D-Day14.08.2004, Marcel Kleffmann
D-Day

Im Test:

Lizenzspiele zu Sport-Ereignissen sind nichts Außergewöhnliches, aber ein offizielles Spiel zum 60. Jahrestag des D-Day (ab 10,76€ bei kaufen) in der Normandie wirkt zugegebenermaßen ein wenig "seltsam". Nichtsdestotrotz haben wir uns in die Echtzeit-Taktik-Schlachten gestürzt und berichten in unserem Test direkt von der Front.

Das Echtzeit-Taktikspiel D-Day umfasst die historische Zeitspanne vom 6. Juni bis zum 20. August 1944 und befasst sich natürlich auch mit der Landung der Alliierten am Omaha Beach: Während zunächst noch malerisch die Wellen an den Strand rollen, knallen nur Sekunden später die ersten Granaten ins Wasser. Dutzende von Landungsbooten mit Tausenden Soldaten an Bord schippern in Richtung schwer bewachte Küste und alles hört auf euer Kommando...

Historisch korrekt, Sir!

D-Day stammt von Digital Reality, die schon für den indirekten Vorgänger Afrika Korps vs. Desert Rats verantwortlich waren. Diesmal dürft ihr euch über grüne, farbenfrohe Areale freuen und könnt dem Wüsten-Einerlei "Goodbye" sagen. Zuwinken könnt ihr auch der netten, aber fiktiven Helden-Story rund um Erich Hartmann, die das Wüsten-Echtzeit-Taktikspiel aus der Masse der sonstigen Weltkriegs-Titel hervogehoben hat. Denn bei D-Day gibt es keine übergreifende Geschichte und ebenso wenig Helden!

Der D-Day ist eine spektakuläre Massen-Schlacht mit fast endlosen Fußtruppen-Horden.

Stattdessen absolviert ihr ein Tutorial sowie drei Kampagnen mit jeweils vier Einsätzen, die sich an historischen Begebenheiten orientieren. Ihr spielt also die reale Geschichte nach; kein fiktives Szenario. Doch trotz des Echtheitszertifikats wirken die Missionen ziemlich lust- und lieblos aneinandergereiht, da zwischen den Einsätzen praktisch keine Verbindung existiert. Dieser Eindruck wird durch die trockenen, aber vor Informationen nur so strotzenden Text-Briefings ohne Sprachausgabe noch verstärkt.

Was soll ich tun, Sir?

In der ersten Kampagne bereitet ihr mit einem zunächst recht überschaubaren Truppenkontingent alles für den Großangriff hinter den feindlichen Linien vor. Ihr erobert  einen wichtigen Brückenkopf oder setzt Küstenbunker außer Gefecht - vorwiegend in dunklen Nacht-Missionen.

Im zweiten Feldzeug erlebt ihr die Omaha-Beach-Landung aus der Commander-Perspektive und erobert wichtige Abschnitte in der Normandie, während euch die dritte Kampagne langsam aus dem Landungsgebiet herausführt. Für jeden Einsatz könnt ihr in der Regel knapp eine halbe, bis eine dreiviertel Stunde einplanen. Danach ist Schicht im Schacht und ihr müsst euch im Szenario-Modus mit den altbekannten Missionen begnügen. Einen Gefechts-Modus mit anderen Karten gibt es nicht.

Jetzt wird gestürmt!

Unnötiger Ballast muss raus, Sir!

Noch weitere Features aus Afrika Korps vs. Desert Rats sind dem D-Day zum Opfer gefallen: So dürft ihr z.B. nicht mehr selbst entscheiden, welche Truppen in die Schlacht ziehen sollen, und erfahrene Einheiten können nicht mehr mit in die nächste Mission übernommen werden. Basisbau, Truppen-Produktion und Ressourcen-Management gibt es Genre-bedingt nicht.

Flaggen auf den Vehikeln zeigen an, unter welcher Kontrolle das Fahrzeug steht.

Obwohl so viele Features aus dem Wüsten-Vorgänger gestrichen wurden, kann das Missions-Design einigermaßen überzeugen. Denn die abwechslungsreiche Palette der Einsatzziele ist gut gelungen und bietet neben Eroberungen, auch Geleitschutz, Massenschlachten, Erkundung und Straßenschlachten. Neben diesen Hauptzielen gibt es weitere Neben-Aufgaben, die euch im schmucklosen Briefing oder von NPCs verraten werden. Hin und wieder kommt es ebenfalls vor, dass ihr in einer laufenden Mission weitere Aufträge bekommt und so länger auf dem Schlachtfeld verweilt. Auffällig ist dabei, dass der Schwierigkeitsgrad zwischen Missionen ordentlich hin- und herschwankt. So ist die Massenschacht um Omaha Beach lange nicht so schwer, wie ein vorhergehender Einsatz.

 

Ist es real, Sir?

Im Vergleich zu Codename Panzers ist das Truppen-Design wesentlich realistischer geraten, besonders in Bezug auf die virtuelle Darstellung der Fahrzeuge, die sich von Typ zu Typ mit individuellen Vor- und Nachteilen (Feuerkraft, Reichweite, Panzerung, Geschwindigkeit, Ausrichtungszeit, etc.) unterscheiden. Zudem sind die meisten Vehikel vorne besser gepanzert, als an der Seite oder hinten. Wer dies im Hinterkopf behält, kann selbst dicke Sherman-Panzer knacken. Außerdem können die Ketten sowie das Geschütz eines Panzers gezielt attackiert werden. Da freut sich der Feldherr, wenn ein Techniker mit von der Partie ist.

Neben den knapp 60 verschiedenen Vehikeln in sieben Kategorien (Aufklärung, Panzer, Artillerie, Panzerabwehr-Artillerie, Luftabwehr-Artillerie, Transport, Luftunterstützung), gibt es noch neun spezialisierte Fußtruppen: Offizier, Gewehrschütze, Scout, MG-Schütze, Scharfschütze, Sanitäter, Pionier, Flammenwerfer, Bazooka. Diese Fußtruppen ergänzen sich optimal untereinander und sehen nur in einer direkten Konfrontation mit einem Panzer alt aussehen - es sei denn, ihr bastelt einen geschickten "Bazooka-Hinterhalt" oder versteckt die Truppen in Häusern.

Die durchaus realistischen Panzer-Gefechte machen bei D-Day am meisten Spaß!

Gruppenkuscheln, Sir!

Jedes Fahrzeug hat realistischerweise mindestens einen Mann Besatzung und je mehr Leute ihr in den Stahlkoloss setzt, desto effektiver wird das Vehikel. Packt ihr Scouts in das Fahrzeug, so verbessert sich die Sichtweite, während ein Scharfschütze die Reichweite in die Höhe schraubt. Ansonsten wird die Taktik-Spanne durch viele Spezialfunktionen z.B. Eingraben der Fahrzeuge, strategische Bombenangriffe, Brücken-Zerstörungen, Aufklärung aus der Luft und Verstärkung mit Fallschirm-Truppen zusätzlich erweitert.

Im Gegensatz zu Afrika Korps vs. Desert Rats hat die Wegfindung der Truppen leichte Fortschritte gemacht. Die Künstliche Intelligenz der Gegner aber noch immer  durchschnittliche Ergebnisse abliefert und in einem guten Mittelmaß zwischen Aggressivität und Verteidigung agiert.

Die recht eckigen Fußtruppen sehen nicht so gut aus, wie bei Codename Panzers.

Grafik & Sound

Optisch ist D-Day gut gelungen und vor allem die detailreichen Landschaften in der Normandie machen einiges her. Genauso klasse präsentieren sich die realistisch nachgebildeten Einheiten. Nette Explosionen, hübsche Wasser-Reflektionen, tolle Licht- und Schatteneffekte und geschmeidige Animationen vervollständigen den guten grafischen Eindruck. Lediglich die Polygon-armen Fußtruppen schmälern die Pracht.

Ebenso knallig präsentiert sich die Soundkulisse, die mit tollen Effekten, netter Musik und passabler englischer Sprachausgabe auftrumpft. Richtig toll sind außerdem die historischen Dokumentationsvideos geworden, die dem Spiel ebenfalls einen realistischen Touch verleihen.

Multiplayer-Spaß

Im Multiplayer-Modus übertrumpft D-Day den Genre-Rivalen Codename: Panzers locker. In drei gut abgestimmten Spielmodi, von denen Conquest (Checkpunkt-Eroberung) am meisten Spaß macht, dürft ihr euch auf 12 Karten mit maximal acht weiteren Strategen austoben. Der Clou ist dabei, dass ihr im Mehrspieler-Modus zunächst eure Armee nach einer bestimmten Punktezahl zusammenstellen könnt und ihr auch auf der Seite der Achsenmächte spielen dürft. Einige hin und wieder auftretende Lags und Geschwindigkeitsprobleme machen D-Day im Multiplayer zwar schon zu schaffen, sind aber durchaus zu verschmerzen.

 

Fazit

D-Day bietet packende Echtzeit-Taktik-Schlachten im Zweiten Weltkrieg und dürfte vor allem Geschichts-Interessierte dank der vielen Hintergrund-Infos begeistern. Auch bei der Gestaltung des Gameplays überwiegt der realistische Gedanke, denn alle Fahrzeuge basieren auf konkreten damaligen Details, was die Panzerschlachten enorm spannend und taktisch  macht. Dennoch bleibt es mir ein Rätsel, warum die Entwickler die Hintergrund-Geschichte gestrichen haben und die Kampagne so kurz ist. Ein Gefechts-Modus mit weiteren Karten hätte sicherlich nicht geschadet. Auch die Truppenauswahl sowie das Einheiten-Übernahme-System sind unverständlicherweise dem Rotstift zum Opfer gefallen. Wer aber mehr Wert auf realistische Schlachten, Hintergrunddetails und packende Multiplayer-Duelle legt, für den ist D-Day das Spiel seiner Wahl. Alle anderen sind mit Codename: Panzers besser bedient.

Pro

taktisch fordernde Schlachten
viele strategische Möglichkeiten
authentische Einheiten
historische nachgebildete Missionen
abwechslungsreiche Einsätze
verstecke Bonus-Ziele
cooles Mannschaftssystem bei den Fahrzeugen
drei Schuss- und Bewegungstypen
zahlreiche Hintergrund-Infos mit Videos
hübsche Grafik
orchestrale Musik
spaßiger Multiplayer
Truppen-Auswahl im Mehrspieler-Modus

Kontra

keine zusammenhängende Story
viel zu kurz im Singleplayer
kein Gefecht-Modus
keine Truppenauswahl in der Kampagne
keine Einheiten-Übernahme in die nächste Mission
keine Helden-Figuren zur Identifikation
unausgewogener Schwierigkeitsgrad
mäßige KI
keine KI im Mehrspieler-Modus
schwach aussehende Fußtruppen

Wertung

PC

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