Blitzkrieg 210.10.2005, Bodo Naser
Blitzkrieg 2

Im Test:

Pixelmännchen ade - auch die Weltkriegsschlachten von Blitzkrieg sind in der schönen neuen 3D-Welt angekommen. Obwohl, so schön ist sie nun auch wieder nicht. Blitzkrieg 2 (ab 26,99€ bei kaufen) von CDV und Nival Interactive wartet zwar mit komplett runderneuerter Kulisse und einigen sinnvollen Neuerungen beim Gameplay auf. Euch springt aber auch viel Altvertrautes ins Auge, wenn ihr eure Panzer, Bomber und Soldaten auf den Schlachtfeldern von Metz bis Manila kommandiert.

Teil 1, oder was?

Hoppla, das kennt man doch. Blitzkrieg eins, oder? Wäre da nicht das neue Menü, könnte man glatt auf die Idee kommen.
Blitzkrieg 2 versucht einen Mittelweg zwischen dem unkompliziertem Spaß eines Codename: Panzers und der Hardcore-Strategie, was letztlich scheitert, da dabei auf eine mitreißende Story verzichtet wurde. Boshafte Zungen würden das Ganze schlicht als Grafik-Update bezeichnen, da es nicht gerade für einen spielerischen Neubeginn sorgt. Drei Kampagnen mit den üblichen Nationen USA, Deutschland und Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg stehen euch zur Wahl, die alle mit eigenem Sound und Sprachausgabe ausgestattet sind. Die Verbindung zwischen den einzelnen Schlachten ist lose, eher willkürlich und nicht immer durch den Kriegsverlauf bestimmt. Einzig ein japanischer Feldzug fehlt, der wird aber sicher noch in einem unvermeidlichen Add-On nachgereicht. Wieso das Spiel nicht einfach mal in einen anderen Krieg verlegt wurde, bleibt jedoch eine berechtigte Frage. Passende Konflikte gäbe es schließlich genug.

Offiziere selbst bestimmen

Dass das Echtzeit-Strategiespiel dann doch noch zum Weiterspielen motiviert, liegt an einer Hand voll Neuerungen, die zunächst süchtig machen, aber nicht den Kern des Spiels berühren. Das betrifft in erster Linie die Kommandeure der verschiedenen Truppentypen (Panzer, Panzerjäger, Infanterie und Flugzeuge usw.), die ihr nun samt Namen bestimmen dürft. Sie gewinnen an Erfahrung, was ihren Einheiten wichtige neue Funktionen und Befehle wie Schnellfeuer, Patrouille oder Handgranatenangriff beschert. Ihr könnt also voll auf die Panzerwaffe setzen und die wieder in Gruppen marschierende Infanterie vernachlässigen. Ihr dürft euch ferner nun den Einsatzort der insgesamt 36 Missionen auswählen. Die Aufträge selbst sind dann aber wieder wie die alten, woran auch Nachtgefechte und Wettläufe auf Zeit nur recht wenig ändern.

Unrealistische Waffen

Auch die Schauplätze sind altbekannt. Hier bei der Verteidigung von Rommels Afrikakorps in der Wüste vor Tobruk. 
Die Waffensysteme müsst ihr euch nun erst hintereinander freispielen, was bei dem Spiel fast noch am meisten motiviert und mit Verlauf des Krieges passiert. Die Schussreichweite, Panzerung und Kampfkraft der historischen Einheiten sind allerdings kaum realistisch. Dienten leichte Panzer (zu denen jetzt seltsamerweise auch der Panzer III zählt) beim Vorgänger lediglich als Kanonenfutter, so kommt ihr damit schon recht weit. Ein Panzer II reicht sogar, um massive Häuser zum Einsturz zu bringen. Bisweilen feuert er sogar wie von Geisterhand durch Gebäude hindurch. Fast schneller flöten gehen da die mittleren Panzer Sherman, Panzer IV oder T-34, die eigentlich besser gepanzert sein sollten. Panzerabwehrgeschütze besitzen eine elend lange Reichweite und sind jenen aus Teil eins überlegen. Immerhin geht es nicht mehr, mit einem getarnten Scharfschützen die ganze Karte leerzufegen. Hier ist die Mod-Szene gefragt, die hoffentlich wieder für hyperrealistische Erweiterungen sorgen wird

                     

KI-Schwächen

Im Gewirr der Straßen und Häuser verirren sich eure Truppen schon mal und geraten daher in einen Hinterhalt.
Mit der Intelligenz eurer eigenen Einheiten ist es leider nicht weit her, denn sie haben trotz der meist überschaubaren Karten Orientierungsprobleme. Trotz einer im Vergleich zum Vorgänger übersichtlichen Bedienung, greifen sie nicht immer an, wie ihr euch das wünscht. Sie verirren sich schon mal, geraten unter Beschuss und gehen im Feindfeuer verloren. Dass Panzer fast immer ihr Bordgeschütz nehmen, um auf Infanteristen zu schießen, ist schlicht Verschwendung von Munition, die leider nicht unbegrenzt vorhanden ist. Das MG wird leider nur auf allernächste Entfernung verwendet, aber dann werfen die Landser wieder mit Handgranaten. Infanterie ignoriert schon mal die Befehle zum Vorrücken ganz. Die KI der Computergegner kann sich hingegen durchaus sehen lassen, da sie euch öfters mal durch unerwartete Angriffe in Verlegenheit bringt. Allerdings sind bei ihr wieder viel geskriptete Ereignisse mit von der Partie.

Nachschub ohne Verstand

Was hat die russischen Entwickler wohl geritten, ein derartiges System für den Nachschub einzuführen. Was beim Multiplayer vielleicht noch sinnvoll ist, macht jede Schlacht auf Schwierigkeitsgrad normal zum Kinderspiel. Denn ihr könnt praktisch unbegrenzt neue Einheiten anfordern, was zumindest für die Deutschen auch total unrealistisch ist. Es kommt aber noch besser, denn je öfter ihr eine Truppengattung einsetzt, desto besser werden deren Einheiten. Das bewirkt das neue Erfahrungssystem der Kommandeure, denn

Vor Moskau könnt ihr nun immerhin bestimmen, wo ihr kämpfen wollt und wer eure Truppen führen soll.
 die Erfahrung des Nachschubs steigt mit dem Einsatz auf dem Schlachtfeld. So bekommt ihr am Schluss einer Schlacht meist bessere Truppen als am Anfang, was dem Ganzen die Krone aufsetzt. Auch der Bombereinsatz ist derart eigentlich ohne Unterlass möglich.

Kein Spiel über den Blitzkrieg

Blitzkrieg 2 ist somit eigentlich kein Spiel über den Blitzkrieg. Ein kurzer Blick ins Lexikon zeigt, was der militärische Begriff ursprünglich bedeutet: Er meint den kombinierten Einsatz von Panzern, Schlachtfliegern und Artillerie, um schnell Durchbrüche zu erzielen. Diese sollen die Panzer ausnützen, um rasch ins Hinterland des Feindes vorzustoßen und dort für Verwirrung zu sorgen. Kombinieren der Waffen ja, aber das strenge Abklappern der Siegpunkte hintereinander verhindert gerade weitreichende Operationen. Ein freies Vorrücken wird zusätzlich durch die Karten gehemmt, die keinen Platz zum Manövrieren lassen. Schleichwege sind obwohl eingezeichnet nicht immer begehbar. Der Panzer kommt so oft nur zur Unterstützung der Infanterie vor, was der Blitzkriegsführung widerspricht

          

Multiplayer

Mit am meisten verändert hat sich noch beim Multiplayer. Zu mehreren könnt ihr Blitzkrieg 2 mit bis zu acht Spielern im LAN oder Internet spielen. Es gibt sogar eine eigene Community mit Servern, auf denen ihr gegen Generäle aus aller Herren Länder antreten könnt. Es existieren ein freies Spiel und ein Ranglistenspiel, für das ihr erst einmal eine Technologiestufe auswählen müsst. Ihr beginnt mit wenig Einheiten, einem eigenem Depot und Pionieren, die zerstörte Bunker reparieren können. Hier ist der beständige Nachschub dann goldrichtig, da es hier mehr um Ausgeglichenheiten denn um Authentizität geht. Eigene Karten könnt ihr mit dem beliegenden Leveleditor erstellen, für den erfreulicherweise auch ein dickes Handbuch beiliegt.

Bunte Grafik

Trotz neuer Engine erinnert die neue 3D-Grafik unweigerlich wieder an die alte, da sie deren Look aufgreift. Auch bei höchster Auflösung sieht die Grafik leider etwas grobkörnig aus. Obwohl hier und da ein Schaf blökt, gibt es nur recht wenig Details, welche die insgesamt etwas zu farbenfroh geratene Szenerie auflockern könnten. Obwohl in Teilen zerstörbar wirkt die Umgebung daher mindestens ebenso steif wie beim Vorgänger.

Auch die Nachtmissionen liefern spielerisch und optisch nur wenig Abwechslung. 
Einzig die effektreichen Explosionen der altertümlichen Vehikel wissen vollends zu überzeugen. Raus und Reinzoomen ist nur bis zum einem gewissen Grad und nicht bis nach ganz oben erlaubt, was Übersicht nimmt. Zeitgenössische Schwarz-Weiß-Filme führen bisweilen den Verlauf des Krieges weiter.

Startprobleme

Die letzten drei Spiele von CDV sind bei mir nur ab und an mal gelaufen, was wohl an dem verwendeten Kopierschutz Starforce liegt. Das Spiel startet entweder überhaupt nicht oder total verlangsamt, so dass es unspielbar ist. Das lässt sich nur durch einen Neustart des PC beheben. Der Publisher sollte sich hier wirklich überlegen, ob er nicht mal auf ein anderes System zurückgreift. Ansonsten wird nur verhindert, dass Leute das Spiel spielen können, die es eigentlich rechtmäßig erworben haben. Auch mit dem Multiplayer-Server gab es Probleme, die aber inzwischen durch einen Hotfix beseitigt wurden.

       

Fazit

Blitzkrieg 2 ist so ziemlich das größte Déjà-vu, das ihr euch vorstellen könnt. Die neue 3D-Optik, die keinesfalls überragend ist, kann kaum darüber hinwegtäuschen, dass so ziemlich alles von Bedeutung beim Alten geblieben ist: Das ausgelutschte Szenario Zweiter Weltkrieg, die drei altbekannten Kriegsparteien Deutschland, USA und Russland, die Einheiten, die inzwischen schon jeder auswendig im Schlaf herunterbeten kann, sowie der stets ähnliche Aufbau der Missionen. Letztere sind es dann auch, die einem den verbliebenen Langzeitspaß trotz bestimmbarer Kommandanten, Einsatzorte und Nachschub richtig vermiesen. Irgendwann hat es jeder satt, zum x-ten Mal irgendwelche Eingeschlossenen rauszuhauen oder ein paar Punkte auf der Karte abzuklappern. Großartige Taktik ist auch nicht gefragt, da der Nachschub scheinbar endlos weiterrollt. Ihr habt also gar kein Interesse daran, die wenig clever agierenden Truppen am Leben zu erhalten, da ihr sie auch nicht in die nächste Schlacht mitnehmt. Einzig beim Multiplayer im Internet sind die Kämpfe noch einigermaßen spannend, da hier das Konzept mit dem Nachschub aufgeht.

Pro

Einsätze selbst wählen
Eigenschaften der Kommandeure bestimmen
übersichtliche Bedienung
Multiplayer auf eigenem Server
schöne Explosionen
Level-Editor
ausführliche Handbücher

Kontra

spielt sich ähnlich wie erster Teil
Missionen ähneln sich
Japan nicht spielbar
schwache KI der eigenen Truppe
praktisch unbegrenzt Nachschub
keine realistische Durchschlagskraft
nicht ganz raus oder rein zoomen
detailarme Darstellung
Spiel startet öfters nicht

Wertung

PC

Trotz 3D-Optik ein Deja-vu an allen Fronten

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