Bonaparte06.05.2004, Bodo Naser
Bonaparte

Im Test:

Bonaparte (ab 1,99€ bei kaufen) ist nicht nur der Nachname des wohl bekanntesten Korsen aller Zeiten, es klingt auch nach Pulverdampf, siegreichen Schlachten und ganz großen Taten. Ganz nebenbei heißt so auch ein rundenbasiertes Strategiespiel von Enjoy und netmingames, bei dem ihr Frankreich in die Schlacht führen könnt.

Der kleine Korporal

Der kometenhafte Aufstieg Napoleon Bonapartes begann mit der französischen Revolution, die 1795 nach der blutigen Herrschaft der Guillotine eine zutiefst verunsicherte Nation zurückließ. Alles sehnte sich nach innenpolitischer Ruhe und außenpolitischer Stärke, für die der kleine Korse mit seinen zahllosen Siegen auf den Schlachtfeldern Europas stand. Bonaparte wurde Konsul der Republik und ließ sich 1804 sogar zum "Kaiser aller Franzosen" krönen. 1812 jedoch erlitt seine Grande Armee eine bittere Niederlage im harten Winter Russlands, was eine Reihe von nationalen Erhebungen auslöste und 1814 schließlich zu seiner Abdankung führte.

Vielleicht freuen sich ja Buchhalter über die öde Zahlenmystik des Spiels.

Spielprinzip

Viele werden nun wohl denken, ihr könntet bei Bonaparte den Werdegang Napoleons nachspielen. Doch weit gefehlt, denn es spielt sich in etwa wie die abgespeckte Version von Europa Universalis, ohne aber auch nur annähernd dessen strategische Tiefe zu erreichen. Eigentlich geht es beim wenig historischen Strategiespiel darum, eine der fünf Nationen (Frankreich, Preußen, Russland, England und Österreich) innerhalb von 70 Jahren zur Vorherrschaft in Europa zu verhelfen. __NEWCOL__Das Endlosspiel läuft in immer gleichen Monatsrunden ab und beginnt 1789 im vorrevolutionären Frankreich, als noch der unglückliche Ludwig XVI regierte. Am Anfang seid ihr also ein absolutistischer Despot, der sein Volk mittels Spitzeln, Steuergeschenken und Bällen zu beeindrucken versucht.

 

Kaum zu glauben, aber das ist tatsächlich das gesamte Bevölkerungsmenü!

Kaum was zu tun!

Das klingt entfernt nach Klassikern wie Kaiser  , es krankt freilich an der wenig adäquaten Umsetzung der ereignisreichen Epoche. In den Bereich Diplomatie, Militär, Wirtschaft, Forschung und Herrschaft dürft ihr gerade mal eine Handvoll Dinge per Knopfdruck entscheiden. Um etwa die Stimmung im Volk zu verbessern, das immerhin historisch korrekt aus drei Ständen besteht, haltet ihr teure Truppenparaden ab, die jedoch nicht immer ein Erfolg sind.

Die kaum ernstzunehmende Wirtschaftsförderung besteht allein darin, einer Region Geldzahlungen zukommen zu lassen. Seid ihr mir eurem Monat fertig, dann drückt ihr einfach auf weiter. Fällt euch ein, dass ihr doch noch was machen wolltet, habt ihr Pech gehabt, denn es lässt sich nicht rückgängig machen!  

Der Mob begehrt auf

Bevor ihr den nächsten Monat erreicht, der ähnlich ablaufen dürfte, müsst ihr erst das Volk besänftigen. Bisweilen kann es zu einer Rebellion kommen, die sogar in einer Attacke auf euer Leben gipfeln kann. Verhindern kann das eine Leibwache, die ihr freilich gut bezahlen müsst. Da das aber eher vom Zufall abhängt, solltet ihr das Volk schon im Vorfeld auf Linie bringen, was ihr mit einem niedrigen Steuersatz oder mit einer republikanischen Gesetzgebung erreicht. Wer die Rechte für den dritten Stand noch mal verbessern möchte, muss schon den Kommunismus erforscht haben. Hört sich interessant an, ist es aber überhaupt nicht: Ihr gebt eine bestimmte Summe pro Monat für einige Erfindungen in vier Bereichen aus.

Euch gehört schon halb Europa, obwohl die französische Revolution noch nicht mal begonnen hat.

Dröge Schlachten

Eines ist sicher – Napoleon hätte keine große Freude an dem Strategiespiel gehabt, denn er hatte ein Faible fürs geschickte Taktieren auf dem Schlachtfeld. Gerade die Paradedisziplin des Namensgebers wird nämlich sträflich vernachlässigt: Zwar gibt es bei Bonaparte Flotten und Armeen, die ihr mit neuen Schiffen und Soldaten ausrüsten könnt. Die Zahl der Einheiten ist aber limitiert, was die Aktionen stark begrenzt. Greift ihr eine Region an, kommt es zur öde ablaufenden Schlacht, bei der ihr aus ganzen vier Taktiken auswählen dürft. Anschließend bekämpfen sich unansehnliche Pfeile aus Kanonen, Infanterie, Garde und Kavallerie, bis eine Armee vollständig aufgerieben wurde. Das würde auch den berühmten Feldherren zum Gähnen bringen.__NEWCOL__Seichte Diplomatie

Diplomatie klingt gut, ist aber eigentlich viel zu hoch gegriffen, für die bescheidenen Möglichkeiten, die ihr bei Bonaparte außenpolitisch habt. Neben Bündnissen und wenigen Geheimaktionen könnt ihr einer anderen Großmacht auch den Krieg erklären, sonst dürft ihr sie nämlich nicht angreifen.

Da die KI eigentlich immer nur reagiert, wartet ihr einfach mit der Kriegserklärung an eine Großmacht, bis ihr gut gerüstet seid. Praktischerweise müsst ihr den kleinen Nationen (etwa Spanien) nämlich nicht den Krieg erklären, weshalb Europa auch schon nach wenigen Jahren in der Farbe eurer Großmacht erstrahlt.

Tristes Design

Grafisch erinnert Bonaparte an die Strategiespiele von früher, als es mit einer Hand voll unansehnlicher Menüs zum Herunterfahren in hässlicher Schrift getan war. Veränderung gibt es eigentlich nur, wenn am Monatsende neue Zahlen präsentiert werden. Beinahe schon ein Höchstmaß an vorstellbarer Bewegung erreicht die triste Darstellung, wenn die von wenig Aktion geprägten Schlachten ablaufen.

In diesem ebenfalls tristen Menü könnt ihr eure Truppen hochklicken.

Immerhin verfügt der Budgettitel, den ihr auch zu mehreren an einem Computer spielen könnt (Hotseat), über eine relativ passende Musik, die aus zeitgenössischen Stücken besteht. Geräusche gibt es kaum und so etwas wie eine Sprachausgabe existiert natürlich auch nicht.

Fazit

Das rundenbasierte Strategiespiel macht einen auf wichtig und historisch und befriedigt noch nicht einmal die seichtesten Bedürfnisse der Hobby-Napoleons. Wer hier länger als ein paar unansehnliche Runden durchhält, gehört wirklich zu den Hardcore-Strategen, die sich vor keinem noch so öden Gameplay fürchten. Richtig fordernde Strategie findet ihr bei Civilization 3, Imperialism 2 oder Europa Universalis. Fans des korsischen Generals können sich außerdem auf den baldigen Release des neuen Add-Ons zu Rise of Nations freuen, das Napoleon extra eine Kampagne widmet. Um Bonaparte solltet ihr deshalb lieber einen großen Schwenk machen!

Pro

fünf Nationen spielbar
drei Stände
Hotseat an einem Computer
klassische Musik
preiswert

Kontra

kaum Möglichkeiten
oft unhistorisch
umständliche Bedienung
schwache Kriegführung
begrenzte Zahl von Armeen
Entscheidungen lassen sich nicht rückgängig machen
altmodische Aufmachung
kein Tutorial
mieses Handbuch

Wertung

PC

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