TheNightfall24.01.2018, Michael Krosta

Im Test: Gefangen im Horrorhaus

Schon mit Pineview Drive (4P-Wertung: 40%) hat sich der deutsche Entwickler VIS Games nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Jetzt wagt das Team um Andre Bürger mit TheNightfall einen neuen Anlauf, Horrorfreunden das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Ob es gelingt oder die nächste Schlaftablette wartet, verraten wir im Test...

Gefangen im neuen Zuhause

Die Ankunft im neuen Eigenheim hat sich Victoria sicher anders vorgestellt: Während Mann und Kinder sich auf dem Anrufbeantworter erst für den kommenden Tag ankündigen, muss sie die erste Nacht alleine zwischen Umzugskartons und der bereits aufgebauten Einrichtung verbringen. Was sich auf den ersten Blick harmlos anhört, entpuppt sich zunehmend zu einem Nervenkrimi der übernatürlichen Art, denn innerhalb des zweistöckigen Gebäudes gehen zu später Stunde immer merkwürdigere Dinge vor. Da werden Schränke oder andere Möbel von jetzt auf gleich umdekoriert, Türen öffnen und schließen sich wie von Geisterhand oder es gibt Klingel-Terror, obwohl niemand vor dem Eingang steht. Zudem tauchen in den Räumen neben seltsamen Puppen auch Notiz-Zettel auf, deren kryptische Aussagen sich langsam aber sicher zu

Huch, wo kommt denn diese Puppe her? Und warum bewegt sie sich?
Drohungen entwickeln, während gleichzeitig die Intensität der Psychospielchen zunimmt und sogar Stimmen aus dem Nichts flüstern.

Das Hauptziel besteht hauptsächlich darin, die mitunter recht gut versteckten Zettel zu finden. Denn nur dann springt die Uhrzeit jeweils 30 Minuten weiter und man kommt dem großen Ziel ein Stückchen näher, bis 6 Uhr morgens durchzuhalten und die verrückte Nacht zu überstehen. Gleichzeitig wird nur nach jedem dieser Kapitel der Spielstand automatisch gesichert – eine manuelle Speicheroption gibt es leider nicht. Das ist besonders dann nervig, wenn man schon ewig durch das Haus geirrt ist, den nächsten Papierfetzen aber einfach nicht findet und einen Teil des Spielfortschritts verliert, wenn man die Suche frustriert abbricht. Insgesamt ist man etwa acht Stunden beschäftigt, bis endlich der Abspann über den Bildschirm flimmert.

Nerviger Zufallsfaktor

Der Horror wird nicht von den seltsamen Ereignissen im Haus oder den hässlichen Puppen bestimmt, die sich irgendwann sogar leicht bewegen und fies drauflos kichern. Letzteres wird sogar irgendwann nur noch nervig und lächerlich, aber niemals gruselig. Gleiches gilt für die Schockeffekte der ganz billigen Machart, in der teilweise bloß der Ton plötzlich aufgedreht und mit einem Lichtblitz kombiniert wird – langweilig! Nein, der wahre Horror von TheNightfall liegt im Spieldesign: Nach jedem neuen Zettelfund wird das Geschehen nicht nur von einer elendig langen Ladezeit unterbrochen, sondern auch die zahlreichen Schubladen und Schränke werden wieder per Zufall mit Gegenständen gefüllt. Wie etwa Batterien für eine Taschenlampe, die man aber erst dann aufsammeln darf, sobald sich die Funzel im Besitz befindet – was für ein Unsinn! Oder

Nett: Findet man die entsprechenden Module, lassen sich Varianten von Arcade-Klassikern zocken.
Kerzen und Streichhölzer, die man genau zusammen mit der Taschenlampe aber eigentlich ohnehin erst im letzten Drittel des Spiels benötigt, sobald der Strom im Haus ausfällt. Von daher hält sich auch die künstliche (und ebenfalls etwas unlogische) Beschränkung in Grenzen...

Zunächst freut man sich vor allem über den Fund von Disketten, die man sogar mit dem C-64 in einem der Zimmer nutzen kann, um die Retro-Effekte und typischen Chip-Klänge zu genießen. Außerdem stößt man auf versteckte Spielmodule stößt, die in die Konsole im Wohnzimmer gesteckt werden dürfen. Hier warten dann tatsächlich mehr oder weniger gut umgesetzte Interpretationen von Arcade-Klassikern wie Pac-Man oder Space Invaders, die mehr Spaß machen als das dröge Hauptspiel. Denn das ständige Durchwühlen des Mobiliars geht einem schon nach kurzer Zeit genauso gewaltig auf den Keks wie die gefühlte Dauerschleife von pseudo-gruseligen Ereignissen in Kombinationen mit dem erzwungenen Umherirren durch die überschauliche Anzahl an Räumen, um irgendwo das nächste Skript-Ereignis auszulösen. Das ist einfach nur ein Spieldesign aus der Hölle! Und sonderlich durchdacht wirkt es auch nicht: So findet man z.B. noch weitere Disketten während des Stromausfalls, die man folglich nicht mehr mit dem Computer benutzen kann. Zudem kann man sich zwar sein Inventar mit einer ganzen Armada an Eiern aus dem Kühlschrank zumüllen, aber das Messer aus der Küche darf man nicht einstecken, obwohl sich die Protagonistin bedroht fühlt und Angst hat. Der Hammer ist aber die folgende Szene: Nach der Reparatur des Telefons ruft sie bei der Polizei an und bittet panisch um Hilfe, weil sie in ihrem eigenen Haus eingesperrt ist und seltsame Dinge vorgehen. Ja, die Haustür ist verschlossen, später auch der Zugang zum Garten. Aber die Fenster lassen sich zu diesem Zeitpunkt noch öffnen und würden in der Realität geradezu nach einer Fluchtmöglichkeit schreien. Okay, es ist ein Horrorspiel. Aber selten hat ein Szenario so unglaubwürdig gewirkt wie hier.

„Nicht jetzt, mein kleiner Freund“

Dazu gesellen sich Momente, in denen die Designer wohl witzig sein wollten, aber der Humor völlig deplatziert wirkt. So findet man beim Durchwühlen einer Schublade im Schlafzimmer ein Sexspielzeug für Damen, das im Gegensatz zu all den anderen Gegenständen seltsamerweise immer an seinem Stammplatz verweilt. Will man es benutzen, darf man sich eine kleine Auswahl an dämlichen Kommentaren anhören, die im Zusammenspiel mit der unterirdischen Leistung der deutschen Sprecherin endgültig zum Fremdschämen einladen. Doch auch unabhängig von dieser peinlichen Situation fällt es schwer, ihr oder den anderen durch die Bank weg miserablen Akteuren und ihrem unprofessionell vorgetragenen Geschwafel länger zuzuhören. Da ist man fast schon dankbar, dass die Protagonistin nicht noch ständig über die merkwürdigen Ereignisse im Haus reflektiert, obwohl zumindest eine zunehmend starke Atmung im Stil von Outlast oder ein lauter Schrei die Panik hätte gut unterstreichen können - Chance vertan!

Angesichts des grausigen Spieldesigns möchte man die Verantwortlichen manchmal am liebsten mit Eiern bewerfen.
Schlimm ist auch der Moment, in dem man zum ersten Mal in einen Spiegel schaut und kein Spiegelbild entdeckt. Diesen Fakt greift die Sprecherin tatsächlich auf und meint, dass sie wohl entweder ein Vampir oder die verwendete Grafikengine vielleicht einfach nicht leistungsfähig genug sei. Mal abgesehen davon, dass die Technik tatsächlich sehr mager ausfällt und unseren recht potenten Rechner trotz der unspektakulären Kulisse schon auf mittleren Einstellung ins Schwitzen brachte: Wie kann man nur auf eine solch blöde Idee kommen und mit diesem Unsinn die vierte Wand aufbrechen? Gerade in einem Horrorspiel ist das – zumindest in dieser plumpen Machart – der Atmosphärekiller schlechthin und man will eigentlich nur noch seinen Kopf auf die Tischplatte schlagen! Okay, das kann auch unbewusst passieren, wenn einem angesichts der schnarchigen Dramaturgie und mangelden Abwechslung irgendwann gelangweilt die Augen zufallen. Nur ab und an blitzen nette Ideen auf, wie etwa eine gelungene Sequenz rund um Luftballons oder auch die Einbindung der Videospielkonsole an einer bestimmten Stelle. Aber solche wenigen guten Momente können diese technisch und inhaltlich erschreckend schwache Horror-Schlaftablette auch nicht mehr retten...

Fazit

TheNightfall zählt zu den schlechtesten und langweiligsten Horror-Erlebnissen, durch die ich mich jemals durchgequält habe. Hier stimmt eigentlich gar nichts: Das Spieledesign ist katastrophal und die Schockmomente nutzen sich aufgrund der ständigen Wiederholungen entweder rasant ab oder zünden erst gar nicht und bewirken aufgrund der Lächerlichkeit häufig sogar das Gegenteil. Das miserable Drehbuch trägt im Zusammenspiel mit den furchtbar schlechten Sprechern ebenso dazu bei, dass man die Handlung kaum ernst nehmen kann. Am meisten schockiert mich an TheNightfall, dass die Macher für diesen Schund tatsächlich über 20 Euro verlangen! Tut euch selbst einen Gefallen und macht einen riesigen Bogen um dieses Horrorhaus oder greift lieber zu wesentlich unterhaltsameren Alternativen wie Resident Evil 7, Outlast oder Layers of Fear.

Pro

vereinzelt blitzen interessante Ideen auf
spielbare Arcade-Klassiker und Retro-Demos

Kontra

grauenhaftes Spieldesign
billige Schockeffekte
mitunter peinliche Fremdschäm-Momente
unterirdische Darbietungen der Synchronsprecher
öde, kaum vorhandene und repetitive Spielmechanik
lächerliche, klischeebehaftete Story
miserable Performance der Grafik-Engine
angestaubte Kulisse
z.T. unsinnige Item-Verteilung per Zufall
halbherzige Controller-Unterstützung
lange Ladezeiten zwischen Kapiteln
kein manuelles Speichern möglich
kleine Spielwelt
unverschämt hoher Preis

Wertung

PC

Fürchterliches Spieldesign, erschreckende Technik und grausige Story: TheNightfall ist eines der schlechtesten und langweiligsten Horrorspiele, für das man Zeit und Geld verschwenden kann.

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