Commandos: Strike Force15.03.2006, Marcel Kleffmann
Commandos: Strike Force

Im Test:

Drei überaus erfolgreiche und anspruchsvolle taktische Einsätze haben die Commandos bisher hinter den feindlichen Linien des Zweiten Weltkriegs absolviert. Mehr als zwei Jahre später kehren die Elite-Soldaten zurück und wollen das Taktik-Shooter-Genre aufmischen. Ob den Commandos der Sprung in die Ego-Shooter-Bastion glückt?

Verrat!

Nichts Schlimmes ahnend sitzt der Green Beret in einem Flugzeug hoch über der Normandie und wartet auf den richtigen Zeitpunkt zum Absprung. Währenddessen zieht der Co-Pilot im Cockpit unbemerkt eine Waffe, streckt den Steuermann nieder und attackiert die Soldaten. Nur mit einem beherzten Sprung klärt der muskelbepackte Solfat die Situation und rettet einige Kameraden, bevor die beim Schusswechsel beschädigte und führerlose Maschine aus allen Wolken fällt. Die Überlebenden reagieren schnell, fassen

Drei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle.
sich ein Herz und bemühen den Fallschirm. Unterwegs in Richtung Mutter Erde denkt der Green Beret über die geschehenen Ereignisse nach und fragt sich: "Woher wussten die Deutschen von meiner geheimen Mission? Wer ist der Verräter?"

Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die 14 Missionen lange Kampagne und hält das Gefüge um die drei Charaktere zusammen. Nur drei Commandos? Richtig gelesen, die ehemals sechsköpfige Truppe bekam für die Strike Force eine Schlankheitskur verpasst, die lediglich der Green Beret, der Spion und der Scharfschütze überstanden haben - Dieb, Pionier und Taucher wurden ausgemustert.

Drei "Freunde" müsst ihr sein

Um dieses Trio dreht sich eine Verschwörungsstory, denn irgendwer in den eigenen Reihen hat die geheime Mission auffliegen lassen. Der reibungslos geplante Normandie-Auftakt verwandelt sich in pures Chaos und kurzerhand bezichtigt der Green Beret den Spion als Verräter, weil er regelmäßig in feindlichen Lagern ein- und ausgeht. Dies lässt sich der Spitzel nicht gefallen und denkt gleichfalls, dass der Barettträger fahnenflüchtig wäre. Einziger Außenstehender ist der Scharfschütze, dem nichts anderes übrig bleibt als den Trubel nüchtern zu kommentieren.

Dieses Gezänk ist unterhaltsam, sorgt für erzählerische Würze und ist eine Bereicherung für die Serie. Erstens habt ihr drei eigensinnige und rundum markante Charaktere, die euch durch die rund acht bis elf Stunden kurze Kampagne begleiten und zweitens erlebt ihr eine feine Geschichte vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges –

Fahrzeuge dienen in erster Linie als Deckung! Außer einem Schlauchboot dürft ihr keine Vehikel verwenden.
fast schon ein Novum im Genre. Erzählt wird die spannende Story von hervorragend geschnittenen Zwischensequenzen mit teils wunderschönen Kamerafahrten rund um die Protagonisten. Bei solch gelungener Präsentation stört es kaum, dass die Sprachausgabe nicht lippensynchron ist und der Einstieg holprig dahinplätschert, obwohl dies bis zu einem gewissen Level die Unklarheiten über den Verrat unterstreicht.

Drei Musketiere gegen die Wehrmacht

Jeder Held verfügt über Fähigkeiten, die an ihren Echtzeit-Taktik-Ursprung angelehnt sind: So kann sich der Spion in feindliche Uniformen gehüllt unters Gegnervolk mischen, so lange er ranghöheren Offizieren fern bleibt. Daher solltet ihr euch bestenfalls mit dem Fernglas einen Überblick verschaffen und den hochrangigen Personen aus dem Weg gehen oder anderweitig erledigen. Dazu könnt ihr eine Münze als Köder werfen und die neugierig gewordenen Soldaten mit einem Draht erwürgen oder mit einer Gasgranate außer Gefecht setzen. Der Spion hat also einen Großteil seiner Commandos-Fähigkeiten behalten, die anderen beiden schauen in die Röhre. Der Scharfschütze kann lediglich mit unrealistisch weit fliegenden Wurfmessern attackieren oder den Atem beim Zielen anhalten (Zeitlupe). Ähnlich beschnitten sieht’s beim Green Beret aus, der als Rambo-Verschnitt gleich zwei Waffen benutzen und Handgranaten werfen kann.

Missionsspektrum

Das dynamische Trio tritt selten gemeinsam in Aktion – Ausnahmen wie die grandiose sechste Mission in Norwegen bestätigen die Regel (spielbar in der Demo). Häufig operiert der Spion auf eigene Faust und muss bestimmte Orte wie Bordelle erreichen, Verbündete befreien, Gegenstände finden bzw. stehlen oder eine Person aus dem Verkehr ziehen. Bei diesen Spionage-Einsätzen kommen die Stealth-Aspekte vermehrt zum Vorschein, da ihr ohne überlegtes und geplantes Vorgehen enttarnt werden könnt. Auch der aufklärende Blick durch ein Schlüsselloch oder der Einsatz der Pistole helfen bei der Missionserfüllung. Während der Spion naturgemäß abtaucht, fliegt dem Green Beret und dem Scharfschütze in ballerlastigen Einsätzen das Blei um die Ohren. Vor allem am Ende der Kampagne in Stalingrad stehen Befreiungen oder das massenhafte Ausschalten von Feinden auf der Tagesordnung. Mal darf der Sniper im Stil von Enemy at the Gates für Ruhe im deutschen Offiziers-Lager sorgen, bevor sich der Green Beret eine Panzerfaust schnappt, um die anrückende Blechlawine zu stoppen.

 

Der Green Beret ist in Stellung. Jetzt sollte der Sniper noch schnell einige Feinde erledigen...
Action, Stealth oder Taktik?

Im Echtzeit-Taktik-Vater konnte man die Missionen nur meistern, wenn man die Eigenschaften der Charaktere klug miteinander verknüpft hat. Im Shooter ist dies ansatzweise vorhanden, obwohl kooperative Aktionen so gut wie nie nötig sind; dafür muss hintereinander agiert werden: z.B. lasst ihr den Green Beret vorpreschen und eine Deckung suchen, dann bringt ihr den Scharfschützen in Stellung und lichtet die weit entfernten Feindesreihen, bevor ihr wieder die Kontrolle des Nahkämpfers übernehmt und zum finalen Schlag ausholt.

Die Steuerung der Commandos erfolgt einzeln und abwechselnd aus der Ego-Perspektive. Es ist jedoch unmöglich den anderen Kameraden einen Befehl à la "Position halten" oder "Folgen" zu erteilen, hier bietet Brothers in Arms ein wesentlich ausgefeilteres Team-Steuerungssystem. Von echter Taktikplanung fehlt jede Spur, in Wirklichkeit folgt ihr den Missionszielen, die auf einen Charakter zugeschnitten sind und der Reihe nach absolviert werden. Getreu dem Motto: "Mann A ist Stellung, Mann B geht los". Dieses Konzept involviert alle Charaktere in die Partie, nimmt dem Spieler jedoch die planerische Grundlage und schränkt die Lösungsmöglichkeiten des Levels ein. Zwar müsst ihr zwischendurch mit Bedacht vorgehen, um die Feinde unbehelligt und ohne eigene Verluste zu erledigen, aber im Regelfall reichen auch kleine Rambomanöver aus, sofern ihr euch an die Aufgabenstellung haltet. So sollt ihr gleich in der ersten Mission mit dem Sniper lautlos in eine Hütte eindringen und könnt es leise versuchen oder alle Feinde lauthals aus dem Weg schießen – beides funktioniert

Der Mützenträger schafft einen unachtsamen Feind lautlos aus dem Weg.
und zeugt von einer gewissen Inkonsequenz im Missions-Design. Zum Glück sind andere Einsätze besser aufgezogen wie die Entschärfung einiger Sprengsätze, die durch ein Alarmsignal scheitert.

Schleichen für Profis?

Obwohl alle Charaktere ein Radar mit den Sichtkegeln der Soldaten haben und somit zum Schleichen ermutigt werden, fehlen grundlegende Interaktionen wie das Verstecken von erledigten Gegnern – diese verschwinden nach einiger Zeit von Geisterhand. Werden die Feinde schließlich auf euch aufmerksam, starten sie entweder zum Gegenangriff oder suchen die Umgebung kurzfristig nach euch ab, dabei ist man weit entfernt von der Brillanz der KI in Splinter Cell Chaos Theory. Auch bei der eigenständigen Suche nach Deckungsmöglichkeiten versagen die computergesteuerten Gegenspieler, sofern sich die schützende Mauer nicht greifbar neben dem Gegner oder dem Spawnpunkt befindet. Cleverer stellen sich etwaige computergesteuerte Mitstreiter an, die an eurer Seite kämpfen oder einen verbündeten Kameraden heilen. Apropos Verwundung: Ist mal der Green Beret im Fronteinsatz verletzt worden, wird er meist von einem KI-Soldaten zusammengeflickt. Bis der Einzelkämpfer wieder bereit ist, müsst ihr mit dem anderen Charakter weiter spielen.

Probleme beim Level-Design

Die Pyro Studios konnten sich scheinbar nicht entscheiden, ob Action (Sniper und Green Beret) oder Stealth (Spion) im Vordergrund stehen soll, denn auch das Level-Design leidet an einigen Inkonsequenzen. An vielen Plätzen findet ihr völlig unrealistische Begrenzungen, die dem Spieler einen festen Weg vorschreiben und kreative Taktikplanungen im Keim ersticken. Ein Paradebeispiel ist eine kniehohe Mauer, über die man nicht springen kann, weil

Downloads & Videos

Download: Demo (638 MB)

Video: E3-Trailer (Laufzeit: 1:24 min)

Video: Trailer 2 (Laufzeit: 1:44 Min.)

Video: Trailer 3 (Laufzeit: 0:48 Min.)

Video: Trailer 4 (Laufzeit: 1:19 Min.)

Video: Entwickler-Diary #1 (Laufzeit: 3:11 Min.)

Video: Intro (Laufzeit: 2:36 Min.)

Video: Sniper (Laufzeit: 0:53 Min.)

Video: Team-Taktik (Laufzeit: 1:24 Min.)

Video: Offene Schlachfelder (Laufzeit: 0:51 Min.)sonst Scharfschütze und Green Beret auf gleicher Ebene wären. Ähnlich konfus ist das Entschärfen eines Sprengsatzes auf einer Brücke, da ihr zwangsweise an der Küste entlang müsst und keinen anderen Wege wählen dürft. Dieses Einbahnstraßen-Design schränkt die Entscheidungsmöglichkeiten ein und läuft bei streckenweise unnötig verschachtelten Schauplätzen zur Labyrinth-Hochform auf - ohne die Karte wärt ihr verloren.

 

Atmosphärische Stärken

Trotz dieser Schwächen im Grundkonzept fällt die dichte Atmosphäre positiv ins Gewicht. Neben der Story und den Charakteren wissen die Schauplätze, trotz des auffällig eckigen Designs und nicht gerade hoch detaillierten Texturen, zu überzeugen. Jede Szenerie vermittelt einen trostlosen Blick auf die Welt im Zweiten Weltkrieg oder erzeugt ein bedrohliches Flair, wenn ihr z.B. mit dem Spion durch ein Lager voller feindlicher Soldaten spaziert, in Stalingrad Bomben einschlagen oder Panzer durch die verwüsteten Gassen rasseln und Flugzeuge über euch herziehen. Einen grafischen Overkill wie

Hält der Sniper beim Zielen die Luft an, vergeht die Zeit langsamer - Zeitlupe.
bei Call of Duty 2 entfachen die Pyro Studios nicht, trotzdem oder gerade deswegen wirken alle Schauplätze glaubwürdig.

Schwierigkeitsgrad

Kenner der Taktikspiele wissen um den hohen Schwierigkeitsgrad der Commandos-Serie. Bei Strike Force sieht die Lage dank Quicksave, wenig streuenden Waffen, fast immer klaren Missionszielen und guten Abstufungen der drei Schwierigkeitsgrade (schnelleres Ableben bei höherer Stufe) besser aus.

Als weniger interessante Bonus-Zugabe entpuppt sich der Multiplayer mit einem Deathmatch- und Team-Deathmatch-Modus sowie einer Sabotage-Variante, die auf leidlich netten Karten ausgefochten werden. Im Vergleich zur Kamapagne ist dieser Modus trotz der Charakter-Wahl eher langweilig. Ein kooperativer Modus, bei dem die Missionen mit zwei oder drei Spielern gemeinsam gelöst werden könnten, fehlt leider.

Fazit

Commandos in 3D, ob das funktionieren kann? Die Antwort haben sich die Pyro Studios selbst gegeben und sie lautet: Nein! Ohne die Möglichkeit, die anderen Team-Mitglieder à la Brothers in Arms fernzusteuern, beschränken sich die taktischen Möglichkeiten auf die Einzelleistungen der Charaktere. Ihr steuert immer nur einen Soldaten, absolviert die ihm zugewiesenen Aufgaben und schaltet dann auf einen anderen um: Spion schleicht, Scharfschütze feuert aus dem Hintergrund, Green Beret kämpft. Die daraus resultierende Mischung betont zwar Action mehr als Stealth, versprüht dennoch eine ordentliche Portion Spaß dank der abwechslungsreichen Missionen sowie den schön aufgebauten Charakteren, die sich sehr lebendig in einer Story rund um Verrat bewegen. Trotzdem sind viele Levelbegrenzungen unnötig und auch das Design der Karten ist nicht immer das Gelbe vom Ei, was eigene Taktikplanungen im Keim erstickt. Aufgrund dieser Inkonsequenzen bleibt Commandos Strike Force der Aufstieg in höhere Wertungsregionen verwehrt. Insgesamt ein gutes Spiel, das dem gehobenen Taktik-Anspruch der Serie nicht gerecht wird.

Pro

prima Charaktere und Story
gute Zwischensequenzen
Mischung aus Stealth und Action
sehr abwechslungsreiche Missionen mit Bonuszielen
atmosphärische Schauplätze
sinnvolle Fähigkeiten der Charaktere
gute KI der eigenen Mitstreiter
viele geskriptete Ereignisse
schöner Soundtrack
gute Synchronsprecher

Kontra

recht kurz
mehr Action als Stealth
undurchsichtiges Level-Design
unnötige Level-Begrenzungen
keine Fernsteuerung der Teammitgleider
kaum eigenen Taktiken durchführbar
ziemlich eckiger Level-Aufbau
recht stupide Gegner-KI
wenig lippensynchrone Sprachausgabe

Wertung

PC

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