Im Test: Auf den Spuren des Bullfrog-Klassikers
Die seit Jahren geschlossenen Bullfrog- und Lionhead-Studios haben mein Interesse an Aufbau-Strategie begründet und gefördert. Dementsprechend groß war meine Freude, als Sega mit Two Point Hospital (
ab 19,16€ bei kaufen) quasi den geistigen Nachfahren von Theme Hospital ankündigte. Umso mehr, als ich erfuhr, dass das Team weitgehend aus Veteranen besteht, die u.a. am Vorbild gearbeitet haben. Im Test klären wir, ob sich diese Erfahrung auch im Spaßfaktor zeigt.
Es müssen hunderte Stunden sein, die ich seinerzeit in Spiele wie Theme Park, Theme Hospital oder zuletzt The Movies (inkl. Add-On) investiert habe. Doch die Art und Weise, wie diese Titel Aufbau-Strategie zelebrierten, hat bei mir sofort Wirkung gezeigt und mich lange beschäftigt. Leicht zugänglich, dabei doch mit teils enormem Tiefgang, clever miteinander verknüpften Mechaniken sowie nicht zuletzt einer enormen Prise Humor ausgestattet, verging die Zeit mit der Leitung eines Vergnügungsparks, eines Krankenhauses bzw. eines Filmstudios wie im Flug. Und bereits mit dem ersten Besuch in der Welt von Two Point Hospital werden all diese Erinnerungen wieder hochgespült.
Dass an Two Point Hospital u.a. Bullfrog-Veteranen mitgewirkt haben, ist nicht nur am Grafikstil, sondern auch der nach leichtem Einstieg einsetzenden Motivationsspirale zu erkennen.
Dabei sind es nicht nur die comichaften Figuren in der allgemein recht bunten Umgebung, die wohlige Erinnerungen wachrufen. Auch die mitunter sehr merkwürdigen Krankheiten, die man häufig mit nicht minder merkwürdigen Mitteln kuriert, sind ein deutliches Zeichen, dass Theme Hospital hier das Vorbild war. Und nicht zuletzt sorgt die Einfachheit in der Bedienung von Krankenhausaufbau, der Mitarbeiter-Akquise sowie allgemeiner Verwaltung der einem unterstellten Kliniken wie früher dafür, dass man einen schnellen Einstieg in die absurde Welt von Two Point mit seinen Krankenhäusern findet.
Es beginnt alles harmlos: In der ersten vollkommen leeren Klinik (insgesamt kann man sich an 15 Krankenhäusern betätigen) baut man einen Empfangstisch und erste Untersuchungs- sowie Behandlungsräume, die eine Mindestgröße haben und mit einem Minimum an Gegenständen bestückt werden müssen. Das Geld, das dafür ausgegeben werden muss, holt man u.a. durch Behandlungskosten wieder rein. Oder aber durch zusätzliche Einnahmequellen wie Getränke- oder Snackautomaten.
Auf der großräumigen Karte darf jederzeit zwischen allen freigespielten Kliniken gewechselt werden.
Da es mitunter länger dauern kann, bis komplizierte Erkrankungen diagnostiziert sind, ist die Erfüllung von Grundbedürfnissen durchaus wichtig, da sich dies direkt auf die Zufriedenheit der Patienten auswirkt und damit den Ruf des Krankenhauses steigert – wodurch wiederum zusätzliche Kranke zur Heilung in die Hallen gelockt werden. Hat man die einzelnen Räume noch mit Ärzten und Krankenpflegern versehen, die allesamt mit durchaus Auswirkungen zeigenden positiven sowie negativen Eigenschaften versehen sind und zur Administration noch Angestellte und Hausmeister engagiert, harrt man der Dinge, die da kommen mögen.
Und spätestens jetzt wird eine Schleife in Gang gesetzt, die sich auf den Spielfortschritt und damit auf die Motivation auswirkt. Um erfolgreich zu sein, muss man nicht nur die Patienten heilen oder bei Laune halten. Auch die Angestellten wollen gehegt und gepflegt werden - sie brauchen z.B. einen Pausenraum, um sich zu erholen. Mit zunehmender Erfahrung winken Beförderungen, bei denen man über das Gehalt zusätzlich die Zufriedenheit steigern kann. Qualifizierteres Personal hilft nicht nur, effektiv die festgestellten Krankheiten zu behandeln, sondern ist auch besser geeignet, um noch unbekannte Leiden diagnostizieren zu können. Und davon wird man im Laufe seiner Karriere mehr als genug bekommen. Doch auch hier wird man erst nach und nach an die Möglichkeiten herangeführt. Zuerst gilt es, sich über die Erfüllung bestimmter Aufgaben in der ersten Klinik den ersten Stern zu verdienen. Damit gibt es Zugriff auf neue Kliniken, neue Aufgaben und zumeist neue Spielelemente, die sich auch nachhaltig auswirken. Hier lernt man, wie man seine Angestellten weiterbildet. Dort kann man die Forschung in Gang bringen. An wieder anderer Stelle bekommt man eine mittlerweile auch im ersten Krankenhaus dringend benötigte Behandlungsoption, so dass man weitere Sterne und damit neue, komplexere Missionen freischaltet.
Zeit- und Platzmanagement
Immer wieder wird man von VIPs wie Hygiene-Inspektoren etc. "heimgesucht". Finden sie keine Beanstandungen, gibt das einen ordentlichen Reputations-Bonus.
Gleichzeitig lernt man ganz nebenbei, den angebotenen Platz so effektiv wie möglich zu nutzen und mit ggf. vorhandenen Handicaps wie Kälteeinbrüchen oder Erdbeben fertig zu werden. Es kann Kliniken geben, bei denen es z.B. keine Möglichkeit gibt, sein Areal durch den Kauf neuer Grundstücke zu erweitern. Ein anderes wiederum ist als Lehrkrankenhaus vorgesehen und erlaubt einem daher nur die Einstellung von günstigen Nachwuchskräften, die man durch (kostspielige) interne Weiterbildung zu hochrangigen Ärzten oder Pflegern macht. Und spätestens wenn man für seine Dienste kein Geld bekommt und dies durch andere Einkünfte wie z.B. Belohnungen für VIP-Besuche oder Herausforderungen des Personals wettmachen muss, wird man richtig gefordert. Wobei man unter dem Strich zu selten, genauer: erst spät monetäre Probleme hat und einen Kredit aufnehmen bzw. in den übersichtlichen Statistik- bzw. Einstell-Bildschirmen die Preise anpassen muss, um wieder schwarze Zahlen schreiben zu können. Obwohl man immer wieder mit neuen Situationen konfrontiert wird, auf die man ggf. unter Zuhilfenahme der zuschaltbaren Info-Overlays reagieren muss, kämpft Two Point Hospital mittelfristig mit leichten Abnutzungserscheinungen.
Auch wenn man viel beachten muss, wird Two Point Hospital nur selten stressig.
Das betrifft nicht nur die zwar humorvollen, aber irgendwann bekannten Krankheitstypen, an deren Behandlungsmethoden man sich irgendwann satt gesehen hat. Vor allem die sich viel zu schnell wiederholenden Durchsagen der Krankenhausverwaltung sind irgendwann nicht mehr witzig, sondern nervig, während auch die prinzipiell gelungenen Gags der Radio-DJs auf Dauer ihren Reiz verlieren. Zudem läuft der Aufbau in der Anfangsphase jeder Klinik zumeist nach Schema F: Aufnahme, Arztpraxis, Apotheke, Allgemeine Diagnostik, dann Spezialabteilungen oder Stationen. Und das wiederum würde massiv erleichtert bzw. komfortabler gestaltet werden, wenn man sich Schablonen für die einzelnen Räume anlegen dürfte, in denen man z.B. auch schon nötige sowie optionale Objekte platziert hat. Da es mit Ausnahme der Stationen oder Pausenräume keine wesentlichen Vorteile mit sich bringt, wenn man die Zimmergröße über die Minimalanforderung setzt und man entsprechend auch bei den Gegenständen zumeist das gleiche Layout wählt, wäre der Ausbau schneller erledigt, so dass man sich um die wesentlichen Probleme oder Detailverbesserungen der Räumlichkeiten kümmern könnte.
Fazit
Es ist nicht viel, was Two Point Hospital als spiritueller Nachfolger von Bullfrogs Theme Hospital vom Gold-Award fernhält. Doch die Kleinigkeiten wie der Humor, der nach gutem Start bedingt durch hohe Wiederholungsanfälligkeit abflaut oder die zu häufig ähnliche Startphase in jeder neuen Klinik, die durch Raumschablonen zum schnellen Klinikausbau zumindest aufgefangen werden könnte, nerven nach einigen Stunden und sind entscheidend. Durch kontinuierlich neue Herausforderungen, die Eigenheiten jedes Krankenhauses und nicht zuletzt auch den durch die stimmungsvolle Comic-Kulisse angeheizten Aquariumeffekt, der zum Zuschauen lockt, wird die Lust an der Krankheitsbekämpfung dennoch auf einem hohen Niveau gehalten. Umso mehr, wenn man die Klassiker mag, an denen sich Two Point Hospital orientiert. Es gibt immer etwas zu tun, viel freizuschalten und wenn man will, kann man sich zur Erholung nicht nur an den humorvollen Leiden der Patienten, sondern auch den subtil sowie gut umgesetzten Persönlichkeiten der Angestellten erfreuen, die allerdings nur wenig Auswirkung auf den Spielverlauf zeigen. Die Two Point Studios zeigen hier, dass klassische Konzepte in einem modernen Gewand immer noch funktionieren und ich bin gespannt, ob sich das Team vielleicht als nächstes an einen geistigen Nachfahren von The Movies wagt.
Pro
add_circle_outline eingängige Steuerung
add_circle_outline stimmungsvolle Comic-Kulisse im Stile der Klassiker wie Theme Hospital oder The Movies
add_circle_outline witzige Krankheiten
add_circle_outline generell hoher Humoranteil
add_circle_outline jederzeit Wechsel zwischen allen freigeschalteten Kliniken möglich
add_circle_outline Angestellte mit Persönlichkeit
add_circle_outline Kliniken mit spezifischen Eigenheiten
add_circle_outline umfangreiche Statistiken und optionale Info-Einblendungen
add_circle_outline mehr als genug Haupt- und Nebenaufgaben sowie Herausforderungen
add_circle_outline hohes "Zuschauer"-Vergnügen
add_circle_outline geringe Hardware-Anforderungen
Kontra
remove_circle_outline Humor von Krankenhaus
remove_circle_outline und DJ-Durchsagen schnell erschöpft
remove_circle_outline zumeist banaler Soundtrack
remove_circle_outline keine Raumschablonen möglich
remove_circle_outline Einstieg bei jeder Klinik trotz unterschiedlicher Voraussetzungen häufig sehr ähnlich
Wertung
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