Im Test: Insolventes Königreich zu vererben
Schweres Erbe
Als Kay erfuhr, dass er ein ganzes Königreich geerbt haben soll, zog er natürlich gleich los, seinen neuen Besitz in Augenschein zu nehmen. Doch als er in Ascalia ankommt, wird ihm schnell ganz anders: Das Schloss ist völlig verwahrlost, die meisten Untertanen längst über alle Berge und dann kreuzt auch noch ein grimmiger Schuldeneintreiber auf, der noch offene Verbindlichkeiten einfordert.
Doch der Geist des ehemaligen Schlossherrn bittet Kay und dessen Gefolge, allen Widrigkeiten zu trotzen und das Königreich mit seiner Hilfe wieder auf Vordermann zu bringen. Und tatsächlich, die Neuankömmlinge willigen ein, der Schuldeneintreiber gewährt einen Zahlungsaufschub und der verstorbene Großvater stellt einen Sanierungsplan vor, dessen Ziele und Fristen es fortan genau einzuhalten gilt, wenn man auf dem Thron verbleiben will.
Zeit ist Geld
Um regelmäßig Geld in die leeren Kassen zu spülen, müssen Expeditionen in umliegende Ländereien unternommen, Beziehungen zu neuen Mitstreitern, Untertanen und Nachbarländern geknüpft sowie Gebäude errichtet und renoviert werden. Mit Händlern, Schänken und Handwerkern kann man aber nicht nur zusätzliches Geld verdienen, sondern auch Freundschaften pflegen und bessere Ausrüstung für immer gefährlichere Expeditionen herstellen.
Letztere kosten wie fast alle Aktionen Zeit, die es bis zur nächsten Sanierungsfrist natürlich möglichst effektiv einzuteilen gilt. In der Regel ist es einem zwar freigestellt, ob man seine Vorgaben durch Expeditionen, Bauarbeiten, Beziehungspflege oder gar Angeln erfüllt,
Schließlich ist nichts frustrierender als kurz vor Spielende plötzlich in einer ausweglosen Situation festzustecken und nochmals ganz von vorn beginnen zu müssen - besonders bei einem gut 30- bis 40-stündigen Abenteuer wie Regalia. Immerhin kann vor Spielbeginn zwischen zwei sehr unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gewählt werden, mit denen man gescheiterte Kämpfe nicht nur beliebig oft wiederholen, sondern auch überspringen kann. Nachträgliche Änderungen sind allerdings nicht möglich und auch speichern kann man nicht immer.
Beschränktes Erkunden
Bei den Multiple-Choice-Expeditionen im Diagrammstil kann z. B. nur auf seltenen Lagerfeldern gespeichert werden, was zusammen mit nur einmal dort möglichen Wiederbelebungen für zusätzliche Spannung und Herausforderung sorgt. Aber das kann auch nerven, wenn man das Spiel einfach nur mal unterbrechen will.
Wirklich ärgerlich ist hingegen die weder dreh- noch kippbare Schlachtfeldkamera, die immer wieder mit Sicht- und Zugschwierigkeiten zu kämpfen hat. Davon abgesehen wissen die rundenbasierten Gefechte aber zu gefallen. Zwar gibt es weder Terrain- noch Höhen- oder Positionierungsvorteile, aber dafür viele einzigartige Charakterfertigkeiten, mit denen es sich zu experimentieren lohnt. Zudem gibt es unterschiedlich große, agile und tarnfähige Einheiten sowie mögliche Kollateralschäden bei unachtsamen Flächenangriffen.
Interessantes Taktieren
Dass man verlorene Lebensenergie nicht heilen kann und stattdessen verstärkt auf den präventiven Aufbau von Schildenergien setzen muss, macht die Auseinandersetzungen ebenfalls interessant. Das gilt auch für die nicht charakterbezogenen, sondern stets kollektiv als Gruppe verdienten Erfahrungspunkte, die auch weniger oft eingesetzte Figuren nicht aufdrängen oder zurückfallen lassen. Trefferwahrscheinlichkeiten, Reaktivierungszeiten sowie von Personen oder Hindernissen versperrte Sichtlinien müssen ebenfalls bei der Zugplanung berücksichtigt werden.
Wer will, kann sogar versuchen, optionale Kampfherausforderungen zu bestehen, um zusätzliche Erfahrungspunkte und höhere Beutechancen zu erhalten. Schließlich kann nicht alles selbst hergestellt werden.
Schön ist hingegen, dass man sowohl Geld in eine deutsche Lokalisierung als auch professionelle englische Sprecher investiert hat. Die Vertonung ist zwar nicht durchgehend, die deutsche Übersetzung mitunter etwas holprig, insgesamt ist die Qualität aber in Ordnung, der spöttische Humor meist treffend. Auch der Orchester-Soundtrack von Game Audio Factory (Furi & Endless-Reihe) kann sich hören lassen. Nur die handgemalten Hintergründe hätten für meinen Geschmack etwas detaillierter und lebendiger sein können.
Fazit
Mit Regalia: Of Men and Monarchs haben die polnischen Entwickler von Pixelated Milk ein gelungenes Taktik-Rollenspiel für Fans eher klein angelegter, aber humorvoll inszenierter und bei entsprechender Schwierigkeitswahl durchaus fordernder Rundenschlachten abgeliefert. Neben strategischen 2D-Auseinandersetzungen im Schachbrettstil wollen auch Beziehungen gepflegt, Bauvorhaben umgesetzt und strenge Zeitlimits eingehalten werden. Schließlich hat der Spieler nicht nur ein heruntergekommenes Königreich, sondern auch einen ganzen Berg Schulden geerbt, die es beide in den Griff zu kriegen gilt. Dazu unternimmt man kampf- und dialoglastige Expeditionen, schart neue Mitstreiter sowie Untertanen um sich, kümmert sich um deren Bedürfnisse und versucht regelmäßig die Auflagen seiner Gläubiger zu erfüllen, da das Spiel sonst vorzeitig endet. Übersicht und Spielkomfort könnten hier und da zwar besser, der Zeitdruck weniger dominant sein, unterm Strich hat mich das minutiöse Taktieren und Kalkulieren dennoch über 40 Stunden gut unterhalten.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Humorvoll inszeniertes Taktik-Rollenspiel, in dem man ein verschuldetes Königreich wieder auf Vordermann bringen muss.
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