Im Test:
Haaaaa-Chi!
Man nehme: Einen Batzen Freunde, eine Videokamera, einen gelangweilten Nachmittag und einige bewusstseinserweiternde Substanzen. Heraus kommt ein Trash-Kung-Fu-Film, den man sich normalerweise immer wieder mal in betrunkenem Zustand ansieht und herzhaft gackert - oder den man zum Anlass nimmt, ein ebenbürtig albernes Spiel drumherum zu stricken. Und so hätte sich Lionhead-Grafiker Mark Healey wohl nie träumen
lassen, dass sein Freizeit-Projekt nach einigen Jahren der Entwicklung und immer größer ansteigender Erwartungshaltung nicht nur per Steam vertrieben, sondern auch für wenig Geld in den Läden dieses Landes stehen würde. Verrückte Welt. 2D-Augenweide: Die Grafik ist hervorragend gelungen.
Um jetzt mal die Einleitung aufzugreifen: Ein Prügelspiel im klassischen Sinne, man denke hierbei an die Tekkens und Dead or Alives dieser Welt, ist RDKF mit Sicherheit nicht. Hier gibt es keine Digisteuerung, keine auswendig zu lernenden Kombos, die mittels ausgefeilter Button-Kommandos ausgeführt werden. Stattdessen braucht ihr hier nur ein Werkzeug: eure Maus. Mit der werden sämtliche Bewegungen eures Charakters gesteuert, was durchaus einiger Einarbeitung bedarf. Schon einfache Bewegungen wie Laufen und Springen fühlen sich ganz anders an. So könnt ihr entweder mit dem linken Mausohr in die Landschaft klicken, woraufhin euer Kunf-Gu-Held drauflosstapft, oder ihr schnappt euch ein Bein nach dem anderen und stolziert peu à peu zum Ziel. Gesprungen wird hier nicht, stattdessen schnappt ihr euch einfach eine Extremität und zerrt euren Protagonisten in die Luft - je schwungvoller, mit desto mehr Schmackes driftet eure Figur durch die Sphären. Ihr wollt eine Waffe benutzen? Greift zur Hand und führt sie zum Instrument des Todes, um es aufzusammeln. Angreifen? Klickt Hand oder Bein an, ladet mit kleinen Kreiselbewegungen den Angriffsmeter (die allgegenwärtige Chi-Power) auf und klickt in Richtung Ziel! Ihr wollt euch verteidigen? Dann hoch den Arm! All das und mehr erfordert einige Übung, die dem Unwilligen durchaus schnell die Freude am Spiel versauern könnte. Praktische Extras wie magische Pilze erleichtern euer Leben, könnt ihr doch, habt ihr genug davon gegessen, in Zeitlupe und unter psychedelischen Bildverzerrungen eine Zeit lang fliegen - schnurpst ihr allerdings zuviel davon, wird erstmal herzhaft drauflosgekotzt.
Shaolin Soccer
Neben der Steuerung ist speziell die Kulisse einzigartig: Hier ist alles 2D! Kein Polygönchen weit und breit, nur scheinbar anachronistische Sprites - allerdings auf dem neuesten Stand der Technik! Beeindruckend z.B. die schöne Tiefenillusion, die durch viele individuelle Scrollebenen, einen Nähe-Unschärfefilter sowie die fleißig zoomende und leicht schwenkende Kamera erzeugt wird. Ihr könnt das wahlweise im breitwandigen 16:9 gezeigte Bild auch mit der Maus rauf- und runterkippen, das Resultat sieht sehr elegant aus. Wunderschöne 2D-Effekte begleiten die Action, Tag und Nacht wechseln sich flüssig ab, alles leuchtet, glitzert, bewegt
Mein Bong-Fu ist stärker als deins: Die bekloppten Zwischenvideos sind herrlich trashig. |
Wer kein Freund von Valves Vertriebsplattform Steam ist, dürfte erfreut sein zu hören, dass sich auch eine Steam-freie Version auf der CD tummelt - allerdings könnt ihr mit der nicht zu acht online spielen! Bleibt immer noch das 16 Levels umfassende Einzelspielervergnügen, welches allerdings in der normalen Variante schneller vorbei ist, als man denkt. Danach warten noch die freispielbaren Mini-Games, von denen sich besonders die verrückte Fußball-Variante hervorgetan hat. Und natürlich dürft ihr auch im Netzwerk oder, mehrere Mäuse an einem PC angeschlossen vorausgesetzt, gegen willige Freunde antreten.
Fazit
Ja, dieses Spiel ist gleich in mehrerer Hinsicht erschreckend: Es ist so erschreckend bekloppt und psychedelisch, dass das Ganze unter Drogeneinfluss entstanden sein -muss-. Es ist erschreckend, wie viele Bewegungs-Möglichkeiten man trotz des simplen Konzepts hat. Es ist erschreckend, wie unglaublich gut das Spiel trotz der Beschränkung auf Sprites aussieht - man merkt jedem Pixel an, dass Herr Healey seinen Job versteht. Und das ist auch irgendwie das Problem: Ragdoll Kung Fu ist mehr ein originelles, expressionistisches Kunstwerk als ein tatsächliches Spiel: Die Steuerung funktioniert auch nach vielen Stunden nicht wirklich flüssig, online ist man mit gutem Grund mehr mit Tanzen und artistischen Übungen denn mit Kämpfen beschäftigt - also mehr cooler Physik-Spielplatz als Beat-em-Up. Wäre es nicht ganz so einzigartig anzuschauen, würde sich vermutlich kein Mensch dafür interessieren.
Pro
Kontra
Wertung
PC
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