Test: Und dann gabs keines mehr (Adventure)

von Bodo Naser



Und dann gabs keines mehr
Entwickler:
Publisher: JoWooD
Release:
28.11.2005
13.03.2008
Spielinfo Bilder Videos
Viele von Agatha Christies mörderischen Romanen sind bestens für eine Versoftung als Krimi-Adventure geeignet. Daher ist es auch kein Wunder, dass nun DreamCatcher die Rechte an den Stoffen erwarb, um gleich eine ganze Reihe daraus zu machen. Jetzt ist das erste namens Und dann gabs keines mehr unter dem Label The Adventure Company erschienen. Ist das Point&Click ohne Miss Marple & Co nur was für Fans der britischen Autorin oder auch für Rätselknacker geeignet?

Todsünden rächen sich

Wenn es ans Fragenstellen geht, dann bleibt keine noch so unwichtige Frage ungestellt. 
Manchmal holt einen die Vergangenheit ein - besonders dann, wenn man etwas auf dem Kerbholz hat. So ergeht es auch den zehn Akteuren von Und dann gabs keines mehr, denen von einem Unbekannten per Schallplatte ihre angeblich früher begangenen Mordtaten vorgeworfen werden. Da gibt es den Richter, der ein Fehlurteil fällte, das zur Hinrichtung führte; die Gouvernante, die ihre Aufsichtspflicht vernachlässigte, was zum Ertrinken des Kindes führte; und den General, der während des Krieges einen Offizier in den sicheren Tod schickte. Damit nicht genug, wird nun einer nach dem anderen von ihnen auf mysteriöse Weise umgebracht, ganz so wie es im fiesen Kinderreim "Zehn kleine Leichtmatrosen" beschrieben wird. Der erste erstickt an seinem Whiskey, die zweite wacht morgens nicht mehr auf und so weiter und so weiter, bis schließlich keiner mehr übrig ist. Wer denkt sich so etwas Perfides aus? Wer begeht die Morde und was bezweckt er damit?

Detektiv durch Zufall?

Die Handlung von Und dann gabs keines mehr spielt auf einer Insel und orientiert sich an Agatha Christies berühmtem Kriminalroman "And then there were none" (1939), der auf Deutsch politisch unkorrekt "Zehn kleine Negerlein" heißt und auch bereits verfilmt wurde. Der geheimnisvolle Rächer bleibt zunächst hübsch im Dunkeln, so dass es an euch ist, ihm die Maske zu entreißen. Niemand scheint das Gastgeberehepaar Owen allerdings je zu Gesicht bekommen zu haben. Eines aber ist anders als im Buch: Ihr übernehmt den Part der elften Person, dem jungen Patrick Narracott, der ohne in die Sache selbst verstrickt zu sein in die Rolle des Detektivs schlüpft. Er passt durch seine forsche Art und seine Kleidung jedoch nicht ganz in die eher betulichen 30er-Jahre, in denen die verzwickte Story spielt. Ursprünglich hat er die Gäste auf die Insel gebracht, doch sein Boot wurde seltsamerweise zerstört. Außerdem tobt ein wilder Sturm vor Englands Südküste, so dass vorerst niemand Shipwreck Island verlassen kann.

Loch im Bauch

Genug gelabert! Wenn ihr alle verhört und alles eingesammelt habt, geht die Story in Form eines Renderfilms weiter.
Wer weiß so viel über die einzelnen Personen? Irgendwo muss da eine Verbindung sein, die ihr finden müsst. Ihr fangt an, unangenehme Fragen zu stellen, die manchem der Gäste gar nicht zu schmecken scheinen. Fragen stellt ihr in Form von Multiple-Choice-Dialogen, wobei wirklich alles angesprochen wird. Es ist bisweilen etwas langweilig, immer wieder die ganzen Gäste der Reihe durch zu verhören. Leider hat die Auswahl der Fragen wieder mal keinen großen Einfluss auf das Gespräch, so dass ihr immer alles fragen müsst. Der Wiederspielwert hält sich so in Grenzen, die Antworten liefern euch jedoch wichtige Hinweise auf den Hintergrund der Morde. Die einzelnen Gäste gewinnen so an Kontur, der Ermittler bleibt allerdings blass. Immer wieder findet ihr Schriftstücke, die ihr erst umständlich übertragen müsst, bevor ihr sie in eurer Fallakte lesen könnt. Leider sammelt sich dort alles in einem Wust an, was der Übersicht abträglich ist. Außerdem gibt es eine Menge zu lesen, doch nicht alles davon ist wirklich sachdienlich.

              

Kommentare

Riku239 schrieb am
Als ich hab mir das Spiel mal von einem Freund ausgeborgt und habs mit etwas Hilfe durchgespielt. Und ich muss sagen das Spiel ist genial! Gutes Interface, schaurige Atmosphäre, gute Synchronsprecher, anspruchsvolle, aber auch nicht allzu schwere Aufgaben und lange Spielzeit, mit drei verschiedenen Enden. Ich hab zuvor noch nie einen Agatha Christie Roman gelesen und fand das spiel genial, trotz 2 etwas nervigen Bugs. Mit der Wertugn bin ich nicht so ganz einverstanden, als ich würde das Spiel eher als "Gut-Sehr Gut" einstufen!
Ultragore schrieb am
Genau, Bigerwig, ausserdem heisst die Insel im Original auch nicht Shipwreck Island sondern Nigger Island, weil \"ihre Form an einen Negerkopf\" erinnert.
Frau Christie selbst sah sich dem Vorwurf des Rassismus\' ausgesetzt.
Absolut hirnrissig und völlig überzogen in meinen Augen. Man kann schon immer in alles was reininterpretieren, wenn man nur will.
Ich kenn jetzt die Entstehungsgeschichte und das Entstehungsjahr des Kinderreims nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verfasser irgendwelche rassistischen Attitüden hatte. Sonst hätte sich das wohl kaum als Kinderreim in die Neuzeit rübergerettet.
However, ein wunderbares Spiel.
Obwohl auch zb Ankh und Westerner sehr gute Adventures sind, sind mir persönlich diese etwas düsteren Krimigeschichten wie auch in Black Mirror oder Moment of Silence wesentlich lieber.
Sehr schwierig zu bewerten, da neben dem technischen und spielerischen Aspekt in diesem Genre mehr als woanders der persönliche Geschmack und das Empfinden des \"Flairs\" der Geschichten und der Atmosphäre zum tragen kommt.
Egon Olsen schrieb am
Gutes Spiel. Habs schon seit ein paar Wochen und kann dem Test nur zustimmen.
galador1 schrieb am
Meiner Meinung nach war der Übersetzer zu übereifrig (Letztes Weekend - ist ein guter Titel), oder der Verleger auf ein Skandal aus.
na ich weiß ja nicht. ist eher ein deutsch - engl. durcheinander. dann doch lieber gleich letztes wochenende, oder ganz engl. lassen. zehn kleine negerlein finde ich passender.
johndoe-freename-86032 schrieb am
\\\\\\\"[...]und orientiert sich an Agatha Christies berühmtem Kriminalroman \\\\\\\"And then there were none\\\\\\\" (1939), der auf Deutsch politisch unkorrekt \\\\\\\"Zehn kleine Negerlein\\\\\\\" heißt[...]\\\\\\\" Wer in die Kerbe reinhauen möchte, sollte aber bei den Tatsachen bleiben. Der Originaltitel des Romans ist keines Wegs \\\\\\\"And then there were none\\\\\\\" sondern \\\\\\\"Ten little Niggers or the Last Weekend\\\\\\\" (1939) - für den Verkauf in den USA wurde der Titel dann in \\\\\\\"Ten Little Indians\\\\\\\" umbenannt... erst danach wurde er abermals geändert und zwar in \\\\\\\"And then there where none\\\\\\\". In Deutschland hieß der Roman lange Zeit einfach \\\\\\\"Letztes Weekend\\\\\\\", nach dem zweiten Teil des Originaltitels, erst im Jahre 1985 bekam er hierzulande den umstrittenen, aber korrekten Titel \\\\\\\"Zehn kleine Negerlein\\\\\\\". Meiner Meinung nach war der Übersetzer zu übereifrig (Letztes Weekend - ist ein guter Titel), oder der Verleger auf ein Skandal aus.
schrieb am