(T)Raumschiff Surprise: Periode 101.08.2004, Paul Kautz
(T)Raumschiff Surprise: Periode 1

Im Test:

Das Weltall ist entgegen der vorherrschenden Meinung nicht tiefschwarz, sondern eher rosa – wovon sich Besucher des gerade höchst erfolgreich laufenden Bully-Films (T)Raumschiff Surprise – Periode 1 selbst überzeugen können. Pünktlich zum Kinostart purzelte auch das offizielle Spiel zum Film in die Geschäfte: Der übliche Lizenz-Mist oder doch die berühmte Ausnahme von der Regel?

Mei is des süß!

Wer den Film bislang nicht gesehen hat, sollte das tunlichst vor dem Spiel hinter sich bringen – da sich das Game nicht nur an Schlüsselszenen dicht an die Handlung des Kinoabenteuers hält, werden viele Gags und Überraschungen natürlich vorweggenommen. So viel jedoch darf verraten werden: Die Erde befindet sich an der Schwelle des Untergangs, der Angriff der Marsianer unter dem gefürchteten »Regulator« und seinem Oberschergen Jens Maul hinterlässt die einheimischen Streitkräfte praktisch wehrlos.

Die Figuren sehen ihren Film-Vorbildern einigermaßen ähnlich.
Letzte Hoffnung ist das am »Arsch des Universums« befindliche (T)Raumschiff Surprise, das durch eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit, und dort die Besiedlung des Mars zur Gänze verhindern muss. An Bord: Die etwas tuckige Crew um Käptn Kork, Wissenschaftsoffizier Spucky und Chefingenieur Schrotty, mit mäßiger Arbeitsmoral, rosa Kabinen und einer Schwäche für Käse-Sahne, die sich eigentlich gerade für die Wahl zur Miss Waikiki vorbereiten...

Das Spiel hat dankbarerweise nichts mehr mit dem spielbaren Verbrechen zu tun, das parallel zum ersten Bully-Film »Der Schuh des Manitu« auf die Menschheit losgelassen wurde. Statt eines billigen Actiontitels habt ihr es hier mit einem erstaunlich klassischen Point-n-Klick-Adventure zu tun. Mit zwei Mausklicks habt ihr alles im Griff, könnt euren Weltraum-Heroen quer über den Bildschirm schicken und alles und jeden untersuchen lassen – woraufhin in den meisten Fällen natürlich ein herrlich alberner Kommentar vom Stapel gelassen wird. Natürlich sammelt ihr allerlei Gegenstände ein, die sich im einfach zu bedienenden Inventar kombinieren und mit der Umgebung benutzen lassen.

Das etwas überdimensionierte Inventar ist leicht zu bedienen.
Space Taxi to the Sky!

Das Spiel ist in sechs Kapitel aufgeteilt, in denen ihr jeweils eine spezifische Aufgabe lösen müsst. Um das zu schaffen, warten natürlich erst viele kleine Untermissionen auf euer Trio: Jede Menge Dinge finden, eine Brille reparieren, einen zickigen Computer mit Strom versorgen, einer Wache das Fliegen beibringen usw. Ihr kontrolliert nur ein Mitglied des Trios, wobei der Protagonist immer wieder wechselt. Da die Locations ziemlich klein und beschränkt sind, zwingt euch das Programm sehr oft zum Hin- und Herlaufen zwischen zwei Orten. Schon alleine aufgrund des schleichenden Laufstils eures Helden wird dadurch die Spielzeit gestreckt, was aber im Endeffekt auch nichts nützt: Nach spätestens zehn Stunden ist die Erde befreit, die Anwesenden laden zum Gruppenkuscheln und einer Extra-Portion Käse-Sahne.

   

Um den Adventure-Alltag etwas aufzulockern, sind auch vier Mini-Games integriert, die nach und nach freigeschaltet werden:

Spucky's Dance Beat: Die Mini-Spielchen sind kurzzeitig recht unterhaltsam.
Ein Rhythmus-Game, in dem man mit Timing die korrekte Pfeiltaste drücken muss, während im Hintergrund die Surprise-Besatzung die Hüften schwingt. Ein Simpel-Shooter, in dem man vom Space Taxi aus angreifende Marsianer abwehren muss. Oder ein heiteres Ritter-Weitkatapultieren. Alle Zwischenspielchen sind leicht zu bedienen und sehr kurz, aber eine nette Abwechslung.

Der Mars macht mobil!

Die technische Seite des Traumschiffs ist zwar keine Katastrophe, lässt sich aber bei weitem nicht mit Adventure-Herzogen wie Runaway vergleichen. Das beginnt schon bei der Installation, während der man mit nervender, nicht abbrechbarer Hintergrundmusik zum Runterdrehen der Lautstärke gezwungen ist. Vor Spielbeginn rödelt der Kopierschutz noch eine schiere Ewigkeit an der CD herum, dann stehen noch die langen Ladezeiten vor dem Spielvergnügen. Seid ihr endlich im Game gelandet erwarten euch etwas zu sterile Renderszenarien in zwei Auflösungen. Tiefpunkt der Optik sind leider die Figuren, die zwar an sich ihren Film-Pendants recht ähnlich sehen, aber leider grottig animiert sind. Die Übergänge zwischen einzelnen Animationen (von Stillstand zu Gespräch beispielsweise) wirken abgehackt, die Laufbewegungen sehen unnatürlich aus.

Die Hauptfiguren werden von ihren Film-Pendants vertont.
Dafür ist die Akustik umso gelungener: Netterweise hat sich die Kerncrew der Surprise selbst vors Mikro gestellt, so dass ihr die Stimmen von Michael Herbig, Rick Kavanian und Christian Tramitz zu hören bekommt – andere Rollen wie die von Königin Metapha werden von unbekannten Sprechern übernommen. Euch erwarten sehr viele Multiple Choice-Dialoge, bei denen der typische Bullyparade-Witz nicht zu kurz kommt – das bedeutet natürlich auch jede Menge bayerisches Geschwätz, so dass alle Spieler oberhalb des Weißwurstäquators durchaus Probleme mit Ausdrücken wie »Pfiati!« bekommen könnten. Leider häufen sich Schreibfehler, außerdem gibt es speziell bei Käptn Kork gelegentliche Soundaussetzer. Außerdem lassen sich die teils etwas ausufernden Mono- und Dialoge nicht abbrechen, so dass ein versehentlicher Klick mit einer labertaschigen Wiederholung des eben gehörten quittiert wird. Eurer Neugierde könnt ihr übrigens freien Lauf lassen, alles anschauen und jede Person mehrmals befragen  – Sackgassen gibt es hier nicht, außerdem dürft ihr jederzeit den Spielstand sichern. Begleitet werdet ihr von witzigem Ingame-Sound, der nicht zufällig an Fahrstuhlmusik erinnert.

 

Fazit

Mit dem Film konnte ich nicht viel anfangen, das Spiel ist schon mehr mein Fall – allerdings auch nur recht knapp. Dankbarerweise haben wir es hier nicht mit dem üblichen Lizenz-Schnellschuss, sondern einem durchaus bemerkenswerten Adventure zu tun, dem allerdings noch etwas zusätzliche Entstehungszeit gut getan hätte. Kurze Spielzeit, lasche Grafik, Soundprobleme und lustige, aber im Endeffekt doch zahnlose Mini-Games deuten auf eine etwas übereilte Entwicklung hin. Auf der anderen Seite sind da die nette, an den Film angelehnte Story, das großartige Gelaber der Hauptakteure, der niedrige Preis und allgemein neues Futter für die darbende Adventure-Gemeinde. Von daher noch eine »Warum eigentlich nicht?«-Empfehlung an alle Adventure- und Bully-Fans da draußen – kein Weltraumkracher, aber auch kein schwarzes Unterhaltungsloch.

Pro

einfache Bedienung
witzige Dialoge
recht preiswert
nette Mini-Spielchen
brauchbare Puzzles
Spielprinzip ohne Sackgassen

Kontra

nervend langsamer Laufstil
ziemlich kurz
sterile Grafik
abgehackte Animationen
krümelige Renderfilme
gelegentliche Sound-Aussetzer
lange Ladezeiten
viele Schreibfehler
nicht abbrechbare Sprüche

Wertung

PC

Witziges Adventure mit lauwarmen Rätseln und netter Optik.

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