Wolfenstein 2: Die Freiheitschroniken20.12.2017, Marcel Kleffmann

Im Test: Episode 1: Die Abenteuer des Revolverhelden Joe

Nachdem B.J. Blazkowicz der Widerstandsbewegung in den besetzten Vereinigten Staaten neuen Schwung verliehen hat, geht der Befreiungskampf in den drei Episoden langen Freiheitschroniken (Season Pass) weiter. Den Auftakt machen "Die Abenteuer des Revolverhelden Joe". Wie sich der ehemalige Profi-Quarterback Joseph Stallion im Kampf gegen das Regime schlägt, verrät unser Test.

Comics statt toller Zwischensequenzen

Während Wolfenstein 2: The New Colossus mit hervorstechenden Zwischensequenzen, einprägsamen Charakteren und teils ziemlich abgedrehten bis emotionalen Story-Momenten aufwartete, wird bei der ersten Episode der Freiheitschroniken mehrere Gänge zurückgeschaltet - sowohl bei der Inszenierung als auch beim Inhalt.

Die Geschichte von Joseph Stallion wird in einem reduzierten, animierten Retro-Comic-Stil erzählt, der eigentlich ganz in Ordnung ist, aber mit der inszenatorischen Wucht von The New Colossus absolut nicht mithalten kann. Gleiches gilt für die Geschichte rund um den ehemaligen Profi-Quarterback Joseph Stallion, die oberflächlich bleibt und den afroamerikanischen Sporthelden auf der Jagd nach dem "germanischen" Zahnarzt Dr. Metze bis auf die Venus führt, um dort gleich noch eine Superwaffe zu zerstören, die für die Geschichte eigentlich völlig unerheblich ist.

Anstatt der cineastischen Zwischensequenzen aus The New Colossus wird die Geschichte diesmal in mittelprächtiger Comicform fortgeführt.

Vertane Chancen

Es ist nicht so, dass die Hintergrundgeschichte nicht genug Potenzial gehabt hätte, da Stallion zunächst als lebendes Exempel für die Überlegenheit des Regimes missbraucht wurde und auch sein Vater ein Opfer der Unterdrücker war. Doch abgesehen von einem netten Arenakampf in einem brennenden Football-Stadion als Albtraum-Erinnerung und einem kommentierten Gefängnisbesuch holen die Entwickler nicht mehr aus diesem Hintergrund raus.

Auch Dr. Metze deutet sein Potenzial als Antagonist mit einem Hang zu abscheulichen Experimenten und radikalen Einstellungen nur flüchtig und zu kurz an. Dadurch verkommt das Ganze bloß zu einer durchschnittlichen Rachegeschichte, die nach drei Kapiteln und ungefähr eineinhalb bis zwei Stunden (je nach Schwierigkeitsgrad und Vorgehensweise) vorbei ist. Hinzukommt, dass der Übergang zwischen Shooter-Passagen und Comic oft nur mäßig gelungen ist - manchmal wartet man ohne ersichtlichen Grund mehrere Sekunden vor einem schwarzen Bildschirm, bis die Comicsequenz endlich auftaucht. Gerade im direkten Vergleich zu The New Colossus können die "Abenteuer des Revolverhelden Joe" in diesen zentralen Belangen nicht mithalten.

Der Season Pass "Die Freiheitschroniken" kostet 24,99 Euro und beinhaltet drei DLCs: Die Abenteuer des Revolverhelden Joe, die Tagebücher von Agentin Stiller Tod und die unglaublichen Taten von Captain Wilkins. Jede einzelne Episode kostet 9,99 Euro.

Rasante Gefechte in bekannten Umgebungen

Ansonsten steuert man Joseph Stallion durch weitgehend bekannte, aber neu arrangierte Umgebungen. Es ist nahezu alles dabei - die Kanalisation, allerlei produktionstechnische Einrichtungen, ein Gebäude der Geheimpolizei, eine Venusbasis inkl. Außeneinsatz etc. Auch ein Ritt auf einem Panzerhund darf nicht fehlen, wobei das Biest in The New Colossus erst umprogrammiert werden musste, der hier aber nicht.

Die vier Mitglieder des Ku-Klux-Klans kann man umgehen oder ausschalten. Eine Granate würde sich förmlich anbieten.
 

Abgesehen von den typischen Level-Arealen, in denen es Aufseher gibt, die Alarm schlagen können und Verstärkung holen, fällt auf, dass die Gebiete einen stärkeren Schlauchcharakter haben und neben den Arbeitsstätten von Dr. Metze fehlt es ganz klar an Besonderheiten. Neue Gegner sucht man vergebens. Man trifft auf die üblichen Verdächtigen in stellenweise fiesen Kombinationen.

Waffen, reichlich Munition und Modifikationen für die Knarren findet Joe quasi im Vorbeigehen. Außerdem kann er - wie BJ mit seinen Donnerfäusten - durch poröse Wände laufen, weil er halt ein Profi-Quarterback ist.

Fazit

"Die Abenteuer des Revolverhelden Joe", die erste Episode der Freiheitschroniken, bietet die typischen Wolfenstein-2-Shooter-Gefechte in reduzierter Reinkultur - mit den gewohnten Stärken (unterschiedliche Vorgehensweisen) und Schwächen (Treffer-Feedback beim Hauptcharakter). Während die Kämpfe in den bunt gemischten Schlauchlevels durchaus rasant, knallhart und kurzweilig sind, schwächelt die eineinhalb bis zwei Stunden lange Erweiterung hauptsächlich in dem Bereich, in dem The New Colossus so stark war. Die Präsentation der Geschichte in Comicform anstelle der cineastischen Zwischensequenzen zieht klar den Kürzeren, zumal die Comics stellenweise unglücklich in den Ablauf eingebaut wurden (Stichwort: Wartepause). Darüber hinaus kann die Geschichte von Joseph Stallion nicht so richtig überzeugen. Sowohl sein Charakter als auch sein Gegenspieler werden nicht weit genug ausgearbeitet bzw. ausgebaut, obwohl beide Figuren das Potenzial für eine bessere Rachestory gehabt hätten. Den Ausflug zur Venus und die völlig unnötige Superwaffe hätte man sich ebenfalls sparen können. Ein stärkerer Fokus auf die Figuren wäre also wünschenswert gewesen.

Einschätzung: befriedigend

Wertung

XboxOne

Die Abenteuer des Revolverhelden Joe: Kurzweilige Shooter-Erweiterung, die bei Story, Charakteren und Inszenierung aber den Kürzeren zieht.

PlayStation4

Die Abenteuer des Revolverhelden Joe: Kurzweilige Shooter-Erweiterung, die bei Story, Charakteren und Inszenierung aber den Kürzeren zieht.

PC

Die Abenteuer des Revolverhelden Joe: Kurzweilige Shooter-Erweiterung, die bei Story, Charakteren und Inszenierung aber den Kürzeren zieht.

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