Test: Fallout 76 (Rollenspiel)

von Mathias Oertel



Fallout 76 (Rollenspiel) von Bethesda
Postapokalyptischer Super-GAU
Publisher: Bethesda
Release:
14.11.2018
14.11.2018
14.10.2018
14.11.2018
14.11.2018
Erhältlich: Digital, Einzelhandel
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Fallout hat sich bei Bethesda von einem Taktik-Spektakel vor dem Hintergrund einer Postapokalypse zu einem der Rollenspiel-Schwergewichte schlechthin gemausert – offline wohlgemerkt. Doch mit dem überraschend  im Frühjahr angekündigten Fallout 76 verabreicht man dem Ödland eine Online-Kur und hat sich wie seinerzeit bei The Elder Scrolls Online erst einmal den Groll der Community zugezogen. Im ersten Teil unseres Tests verraten wir, welchen Eindruck wir nach 15 Stunden im nuklear verseuchten Virginia haben.



Klassischer Beginn

Fallout 76 beginnt erzählerisch recht klassisch. Man erfährt wie immer, wieso man im Bunker aufwacht, in diesem Fall Nummer 76, bevor man sich im potenten Editor sein virtuelles Alter Ego erschafft und schließlich nach dem großen Krieg als "Wiederaufbauhelfer" in das Gebiet von West Virginia entlassen wird, das etwa vier Mal so groß ist wie das Fallout-4-Areal. Man marschiert an Mister Handys vorbei, die einen im ansonsten wie ausgestorbenen Bunker begrüßen. Sie sind es auch, die einen durch die Gänge leiten und mit den wesentlichen Änderungen der im Kern natürlich weiter auf den Offline-Fallouts basierenden Mechaniken bekannt machen. Und dann ist es soweit: Man steht vor dem Ausgang, der sich langsam und majestätisch öffnet. Das gleißende Sonnenlicht brennt sich auf die Netzhaut...

Eine gravierende Änderung: Das S.P.E.C.I.A.L.-System für die Charakter-Entwicklung wurde auf Karten umgestellt - was unter dem Strich allerdings weniger stört als gedacht.
Eine gravierende Änderung: Das S.P.E .C.I.A.L.-System für die Charakter-Entwicklung wurde auf Karten umgestellt - was unter dem Strich allerdings weniger stört als gedacht.
... und dann ist man draußen. Und man fühlt sich sofort wie in einem echten Fallout – also einem Offline-Abenteuer. Der Blick schweift in die Entfernung. Sieht doch ganz nett aus. Noch bunter als Fallout 4 und damit definitiv einen deutlich freundlicheren Eindruck hinterlassend als das zumeist braungraue Fallout 3 werde ich vom altbekannten Erforschungsfieber gepackt, das für mich bei Bethesda-Rollenspielen quasi automatisch greift. Was verbirgt sich hinter der nächsten Kuppe? Hier ist ein Symbol auf dem Kompass aufgetaucht, dem ich nachgehen muss. Dort kommt ein weiteres. Und noch eines. Wie man es kennt, wird die Neugier durch diese sich stets erweiternde Welt angeheizt. Ein Blick auf die Karte, die hier von Beginn an komplett freigeschaltet ist, auch wenn entscheidende Entdeckungen und damit Orte für die kostenpflichtige Schnellreise erst nach und nach eingezeichnet werden, zeigt aber auch merkwürdige graue Punkte?!?

Das gemeinsame Offline-Erlebnis

Stimmt, da war ja was: Fallout 76 ist ein Online-Spiel. Man teilt sich die Welt mit anderen Bunker-Überlebenden, die wie man selbst den Wiederaufbau nach dem großen Krieg vorantreiben sollen. Im Gegensatz zu anderen, meist in der Fantasy angesiedelten Online-Rollenspielen, gibt es in der Welt von Fallout 76 allerdings keine unterschiedlichen Startgebiete. Alle starten in Vault 76, sprich: ist man mit keinem höherstufigen Spieler  in einer Welt, gibt es an bestimmten erzählerischen Knotenpunkten, die zumeist mit der Hauptmissionslinie der Bunker-Aufseherin zusammenhängen Ballungspunkte, an denen man mit anderen menschlichen Spielern zusammentrifft. Doch irgendwann bzw. spätestens, wenn man nach einem Ausloggen und Neustart in einer anderen Welt landet, verteilen sich die Spieler über die Karte. Und das bedeutet, dass man sich schon sehr alleine fühlt. Die Einsamkeit, die dem Ödland schon immer innewohnte, war noch nie so groß wie hier. Allerdings stelle ich mir schon die Frage, wieso es keine anderen Überlebenden gibt. Selbst die im Rahmen der Erzählung vor einem kommenden Ersthelfer und Wiederaufbauer haben bereits wieder das Zeitliche gesegnet. Ihnen begegnet man nur über Holotape-Audioaufnahmen und ihre zumeist in Computern versteckten Text-Journale, die auch gleichzeitig als Auslöser für Missionen dienen können. Da man allerdings ansonsten nur noch Robotern und Gegnern begegnet, darunter bekannten

West Virginia hinterlässt visuell einen ordentlichen Eindruck - kann aber auch nur selten beeindrucken.
West Virginia hinterlässt visuell einen ordentlichen Eindruck - kann aber auch nur selten beeindrucken.
Mutationen wie den Maulwurfsratten, Ghulen oder den orkhaften Mutanten, wirkt die Welt unnatürlich leblos auf mich. Ich stehe in einem Logik-Zwiespalt, ob die zeitliche Differenz von 170 bzw. 180 Jahren auf die Ereignisse in Fallout 3 und 4 das Fehlen menschlicher Bevölkerung adäquat erklären.

Gibt es keine "natürlichen" Überlebenden und werden die "Wiederaufbauer" der amerikanischen Zivilisation quasi doppeldeutig verwendet? Oder sollten nicht auch in dieser Welt andere "Überlebende" abseits der Spielercharaktere zu finden sein. Denn man darf sich nichts vormachen: Ein MMO (Massively Multiplayer Onlinespiel) ist Fallout 76 auf keinen Fall. Mit nicht einmal 30 Spielern pro Welt, die darüberhinaus aus allen Levelbereichen stammen können, wirkt West Virginia auf mich eher wie eine merkwürdige Symbiose aus Off- und Onlineelementen. Sowohl die soziale als auch die mechanische oder missionsbedingte Interaktion mit anderen Spielern kann man theoretisch ignorieren. Ja: Manche Aufgaben bzw. Dungeons und vor allem die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Events lassen sich leichter bewältigen, wenn man mit anderen unterwegs ist oder sich in deren Schlepptau befindet. Doch in den ersten 15 Stunden, was für mich mit einer eher behäbigen Spielweise sowie wenig Teleportnutzung gleichbedeutend mit Charakterstufe 15 ist, hat mir Fallout 76 keine übermäßigen Anreize geboten, mich einem Team anzuschließen.  Natürlich habe ich hier und da mal eine Einladung eingenommen. Doch da die Gruppe sich nach einem erledigten Event wieder in alle Winde zerstreute und man nur per Zufall oder als Freundeseinladung mit Bekannten in der gleichen Welt landet, spielt sich Fallout 76 eher wie ein Offline-Spiel, in dem mal mehr, mal weniger häufig auch ein anderer Spieler eine Gastrolle übernimmt. Nicht umsonst hat Todd Howard auf einer E3-Präsentation gesagt, dass man zwar „online“ sein müsse, aber es auch komplett alleine spielen und Quests in der Welt ohne andere Mitspieler absolvieren kann.
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Kommentare

Scorcher schrieb am
Ist das Spiel mittlerweile eigentlich geheilt von seinen Problemen. Ich hab auch was gelesen, dass es mal ein Update geben sollte, wo man es ermöglichen wollte, die welt dann doch alleine zu begehen und npc's mit quest einzuführen.... Wäre cool, wenn mir dazu jemand was sagen könnte. Wäre es mittlerweile ein richtiges Fallout, würde ich es gerne spielen.
casanoffi schrieb am
rainynight hat geschrieben: ?12.12.2018 12:35 @casanoffi
Ich dachte ich hätte es klar ausgedrückt, worum es mir geht.
Es geht nicht um Solidarität (im Prinzip könnt ihr von mir aus ja alle machen, was ihr wollt), sondern um unser aller Spielezukunft.
Sobald Publisher mit so nem Scheiß durchkommen und diese "Qualität" Akzeptanz bei den Käufern findet, werden die sich zukünftig genau überlegen, ob sie noch soviel Zeit und Mühe in ihre Spiele stecken.
Wenn man sich gegen etwas auflehnt, was einen persönlich nicht betrifft oder stört (aber man es unterm Strich natürlich nicht in Ordnung findet), dann ist das in meinen Augen ganz eindeutig Solidarität.
Die Grenze verschwimmt hier natürlich, keine Frage.
Aber deswegen schrieb ich ja auch - für diejenigen, für die die Bugs nicht ins Gewicht fallen, für die werden sie auch in Zukunft nicht schwer wiegen.
Natürlich ist es jedem lieber, die Qualität ist besser. Aber den Geldbeutel stecken zu lassen (was die einzige wirksame Methode gegen gewisse Geschäftspraktiken ist), wenn man mit der gegebenen Qualität leben kann, ist halt viel verlangt.
Ich sage nicht, dass das ok ist - ich sage nur, dass es eben für manche zu viel verlangt ist :)
johndoe1887640 schrieb am
@casanoffi
Ich dachte ich hätte es klar ausgedrückt, worum es mir geht.
Es geht nicht um Solidarität (im Prinzip könnt ihr von mir aus ja alle machen, was ihr wollt), sondern um unser aller Spielezukunft.
Sobald Publisher mit so nem Scheiß durchkommen und diese "Qualität" Akzeptanz bei den Käufern findet, werden die sich zukünftig genau überlegen, ob sie noch soviel Zeit und Mühe in ihre Spiele stecken.
Würde ich auch nicht anders machen.
Oder was würdest du tun? Verkaufe ein ausgereiftes Produkt, in welches viel Zeit und Geld geflossen ist, für 60 EUR.
Oder verkaufe ein nicht ausgereiftes, halb fertiges Produkt und bekomme dafür auch 60 EUR.
Und das in einer Zeit, wo man genau merkt, das die Publisher austesten, wie weit die Akzeptanz des Kunden geht.
Jetzt kann man noch ein Zeichen setzen. Wenn diese "Testphase" erstmal vorbei ist und wir nen neuen Qualitätsstandard am Markt haben, isses vorbei. Mehr will ich nicht zu denken geben.
casanoffi schrieb am
rainynight hat geschrieben: ?10.12.2018 14:15Ein Kauf zum Vollpreis und dem damit einhergehenden akzeptieren des Zustands des Endprodukts kann nicht die Lösung sein.
Das setzt ein falsches Zeichen. Wir wollen doch, dass die Qualität der Endprodukte hoch bleibt und man nicht Vollpreis zahlt, um als Betatester herzuhalten und dann erst in einigen Monaten mal ein ansatzweise einwandfreies Produkt zu erhalten.
Da geht es jetzt nicht darum, ob man irgendwie noch etwas Spaß rausquetschen kann, sondern einfach ums Prinzip.
Mit sowas dürfen Entwickler nicht durchkommen.
Wenn sie das tun, stellt man damit vielleicht gleichzeitig die Weichen für das, was uns mit dem nächsten TES oder Fallout erwartet.
Aus Prinzip und aus Solidarität zu denen, die sich daran stören, soll man das Produkt nicht zum Vollpreis kaufen.
Da verlangst Du aber viel :D
Ich meine, prinzipiell hast Du natürlich vollkommen Recht.
Aber diejenigen, für die die Bugs nicht ins Gewicht fallen, für die werden sie auch in Zukunft nicht schwer wiegen.
So hart das auch ist, aber so viel Solidarität wird man kaum verlangen können...
Ist im Prinzip das gleiche, wie mit MTAs.
Man kann es den Leuten einfach nicht vorschreiben, diese nicht zu konsumieren, auch wenn viele Spieler diese MTAs als die Wurzel des Übels erkennen...
edit: ich weiß, dass mein Vergleich mit den MTAs hinkt, weil man theoretisch für das Geld einen Gegenwert erhält.
Für technische Fehler kann man sich sozusagen nichts kaufen ^^
johndoe1887640 schrieb am
PixelMurder hat geschrieben: ?10.12.2018 05:43 Will ich damit Leuten den Spass verderben? Nein. Ihr solltet euch fragen, ob dieses Game wirklich das darstellt, was ihr von einem neuen Game zum Vollpreis erwartet. Ein Rollenspiel, indem man ein paar Stunden Spass mit seinen Buddies haben kann? Ein Game von Bethesda mit einer Note um die 50? Technisch so kaputt, dass es selbst für Bugthesda einzigartig ist? Es geht eben nicht immer nur um den kurzfristigen Spass, in dem Fall geht es um die Politik eines ehemals geschätzen Entiwcklers, der gerade unterwegs zur dunklen Seite der Macht ist und Fallout 76 ist sein Todesstern. Mit netten Worten oder auch bösen erreicht man nichts, der sieht nur noch Zahlen..
Sehr schön geschrieben.
Ehe ich mich jetzt wieder rechtfertige, was genau ich mit "schön reden" meine (wo scheinbar eh jeder seine eigene Definition zu haben scheint), verweise ich auf diesen Kommentar.
Ein Kauf zum Vollpreis und dem damit einhergehenden akzeptieren des Zustands des Endprodukts kann nicht die Lösung sein.
Das setzt ein falsches Zeichen. Wir wollen doch, dass die Qualität der Endprodukte hoch bleibt und man nicht Vollpreis zahlt, um als Betatester herzuhalten und dann erst in einigen Monaten mal ein ansatzweise einwandfreies Produkt zu erhalten.
Da geht es jetzt nicht darum, ob man irgendwie noch etwas Spaß rausquetschen kann, sondern einfach ums Prinzip.
Mit sowas dürfen Entwickler nicht durchkommen.
Wenn sie das tun, stellt man damit vielleicht gleichzeitig die Weichen für das, was uns mit dem nächsten TES oder Fallout erwartet.
schrieb am

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