man hoffnungslos unterlegen.

Dem kann man jedoch im Vorfeld entgegenwirken, indem man vor dem Start der Schattenkriege idealerweise alle bis dahin zur Verfügung stehenden Missionen erledigt, um Talions Level so hoch wie möglich zu treiben. Und man sollte die so genannten Kampfgruben nutzen. Hier kann man seine Armee trainieren – bis hin zur gegenwärtigen Stufe Talions. Das ist zwar auch mit einem gewissen Risiko verbunden, da man nicht aktiv ins Geschehen eingreifen und nur zusehen kann, wie gut (oder schlecht) sich der abberufene Hauptmann anstellt. Doch die Ergebnisse bei Erfolg sind nicht nur ein Levelanstieg, sondern auch ein zusätzlicher Gegenstand oder ein Fähigkeitenpunkt für Talion.  Und siehe da: Nutzt man diese Gelegenheit frühzeitig, sind die ersten Stufen der Schattenkriege nur ein kleines Problem. Denn das Konzept der wellenartigen Angriffe, die auf die Festung zustürmen,  lernt man bereits im Laufe der Kampagne kennen – ebenso wie das neue und gut eingearbeite Element der Festungseroberungen. Hier versucht man mit einer Orkarmee versucht, verschiedene Kontrollpunkte einzunehmen und schließlich zum Overlord zu gelangen, damit man nach einem Sieg über ihn die Festung übernimmt. Der Zwang zum Grind, der auch in der Kampagne gelegentlich sein Gesicht zeigt, wird in dieser Phase minimiert, wenn man frühzeitig mit den Kampfgruben arbeitet – allerdings darf man den Zeitaufwand nicht unterschätzen: Die Duelle sind auf maximal drei Minuten ausgelegt. Und selbst wenn sie zumeist früher beendet sind, sind ungeduldige Naturen schnell am Limit angelangt. Hier hätte es definitiv geholfen, wenn man innerhalb des auf ein Schere-Stein-Papier-Konzept angelegten nahezu rundenweise ablaufenden Angriffs- und Konteraktionen als Talion die Möglichkeit hätte, einzugreifen und wenigstens eine grundlegende Stratagie und besser noch: Jede Aktion beeinflussen könnte.

Dementsprechend sehe ich den Einbau der Beutekisten aus wirtschaftlicher Sicht weniger skeptisch, da man in der Tat mit Zeitaufwand ebenfalls an sein Ziel kommt. Was für mich schwerer wiegt, ist der Bruch der Immersion. Ich befinde mich in Mordor und werde (wenngleich erst in einer tieferen Ebene) mit Beutekisten konfrontiert aus denen im übertragenen Sinne Orks hüpfen – das muss man erst mal verdauen. Was deutlich schwerer fällt als die zwar ansehnliche sowie abwechslungsreiche Kulisse, die auf der One im Detail nicht nur mit schwachen Gebäudetexturen, sondern auch Pop-ups und Fade-ins auffällt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich auf der Xbox One X Verbesserungen zeigen werden. Auf der PS4 Pro zumindest ist die Textur-Darstellung nur unwesentlich besser, man bekommt allerdings optional ein 4K-Paket für die Zwischensequenzen zum Download angeboten. Der PC bietet derzeit das schönste Mittelerde, wobei schon ein Mittelklasse-Rechner ausreicht, um sich über den Konsolenfassungen zu platzieren. Mit entsprechender Hardware ist hier schon komplett ein Spiel in 4K möglich.

Erzählerische Leere und Online-Festungen

Damit sich die Ithildin-Tür hinter diesem Gedicht öffnet, muss man nicht nur die fehlenden Worte in der Spielwelt finden, sondern sinngemäß sortieren.

Dass bei den Schattenkriegen häufiger das Gefühl eines sinnfreien Grinds aufkommt, ist an dieser Stelle auch der Reduzierung der Story-Elemente auf das Nemesis-System zuzuschreiben. Das ist zwar nach wie vor frisch und überraschend, kann einen roten Faden aber nicht ersetzen. Das spürt man auch in den ersten drei Akten, wenn man sich nicht auf die Story-Missionen der verschiedenen Stränge konzentriert, sondern sich einfach nur in der Welt herumtreibt, um seine Armee zu verstärken oder zu optimieren. Denn in diesen Situationen wird man ebenfalls nur von den Nemesis-Routinen begleitet. In den von Konflikten gezeichneten Arealen ist zwar immer etwas los, wenn sich Graugs und Caragore zoffen, die Kriegsparteien aufeinander losgehen oder ein Drache alles und jeden unter Beschuss nimmt. Doch ohne erzählerische Linie sind dies nicht mehr als nette Momentaufnahmen, die eine stringente Geschichte nicht ersetzen können. Zufällige Ereignisse und nachrückende Orks, die man erst für sich einnehmen muss, reichen nicht aus, um die Elemente, die bereits in den 15 bis 25 Stunden zuvor strapaziert wurden, langfristig interessant zu machen. Wenn parallel zum Nemesis-System auch noch zufällig arrangierte Story-Elemente Einzug gefunden hätten, wäre diese Beliebigkeit aufgebrochen worden. Da den Entwicklern an dieser Stelle allerdings die Ideen ausgingen und letztlich neben dem Anforderungsprofil der zunehmend schwerer werdenden Festungs-Verteidigungen nur noch die Aussicht auf das "richtige" Ende lockt, kann ich nachvollziehen, wenn man sich zum Grind gegängelt und zum Kauf von Lootboxen genötigt fühlt.

Die Gefechte vor allem bei den Festungseroberungen können chaotisch werden - vor allem, wenn dank des Nemesis-Systems urplötzlich hochrangige Gegner aus der Deckung kommen und Rache üben wollen.

Zumal sowohl ausgeschüttete Erfahrung und damit die Zeitabstände zu ggf. noch zu erreichenden Stufenaufstiegen Talions als auch die Belohnung in Form von Mirian hier deutlich geringer ausfällt als in den drei Akten zuvor. Allerdings kann man sich auch mit den asynchronen Online-Optionen über Wasser halten, Erfahrung gewinnen und Gegenstände einheimsen, die man im Zweifelsfall versilbert. Hier stehen die Online-Rache sowie die Online-Festungseroberung zur Verfügung. Bei der Rache wird man in die Welt eines anderen Spielers geworfen und für ihn Rache an einem Ork üben, von dem er getötet wurde. Und die Festungseroberung läuft ebenso ab wie offline: Man legt seine Anführer fest, kann sie gegen Mirian mit Verstärkungen bzw. Hilfen wie Artellerie oder berittenen Bogenschützen ausstatten und versucht, die Kontrolle über die Festung zu übernehmen. Das macht online ebenso viel Spaß wie offline und gibt einem die Gelegenheit, weitere Facetten des Nemesis-Systems kennenzulernen, da die Welt, in die man katapultiert wird, von anderen Hauptmännern geprägt wird als die, aus der man kommt. Ach ja: Man kann hier auch Beutekisten als Belohnung bekommen...

Fazit

Mechanisch und inhaltlich ist Schatten des Krieges in nahezu jeder Hinsicht besser und damit ein gelungener Nachfolger zu Mordors Schatten. Die nach wie vor an Rocksteadys Batman angelehnten Kämpfe sind schnell, dynamisch und brachial, können aber bei den neuen, durchaus interessanten Festungseroberungen zu hektisch-chaotischen Knopfdruck-Stakkatos führen. Mit dem stark erweiterten Nemesis-System, das erstaunlicherweise noch nicht von anderen Titeln aufgenommen und variiert wurde, hat man erneut eine spannende sowie häufig überraschende Grundlage, die dafür sorgt, dass man sich als Spieler nie in Sicherheit wiegen kann – auch wenn die KI vor allem in Schleichsituationen zu schnell überwältigt werden kann. Allerdings ist dieses System abhängig davon, dass drumherum eine ordentliche Geschichte gestrickt wird, wie es hier in den ersten drei der vier Akte passiert. Auf sich allein gestellt fehlt ihm die dramaturgische Tiefe sowie abseits einzelner Situationen die Intensität, um erzählerisch motivieren zu können. Dementsprechend kann man sich in den Schattenkriegen des letzten Aktes, in denen keinerlei Story-Elemente zu finden sind, zum Grind gezwungen und im schlimmsten Fall sogar genötigt fühlen, von den Mikrotransaktionen Gebrauch zu machen. Dem kann man zwar entgegen wirken, indem man die umfangreichen Mechaniken ausreizt, um seine Armee stark genug zu machen. Doch schon das Angebot sorgt für einen Bruch der Immersion: Ich befinde mich in Mordor und werde mit Beutekisten konfrontiert, aus denen im übertragenen Sinne Orks hüpfen – das muss man erst mal verdauen. Trotz dieser ärgerlichen Störgeräusche: Man muss nichts kaufen! Unterm Strich sorgt dieser Ausflug nach Mittelerde für ein weitgehend intensives und gut inszeniertes Spielerelebnis.

Pro

"Nemesis"-System als spannender Zufallsgenerator für Gegner und hierarchische Strukturen immer noch unerreicht
dynamisches Kampfsystem
unter dem Strich stimmungsvolle Kulisse...
flexible und nachträglich anpassbare Charakterentwicklung
Beutesystem mit zahlreichen Gegenstans-Qualitätsstufen und Sets
mehrere interessante Story-Stränge
passable Variation an Nebenmissionen und Rätseln
gelungene Festungseroberungen
asynchrone Online-Missionen

Kontra

Story-Stränge werden nicht immer zusammengeführt und im letzten Akt komplett aufgegeben
... die allerdings beim Texturdetail Wünsche offen lässt und mit Pop-ups sowie Fade-ins kämpft
KI lässt sich beim Schleichen immer noch zu leicht übertölpeln
Kämpfe gegen größere Gruppen können schnell unübersichtlich und hektisch werden
verwirrendes Mikrotransaktions-Konzept

Wertung

PlayStation4

Schatten des Krieges baut auf den Stärken des Vorgängers auf und ergänzt das spannende Nemesis-System um Festungseroberungen. Es bleiben aber auch Schwäche bestehen, während die freiwilligen Mikrotransaktionen sauer aufstoßen.

PC

Schatten des Krieges baut auf den Stärken des Vorgängers auf und ergänzt das spannende Nemesis-System um Festungseroberungen. Es bleiben aber auch Schwäche bestehen, während die freiwilligen Mikrotransaktionen sauer aufstoßen.

XboxOne

Schatten des Krieges baut auf den Stärken des Vorgängers auf und ergänzt das spannende Nemesis-System um Festungseroberungen. Es bleiben aber auch Schwäche bestehen, während die freiwilligen Mikrotransaktionen sauer aufstoßen.

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