Barrow Hill: Der Fluch der Kelten14.12.2006, Bodo Naser
Barrow Hill: Der Fluch der Kelten

Im Test:

Was ist das Geheimnis von Barrow Hill? Wieso sind die verwitterten Steine in Cornwall so lange im kollektiven Gedächtnis der Einheimischen geblieben? War es das mythische Volk der Kelten, das dort seine Toten bestattete? Oder ist es etwas viel Älteres und Gemeineres, das im Boden schlummert? All diesen Fragen könnt ihr im gleichnamigen Adventure nachgehen, das bei Lighthouse und dtp auf Deutsch erschien.

Hügel voller Geheimnisse

Barrow Hill ist ein prähistorischer Steinkreis in Cornwall, den man hierzulande vielleicht als "Hünengrab" bezeichnen würde. Seit vielen Jahrtausenden wird der mit "Hinkelsteinen" verzierte

Was ist real was fiktiv? Mythos und Historie gehen eine Verbindung ein, die nicht leicht zu durchschauen ist.
Begräbnishügel, der tief im Wald verborgen liegt, von Menschen benutzt. Zuerst die steinzeitliche Megalithkultur , dann die Leute der Bronzezeit und später die Kelten, die sich hier auch nach der Invasion Roms behaupten konnten. So ranken sich allerhand Mythen um die raue Gegend, etwa die von den versteinerten Recken, die etwas bewachen. Aber das sind sicher nur Ammenmärchen.

Barrow Hill ist zwar fiktiv, es gibt aber vergleichbare Monumente überall auf den Britischen Inseln. Bislang ist der Hügel noch nicht ausgegraben worden, was sich nun aber ändert, denn der berühmte Archäologe Conrad Morse hat im Spiel die Genehmigung für eine Grabung bekommen. Es gibt jedoch entschiedenen Widerstand gegen die Ausgrabung, da viele Einheimische diese als Entweihung des Areals ansehen. Der Protest schlägt hohe Wellen. Fast scheint es so, als hätten die Menhire selbst etwas gegen ihre Enträtselung, denn immer weder gibt es unerklärliche Ereignisse. Leute verschwinden ohne jede Spur und tauchen nie wieder auf.

Panne mit Folgen

Als ihr per Auto in der Gegend unterwegs seid, passiert etwas Ungewöhnliches. Euer Wagen bleibt plötzlich ohne Grund einfach stehen und ihr müsst euren Weg in Ego-Perspektive und zu Fuß

Ist die Raststätte die Lösung eurer Probleme oder herrscht dort nur Chaos und Entsetzen?
fortsetzen. Eine unsichtbare Sperre verhindert nämlich, dass ihr einfach umdreht und zurück in die Zivilisation fahrt. Irgendetwas will anscheinend, dass ihr dort bleibt. Über eine leidlich beleuchtete Straße, die durch düstere Wälder führt, gelangt ihr an eine Tankstelle, die auch ein Restaurant und ein kleines Motel umfasst. Uff, hier ist es hell und scheinen Leute zu sein. Hier weiß man sicher weiter und kann euch bei der misslichen Panne helfen.

Doch bei näherem Hinsehen findet ihr die Raststätte verlassen vor, als sei eben der Dritte Weltkrieg ausgebrochen. Aber das kann eigentlich nicht sein, da sicher niemand diesen gottverlassenen Ort angreifen würde. Das Ganze erinnert zunächst ein wenig an den Film 28 Days Later, da alles total ausgestorben ist. Ein Wagen steht mit laufendem Motor da, die Tür sperrangelweit offen und die halbe Innenausstattung über die Straße verteilt. Einziger noch verbliebener Angestellter ist ein Mann, der sich im Büro eingeschlossen hat und scheinbar nur wirres Zeug redet. Er faselt irgendetwas von einem Wesen, das dort draußen herumläuft und Leute "grillt". Gibt es das wirklich?

Es werde Licht

Nun ist es wieder einmal an euch, Licht ins Dunkel zu bringen. Das ist zunächst durchaus wörtlich zu nehmen, denn euch fehlt eine Lampe, um euch weiter ins atmosphärisch dargestellte 2D-Dickicht des

Als ihr die Lampe endlich zum Leuchten bringt, könnt ihr weitermachen. Vertrauenserweckender wird dadurch nichts...
 Waldes vorzuwagen. Wege gibt es hier oben nur andeutungsweise, so dass die Orientierung oft schwer fällt. Was dort im Dunkel auf euch lauert, mögt ihr euch lieber nicht ausmalen. Als ihr die vorsintflutliche Lichtquelle endlich gefunden und angezündet habt, wirft sie nur einen winzige Lichtkegel in die Finsternis. Zitternd lasst ihr den Lichtfinger ins Dunkel tasten, immer ängstlich vor dem, was gleich in den fahlen Schein treten könnte.

Wie beim Film Blair Witch passiert objektiv betrachtet wenig, denn der meiste Horror spielt sich dabei im Kopf ab. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Geräuschkulisse, die ganze Arbeit leistet: Hier ein Rascheln, dort ein Motorengeräusch oder ein überirdisches Brummen. War da nicht ein Wispern zu hören? Doch alles bleibt stockfinster. Reine Hirngespinste sind es aber nicht, wie ihr durch die Lektüre der zahlreichen Texte erfahrt. Irgendwann kommt ihr so zum Jeep, der dem Archäologen gehört haben muss. Was ist mit ihm passiert? Neben dem Wagen ist ein Häufchen Asche, in dem ein Ausweis steckt. Sind das etwa seine Überreste...?

                          

Rätsel mit Pilzen

Immer wieder kommt ihr in Situationen, in denen Köpfchen gefragt ist. Es handelt sich um durchweg klassische Rätsel: So müsst ihr euch Zugang zu den drei Motelzimmern verschaffen, die mittels eines

Na, wenn hier keine Geheimnisse schlummern, dann fresse ich einen Besen.
 Codes an der Tür gesichert sind. Es gibt auch zerrissene Texte, die ihr aus Schnipseln wieder zusammensetzen müsst. Natürlich gibt es auch Inventarrätsel, bei denen ihr einen Gegenstand verwenden müsst. So müsst ihr die Sicherung für das Licht in der Küche des Ratshauses reparieren. Wo eine Aktion möglich ist, zeigt euch der sich verändernde Mauszeiger an. Klickt ihr an einer solchen Stelle den passenden Gegenstand an, läuft der Rest von alleine. Das Handy lässt sich nur dort benutzen, wo ihr Empfang habt.

Ihr müsst allerdings schon exakt klicken, denn sonst entgeht euch was. Wenn ihr eine Schublade öffnet und dort drei Texte seht, dann müsst ihr auch alle getrennt anklicken, um die volle Information zu erhalten. Wer das nicht weiß und einfach dazwischen klickt, erfährt nur die Hälfte. Überhaupt gibt es viel zu lesen, was wiederum nicht jeden freuen dürfte. Ein bisschen für Archäologie, Übersinnliches und Legenden solltet ihr euch also schon interessieren, damit euch nicht langweilig wird. Die Reihenfolge, in der ihr die Rätsel lösen wollt, könnt ihr relativ frei bestimmen. Leider ist es öfters so, dass ich nicht mehr wisst, was ihr weiter tun sollt.

Irgendwann findet ihr ein Pilzbestimmungsbuch und einen Korb, so dass ihr euch auf die Pilzpirsch machen könnt. Was soll das nun wieder? Ganz einfach, ihr müsst den alten Göttern Opfer darbringen, um sie gnädig zu stimmen, die aus verschiedenen Sachen bestehen. Dabei helfen euch die Dinge, die die Archäologen schon ausgegraben und bestimmt haben. Dazu gehören Samen von Früchten, Salz aber auch die Sporen bestimmter Pilze. Gelegentlich stoßt ihr auch auf Rätselchen, die gar nichts mit der Handlung zu tun haben und nur der Erbauung dienen. So könnt ihr eine Postkarte aus Schnipseln zusammensetzen, was für Leute ist, die gerne auch mal ohne Sinn puzzeln.

Biedere Grafik

Optisch wirkt Barrow Hill leider reichlich bieder und antiquiert, was aber fast schon wieder seinen eigenen Charme hat. Ihr bewegt euch durch die aus gerenderten 2D-Hintergründen bestehenden

Grafisch wirkt es so bieder wie dieses Radio. Wer  jedoch die richtige Frequenz einstellt, nimmt am Schicksal der Moderatorin teil.
Welt, wobei die Orientierung in den Räumen bisweilen unter der unkomfortablen Steuerung leidet. Es gibt auch nur die feste Auflösung von 800x600. Bewegung ist in den Ansichten die Ausnahme, da es so gut wie keine Animationen gibt. Auch Zwischensequenzen gibt es viel zu wenig, die etwa immer dann kommen, wenn ihr etwas gelöst habt. Auf irgendwelche Augenöffner braucht ihr bei dem Spiel also nicht zu warten. Hier merkt man schon, dass die Entwickler nur ein kleines Team haben. Da das Ganze reichlich düster ist, schafft es das Spiel trotz der altbackenen Grafik, so etwas wie Stimmung zu erzeugen.

Beunruhigende Sprache

Die Sprachausgabe trägt auch ihren Teil dazu bei, dass ihr das Gefühl nicht loswerdet, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Der Einsatz der deutschen Sprache erfolgt in wohldosierten Häppchen, die immer dann kommen, wenn ihr das Radio, Handy oder Tonband einschaltet. Das ist eure Nabelschnur in die Außenwelt, in der komische Dinge passieren. Zunächst ist die Moderatorin noch ganz locker drauf, dann aber bekommt sie immer mehr Zweifel, ob noch alles im Lot ist. Sie fordert euch als Zuhörer auf, bei ihr anzurufen, was eine Aufgabe für euch ist. Gelingt es euch, die Frau zu beruhigen? Ganz ähnlich ist es mit Bob, der sich im Büro eingeschlossen hat. Optisch macht sein Auftritt nicht viel her, aber seine Stimme klingt schon ziemlich irre.

        

Fazit

Barrow Hill ist etwas für Puristen, die gerne Adventures spielen, wie sie früher einmal waren. Mit mythischem Hintergrund, klassischen Rätseln und ohne viel modernen Schnickschnack. Lesefreudig solltet ihr für die Erkundung des "Keltenhügels" aber schon sein, denn es gibt viele deutsche Texte und Skizzen, deren Lektüre wichtig fürs Verständnis ist. Auch ohne große Zwischensequenzen kommt durchs Lesen langsam aber stetig Licht ins Dunkel der Geheimnisse. Ihr erreicht irgendwann den Punkt, an dem ihr wissen wollt, was hier geschah. Spätestens als so langsam klar wird, dass die Steine auf Barrow Hill mehr zu sein scheinen als leblose Klötze. Ihr könnt relativ frei wählen, was ihr zuerst untersuchen wollt. Unter der freien Bewegung leidet leider die Orientierung, so dass ihr öfters mal nicht mehr wisst, wo ihr seid und was jetzt wieder tun sollt. Obwohl das Gelände nicht sehr groß ist, wie ihr auf einigen Karten seht. Einziges Zugeständnis an die neue Zeit ist die tolle Soundkulisse, die für echte Gruselstimmung sorgt. Das Ganze erinnert schon etwas an Scratches, ohne aber dessen klaustrophobische Enge hervorzurufen. Dazu zählt auch die gelungene Sprachausgabe, die leider nur minimalistisch eingesetzt wurde.

Pro

klassisches Point&Click
mythische Story
gruselige Atmosphäre
tolle Geräusche
klassische Rätsel
Reihenfolge der Rätsel bestimmen
gute Sprachausgabe

Kontra

altbackene Aufmachung
Orientierung leidet
immer alles genau anklicken
menschenleere Umgebung
biedere Grafik
fast keine Bewegung
kaum Zwischensequenzen

Wertung

PC

Wer sich für den Mythos Stonehenge interessiert, könnte das hier auch mögen.

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