Dungeons 327.10.2017, Mathias Oertel
Dungeons 3

Im Test: Hier hört der Spaß auf

Dungeon Keeper 2 erschien 1999. Und dennoch ist das Meisterwerk von Peter Molyneux‘ Bullfrog Studio nach wie vor der Maßstab, wenn es um motivierendes sowie witziges Dungeon-Management geht. Sicher: War for the Overworld hat ebenso versucht, diese großen Fußstapfen zu füllen wie die in Deutschland produzierte Dungeons-Serie, die nun mit dem dritten Teil dem Vorbild nacheifert. Im Test schauen wir, wie sich Dungeons 3 (ab 7,15€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) schlägt und klären auf, mit welchen Einschränkungen die Konsolen-Versionen zu kämpfen haben.

Humor ist, wenn man trotzdem spielt...

Ich bin erklärter Fan der britischen sowie amerikanischen Stand-Up-Szene. Vor allem, weil ich Schwierigkeiten mit dem deutschen Humor habe – bzw. damit, wie er sich in den letzten 20 Jahren entwickelt hat. Versteht mich nicht falsch: Es gibt Ausnahmen wie Michael "Bully" Herbig oder einige Mitglieder der nicht totzukriegenden Kabarett-Szene. Doch die lahmen Zoten, Einzeiler und aufgezwungen wirkenden Gags (die meist auf Fäkalhumor oder platte sexuelle Anspielungen setzen), mit denen einige deutsche "Comedians" Hallen und sogar Stadien füllen, lassen mich komplett kalt. Dementsprechend habe ich auch meine Schwierigkeiten mit Dungeons 3, dem neuen Versuch des Münchner Realmforge Studios, endlich einen würdigen Nachfolger für das fast 20 Jahre alte Dungeon Keeper 2 aufzustellen. Dem wie schon im Vorgänger Dungeons 2 verpflichteten Sprecher Monty Arnold, der auch in Deadalics Deponia-Serie einen guten Eindruck hinterließ, kann ich dabei keinerlei Vorwürfe machen. Er versucht zumeist erfolgreich, die Rolle des allwissenden und nie um einen klugen (besser: blöden) Spruch verlegenen Erzählers mit Leben zu füllen.

Der Ausbau der unterirdischen Gewölbe ist so unkompliziert wie beim Urahn Dungeon Keeper.
Doch angesichts der unterirdischen Qualität des Drehbuchs beißt er sich die Zähne aus. Dabei liegt man thematisch richtig: Man versucht, Popkultur im Allgemeinen, Fantasy und Der Herr der Ringe im Besonderen sowie sich selbst und die Spielewelt nicht ernst zu nehmen. Und mitunter springt sogar der eine oder andere tatsächlich witzige Spruch dabei heraus. Doch die Frequenz, in der versucht wird, mit Humor zu punkten, übersteigt schnell einen akzeptablen Wert. Zwar kann man in den Optionen die Häufigkeit der "spontanen" Einmischungen einstellen. Doch das ändert nur wenig daran, dass man nicht einmal ein paar Minuten vor sich hin spielen kann, ohne wieder irgendeinen unwitzigen Kommentar in die Ohrmuschel gedrückt zu bekommen. Dass mit der Dunkelelfe Thalya eine neue Figur hinzukommt, die quasi als Statthalter auf einem neuen Kontinent in die Rolle des Bösen wächst, das über einen unterirdischen Dungeon herrscht, macht die Sache nicht besser. Denn sie ist noch unwitziger, ihre Dialoge (die sie als Schizophrene mitunter mit sich selbst führt) sind fast noch schlechter geschrieben. Man muss schon ein dickes Fell mitbringen, wenn man angesichts der wohl größten Kalauer-Welle pro Spielminute in einem Videospiel die Motivation aufrecht erhalten will.

Qualität unter Tage

In der "Oberwelt" löst man die meisten der 20 umfangreichen Missionen - häufig sind kriegerische Auseinandersetzungen der einzige Weg.
Das ist umso bedauerlicher, da das mechanische Fundament nicht nur viel mitbringt, um Dungeon-Bauer und –Verwalter zufrieden zu stellen, sondern auch im Vergleich zum Vorgänger aus dem Jahr 2015 an einigen Stellen entschlackt sowie an anderen verfeinert wurde. Es bleibt allerdings dabei, dass man hier nicht nur dafür sorgen muss, seine unterirdischen Verliese so effizient wie möglich auszubauen und mit allerlei Schutzvorrichtungen zu versehen. Wie in Dungeons 2 macht man auch immer wieder Ausflüge an die Oberwelt - sei es, um die auf dem Weg zum Dungeon befindlichen Helden schon im Vorfeld aufzuhalten oder noch viel häufiger, um Missionsaufgaben zu erfüllen. Doch bevor wir uns mit der farbenfrohen sowie hinsichtlich des Designs durchaus an Blizzards WarCraft-Strategiespiele erinnernden Welt über der Erde beschäftigen, befassen wir uns mit den Kerkern. Hier kann man seine Diener ("Schnodderlinge") dazu anweisen, Gänge zu graben oder ganze Räume auszuheben, die man dann z.B. zu Wohnstätten für die angeheuerten Kämpfer macht, die sich aus orkischen, dämonischen oder untoten Reihen rekrutieren lassen. Zusätzlich sollte man eine Grundversorgung aufbauen, die sich nicht nur auf die Bedürfnisse der Kämpfer wie Goldnachschub für den Sold, sondern auch Essen und im späteren Verlauf Getränke bezieht, sondern auch die Rohstoffversorgung für die Erstellung von Fallen oder den Abbau von "Mana" mit einschließt, das man für das Wirken von Zaubern benötigt.

Da man im Lauf der sich über 20 Missionen erstreckenden bzw. manchmal ziehenden Kampagne (entspricht je nach Spielweise zwischen 15 und 30 Stunden) erst nach und nach mit den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und ihren Auswirkungen bekannt gemacht wird, kommt es beim Dungeonbau nur selten zu Problemen. In späteren Abschnitten kann es zwar sein, dass einem hier und da der Platz ausgeht, um die Effektivität eines Raumes zu optimieren. Doch da man mittlerweile auch in der Dungeons-Welt wieder Felder zuschütten und damit Räume und Gänge auch nachträglich verändern kann, ist man gut für die Anforderungen gewappnet. Trotz optimierter Benutzerführung, die sich vor allem mit den Tastaturkürzeln und nach etwas Eingewöhnung auch mit dem am linken Bildschirmrand liegenden Menü ergibt, fehlt Dungeons 3 hier aber weiterhin das gewisse Etwas. Es macht Spaß, seine Höhlen zu planen, den sauber animierten Schnodderlingen sowie den auf ihren nächsten Einsatz wartenden bzw. in ihren Arbeitsräumen aktiven Kämpfern zuzuschauen oder den seltenen Übergriffen der Gegner zu trotzen. Doch abseits dieser sporadischen Angriffe passiert hier auf Dauer sehr wenig. Da zudem die Aufgaben an der Oberwelt einen zunehmend größeren Fokus einnehmen, ist der Dungeonaufbau letztlich nur wenig mehr als der Basisbau und Rohstoffgewinnung, wie man ihn aus anderen Echtzeitstrategie-Spielen seit Command & Conquer kennt.

Strategie light

Die Gefechte sind meist hektisch, oft unübersichtlich und bieten kaum taktische Tiefe.
Obwohl einem durch die mögliche Selektierung der unter dem Strich zu wenigen unterschiedlichen Fern- und Nahkämpfer suggeriert wird, dass man bei den auf der knallbunten Oberwelt stattfindenden Auseinandersetzungen taktische Feinheiten beachten kann, sind die Kämpfe hektisch und unübersichtlich. So lange man alle seine Einheiten ausgewählt hat, ist es sinnvoll, seine Angriffe zu konzentrieren, sei es jetzt auf einen bestimmten Gegner oder Gebäude. Selbst bei größeren Gegnerverbänden (sprich: acht bis zehn Figuren) bleibt es ratsam, einen nach dem anderen auszuschalten, anstatt sich auf eine Frontschlacht einzulassen, bei denen "alle-gegen-alle" kämpfen. Dann wird die eigene Armee nur unnötig aufgerieben – selbst wenn man Heiler dabei hat und die mächtigen Zauber einsetzt. Und das kann schwere Folgen nach sich ziehen: Im schlimmsten Fall muss man sich neue Einheiten anschaffen, die natürlich nicht über die durch Erfahrung gewonnenen Stufen verfügen und  sich entsprechend schwächer in den Kämpfen präsentieren, deren Schwierigkeitsgrad sich als dem Spieler wohlgesonnen präsentiert.

Und obwohl man sich mit Abweichungen im Missionsdesign bemüht, Abwechslung zu schaffen, gelingt dies nur sporadisch. Meist laufen die Auseinandersetzungen nach Schema F ab und werden hin und wieder sogar unnötig gestreckt. Dass dies vom Sprecher auch noch kommentiert und vom Drehbuch zu einer weiteren der weit am Ziel vorbeischießenden Pointen verkommt, macht diesen Zustand nicht erträglicher. Immerhin: Mit Zeitlimits hier, bestimmte Knotenpunkte rückerobernden Armeen dort sowie dem einen oder anderen Bosskampf werden die Oberwelt-Ausflüge aufgewertet. Allerdings bleiben sie auf Dauer ebenso viel Potenzial schuldig wie der Dungeon-Aufbau. Das Fundament ist gelungen, doch der Spagat zwischen rudimentärer Echtzeit-Strategie und Basispflege wirkt nicht geschmeidig und mitunter ziellos.

Aufstiegs-Routine und Konsolen-Unterschiede

Zudem muss man bei jeder Mission immer wieder bei Null anfangen und sich durch den gleichen übersichtlichen Ausbau-Baum klicken. Sowohl die Hauptheldin Thalya als auch seine geduldig gehorchenden Krieger starten immer wieder bei Stufe 1. Natürlich ist mir bewusst, dass eine Balance der nachfolgenden Missionen mit Einheiten, die ihre Erfahrung mitnehmen, ungleich problematischer ausfällt, als immer "auf Anfang" zu stellen. Dennoch wäre dies ein weiteres probates Mittel, um den Spieler vielleicht etwas sorgsamer mit seinen Monster-Ressourcen umgehen zu lassen und Dungeons 3 mehr Profil sowie Tiefe zu geben. Immerhin: Man kann auch online kooperativ die Gewölbe bauen oder ins Gefecht ziehen, wobei jeder gleichberechtigt ist und man daher gut kommunizieren sollte. Und es gibt die Möglichkeit, gegeneinander anzutreten, wenn

Sehr häufig hat man Unmengen an Platz zur Verfügung, um seine Gewölbe den eigenen Vorstellungen entsprechend auszubauen oder sie mit Fallen für die gelegentlich einbrechenden Gegner zu füllen.
man beweisen möchte, wer der beste bzw. böseste Dungeon-Herrscher ist. Allerdings finden die kriegerischen Auseinandersetzungen im Duell-Modus erneut an der Oberfläche statt. Ein Eindringen in die gegnerischen Höhlen und ein Angriff auf das dortige Dungeon-Herz ist leider nicht möglich.

Dass die Konsolenversionen hinsichtlich der Steuerung leichte Abstriche hinnehmen müssen, ist keine Überraschung. Zwar wurden die Pads bestmöglich mit Tastenkombinationen für Abkürzungen belegt, die man sich auch jederzeit anzeigen lassen kann. Doch in hektischen Momenten ist dieses System der Maus-/Tastatur-Kombo am PC mit ihrer gut belegten sowie frei konfigurierbaren Steuerung unterlegen. Visuell hingegen sind die Unterschiede vom PC (v1.3.1) nicht groß – insofern man auf der PlayStation 4 spielt, auf der aktuell die Version 1.1p läuft. Denn auf der Xbox One (Versionsnummer v1.0xbuild7@cf94710) gibt es nicht nur erhöhte Bildratenprobleme und Tearing. Dazu gesellt sich in der höchsten Zoomstufe eine Pixelparade, die einem das Gefühl gibt, eine aufskalierte 480p-Variante zu spielen. Es bleibt zwar eine Resthoffnung, dass die unoptimiert wirkende One-Version von der Hardware der One X profitieren wird. Andererseits jedoch sollte die zwar ansehnliche, aber nicht aufwändige Kulisse auch jetzt schon von der Microsoft-Konsole ohne Probleme dargestellt werden können. Und um den Kreis zum Thema "Humor" zu schließen: Stellt man die Konsole auf Englisch stellt man fest, dass der Sprecher dort nicht nur die dramatische Tiefe von Monty Arnold verfehlt, sondern zudem mit den gleichen Gags fertig werden muss, die immerhin sauber ins Englische übertragen wurden. Eine Anpassung an den englischen Sprachwitz fand im Prinzip nicht statt.

Fazit

Weniger Humor und dafür noch ausgefeiltere Mechaniken – damit könnte Dungeons deutlich effektiver dem erklärten Vorbild Dungeon Keeper 2 nacheifern und vielleicht sogar in Ansätzen in seine Fußstapfen treten. Denn für jede der guten, wenngleich immer wieder nicht konsequent ausgearbeiteten Mechaniken oder Ideen gibt es gleich ein Dutzend unkomischer Gags, die einem das Spiel verleiden können. Der Auf- und Ausbau der unterirdischen Gewölbe ist gelungen, könnte aber noch mehr Facetten bieten. Doch viel problematischer ist, dass hinter der Höhlenoptimierung letztlich nur ein vom Schauplatz angepasster Basisbau steckt, über den man seine Armee rekrutiert, um sie in der Oberwelt in Scharmützel zu führen. Diese wiederum präsentieren sich hektisch und bar jeglicher taktischen Note. Immerhin warten immer wieder interessante Abweichungen des ansonsten auf Standard-Angriffsstrategien ausgelegten Missionsdesigns, das man nicht nur am PC, sondern auch auf PlayStation 4 sowie Xbox One erleben kann. Allerdings ist der Rechner das System der Wahl, da hier sowohl Kulisse als auch Steuerung passen. Dahinter sortiert sich die PlayStation 4 ein, die wie die Xbox One trotz gelungener Bemühungen bei der Pad-Belegung das Nachsehen bei der Kontrolle über Bauvorhaben und Armeebewegungen hat. Die One wird zusätzlich noch durch eine schwache Technik geplagt, die vermutlich (hoffentlich) mit der One X oder besser noch: mit einem weiteren Patch runder läuft. In diesem Zustand zumindest sollte man von dieser Version Abstand nehmen.

Pro

spaßiger Auf- und Ausbau des Dungeons
übersichtlicher Fähigkeiten-Baum
Wechsel zwischen Unterwelt-Ausbau und Oberwelt-Missionen
farbenfrohe Kulisse
sinnvoll belegte Steuerung auf Konsolen
Tasten frei belegbar (PC)
online kooperativ mit gleichberechtigten Dungeon-Herrschern spielbar
Mehrspieler-Duelle
Monty Arnold als süffisanter Sprecher/Kommentator

Kontra

schwaches Drehbuch mit hoher Witz-Frequenz und haarsträubenden Pointen
Kämpfe unübersichtlich, hektisch und ohne taktische Tiefe
trotz guter Belegung Konsolen steuerungstechnisch unterlegen
schwache technische Perfomance bei niedriger Auflösung (One)
kein Eindringen in gegnerische Dungeons im Duell-Modus
auf beiden Seiten des Spektrums (Oberwelt/Unterwelt) bleibt Potenzial ungenutzt

Wertung

PC

Solide Mischung aus Aufbau- und Echtzeitstrategie, die aber beide Elemente nur selten unter einen Hut bekommt. Zudem übertreibt es mit dem "Humor" - weniger ist mehr.

PlayStation4

Die PS4-Version ist inhaltlich identisch, zeigt aber im Vergleich zum PC Defizite im Bereich Steuerung.

XboxOne

In dieser technisch maroden Form ist die eigentlich unterhaltsame Aufbau-/Echtzeitstrategie auf der Xbox One eine ganze Klasse schlechter.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.