Fussball Manager 200530.10.2004, Mathias Oertel
Fussball Manager 2005

Im Test:

Ein neues Jahr bringt erfahrungsgemäß eine neue Bundesligasaison voller Überraschungen und dank EA auch einen neuen Fussball Manager. Doch braucht man die Auflage 2005, die mit Neu-Bayer Felix Magath auf dem Cover strahlt? Gibt es genügend Änderungen, um dem Update-Gespenst zu entgehen? Im Test klären wir auf!

Moderne Tabellenkalkulation?

Das Phänomen Manager-Spiele lässt sich schwer erklären. Denn obwohl ich mich selber zu einem erklärten Anhänger dieses Genre zähle, kann ich ab und an nicht umhin, Kollegen zuzustimmen, die meinen, dass die Verschiebereien von Spielern in der Aufstellung, die umfangreichen Statistiken und vieles mehr irgendwie den Eindruck von grafisch enorm aufgepeppten Excel-Arbeitsmappen hinterlassen.

Ihr wollt einen eigenen Verein gründen? Kein Problem! Allerdings startet ihr hier in der Kreisklasse - eine echte Herausforderung.
Wo liegt die Faszination? Vermutlich größtenteils in der Möglichkeit, die Geschicke seines Lieblingsvereins endlich einmal selber lenken und den Sammers, Magaths und Toppmöllers dieser Welt zeigen zu können, wie es richtig gemacht wird.

Und der Fussball Manager 2004 tut alles ihm in der Macht stehende, um euch nicht zu enttäuschen.

Moment, hab ich gerade eben Fussball Manager 2004 gesagt? Und wieso rezitiere ich hier überhaupt die Einleitung aus dem letzten Jahr?

Das liegt im Wesentlichen daran, dass sich an der grundsätzlichen Spielbarkeit und den Kern-Features nichts geändert hat, weswegen wir diesbezüglich auch auf den letztjährigen Test verweisen. Das soll allerdings nicht heißen, dass das Team um Gerald Köhler das letzte Jahr nur an einem kleinen Update gearbeitet hat. Denn schaut man dem Fussball Manager 2005 (ab 39,95€ bei kaufen) unter die mittlerweile noch leichter zu navigierende Oberfläche, treten einige weit reichende Änderungen zu Tage.

Personalunion und Präsident

Natürlich ist man immer noch damit beschäftigt, seinen Verein sowohl sportlich als auch finanziell möglichst erfolgreich durch die deutsche Fußballwelt zu schippern.

Dank offizieller Lizenzen und Namen kommt sofort Bundeliga-Atmosphäre auf.
Und selbstverständlich kann man sich auch immer noch als Nationaltrainer versuchen, während man sich bei seinem Club um Aufstellung, Ein- und Verkäufe sowie Marketing und Finanzstruktur kümmert. Denn während man mit Georgien auf dem Weg zur WM ist, möchte man ja nicht das gleiche Schicksal erleiden wie derzeit Borussia Dortmund…

Dass man mit all den internationalen Ligen, die allesamt lizenziert wurden, auch in z.B. England oder Spanien als Trainer arbeiten kann, kennt man ebenfalls.

Neu ist allerdings, dass man einen Verein von der Pike auf neu gründen kann (Wappengestaltung inkl.) und fortan als Präsident, Manager und Trainer in Personalunion in der Kreisliga A beginnt, um seinen Verein schließlich mit viel Geschick und Geduld in internationale Wettbewerbe zu führen.

Und damit hier eine größtmögliche Authentizität gewährleistet ist, wurde die Datenbank mit 40.000 Städten aus Deutschland, England, Österreich und der Schweiz vollgestopft, die euch mit Gegnern auf Kreisliga-Niveau versorgen.

Dass dabei die Stadien mit einer Minimal-Größe ausgestattet sind, die weit jenseits der Kreisklasse liegen, dürfte nur die abgezocktesten Hardcore-Fußballer stören. Denn die Zuschauerzahlen gehen in diesem Bereich nur selten über 500.

    

Jeder fängt klein an

Der eigene Verein dürfte selbst FM-Veteranen vor eine große Herausforderung stellen. Fernab von prall gefüllten Fußballtempeln, einem groß angelegten Stadionumfeld und Starspielern, seid ihr anfänglich mit Amateurkickern unterwegs, bei denen man unweigerlich das Gefühl bekommt, dass sie eines Tages auch mal ohne Ausrüstung zum Spiel kommen.

Mit wenigen Klicks könnt ihr alle Einstellungen treffen, um den nächsten Gegner vor grötmögliche Probleme zu stellen.
Und das Training, das, wie es sich bei Hobby-Kickern gehört, nur zwei Mal die Woche stattfindet, bietet scheinbar nicht gerade die Möglichkeit, irgendwann einmal höhere Ligen zu bespielen.

Der finanzielle Spielraum ist ebenfalls sehr eingeschränkt, so dass man froh sein kann, sich einen Trainingsplatz leisten zu können.

Doch mit zunehmenden Erfolgen stellt sich auch das Interesse von Sponsoren ein, deren Geld man in bessere Spieler investieren kann, um sich nach und nach durch die Ligen zu ackern.

Und natürlich lernen auch die Balltreter nach und nach dazu, so dass ihr schließlich doch über eine schlagkräftige Truppe verfügt.

Da die Eigenschaftswerte im FM 2005 deutlich differenzierter sind als in den Vorgängern, sind die Unterschiede zwischen guten und schlechten Spielern markanter und erfordern bei der Aufstellung und den eventuellen Einzelgesprächen noch mehr Geschick.

Taktik-Fetischist

Doch der eigene Verein ist nicht die einzige Neuerung, wobei das ebenfalls neue Feature "Taktiktisch" eher die Profis unter euch ansprechen wird. Denn hier könnt ihr getrennt für Angriff und Verteidigung die Position jedes einzelnen Spielers festlegen.

Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht, da die taktischen Anweisungen spielend einfach festgelegt werden können: Das Spielfeld ist in 25 Bereiche unterteilt, die dem ungefähren Ort des Spielgerätes Ball entsprechen.

Als Standard festgelegt ist eine kompakte Aufstellung, die sich je nach Ballposition verschiebt und die für Normalspieler völlig ausreicht.

Auch breit angelegte Statistiken zu allen Spielern sind abrufbar. 
Aber vielleicht möchtet ihr ja selbst, wenn ihr unter Druck seid, einen Angreifer konterbereit in der Nähe der Mittelinie haben? Kein Problem: Ihr zieht einfach den entsprechenden Akteur auf die gewünschte Position und fertig. So lassen sich selbst ungewöhnlichste Taktik-Aufstellungen schnell zurecht legen. Selbst sinnlose Ansammlungen wie alle Spieler am Mittelkreis zu versammeln sind möglich.

Die Wahl der Qual

Besonders deutlich werden die Taktiktisch-Vorgaben im ab und an sogar passend kommentierten 3D-Spiel: Die Mannschaft bewegt sich akkurat gemäß der Vorgaben. Doch das 3D-Spiel hat mittlerweile noch andere Vorzüge: Zum einen leidet man auf Grund der erhöhten Spannung und den knappen Ergebnissen in diesem Modus mittlerweile deutlich mehr bei der dreidimensionalen Darstellung mit, zum anderen hat man mit der interaktiven Coaching-Zone über ein Dutzend Möglichkeiten zur Verfügung, die Mannschaft mit Zurufen zu beeinflussen. Dass diese Zurufe wie in der Realität nicht immer befolgt werden, ist zwangsläufig und in diesem Fall nicht als Bug, sondern eher als Realitätsanspruch zu bezeichnen.

 

Doch auch wenn der 3D-Modus spannender geworden und damit eine nahezu gleichwertige (aber langwierigere) Alternative zum Textmodus ist, werden sich die Hardcore-Spieler vermutlich neben der schnellen Berechnung hauptsächlich auf die an Radiokommentare angelehnten Text-Fetzen im Sport 1-Ticker-Stil konzentrieren.

Das Finanzsystem wurde entschlackt, ist aber immer noch wichtig, um in neue Spieler investieren zu können.
Denn die sind spannend wie eh und je (ist auch nicht verwunderlich, da die Textsamples alle aus dem letzten Jahr stammen) und suggerieren den größten Einfluss von der Seitenlinie – auch wenn es hier nicht die Möglichkeit gibt, ständig irgendwelche Zurufe zu geben wie in der 3D-Coaching-Zone.

Alternativ könnt ihr euch auch für einen Mix aus 3D-Spiel und Textmodus entscheiden. Bei den Highlights seid ihr allerdings nicht nur auf das Spiel eurer Mannschaft festgelegt, sondern könnt noch weitere Spiele auswählen, um sie euch im Sportschau-Stil anzuschauen.

Doch hier wurden viele Chancen verschenkt, um Stimmung aufzubauen. Zum einen muss vor jeder Partie neu geladen werden. Und zum anderen kommt trotz Coaching-Zone nicht wirklich das Gefühl auf, Herr der Lage zu sein. Denn im Gegensatz zum Text-Modus nimmt man die durchlaufenden Ergebnisse in den anderen Stadien nicht immer wahr, um im Zweifelsfall bei einem Fernduell mit einem Tabellenplatzkonkurrenten entscheidende Änderungen vorzunehmen.

Interessanter wäre eine Konferenz gewesen, in der man die Spiele auswählt, die man beobachten will und bei der bei wichtigen Ereignissen immer hin und her geschaltet wird.

Doch wer Zeit mitbringt und sich wirklich die Spiele der anderen Teams anschaut, ohne sie vorher abzubrechen, wird auch hier gut und standesgemäß unterhalten.

Zu guter Letzt steht euch wie im letzten Jahr die Football Fusion zur Verfügung, die sich für meinen Geschmack allerdings nicht mit den Ansprüchen eines Managers deckt.

FIFA Football lässt grüßen: Die 3D-Engine für die Matchdarstellung liegt weit vor der Konkurrenz.
Als Bonus-Feature, um seine selbst erstellten Mannschaften in FIFA 2005 anzutreten lassen, sicherlich sehr interessant, sollte bei einem Manager-Spiel aber die Taktik und Aufstellung entscheiden und nicht das Talent am Pad.

Technisch sauber

Die ungeklärten Abstürze mal beiseite gelassen, liefert der Fussball Manager 2005 eine technisch saubere Leistung ab: Die Menüs sind sauber strukturiert, leicht zu navigieren und in angenehmen Farben gehalten.

Da man bei der 3D- und Highlight-Darstellung auf die hauseigenene FIFA-Engine zurückgreifen kann, wird hier mit den flüssigen Animationen und spektakulären Wiederholungen ebenfalls für Atmosphäre auf hohem Niveau gesorgt.

Während man an den Soundeffekten sowohl beim 3D-Spiel als auch im Textmodus kaum etwas findet, an dem man mäkeln kann, stoßen die Kommentare nach einer gewissen Zeit auf taube Ohren: Hin und wieder sogar passend (leider nicht so häufig, wie es ratsam wäre), wiederholen sich die wenigstens sauber produzierten Sprachsamples fast schon häufiger als die Zeilen im spannenden Textmodus.

Und obwohl mit dem aktuellen Patch (1.01) ein umfangreicher Editor mitgeliefert wurde, um für die Zukunft gewappnet zu sein, fehlt die Möglichkeit, neue Textzeilen einzufügen. Doch vielleicht hat man bei EA ja noch ein Einsehen und liefert diese Option nach. 

Fazit

Auch wenn der Fussball Manager 2005 auf Anhieb nur nach einem stromlinienförmigen Add-On aussieht: Es hat sich viel getan, was die Manager und Trainer unter euch auf Wolke 7 katapultieren dürfte. Detailliertere Eigenschaftswerte, Taktiktisch, ein verbesserter 3D-Modus und vor allem die Möglichkeit, seinen Verein zu gründen, stehen ganz oben auf der Glücklich-Macher-Liste. Dazu gesellt sich die bekannt gute Spielbarkeit des Vorgängers, so dass der FM 2005 mit Quälix Magath auf dem Cover auch dieses Jahr wieder den Award einheimsen kann. Die Unzulänglichkeiten wie z.B. das langwierige Sportschau-System und sporadische (nicht replizierbare) Abstürze sind entweder optional vermeidbar oder stören den Spielfluss nur unerheblich. Die Bedienung ist einfacher denn je, die Zusammenhänge zwischen einzelnen Aktionen immer noch nachvollziehbar und das etwas entschlackte Finanzsystem dürfte allen zusagen, die sich vorrangig um die Mannschaft an sich kümmern wollen. Dass aber trotz aller Finessen immer noch ein gutes Stückchen Glück nötig ist, um in letzter Sekunde Meister zu werden oder dem Abstiegsgespenst ein Schnippchen zu schlagen, gehört zum modernen Fußball wie der allzeit fluktuierende Trainer-Markt. Kurzum: Der alte Meister ist auch der neue, selbst wenn auf Anhieb alles nur nach einem typischen Update zum Vollpreis aussieht. Und nächstes Jahr kommt dann vielleicht auch endlich ein Mehrspieler-Modus, der per LAN spielbar ist…

Pro

übersichtliche Benutzerführung
opulenter Stadioneditor
umfangreicher Spieler- und Liga-Editor (mit Patch 1.01)
Statistiken bis zum Abwinken
spannender Textmodus
schöne 3D-Match-Darstellung
Jugendteams
Nationaltrainer-Karriere möglich
umfangreiches Trainingssystem
logische Spielzusammenhänge
Aufgaben individudell zu- und abschaltbar
individuelles Training
offizielle Lizenzen
eigene Vereinsgründung möglich
interaktive Coaching-Zone
detailliertere Spieler-Eigenschaften
eigene Musik möglich

Kontra

viele Wiederholungen im Textmodus
Multiplayer nur per Hotseat
Humor a la Anstoss: weitestgehend Fehlanzeige
Kicker-Zeitung mittlerweile alter Tobak
Statistiken etwas unübersichtlich
keine Ansprachen vor oder nach den Spielen
sporadische Abstürze
langwieriges „Sportschau-System“
Football Fusion widerspricht dem Manager-Gedanken

Wertung

PC

Auch in diesem Jahr scheint kein Weg an EA vorbei zu führen!

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