Rebellion gegen die Macht der Konzerne
Während man auf spielerischer Ebene versagt, glänzt The Red Strings Club in den Bereichen Story, Handlung und Figuren. Auch wenn die typischen Cyberpunk-Klischees von bösen Konzernen, der Menschlichkeit von Androiden und den Gefahren künstlicher Implantate wie auf einer Liste abgehakt werden, regen die gut geschriebenen Dialoge und glaubwürdigen Figuren zum Nachdenken an. Mitunter wird man aber auch regelrecht dazu genötigt, sich eine Meinung zu bilden und Standpunkte einzunehmen. Dabei wird man aber auch häufig feststellen, dass es gar nicht immer so einfach ist, sich in den Dialogoptionen für eine Antwort zu entscheiden, da es nicht selten zwei Seiten einer Medaille gibt. Und manchmal weist einen das Drehbuch sogar auf amüsante Weise zurecht: Zweifelt man an einer Stelle z.B. an, dass Frauen in der heutigen Gesellschaft nicht länger unterdrückt werden und die Gleichberechtigung beider Geschlechter mittlerweile die Norm darstellt, bekommt man erst einmal eine kleine Standpauke vom Androiden und im Story-Strang wird ein „Ankara hält Sie für dumm“ vermerkt – herrlich! Bei manchen Auswirkungen der Implantate oder Gesprächen über austauschbare Penis-Modelle kann man sich ein Schmunzeln ebenfalls nicht verkneifen.
Eine gute Frage...
Obwohl die Handlung in einer nicht näher definierten Zukunft angesiedelt ist, wird zudem immer wieder der Bogen zur Gegenwart und Videospiel-Klassikern gespannt – sei es durch Themen wie das Hinterfragen von Firmware-Updates, das Streben nach Macht um jeden Preis oder direkten Bezügen zu Steam und sogar Metal Gear Solid. Es macht einfach Spaß, sich mit den Figuren zu unterhalten, ihnen zuzuhören und über manche ihrer Aussagen zu reflektieren. Aber auch die richtigen Schlüsse zu ziehen: Nur durch die passende Kombination aus Gemütszuständen und den richtigen Fragen kommt man den Antworten langsam näher, welche Ziele der angeblich so altruistische Konzern Supercontinent verfolgt, wer da im Hintegrund überhaupt die Fäden zieht und wie man die Pläne durchkreuzen kann. Schade nur, dass es keine Sprachausgabe gibt, doch dafür wurden die Texte immerhin sauber ins Deutsche übersetzt.
Prächtige Pixel-Kulisse
Welcher Cocktail darf es sein?
Kann man dem Pixel-Look von klassischen Adventures Anfang der Neunziger etwas abgewinnen, wird einem der Anblick von The Red Strings Club ohne Zweifel ein Lächeln ins Gesicht zaubern: Die leider viel zu wenigen Schauplätze wurden liebevoll gestaltet und auch die toll animierten Figuren strahlen einen unwiderstehlichen Retro-Charme aus. Es ist bedauerlich, dass man nicht viel mehr von dieser dystopischen Welt zu sehen bekommt, sondern sich abseits der eigenen Vorstellungskraft nur auf kurze Einblicke beschränken muss und den Großteil der Spielzeit in der namensgebenden Bar verbringt. Der Soundtrack will zwar in eine ähnliche Kerbe schlagen, kann aufgrund der schwankenden Qualität der einzelnen Stücke aber nicht so überzeugen wie die durchweg ansprechende Pixelkunst, die sicher auch meinen verhassten Kunstunterricht aufgewertet hätte.