Test: Und dann gabs keines mehr (Adventure)

von Bodo Naser



Entwickler:
Publisher: JoWooD
Release:
28.11.2005
13.03.2008
Spielinfo Bilder Videos
Überall Hinweise

Ihr durchsucht das Anwesen nach Hinweisen, die in euer Inventar wandern, das so rasch an die Grenze zur Unübersichtlichkeit anschwillt. Wie bitte steckt man ein ellenlanges Fernrohr samt Ständer in die Hosentasche? Waschechte Rätsel sind aber eher selten, es kommt eher aufs Anbringen der Sachen an. Damit das Abenteuer weiter läuft, müsst ihr immer wieder bestimmte Aufgaben lösen, was nicht immer eine Herausforderung oder sonderlich spannend ist.
Inventar und Fallakte füllen sich schnell mit Dingen, von denen ihr nicht mehr wisst, wo und wofür ihr sie mal eingesammelt habt.  
So müsst ihr z.B. alle Zimmer nach Hinweisen durchsuchen und das gleich mehrmals hintereinander, was schnell gemacht ist. Erst dann geht das Gespräch am Abendtisch weiter, das ihr durch die Küchentür belauscht, was schon wieder ein wenig mehr Licht in den kniffligen Fall bringt.

Ihr könnt Gegenstände kombinieren: Die Taschenlampe und die reichlich unlogisch versteckten Batterien ergeben einen schönen Lichtkegel, der die Flure erhellt. So könnt ihr auch nachts in die Zimmer der Verdächtigen, was dann schon das dritte Mal ist, dass ihr dort was sucht. Ihr braucht die Sachen allerdings erst, wenn sie in der Story auch dran sind. Die Äpfel und die Presse ergeben Apfelmost, aber erst wenn ihr ihn braucht. So bleibt es immerhin euch überlassen, wann ihr was einsammelt. Natürlich müsst ihr auch mal die Kombination für einen Tresor rausfinden, wofür ihr wieder die richtigen Bücher, Texte und Schnipsel kombinieren müsst. Geheime Türen gibt es in dem verschachtelten Haus auch noch zu entdecken.

Filme satt

Im Haus gibt es sicher stilvollere Ecken als diese. Der Held regt sich über die vielen Vogeldarstellungen auf.
Die Krimihandlung wird immer wieder durch teils lange Filmsequenzen vorangetrieben, die langsam Erhellung bringen. Es handelt sich um gerenderte Filmszenen, die anders als das Gameplay recht amüsant sind. Fast jedes Gespräch ist in Spielgrafik verfilmt: So ziehen sich die Gäste immer wieder gegenseitig in den Dreck, was durchaus sehenswert ist. Weniger einen Blick wert sind die unförmigen Charaktermodelle, die oft nicht überzeugen, was nicht nur daran liegt, dass sie eben nur Typen darstellen sollen. Die Gesichter sehen bemüht aus, aber der Rest des Körpers ist oft lächerlich und die Bewegungen ungelenk. Der Begriff Wurstfinger erhält angesichts der klobigen Skihandschuhhände der Akteure eine ganz neue Bedeutung. Der Stil der 30er-Jahre wird bei Kleidung, Einrichtung und Möbel bis auf den Hauptdarsteller ziemlich gut getroffen, was dazu beiträgt, dass ihr euch tatsächlich wie in Agatha Christies Romanen fühlt. Ansonsten stellt die Grafik eine Mischung aus 3D und 2D dar: Hintergründe sind gerendert, Akteure und wichtige Gegenstände in 3D-Grafik. Die Brillanz eines Syberia wird dabei jedoch nicht erreicht.

Düsterer Sound

Und dann gabs keines mehr ist das Spiel aus dem Hause The Adventure Company mit der besten Sprachausgabe des Jahres - innerhalb der Reihe. Für ein Adventure, in dem derart viel gesprochen wird, ist das auch elementar wichtig. Es sind viele prominente Stimmen dabei, die nicht nur Haupt-, sondern auch Nebencharaktere sprechen. Allen voran natürlich Andreas Fröhlich, der deutsche Synchronsprecher von Ethan Hawke, John Cusack und Edward Norton, der dem Hauptdarsteller ein angewiderten Unterton verleiht. Das passt zum Detektiv wider Willen eigentlich ganz gut. Auch Arzt oder Richter haben bekannte deutsche Stimmen, die sich ins Zeug legen. Die Musik wurde ebenfalls mit Bedacht gewählt, so dass durchweg Klaviermusik zu hören ist, die schwermütig klingt und sich so gut einfügt.

               

Kommentare

Riku239 schrieb am
Als ich hab mir das Spiel mal von einem Freund ausgeborgt und habs mit etwas Hilfe durchgespielt. Und ich muss sagen das Spiel ist genial! Gutes Interface, schaurige Atmosphäre, gute Synchronsprecher, anspruchsvolle, aber auch nicht allzu schwere Aufgaben und lange Spielzeit, mit drei verschiedenen Enden. Ich hab zuvor noch nie einen Agatha Christie Roman gelesen und fand das spiel genial, trotz 2 etwas nervigen Bugs. Mit der Wertugn bin ich nicht so ganz einverstanden, als ich würde das Spiel eher als "Gut-Sehr Gut" einstufen!
Ultragore schrieb am
Genau, Bigerwig, ausserdem heisst die Insel im Original auch nicht Shipwreck Island sondern Nigger Island, weil \"ihre Form an einen Negerkopf\" erinnert.
Frau Christie selbst sah sich dem Vorwurf des Rassismus\' ausgesetzt.
Absolut hirnrissig und völlig überzogen in meinen Augen. Man kann schon immer in alles was reininterpretieren, wenn man nur will.
Ich kenn jetzt die Entstehungsgeschichte und das Entstehungsjahr des Kinderreims nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verfasser irgendwelche rassistischen Attitüden hatte. Sonst hätte sich das wohl kaum als Kinderreim in die Neuzeit rübergerettet.
However, ein wunderbares Spiel.
Obwohl auch zb Ankh und Westerner sehr gute Adventures sind, sind mir persönlich diese etwas düsteren Krimigeschichten wie auch in Black Mirror oder Moment of Silence wesentlich lieber.
Sehr schwierig zu bewerten, da neben dem technischen und spielerischen Aspekt in diesem Genre mehr als woanders der persönliche Geschmack und das Empfinden des \"Flairs\" der Geschichten und der Atmosphäre zum tragen kommt.
Egon Olsen schrieb am
Gutes Spiel. Habs schon seit ein paar Wochen und kann dem Test nur zustimmen.
galador1 schrieb am
Meiner Meinung nach war der Übersetzer zu übereifrig (Letztes Weekend - ist ein guter Titel), oder der Verleger auf ein Skandal aus.
na ich weiß ja nicht. ist eher ein deutsch - engl. durcheinander. dann doch lieber gleich letztes wochenende, oder ganz engl. lassen. zehn kleine negerlein finde ich passender.
johndoe-freename-86032 schrieb am
\\\\\\\"[...]und orientiert sich an Agatha Christies berühmtem Kriminalroman \\\\\\\"And then there were none\\\\\\\" (1939), der auf Deutsch politisch unkorrekt \\\\\\\"Zehn kleine Negerlein\\\\\\\" heißt[...]\\\\\\\" Wer in die Kerbe reinhauen möchte, sollte aber bei den Tatsachen bleiben. Der Originaltitel des Romans ist keines Wegs \\\\\\\"And then there were none\\\\\\\" sondern \\\\\\\"Ten little Niggers or the Last Weekend\\\\\\\" (1939) - für den Verkauf in den USA wurde der Titel dann in \\\\\\\"Ten Little Indians\\\\\\\" umbenannt... erst danach wurde er abermals geändert und zwar in \\\\\\\"And then there where none\\\\\\\". In Deutschland hieß der Roman lange Zeit einfach \\\\\\\"Letztes Weekend\\\\\\\", nach dem zweiten Teil des Originaltitels, erst im Jahre 1985 bekam er hierzulande den umstrittenen, aber korrekten Titel \\\\\\\"Zehn kleine Negerlein\\\\\\\". Meiner Meinung nach war der Übersetzer zu übereifrig (Letztes Weekend - ist ein guter Titel), oder der Verleger auf ein Skandal aus.
schrieb am