Sword Legacy: Omen17.08.2018, Jörg Luibl
Sword Legacy: Omen

Im Test: Uther Plumpdragon

Team17 hat kürzlich Sword Legacy: Omen für den PC veröffentlicht. Das Taktik-Rollenspiel behandelt für knapp 18 Euro die Sage um König Arthur und konnte im Vorfeld einige Auszeichnungen auf Indie-Festivals einheimsen. Die brasilianischen Entwickler von Firecast Studio und Fableware Narrative Design wollen ein "äußerst blutiges" Abenteuer inszenieren, bei dem ihr eine Gruppe von Gefährten samt Merlin in rundenbasierten Gefechten durch das mythische Britannien führt. Ob sich die Reise lohnt, verrät der Test.

Arthurmerlinexcalibur

Männer stürmen eine Burg in Mercien, Unschuldige werden abgeschlachtet, tapfere Ritter leisten Widerstand, eine Prinzessin ist in Gefahr, überall Leichen, Uther und Merlin maulen sich mal wieder an, Wessex ist das Böse, Köpfe rollen, irgendjemand schwatzt etwas von einer düsteren Prophezeiung, dann stehen plötzlich die Toten wieder auf und Excalibur wird gesucht. Euch fehlt die Struktur? Sorry, aber dieses Stakkato sollte in etwa andeuten, wie konfus die berühmte Geschichte um den keltischen König hier nacherzählt wird.

Auf der Karte des "Gebrochenen Britannien" bewegt man seine Helden.
Ich erwarte natürlich keine historische Annäherung mit den Erkenntnissen von Geoffrey Ashe oder anderen anerkannten Arthur-Forschern. Aber mit dieser bemüht auf "cool" und "brutal" getrimmten Interpretation eines dekadenten Britanniens werde ich nicht warm. Nicht etwa, weil dieser Ansatz per se schlecht wär! Wer weiß, vielleicht könnte Quentin Tarantino sogar etwas aus dem Stoff herausholen? Aber hier wird ganz einfach schlecht und viel zu hektisch erzählt. Weil sich die Story auch noch so wichtig nimmt, weil das eben kein Prügler, sondern ein Taktik-Rollenspiel mit sehr vielen Dialogen, Lesephasen und Dokumenten ist, sinkt die Motivation umso schneller in den Keller.

Ansehnliches Comic-Artdesign

Es ist allerdings lobenswert, dass dieses Abenteuer komplett auf Deutsch und weitgehend gut lokalisiert wurde; nur die sporadische Sprachausgabe bleibt Englisch. Aber spätestens nach drei Missionen musste ich die plumpen Dialoge und die sterilen Erzählpassagen überspringen - es entsteht weder genug schwarzer Humor für eine düstere Comedy noch genug Ruhe für ein Epos, sondern

Die rundenbasierte Kampftaktik im Gelände bietet viele interaktive Möglichkeiten: Man kann Objekte verschieben, Gegner heranziehen oder schubsen.
so eine schrecklich hektische Flickschusterei aus Motiven und Charakteren, dass ich dieses "Gebrochene Britannien" mit seinen fünf Reichen gar nicht genauer kennen lernen wollte. Das war bei der Konkurrenz, egal ob bei Fire Emblem, The Banner Saga oder auch Regalia: Of Men and Monarchs ganz anders. Aber als Kritiker muss man oftmals in literarischen Sümpfen versacken, denn häufig verbirgt sich doch noch etwas in der Tiefe der Spielmechanik. Also ab nach unten...

Immerhin kann man sich dabei an den gelungenen Szenen des Comic-Artdesigns oder den hübsch animierten Figuren ein wenig festhalten: Wenn sich Merlin in einer Rauchwolke von A nach B teleportiert sieht das ebenso ansehnlich aus wie das martialische Köpfen eines Monsters - es geht explizit und blutig zur Sache. Der Zeichentrickstil sorgt für stimmungsvolle Momente, erreicht allerdings nicht die durchgehend markante Ästhetik eines Darkest Dungeon oder eines The Banner Saga. Denn es gibt auch einige grafische Brüche, in denen etwas zu modern designte Symbole auf vergilbte Manuskriptseiten und eine fast schon zu edel wirkende Weltkarte treffen; hinzu kommen sterile bzw. kopierte Szenen in den Kulissen sowie ein überflüssiger Unschärfefilter, so dass trotz vieler Hingucker angenehm abwechslungsreicher Areale kein homogenes Ganzes entsteht. Dass der Spielspaß trotz der schwachen Story nicht komplett versinkt, liegt also mit an diesem Zeichentrickflair, aber noch vielmehr an der soliden bis kreativen Kampfmechanik.

Taktik und Panik im Gelände

Sword Legacy: Omen hat in den rundenbasierten Gefechten einiges zu bieten - nicht nur brutale Todeshiebe. Bis zu vier Gefährten können gemeinsam in den Kampf ziehen, wobei man zu Beginn lediglich Ritter, Magier, Dieb und Speerkämpfer einsetzen, aber später aus einem größeren Repertoire wählen kann, das durch archetypische Klassen wie Mönch, Schmied oder Barbar aufgefüllt wird. Da sie alle spezielle Vorzüge haben, entstehen interessante Kombinationen. Im Gelände ist die Positionierung samt Blickrichtung ebenso wichtig für den Schaden wie der Einsatz der Spezialfähigkeiten vom Teleport bis zum Rundumschlag - umso unverständlicher ist, dass man die Kamera zwar zoomen, aber nicht drehen kann.

Manchmal kann man bei Apotheker, Schmied & Co etwas einkaufen.
Alles von der Bewegung bis zum Schlag kostet Aktionspunkte, wobei man diese sowie seine Effizienz ähnlich wie in The Banner Saga durch "Willenskraft" als Joker kurzfristig auffüllen kann. Doch Vorsicht: Sinkt der über gelbe Sterne markierte Vorrat auf null, gerät der Held in Panik. Cool ist auch, dass man nicht immer bis zum letzten Mann kämpfen muss - bricht die Moral ein, verlässt auch die KI-Gegner der Mut oder sie wechseln gar die Seiten. Dass sich die Panik also spürbar auf den Kampf auswirkt ist eine kreative Ergänzung, die ich auch gerne in anderen klassischen Serien wie Fire Emblem & Co sehen würde.

XCOM lässt grüßen

An XCOM erinnert nicht nur das defensive Überwachen: Man kann seinen Zug beenden und dabei einen Sichtradius einstellen. Sobald sich ein Feind nähert, wird er vor seiner Aktion automatisch angegriffen - so kann man mit mehreren Gefährten tödliche Fallen auslegen. Hinzu kommt ein Deckungssystem, das mit seinen halb gefüllten Schildsymbolen hinter Kisten & Co ebenfalls an den Klassiker erinnert. Sehr schön ist, dass viele Objekte zerstörbar und beweglich

Auch explosive Fässer, verlangsamende Flüssigkeiten sowie Fallen und Gifte sorgen für Aufmerksamkeit.
sind, so dass man Fässer sowie deren Inhalte ebenfalls in seine Planungen einbeziehen und nicht nur für Explosionen sorgen, sondern seine Feinde näher heran ziehen oder sie sogar über Abgründe schubsen kann. Allerdings muss man dafür spezielle Manöver wie Uthers Schildstoß einsetzen oder weitere freischalten. Aber man erreicht trotz der vielen Bewegungs- und Verschiebe-Aktionen sowie über mehrere Felder wirkenden Angriffsradien nicht dieses packende Schachgefühl eines Into the Breach, wo es auf die möglichst clevere Verzahnung in jeder Aktion ankommt, weil häufig auch einfache Mittel ausreichen.

Im Laufe der Reise gewinnt man Ansehen, aber nicht etwa über Entscheidungen in Dialogen oder spezielle Herangehensweisen, sondern nur über das simple Sammeln von z.B. Dokumenten. Das Ansehen wird wiederum für die Freischaltung der wichtigen passiven sowie aktiven Fähigkeiten benötigt - und davon gibt es zehn für jeden Charakter, von denen man vier aktivieren kann. Nur so kann Merlin bis zu drei Gegner wegschubsen, Uther seine Rundumschläge einsetzen oder die Diebin für kurze Zeit unsichtbar werden. Zunächst gewinnt man locker, gerade durch die Verstärkungswirkung der Willenskraft, aber die Feinde werden auch stärker und zahlreicher, setzen selbst spezielle Aktionen ein, so dass der Anspruch behutsam steigt. Aber auf lange Sicht gibt es einige Defizite, was Charakter-Management, Reise und Erkundung betrifft.

Besonders langweilig sind die Phasen der Erkundung zwischen den Kämpfen. Zwar gibt es in den Burgen und Katakomben einige Schätze, Statuen, Notizen oder verschlossene Türen, für die man Schlüssel braucht, aber das ist nicht mehr als ein

Jeder Held verfügt über drei passive und sieben aktive Fähigkeiten, die es freizuschalten gilt.
Abgrasen von Symbolen in meist linearen Gebieten. Dass die Ausrüstung nicht immer für alle verfügbar, sondern manchmal auf bestimmte Klassen wie Dieb, Barbar & Co beschränkt ist, ist kein Problem - aber etwas zu spät kommt da mehr Abwechslung auf, so dass man seine Helden endlich spezifischer stärken kann. In Gasthäusern, Apotheken sowie beim Schmied kann man gegen Gold einkaufen, was gerade zu Beginn unverschämt teuer ist, so dass man auf die Zufallsfunde in den Arealen angwiesen ist. Regelrecht unbalanciert wirkt zudem das Übernachten: 300 Goldstücke verlangt man da? Also heißt es in der Wildnis campen, um sich und seine Gruppe zu erholen, denn die ersten Tränke heilen lediglich Gift oder Blutungen. Aber warum eigentlich? So fühlt es sich nach künstlicher Erschwerung an, dass man verletzt in die nächsten Gefechte gehen muss, wenn man nicht rasten kann, wofür man wiederum Ausrüstung braucht. Die Zufallsbegegnungen bei einem Lager in der Wildnis nerven allerdings schon nach wenigen Stunden, wenn man schon wieder dieselben vier Wölfe erlegen muss. Außerdem stört auf lange Sicht neben diesen unausgegorenen Survival-Elementen, dass es keine Undo-Funktion gibt und dass man nicht manuell speichern kann. So muss man manchmal nach einem falschen Befehl einen kompletten Abschnitt wiederholen.

Fazit

Ich mag die Legende um König Arthur und Taktik-Rollenspiele mit epischem Ansatz. Aber mit dieser Interpretation werde ich nicht warm. Zum einen wird diese berühmte Legende ebenso plump wie hektisch nacherzählt, was Dialoge sowie Dokumente, aber auch den Rhythmus betrifft. Obwohl einem so viel Text, um die Ohren fliegt, fühlt man sich nicht wie in einem Epos à la The Banner Saga, sondern wie in einem Brawler, der bemüht witzig, cool und brutal sein will. Aber lobenswerter Weise sind die Texte auch in fehlerfreiem Deutsch lesbar. Das Comic-Artdesign ist stimmungsvoll, die Figuren sind ansehnlich animiert, aber der Unschärfefilter und einige Brüche lassen kein komplett harmonisches Bild entstehen. Das Highlight ist die vielseitige Kampfmechanik, die mit Konsequenzen durch Moralverlust, vielen Interaktionen mit der Umgebung sowie einigen taktischen Finessen überzeugt. Trotz einiger mechanischer Ähnlichkeiten erreicht man nicht den Grübelanspruch eines Into the Breach, weil oftmals auch einfache Manöver ausreichen. Das Managen der Fähigkeiten sowie Ausrüstung ist auf lange Sicht allerdings zu eintönig, manchmal wie beim Heilen und Rasten wirkt es auch unnötig kompliziert. Und vor allem die Erkundundung mit dem plumpen Abgrasen ist langweilig, zumal einige Zufallsgefechte gegen identische Feinde nerven. Hinzu kommen Defizite in der Steuerung wie eine fehlende Kameradreh- und Undo-Funktion sowie lediglich automatisches Speichern, so dass man manchmal unfreiwillig eine ganze Quest wiederholen muss. Unterm Strich ein solides Rundentaktik-Abenteuer, das acht bis zehn Stunden unterhalten kann.

Pro

solide Rundentaktik im Gelände
mehrere Klassen
interessante aktive und passive Fähigkeiten
Interaktionen mit Objekten und Gegnern
Moral spielt eine Rolle bei Freund und Feind
ansehnliches Comic-Artdesign
deutsche Texte, englischer Erzähler

Kontra

wirre Interpretation der Arthur-Legende
langweilige Story, plumpe Dialoge
öde Erkundungsphasen vor Kämpfen
meist sehr lineare Areale
Kamera nicht drehbar
nervige Zufallsgefechte gegen identische Gegner
keine Undo-Funktion
kein manuelles Speichern

Wertung

PC

Trotz schwacher Story und Erkundung ein solides Rundentaktik-Abenteuer, das vor allem mit seinem interaktiven Kampfsystem sowie dem Artdesign punkten und acht bis zehn Stunden unterhalten kann.

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