kicker Manager 200430.06.2004, Mathias Oertel
kicker Manager 2004

Im Test:

Die Europameisterschaft geht in ihre heiße Phase und die Bundesligateams bereiten sich ebenfalls bereits auf die neue Saison vor. Und wer selber sein Glück als Trainer bzw. Manager versuchen wollte, griff zum FM 2004 von EA, der bislang das Maß aller Dinge darstellt. Doch mit dem kicker Manager 2004 (ab 49,95€ bei kaufen) versucht Deep Silver, den angestammten Titelträger vom Platz an der Sonne zu vertreiben. Ein Unterfangen, das diverse Titel in den letzten Jahren vergeblich in Angriff genommen haben. Ob das Team von proline mehr Glück hat, erfahrt ihr im Test!

FC Bayern gegen Werder Bremen

Die Fussball Manager-Situation in Deutschland liefert teilweise erschreckende Parallelen zur Bundesliga: Vorne weg hat der FC Bayern die augenscheinlich größte Kriegskasse und das nominell beste Team. Und trotzdem schafft es eine Mannschaft wie Werder Bremen, das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg einzufahren.

In der Spielebranche ist in den letzten Jahren EAs Fussball Manager-Serie als Dauermeister in Erscheinung getreten, während die HSVs und Borussia Dortmunds wie Anstoss usw. das Nachsehen hatten. Mit dem kicker Manager 2004 taucht jedoch ebenfalls ein heißer Kandidat auf, der um den Titel mitspielen will, allerdings nicht über das Renommee einer europäischen Spitzenmannschaft verfügt. Doch vielleicht kann uns der kM 2004 ja genau so wie Werder Bremen überraschen...

Die alten Bundesliga-Manager lassen grüßen: Statt einer Echtzeit-Berechnung werden aus zahlreichen vorgerenderten Sequenzen spannende Szenen kreiert.

Lizenzlos

Das größte Manko des kicker Manager 2004 (km 2004) ist das Fehlen jeglicher Lizenzen. Wo beim FM 2004 (zumindest in den oberen Ligen) die Original-Wappen und –Namen für gewaltige Atmosphäre sorgen, kämpfen beim kM 2004 unbekannte Gestalten und Teams um Punkte, Zuschauer und Sponsorengelder. Natürlich weiß man, dass mit München der FC Bayern gemeint ist und dass sich hinter Stuttgart der VfB versteckt, doch das letzte Quentchen Original-Atmosphäre muss per Editor geschaffen werden.

__NEWCOL__Doch so einfach zu bedienen der Editor auch ist: Bei 52 europäischen Ländern und insgesamt 75 Ligen (entspricht über 1.000 Vereinen und fast 30.000 Spielern!) dauert es lange, bis man nur die wichtigsten Mannschaften und Spieler integriert hat.

Hier bleibt nur die Hoffnung, dass in absehbarer Zeit ein entsprechendes File auf den einschlägigen Fan-Sites zur Verfügung steht, damit man echtes Bundesliga- und Champions League-Feeling genießen kann und den nicht unbedingt notwendigen, aber durchaus sinnvollen Atmosphäre-Schub bekommt.

Der Stadionausbau ist nicht so komfortabel und weitreichend wie beim FM 2004, aber genau so übersichtlich wie alle über 100 (!) Menüs.

Viel drin

Denn abgesehen von den fehlenden Lizenzen steckt viel drin im Titelanwärter. Natürlich erfindet er das Rad nicht neu, doch in den leicht zugänglichen und übersichtlichen Menüs mit insgesamt weit über 100 Einstellungsbildschirmen finden die Toppmöllers und Magaths unter euch alles, was man braucht, um seine Mannschaft sportlich und finanziell zur Meisterschaft zu führen.

Da die meisten vermutlich in der deutschen Fußball-Landschaft ihr virtuelles Geld verdienen werden, ist durchaus interessant, dass ihr bei einer echten Karriere in der Oberliga (vierte Liga) starten könnt. Mit dem demnächst erscheinenden Update soll sogar noch die Verbandsliga darunter gesetzt werden, so dass dem kometenhaften Aufstieg von Provinzkickern ins Fußball-Oberhaus nichts mehr im Wege steht.

Dieses Beispiel ist exemplarisch für den Umfang des kicker Managers, der sich vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht als ausgefeilter als der EA-Manager präsentiert.

Das Trainingslager will weise gewählt sein: Neben den Kosten variieren auch Effekte und Voreinstellungen.

Dass man die Preise der Eintrittskarten festlegen kann, ist klar. Doch wer will, kann für jedes Spiel einzeln Fernsehrechte verhandeln, Haupt- und zahlreiche Nebensponsoren an Land ziehen und sogar die Halbzeitshows und "Sponsoren des Spieltages" vermarkten. Selbst vor einer Preisfestsetzung und Lagerverwaltung für Marketing-Produkte und den Imbisstand macht der kicker Manager nicht halt: Mikromanagement jenseits von Gut und Böse!

Assistent nötig?

Doch keine Angst: Alle Aufgaben im Spiel können von Assistenten übernommen werden, so dass ihr euch wirklich nur um das kümmern müsst, zu dem ihr Lust habt.

Gleiches gilt im Übrigen für den sportlichen Bereich, der für den Erfolg natürlich nicht unerheblich ist. Wahlweise mit oder ohne Assistent könnt ihr Verträge aushandeln, Trainingssitzungen festlegen, natürlich Trainingslager buchen und mit Hilfe der Scout-Berichte euer Team auf die nächste Begegnung einstellen.

Doch egal, ob mit oder ohne Assi, den/die ihr auch auf Fortbildungskurse schicken könnt, damit sie effektiver arbeiten: Die Zusammenhänge sowohl im wirtschaftlichen als auch im sportlichen Teil sind logisch nachzuvollziehen.

__NEWCOL__Allerdings fehlt hier etwas der Bedienungs- und vor allem Mitteilungskomfort, den der große Konkurrent bietet. Hin und wieder kann es passieren, dass wichtige Dinge einfach an euch vorbei laufen, weil ihr nicht darauf hingewiesen werdet und ihr euch nicht nach jedem Spiel durch alle relevanten Menüs klickt, die ihr sowohl im übersichtlichen Büro als auch per Rechtsklick aus jedem anderen Menüschirm erreichen könnt.

Für einige eventuell ein Manko ist der Stadioneditor, der zwar alle Möglichkeiten bietet, um ein Stadion zu bauen, das einer WM würdig ist, aber im Detail deutlich hinter dem Kollegen FM 2004 zurückstecken muss.

Spannend oder unspektakulär?

Sind alle Einstellungen getätigt und das Team für das nächste Spiel eingestimmt (wahlweise auch mit Interviews zu den Partien usw.), kann es losgehen.

Trotz Renderszenen kommt hier unheimlich Spannung auf - was man vom noch nicht optimierten Textmodus nur eingeschränkt behaupten kann.

Und hier wartet für manche vermutlich der nächste Schock, der sich bei genauem Hinsehen aber durchaus als unkonventioneller Spannungserzeuger präsentieren kann: Ihr habt die Auswahl zwischen einem Textmodus und einer "Highlight-Darstellung", die parallel zu den erfreulich schnellen Spielberechnungen stattfindet.

Der Textmodus an sich geht in Ordnung, lässt aber derzeit (Version 1.02) noch etwas Spannung und vor allem Übersicht vermissen.

Dass sich Texte nach einer gewissen Zeit wiederholen, liegt in der Natur der Sache. Doch dass ihr keinerlei Hinweise auf spielrelevante Ereignisse bekommt, ist unentschuldbar. Weder Tore noch Verletzungen oder gelbe bzw. rote Karten werden speziell markiert, so dass ihr entweder gut aufpassen müsst oder die separat einblendbaren Statistiken zu Rate zieht.

Hier wird sehr viel Spannung und vor allem Dramatik verschenkt. Doch Ende Juni soll ein neues Update erscheinen, in dem der Textmodus einer Generalüberholung unterzogen wird.

Mehr als 200 vorgerenderte Mini-Sequenzen werden der Spielsituation entsprechend aneinander gereiht.

Die "Highlight-Version" erinnert an gute alte Bundesliga Manager-Zeiten: Bei wichtigen Ereignissen, werden vorgerenderte Szenen eingespielt, die qualitativ durchaus überzeugen können. Das Prinzip läuft folgendermaßen: Aus insgesamt mehr als 200 kurzen Sequenzen werden der Spielsituation entsprechend Szenen ausgewählt und aneinander gereiht. Das heißt zwar, dass bei einem Einwurf häufig die gleiche Situation zu sehen ist, doch man kann nie sicher sein, wie es mit dem nächsten Spielzug weitergeht. Gleiches gilt für Torschüsse, Freistöße usw. Durch diese Ungewissheit ("Geht er rein oder nicht?") wird eine Spannung aufgebaut, die der eines durchdachten Textmodus nicht nachstehen muss.

__NEWCOL__Neuer Meister?

Doch die Frage, die sich bei den Fans stellen wird, ist: "Macht das Spiel Spaß?" Und hier kann man nur mit "Ja!" antworten. Denn obwohl die Präsentation sehr trocken ausgefallen ist und man von den Menüs etwas erschlagen wird (trotz guter Erklärung im Handbuch), finden angehende Fußball-Taktiker und Wirtschaftsmagnaten einen durchdachten Titel, der allerdings an einer mageren Soundkulisse etwas an Atmosphäre einbüßt.

Doch mit den ganzen zur Verfügung stehenden Ligen, umfangreichen Statistiken, Nationalmannschaften sowie zahlreichen anderen kleinen Nettigkeiten wird aufgezeigt, wo der große Kollege FM 2004 eventuell Verbesserungsbedarf bietet.

Allerdings finden sich auch noch kleine unlogische Momente in den Statistiken. Wenn ich in einem Match z.B. eine Zweikampfstatistiken von 217 zu 34 sehe, ist dies äußerst unrealistisch.

Der Trainingsplan lässt sich genau so akribisch einrichten wie die umfangreichen Finanzoptionen - ohne an Benutzerfreundlichkeit einzubüßen.

Doch allen Unlogiken zum Trotz ist der kicker Manager im Genre-Vergleich erstaunlich bugfrei (ich erinnere nur mal an des Desaster Anstoss 4) und zudem noch mit einem beispielhaften Support ausgestattet. Nicht nur, dass bereits zum Release ein Update (wohlgemerkt: kein Bugfix) zur Verfügung stand, arbeitet man mit Hingabe weiter daran, den Titel zu verbessern und hört sich dabei auch an, was die Fans im Spiel sehen wollen.

Fazit

Es geht doch! Der kicker Manager 2004 kann sich zwar wegen kleinerer Mängel nicht ganz als Ablösung für EAs Vorzeige-Manager etablieren, doch eine ernst zu nehmende Konkurrenz und spielenswerte Alternative zum FC Bayern der Manager-Welt bietet der Underdog allemal. Zwar gibt es noch atmosphärische Mängel und Ungereimtheiten im spannenden Textmodus, doch wenn diese wie vorgesehen mit dem demnächst erscheinenden Update ausgeräumt werden, könnte der kM 2004 durchaus zum Höhenflug ansetzen. Das Fehlen jeglicher Lizenzen ist allerdings ein Dorn im Auge jedes Fans, der auch durch den einfach zu bedienenden Editor nur schwer entfernt werden kann - Warten auf die hoffentlich bald erscheinenden so genannten User-Files ist angesagt. Das Wirtschaftssystem ist umfangreicher als bei der Konkurrenz, durchweg logisch nachvollziehbar und gibt euch nahezu alles Vorstellbare in die Hand, um die finanziellen Geschicke eures Vereins zu lenken. Auch die sportlichen Einstellungs-Möglichkeiten sind weitreichend, so dass von dieser Seite ebenfalls viel geboten wird, um den Trainer in euch zu wecken. Unter dem Strich eine lohnenswerte Alternative zur EA-Serie, die allerdings trotz des weitreichenden Mikromanagements noch nicht ganz die atmosphärische Klasse des FM erreicht.

Anmerkung: Dieser Test beruht auf dem Update 1.02.

Pro

aufgeräumte Menüs
einfache Benutzerführung
logisches, umfangreiches Wirtschaftssystem
guter Kundensupport
minimale Absturzgefahr
52 europäische Länder mit insgesamt 75 Ligen
einfach zu bedienender Editor
moderate Hardware-Anforderungen
Nationaltrainer-Karriere möglich
umfangreiche Trainingsmöglichkeiten
gut arbeitende Assistenten
vorbildliches Handbuch

Kontra

keine Lizenzen
Textmodus nicht ausgereift
teilweise unlogische Statistiken
wenige vorgefertigte Trainingspläne
atmosphärisch mit Mangelerscheinungen
kein LAN-Modus

Wertung

PC

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