Test: North (Adventure)

von Benjamin Schmädig



North (Adventure) von Sometimes You
Grosse Botschaft, kleines Spiel
Entwickler:
Publisher: Sometimes You
Release:
27.04.2016
27.04.2016
Erhältlich: Digital (Steam), Entwicklerseite
Spielinfo Bilder Videos
North gehört zu den interessantesten Veröffentlichungen der vergangenen Wochen, denn obwohl es eine fiktive Welt zeigt, deren Einwohner den Menschen nicht einmal ähnlich sehen, beschäftigt sich das Spiel von Gabriel Helferstein und Tristan Neu ganz eindeutig mit unserer Realität und den vor kurzem in Europa angekommenen Flüchtlingen. Als Immigrant aus einem Land weit im Süden bittet man um Asyl – für unseren Test haben wir ungemütliche Arbeit verrichtet und umständlichen Papierkram erledigt. Lohnt sich der interaktive Einblick in das Leben eines Immigranten?

Papier und Wirklichkeit

North ist kein langes Spiel. Etwa eine halbe Stunde dauert das Kennenlernen der Seite, die die Meisten vermutlich nur aus Nachrichten kennen. Und ich will es vorweg nehmen: Es ist auch kein gutes Spiel. Denn Neu und Helferstein scheitern daran, ihr gut gemeintes Ansinnen in einem Erlebnis zu vermitteln, das vielleicht zum Nachdenken anregen, im besten Fall bewegend, zumindest aber informativ sein sollte. Ihre Darstellung des erdrückenden Ankommens in einer fremden Welt ist zwar auch für ihre Spieler erdrückend – allerdings aus den völlig falschen Gründen.

Auf dem Papier treffen die Entwickler den richtigen Ton: Die übergroßen Mauern der engen Gassen einer dystopischen Metropole, deren einzige Lichter wie unerreichbare Lebenszeichen wirken, könnten hervorragend vermitteln, wie erschlagend und verängstigend die fremde Umgebung wirkt. Doch in gerade mal drei kleinen Straßenzügen, praktisch ohne bewegliche Objekte und getrennt durch Türen, die sich keinen Millimeter weit öffnen,
Eng und übergroß: Die Straßen der neuen Heimat wirken bedrohlich.
Eng und übergroß: Die Straßen der neuen Heimat wirken bedrohlich.
bevor der Ladebildschirm in einen anderen Raum umschaltet, fehlt neben einem wichtigen Maß technischer Kompetenz auch die kreative Vision, die aus den schroffen Kanten einen plastischen Schauplatz formt.

Vom Winde verweht

Vor allem aber fehlt North eine spielerische Grundlage. Auf dem Papier spielt man zwar einen durch die Wüste vom Süden in den Norden gereisten Migranten, der Arbeit finden und zu einem Mitglied seiner neuen Heimat werden muss, doch das interaktive Eintauchen in die Rolle funktioniert nicht. Der Grund ist die unsinnige Struktur, über die nicht nur die Geschichte erzählt wird; die Briefe, in denen der Akteur seiner Schwester von seinen Erfahrungen in der neuen Welt berichtet, in denen er aber auch schreibt, was er dort tun muss. Betritt man einen neuen Raum oder entdeckt man einen neuen Gegenstand, erfährt man also nicht sofort, was wie zu tun ist, sondern läuft zurück zum Briefkasten, wo man nacheinander alle gesammelten Informationen durchblättert. Später darf man die Briefe nicht mehr abrufen. Es gibt in North kein Menü – weder um Einstellungen vorzunehmen noch Informationen einzusehen oder das Programm zu beenden.

So fühlt man sich nie wie der Handelnde, sondern wie der entnervte Leser eines Buches, der die vom Winde verstreuten Seiten aller Kapitel sucht, bevor er sie lesen darf, immer unsicher, ob man bereits alle gefunden hat. Zu
In seinem Ansinnen ist North lobenswert: Das Berliner Studio Outlands bietet sein Spiel auf der offiziellen Webseite für einen Preis an, den man selbst festlegt.

Wer mindestens drei Dollar zahlt, erhält dabei den Soundtrack und die Hälfte dieser Einnahmen geht an die wohltätigen Organisationen Refugee Open Ware und Refugees on Rails.
allem Überfluss sind Tätigkeiten wie das Nachahmen der anstrengenden, scheinbar unsinnigen Arbeit des Einwanderers so undurchschaubar, dass man mehr damit beschäftigt ist das kleine Spiel zu verstehen, anstatt seine Botschaft zu lesen.

Eine lehre Botschaft

Und das ist letztlich die größte Schwäche: Helferstein und Neu inszenieren weder eine emotionale Achterbahnfahrt noch einen interessanten Einblick in die Gefühlswelt ihres Protagonisten. Seine Briefe sind wichtige Anhaltspunkte, lassen aber nicht tief genug blicken. Spielerisch ähnlich unnahbar war That Dragon, Cancer, doch dessen Erschaffer lieferten wenigstens eine große Reihe an Informationen darüber, was der bevorstehende und geschehene Tod ihres Kindes mit ihnen und ihrem Leben anrichtete.

North hingegen ist gerade inhaltlich schwach. Es erzählt viel zu wenig, um Interessierte, also bereits Informierte anzusprechen oder gar jenen etwas zu sagen, die dem Flüchtlingsstrom kritisch gegenüberstehen. Tatsächlich lassen die Entwickler kaum erkennen, ob sie ihr Thema auf mehr als eine oberflächliche Weise überhaupt recherchiert haben. Eine Reihe Bilder und Fotos reichen diesem Spiel jedenfalls nicht, um die Situation der neuen Europäer umfassend zu vermitteln.

Kommentare

IEP schrieb am
Hallo Forengemeinde!
Es tut mir leid, dass die Moderation hier hat auf sich warten lassen.
Ich zitiere mal aus der Forensatzung:
3.19. Wir sind ein Spielemagazin, keine ideologische Plattform. Das Erstellen von Beiträgen, Threads oder Umfragen zu rein politischen oder religiösen Zwecken ist nicht gestattet. Wer hetzen oder missionieren will, ist hier nicht erwünscht. Wir werden entsprechende Threads, Umfragen oder auch Posts kommentarlos löschen.
Okay, das hier erfolgt gerade nicht kommentarlos, aber auch nur, weil ich gerade ca. 18 Seiten Offtopic-Politik-Beiträge gelöscht habe. Ja, es war erstmal schwer zu überblicken, welcher der Beiträge sich mit dem Spiel oder einfach nur mit aktuellen politischen Problemen befasst. Am Ende hat sich herausgestellt, dass vielleicht 3 Leute über das Spiel geredet haben. Die Beiträge waren zum Großteil eher unproblematisch, aber jetzt nur die Kirschen rauszupicken wäre laut Forensatzung auch nicht richtig gewesen und deshalb der Rundumschlag.
Immerhin haben sich die meisten hier noch benommen und so gab es nicht all zu viele Verwarnungen auszusprechen.
Wer jetzt noch hier posten möchte, darf das gerne über das Spiel/den Test tun, weitere ausschliesslich politische Beiträge werden tatsächlich kommentarlos gelöscht und mit einer temporären Sperre geahndet.
Euer IEP
dx1 schrieb am
[ Thread vorübergehend geschlossen. ]
Wulgaru schrieb am
Sharkie hat geschrieben: Allerdings ist es ja so, dass sich Politik bei solchen Spielen (nicht nur North, sondern auch den weiteren von Dir genannten) nicht so einfach ausblenden lässt, da kaum trennbar mit dem thematischen Sujet der Spiele verbunden. Grundsätzlich ist es sicherlich auch im Sinne des Erfinders, wenn diese Spiele politische Diskussionen anregen.
Was das im Einzelnen dann für Blüten treibt, ist natürlich eine komplett andere Frage. Und sowas wie den von Cpl. KANE zu Recht (wenn auch recht pampig) beanstandeten Post will hier hoffe ich auch niemand lesen. Dennoch verlief die Diskussion hier über weite Strecken halbwegs gesittet (das Niveau befindet sich erst seit kurzem im Sinkflug), zumindest im Vergleich zu ähnlichen Threads in der Vergangenheit.

Ich meinte das auch halb als Scherz, mir persönlich ist das völlig egal was hier geschrieben wird.
Allerdings halte ich aus Sicht von Moderation schon für eine der besseren Ideen die 4players hatte, als sie damals den Politikthread geschlossen haben und Jörg in der Tat die von mir beschriebene Drohung ausgesprochen hat. Das war ja noch lange vor Sommer 2015 und so größtenteils Politikdiskussionen abzustellen war für den "Forenfrieden" sicherlich recht nützlich so gerne ich mich auch selbst über Politik unterhalte.
Sharkie schrieb am
Wulgaru hat geschrieben:Schade das es nichts geworden ist. 1979 hat mir zum Beispiel sehr gut gefallen. This War of Mine ging auch einen interessanten Weg. Ich freue mich sehr das es zukünftig viel mehr Spiele geben wird die solche Richtungen einschlagen. Etwas Hit and Miss ist da wohl nur folgerichtig.
@Threaddiskussion
Hey Mods/Redaktion:
Wolltet ihr nicht alle sperren die hier politische Diskussionen anfangen/führen? Mir war so als wenn damals so ne Ankündigung gemacht wurde als ihr den Politikthread geschlossen habt. Wäre doch eigentlich ganz witzig hier mal wahllos durchzuschreddern. :wink:
Allerdings ist es ja so, dass sich Politik bei solchen Spielen (nicht nur North, sondern auch den weiteren von Dir genannten) nicht so einfach ausblenden lässt, da kaum trennbar mit dem thematischen Sujet der Spiele verbunden. Grundsätzlich ist es sicherlich auch im Sinne des Erfinders, wenn diese Spiele politische Diskussionen anregen.
Was das im Einzelnen dann für Blüten treibt, ist natürlich eine komplett andere Frage. Und sowas wie den von Cpl. KANE zu Recht (wenn auch recht pampig) beanstandeten Post will hier hoffe ich auch niemand lesen. Dennoch verlief die Diskussion hier über weite Strecken halbwegs gesittet (das Niveau befindet sich erst seit kurzem im Sinkflug), zumindest im Vergleich zu ähnlichen Threads in der Vergangenheit.
Möchte bei solchen Threads jedenfalls nicht mit den Mods tauschen - es ist sicher selten leicht, da eine klare Linie zu ziehen zwischen Dingen, die man noch durchgehen lässt, und solchen, bei denen man eingreift.
billy coen 80 schrieb am
Cpl. KANE hat geschrieben:
billy coen 80 hat geschrieben: @ Cpl. KANE
Bei allem Verständnis für deinen Ärger über diesen unterirdischen Satz, aber viel niveauvoller ist deine Antwort auch nicht. Am besten sowas ignorieren oder einfach melden, als selbst noch vergleichbaren Bullshit nachzulegen.
Ich habe es gemeldet. Wie gesagt, interessiert wohl niemanden.
Ist schade (obwohl das mit dem Bearbeiten von Verwarnungen manchmal ne Weile dauern kann), aber tue dir besser selbst nen Gefallen und vermeide derlei Antworten, sonst kassierste ob deiner Enragiertheit selbst noch eine Verwarnung. Das sind solche Posts einfach nicht wert...
schrieb am