Wie alt ist zu alt
In den letzten Jahren erlebten Spiele mit Retro-Flair eine Renaissance. Egal ob Strategie, Action-Adventure oder klassische seitwärts scrollende Prügler: Als Fan von Pixelcharme hat man eine breite Auswahl. Insofern ist es gar keine schlechte Idee von Arc System Works (
BlazBlue,
Guilty Gear) mit Double Dragon 4 einen der Urväter der Arcade-Brawler wiederzubeleben. Zumal man mit Yoshihisa Kishimoto, Koji Ogata sowie Kazunaka Yamane Mitglieder des Originalteams dafür begeistern konnte, die seinerzeit u.a. als Designer oder Komponist mitgewirkt haben. Vom Start weg wird klar, dass man sich hier vorgenommen hat, den Geist des allerersten Double Dragon zu beschwören, das Ende der achtziger Jahre erschien.
Auch nach Pixelkunst-Maßstäben ist die 8-Bit-Kulisse in Double Dragon 4 höchst unspektakulär.
Ein klassischer Chiptune-Soundtrack, der sich in den Optionen sogar auf wenige Retro-Spuren reduzieren lässt, ist nur der Anfang. Denn auch die Kulisse bezieht ihre Inspiration aus dem 8-Bit-Original. Es wirkt beinahe, als ob sogar Artworks von damals verwendet und nur auf den neuen Schauplatz Japan abgestimmt wurden. Zur Erinnerung: Double Dragon spielte in einer Art postapokalyptischem New York. Hinsichtlich der visuellen Gestaltung hält man aber nicht nur bei den eher unspektakulären Hintergründen an den Serien-Ursprüngen fest. Auch die mit nur wenigen Details und spärlichen Animationen versehenen Figuren hinterlassen den Eindruck, als ob sie sich 1988 in Doc Browns DeLorean gesetzt und 2017 als Ziel eingegeben haben.
Biedere Mechanik
Bei der Kollisionsabfrage zeigt man sich ebenfalls anachronistisch: Man nimmt es nicht so ganz genau. Tritte und Schläge werden auch mal als Treffer gewertet, selbst wenn die Pixel nicht direkt aufeinandertreffen. Im Stile der Klassiker findet man nur wenige Kombos, die sich über die Schlag-, Tritt- und Sprung-Tasten abrufen lassen. Und wie früher ist die Sprung-/Kick-Verbindung, die zu einem 360-Grad-Angriff führt, ein höchst probates Mittel, das selbst viele Bosse bei ermüdender Wiederholung kalt stellen kann. Sprich: Double Dragon 4 schmiegt sich so nah an den
Auch die Zwischensequenzen werden wie vor gut 30 Jahren dargestellt.
Urahnen an, wie es nur geht. Das Problem damit ist allerdings, dass sowohl Kulisse als auch Mechaniken nach heutigen Maßstäben hoffnungslos veraltet sind und selbst hartgesottene Retro-Fans vor eine herbe Geduldsprobe stellen.
Denn auch wenn die Intention von Arc System löblich ist, einen klassischen Brawler in die Moderne zu hieven, hat man einen wichtigen Punkt übersehen. Moderne Pixelkunst mit Retro-Charme ist nicht mehr nur ein akkurates Wiederkäuen von damaligen Kulissen oder Mechaniken. Sowohl Spiele im Pixeldesign als auch seitwärts scrollende Action hat sich in den letzten Jahren weiter entwickelt und dabei auch von anderen Einflüssen wie "Rogue-like" oder Endless Runnern profitiert. Das perlt an Double Dragon 4 jedoch alles ab: Hier möchte man die gute alte Zeit zelebrieren. Allerdings zeigt nicht nur dieser Prügler, dass nicht alles, was vor 30 Jahren gut war, heutzutage noch die gleiche Faszination ausstrahlt. Immerhin: Hat man nach etwa einer Stunde (!) alle zwölf Abschnitte von bösen Jungs und Mädels befreit, kann man sich in einem Herausforderungsturm nach oben kämpfen und sogar zu zweit gegeneinander antreten. Doch auch hier stellt sich angesichts der oberflächlichen Kampfmechanik kein Spaß ein.