Im Test: Gefährliche Wracks
Ein Inhalt, zwei Spiele
Das Universum? Nur noch ein Schrottplatz. Buchstäblich. Denn in jedem Planetensystem schweben verlassene Raumschiffe durchs All. In jeder Galaxie das gleiche Bild.
Irgendwie muss man in diesem traurigen Friedhof überleben – indem man mit dem eigenen Raumschiff an den Wracks andockt und Drohnen ins Innere schickt, auf dass sie Ressourcen (Schrott) und Treibstoff plündern. Immerhin verschleißen die Drohnen und ihre Module; dann benötigt man das gesammelte Material zur Reparatur oder den Bau neuer Module. Sprit braucht das Mutterschiff hingegen, um andere Wracks oder Planetensysteme zu erreichen.
Das erinnert frappierend an Cryptark, in dem man sich ebenfalls an automatischen Verteidigungsanlagen vorbei kämpft, um beim Plündern fremder Raumschiffe Profit zu erzielen. Hier wie da werden die Galaxien vom Zufall erstellt. Hier wie da endet der Überlebenskampf, wenn die Ressourcen aufgebraucht sind. Hier wie da spielt man allerdings ein komplett anderes Spiel!
"Haut ab!"
Denn im Gegensatz zu dem Zwei-Stick-Shooter steuert man die Drohnen in Duskers per Befehlseingabe, also indirekt über eine Kommandozeile. Die Anweisungen sind überschaubar, jederzeit einsehbar und werden nach Eingabe der ersten Buchstaben wahlweise automatisch vervollständigt. Programmierarbeit muss man daher nicht leisten.
Jede Drohne bekommt dabei eine Nummer, während Räume und Türen mit einer Kombination aus Buchstaben und Ziffern versehen sind: Die Drohnen eins und vier bewegen sich etwa in den mit R5 gekennzeichneten Raum, wenn man "navigate 1 4 r5" entert. Das Eintippen der Nummer einer Tür öffnet diese oder schließt sie und man kann sogar eigene Befehle erstellen, um Anweisungen zu vereinfachen. Gebe ich "run" ein, fliehen meine Drohnen etwa ins Mutterschiff. In Gefahrensituationen erspare ich mir so das längere "navigate all r1".
Gefahren und Gegenmaßnahmen
Und Gefahren lauern in jeder Ecke! Einem Asteroidenschwarm weicht man noch mit Leichtigkeit aus, immerhin gibt ein Frühwarnsystem an, wie viel Zeit bis zum Einschlag bleibt und welche Räume mit welcher Wahrscheinlichkeit getroffen werden. Es kann sich aber auch Radioaktivität im Schiff ausbreiten und es kreuchen aggressive Kreaturen durch die nur scheinbar verlassenen Raumschiffe und -stationen.
Man lässt die Drohnen daher nicht gefächert ausschwärmen, sondern bewegt sie vorsichtig von einem Raum in den nächsten. Zunächst sollte man dabei einen Generator finden, damit eine Drohne mit dem entsprechenden Modul diesen anschaltet. Nur so kann man Türen öffnen und schließen oder Terminals aktivieren, mit deren Hilfe eine Drohne mit Interface-Modul z.B. automatische Geschütze aktiviert.
Stilvolle Science-Fiction
Oft ist Duskers wie ein vom Zufall erstelltes Puzzle, wenn der Bewegungssensor von Drohne eins etwa keine Gefahr in einem der anliegenden Räume ortet, aber kein schlüssiges Signal aus einem anderen erhält. Dann könnte man die Tür zwischen den Räumen öffnen und warten: Ortet der Sensor irgendwann eine Gefahr in dem zuvor sicheren Raum,
Mit anderen Modulen legt man Köder aus oder Minen, bricht stromlose Türen auf, schickt Sonden auf automatische Erkundungstour, schleppt liegengebliebene Drohnen (eigene sowie neu gefundene) ins Mutterschiff, entwendet nur deren Module und mehr. Wenn man so am einsamen Terminal die Drohnen in der richtigen Reihenfolge aufteilt, hört man das Metall der alten Schiffe knarzen und verzerrte Monitore knirschen, während im Hintergrund ein mechanischer Wind zu wehen scheint, der an die stillen Momente der Alien-Filme erinnert. Atmosphärisch ist diese "handgemachte" Science-Fiction klasse!
Das Verlangen nach Schrott
Spielerisch ist sie erfreulich umfangreich, denn man darf die Drohnen zwischen den Ausflügen auf die liegengebliebenen Schiffe nicht nur in beliebiger Zusammenstellung mit Modulen versehen. Man kann manche Module auch erweitern – den Sonden etwa mehr Panzerung verleihen oder sie tarnen –, man muss die Module auch reparieren und kann einige davon selbst herstellen. Selbst im Mutterschiff verbaut man Module, um Generatoren aus der Ferne anzuwerfen oder Drohnen zwischen Teleportersignalen hin und her zu schicken.
Doch all das kostet unverschämt viel Material – Material, das ohnehin stets knapp ist, obwohl das Verschrotten noch funktionstüchtiger Module und Drohnen eine sehr ertragreiche und damit immer schmerzhafte Option ist. Diesen Tanz auf Messers Schneide beherrscht Duskers hervorragend.
Tränen für Drohnen
Das Plündern ist ja nicht nur knifflig, es ist auch verdammt gefährlich. Viel zu schnell brechen Gegner versperrte Türen auf, so dass mitunter die Zeit fehlt, eine abseits "geparkte" Drohne zurück ins Mutterschiff zu holen. Man kann ohnehin nicht jedes Puzzle lösen, also nicht alle Räume jedes Schiffs erkunden. Ich gehe jedenfalls lieber auf Nummer sicher, tippe kurzerhand „run“ in die Kommandozeile und fliege zum nächsten Wrack. Ich weiß gar nicht, wie viele Drohnen ich verloren habe, weil ein scheinbar sicherer Ausflug plötzlich kippte...
"Du darfst hier nicht vorbei!"
Genau da liegt jedoch das einzige, leider ausnehmend große Problem: Die Wegfindung der Drohnen ist stellenweise katastrophal! Dass Schweber eins schon mal nicht an einem zweiten vorbei kommt, weil er statt der freien linken Seite die versperrte rechte wählt: geschenkt. Dass eine auch mal Drohne Kreise vor einem Hindernis dreht, obwohl einen halben Meter weiter ein gähnend breiter Gang entlang führt: mit einem tiefen Seufzen wäre das verschmerzbar. Dass all das aber ständig passiert, ist schon eine große Störung.
Und wenn man dank solcher Aussetzer sämtliche Drohnen verliert, das komplette Spiel also von vorn beginnen kann, falls auf dem Mutterschiff kein Ersatz oder nicht genügend Material lagert, kippt Spannung schnell in blanken Frust.
Der verlorene Award
Nun kann man die Drohnen zwar manuell steuern, um Blockaden zu entsperren oder ein "Hindernis" zu umfliegen – das macht mir allerdings keinen Spaß. Immerhin bricht das langsame Umherschieben die Illusion auf, man würde die Drohnen per Kommandozeile ausschließlich indirekt steuern. Gefühlt sitze ich in solchen Momenten jedenfalls nicht an einem clever simulierten Computer, sondern spiele ein träges Erkundungsspiel.
Abgesehen davon nimmt das händische Erkunden noch aus einem anderen Grund einen viel zu wichtigen Platz ein: Ohne entsprechendes Modul suchen die Drohnen große Räume nicht selbstständig ab, lesen aber stets nur Schrott und Treibstoff auf, den sie zuvor entdeckt haben. Weil es keinen Befehl gibt, der sie an die östliche, westliche, nördliche oder südliche Wand schickt, durchkämmt man die Umgebung also häufig selbst nach Ressourcen, bevor man endlich den Sammelbefehl erteilt. Schade: Ohne diese
Neustart für Softies
Bleibt die Frage: Wie sehr beeinträchtigen vor allem die plötzlichen Frustmomente das Erlebnis? Tatsächlich bekommt Duskers gerade noch die Kurve. Vielleicht liegt es ja daran, dass sich Entwickler Misfits Attic über die Schwächen seiner künstlichen Intelligenz sehr bewusst ist, denn in den Optionen kann man die Herausforderung recht genau an seine Vorlieben anpassen. Die wichtigste Einstellung ist das Aktivieren eines „Soft Reset“: Der erlaubt das Zurücksetzen aller Werte auf ihren Zustand vor Beginn der letzten Plünderung. Man darf dann zwar kein zweites Mal in das entsprechende Wrack eindringen, macht aber selbst nach unverschuldeten Fehlern praktisch weiter wie gehabt.
Und falls man trotzdem mal von vorn beginnt, behält man immerhin alle bruchstückhaften Aufzeichnungen, aus denen mehr und mehr hervorgeht, was in diesem Universum eigentlich geschehen ist. So hatte ich nie das Gefühl eines kompletten Neustarts, sondern habe mich immer weiter an die Lösung des Mysteriums herangearbeitet. Am Ziel bin ich noch lange nicht! Trotz der ärgerlichen Rückschläge will ich aber weiter am Ball bleiben.
Fazit
Nicht nur das Konzept ist einzigartig, auch das Spiel ist es: Wenn die metallenen Planken zerfallener Raumschiffwracks erschöpft gähnen, während man leise fiepende Drohnen durch verlassene Gänge dirigiert, löst man in vom Zufall erstellten Grundrissen knifflige Aufgaben. Findet man mit ganz unterschiedlichen Mitteln einen Trick, um eine Gefahr zu umgehen oder bricht man den Ausflug vorsichtshalber ab? Immerhin sind die im Mutterschiff dringend benötigten Ressourcen meist knapp... Weil man die Drohnen dabei per Kommandozeile und mit Blick auf schematische Scannerdaten steuert, sitzt man wie vor einem Terminal an Bord eines menschenleeren Raumschiffs. Ärgerlich nur, dass das tolle Konzept nicht vollständig aufgeht, weil man die Drohnen von Hand durch manche Räume schieben muss und weil ihre mitunter katastrophale Wegfindung schnell zum Verlust der Schweber führen kann. Die Faszination bleibt dem Spiel trotz dieses Stolpersteins erhalten – der eigentlich verdiente Gold-Award leider nicht.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Spannendes Plündern scheinbar verlassener Raumschiffwracks über das indirekte Steuern halbautomatischer Drohnen.
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