Im Test: Ein zweischneidiges Schwert
Freund oder Feind
Batman kämpft an vielen Fronten gegen die Unterwelt Gothams, die sich nicht nur in vordergündig sichtbarer Kriminalität bemerkbar macht: Auch vermeintliche Freunde stecken tiefer in illegalen oder moralisch fragwürdigen Machenschaften, als Bruce Wayne es sich zunächst hätte vorstellen können. In seinem Adventure erzählt Telltale erneut den Beginn der Superheldengeschichte, in welcher der dunkle Rächer nicht nur die Hintergründe zum Mord an seinen Eltern aufklären muss. Im Laufe des Abenteuers wird die Metropole von Terroranschlägen und einer neuen Gangsterbande, aber auch von massiver Korruption geplagt. Mittlerweile sind alle fünf Episoden erhältlich, die sich digital oder als Retail-Version im Paket erwerben lassen (Bei Letzterer befindet sich allerdings nur Episode 1 auf der Disk und für den Download des Rests benötigt man eine Internetverbindung). Bei der Jagd auf den Gangsterboss Carmine Falcone lernt der Held, dass nicht nur Bürgermeister Hill Dreck am Stecken hat, sondern auch einige vermeintliche Freunde und Bekannte tief in den Schlamassel verwickelt sind. Um diese Dualität zu betonen, teilt Telltale das Abenteuer in zwei Bereiche, zwischen denen die Regie immer wieder wechselt: Mal ist man als schlagkräftiger Dunkler Ritter unterwegs, anderswo versucht man in der Rolle von Bruce Wayne, andere Personen mit Argumenten und zahlreichen Dialogoptionen umzustimmen.
Moralische Prüfungen
Wer die Serie kennt, weiß allerdings, dass der stoische Held sich von Tiefschlägen nicht wirklich aus der Bahn werfen lässt. Selbst aus der Defensive heraus verfolgt der dunkle Ritter zielstrebig seine Mission – auch wenn ihm noch so viele Gesprächspartner weismachen wollen, dass in korrupten Zeiten und Städten wie dieser der Zweck die Mittel heiligt. Die Prämisse bietet also eine schöne Grundlage für viele moralische Entscheidungen nach dem typischen Telltale-System: Praktisch minütlich darf sich der Spieler entscheiden, ob er ernsthaft oder sarkastisch antwortet, ob die unerschütterlichen ethischen Grundsätze knallhart durchgezogen werden oder ob man auch mal kurzfristige Allianzen mit finsteren Gestalten eingeht, um ein wichtiges Ziel zu erreichen. Hilft man in einer brenzligen Situation zuerst der Journalistin Vicky Vale oder dem alten Freund Harvey Dent? Lässt man sich nach einem wilden Kampf Seite an Seite mit der eigentlich schon vergebenen Catwoman zu einem Kuss hinreißen oder nicht? In solchen Situationen leert sich stets der typische kleine Countdown-Timer, so dass man zur Wahl von zwei bis vier Antworten genötigt wird – oder einfach schweigt.
Das Spieldesign ordnet sich unter
Ebenfalls enttäuschend gestalten sich die übrigen kargen Spielelemente, die eher wie ein Alibi für echte Rätsel wirken. An einigen Tatorten muss man z.B. lediglich einige Gegenstände untersuchen und dann mit Linien verbinden. Die Lösungen sind meist derart offensichtlich, dass die Beschäftigung eher an Malen nach Zahlen erinnert als an knifflige Adventure-Rätsel. Mal verbindet man die Utensilien einer kleinen Drogenküche, an einem anderen Ort zeichnet man die Spuren einer Schlägerei nach und kommt so dessen Ausgang auf die Spur. Oder man startet selbst einen Überraschungsangriff und verknüpft in einem ähnlichen Diagramm die Laufwege. Im Hauptquartier sucht man zudem nach Hinweisen in Dokumenten oder inspiziert eine gehackte Drohne. Im Gegensatz zu Sherlock Holmes muss man allerdings nicht wirklich analysieren, kombinieren oder gar forensische Untersuchungen starten. Stattdessen arbeitet man sich lediglich durch ein paar ziemlich offensichtliche Optionen.
Nicht wirklich ein Adventure?
Schade, dass sich Telltale beim Spieldesign nicht stärker angestrengt hat, denn der erzählerische Part hat mich durchaus ordentlich unterhalten. Die Geschichte hat zwar einige Längen, meist ist es aber interessant zu erfahren,
Fazit
Als Zeichentrickserie hätte ich Telltales Interpretation Batmans früher Abenteuer sicher genossen, die seichten Spielmechaniken des Adventures haben aber oft dazu geführt, dass ich mich eher widerwillig durch das Spiel klickte. Weder das zu offensichtliche Verbinden von Indizien am Tatort noch die zu einfach gestrickten Geschicklichkeitstests in Kämpfen können Spannung erzeugen oder die Erzählung auf sonstige Weise bereichern. Selbst die zahlreichen Gewissens-Entscheidungen spielen meist eine viel kleinere Rolle als es zunächst den Anschein hat. Sie bauen aber immerhin ein passables Grundgerüst, an dem sich die Geschichte rund um die dunklen Machenschaften entlanghangelt. Vor allem die Zweiteilung macht die Verstrickungen von Batmans sozialem Umfeld greifbar: In manchen Momenten wirkt Bruce Waynes Verhandlungsgeschick sinnvoller, anderswo die stoische Autorität des finsteren Superhelden, der auf seine eigene Weise außerhalb des Gesetzes agiert. Zudem sind seine ungewollten Verstrickungen eine schöne Parabel auf die heutige Gesellschaft mit all ihren Verpflichtungen gegenüber Investoren und Lobbygruppen. Schade, dass vor allem zu Beginn einige Längen die Erzählung ausbremsen. Später zieht das Tempo zwar an, doch dann werden die sich wiederholenden spielerischen Mankos immer lästiger. Zusammengefasst ist das Spielerlebnis also ein ähnlich zweischneidiges Schwert wie die Geschichte um die Anfänge des Dunklen Ritters.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Trotz einiger Längen gelingt Telltale ein erzählerisch interessanter Einblick in Gothams korrupte Netzwerke, spielerisch bleibt das Adventure aber erstaunlich anspruchslos.
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